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Es war ein Sonntagabend Mitte Mai. Während die elektrischen Beleuchtungen des Supermarkts brannten und das Tageslicht noch nicht vollständig verblasst war, lastete eine deprimierende Atmosphäre in der Luft. Aber die Mitarbeiter ließen sich nichts anmerken. Auf einem gigantischen Bildschorm in der Elektronikabteilung wurde der Tagesbericht präsentiert:

"Die Umweltorganisation Green Future Alliance berichtet, dass im vergangenen Jahr eine Fläche von einer Million Fußballfeldern und 700 Quadratkilometern im Amazonas-Regenwaldes zerstört wurden. Die Abholzung hat um 18% zugenommen und das könnte unter dem neuen brasilianischen Präsidenten noch schlimmer werden", erklärte der befragte Journalist.

Gabriel, dem zur Zeit die letzte Kasse zugeteilt wird und der hier arbeitet, um sein Geografie-Studium zu finanzieren, blickt besorgt auf diesen Bildschirm aus der Ferne. Der junge Mann lebt noch bei seiner Mutter Nicole, und hatte aufgrund seiner Depression Schweirigkeiten gehabt, sich die vergegangenen drei Jahre ausreichend auf seine Prüdungen vorzubereiten. Er war bereits zweimal durchgefallen, das vor allem aufgrund von Fehltagen, die ihm bei Prüfungen null Punkte sicherten.
Nun stand er kurz vor dem Bachelor-Abschluss, wobei er in letzter zeit wieder Schwierigkeiten hatte, sich auf das Lernen zu konzentrieren.

"Das macht 64 Euro und 54 Cent, bitte", sagte Gabriel, während er dem Kunden freundlich in die Augen sah. Der alte Mann lächelte ruhig, trotz der misslichen Situation, während er seine Kreditkarte aus seiner Brieftasche zückte.

"Kann ich mit Karte zahlen?", fragte er rhetorisch.

Während der Kassierer die Kartenzahlung konfigurierte, fiel plötzlich der Strom im Laden aus. Ein kollektives Seufzen brachte die Ungeduld einiger Menschen zum Ausdruck. Das hatte noch gefehlt.

"Glücklicherweise habe ich bereits meine Einkäufe erledigt, ich hätte meine Einkaufsliste nicht mehr lesen können", sagte der alte Mann erleichtert, trotz der Dunkelheit in der er sich nun befand. Nur der Sonnenuntergang sorgte für schwaches Licht. "Aber gibt es wenigstens eine Absicherung für die Tiefkühltruhen?"

"Keine Sorge, alles ist unter Kontrolle", erwiderte Gabriel müde, aber dennoch höflich. "Wir verfügen über Notstromgeneratoren, um den Betrieb der gefriergeräte aufrechtzuerhalten. Wir werden bald wieder Strom haben. Allerdings muss ich Sie um Barzahlung bitte, da es mit Karte momentan nicht mehr möglich ist."

Gabriel hatte den ganzen Tag über Kunden beruhigt, aber er selbst macht sich auch viele Gedanken. Nicht nur wegen der aktuellen Situation, sondern auch wegen Natalie, seiner Freundin. Sie hette heute Morgen versucht, ihn zu erreichen.
Zunächst hatte er nicht auf die Anrufe reagiert, da er nicht den Eindruck hatte, dass es dringend war und er war noch dabei, sich für den Tag anzuziehen. Er wollte nicht zu spät kommen, denn dafür war er bekannt und er wollte dieses Image auf jeden Fall loswerden.
Doch sie gab nicht auf und rief mehrmals an. Jetzt war er jedoch auf der Arbeit. In der ersten Hälfte des Tages hatte er die Waren in den Regalen räumen müssen, auch wenn es heute nicht so viel war wie gewohnt. Als er dann irgendwann diskret versucht, sie zurückzurufen, fällt ihm auf, dass er keinen guten Empfang hat. er fragte sie per Textnachricht, warum sie ihm nicht schrieb (es war auch ungewöhnlich für sie anzurufen, auch wenn es ab und zu mal bei dringenden Situationen passieren konnte), aber diese Nachricht erreichte sie nicht. Dieses Problem zog sich durch den ganzen Tag.

Es war ihm nicht möglich, seinen Arbeitsplatz zu verlassen, auch wenn er sich immer mehr darüber bewusste wurde, dass diese Anrufe wahrscheinlich ein Zeichen dafür sind, dass es etwas los ist. Er würde sicherstellen wollen, dass er ihr gut geht, aber sein strenger Vorgesetzter, der Direktor Stremmel, hätte dafür kein Verständnis gehabt. Besonders jetzt nicht, wo lange Schlangen an den überfüllten Kassen standen. Es war ihm ausdrücklich gestattet, seinen Posten an der Kasse zu verlassen. Heute hatte er aus diesem Grund sogar freiwillig auf seine Pause verzichtet. Gabriel war seine Arbeitsstelle von Bedeutung, weil es - abgesehen davon, dass er das Geld benötigte - das erste Mal war, dass er erfolgreich eine bekam. Er wollte es sich selbst beweisen, dass er es schaffen konnte. In den letzten drei Jahren wurde er mehrmals aufgrund von Kleinigkeiten abgelehnt und fand irgendwann nicht mehr die Kraft dazu, sich auf die Suche nach neuen Stellen zu machen.

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⏰ Last updated: Nov 27, 2023 ⏰

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Der ZusammenbruchWhere stories live. Discover now