„Wunderbar!", rief plötzlich Scott und erhob sich wankend aus den Trümmern, die seine ehemalige Sitzgelegenheit war. Im Anschluss drehte er seinen Hals in eine ungesunde Richtung, bis dieser unter dem Druck mit einem Knacken nachgab. Der Wirt der Kneipe war längst nicht mehr zu sehen.
„Du bist immer noch ein Soldat und ich dachte schon die Zeit hätte dich verweichlicht", lachte er und beachtete seine bewusstlose Geliebte kaum. Im Gegenteil er lief an ihr vorbei und hatte nur noch Augen für Caleb. Ein sorgenvoller Mann war Scott nie gewesen. Für ihn war jeder entweder ein Krieger oder ein Feigling.
Demonstrativ begann er in die Hände zu klatschten und ein stolzes Schmunzeln umschmeichelte ihn dabei. Den Bart trug er nicht mehr so dicht wie bei ihrer letzten Begegnung, doch es ließ ihn nur jünger und wilder wirken. Erneut näherte er sich dem Braunhaarigen, doch diesmal ließ er einen gewissen Abstand zwischen ihnen. Dies lag vermutlich auch daran, dass Leo sich dazwischen presste und Caleb dicht an dessen Rücken gedrückt wurde. Es überraschte ihn vollkommen seinen Freund dermaßen aufgeweckt zu sehen, doch in ihm gingen ganz andere Dinge vor, als dass er dem Fakt weiter Beachtung schenkte.Die Augenbrauen des Blonden bebten und sein Mund zuckte gefährlich. Er stand unter Hochspannung. Mit seinem Ellbogen schob er Caleb weiter nach hinten, was sich dieser jedoch nicht gefallen ließ. Er wollte ihn sanft bei Seite schieben, aber der Gestaltenwandler war wie festgefroren.
„Und wen haben wir denn da? Dein kleines Haustier, Alistair?", fragte Scott spitzbüschig, was bei seinem Gegenüber nur noch mehr Wut auslöste.„Wenn ich dir deine Eingeweide in den Mund stopfte, können wir ja nochmal drüber sprechen wer hier das Haustier ist", zischte er und war kurz davor seine Drohung wahr zu machen. Und er konnte es, das war Caleb bewusst. Leo war um einiges älter und somit stärker. Doch der Braunhaarige wollte Leo nicht in diesen Kampf ziehen lassen. Dies hier war sein eigener Krieg. Er musste sich Scott stellen und ein für alle Mal die Vergangenheit begraben. Aber war er dazu eigentlich im Stande?
„Er ist mein Bruder", antwortete Caleb für ihn und erntete dafür einen unglaubwürdigen, hoffnungsvollen Blick seitens Leo. Ihm war klar, was er vorhin zu ihm gesagt hatte. Ihm war auch klar, dass die Bezeichnung Bruder nicht passend war, was ihre Beziehung zueinander betraf. Allerdings konnte er erkennen wie tief es den Blonden in seinem rabenschwarzen Herzen berührte, wenn er dies so aussprach.
„Ist schon gut", nickte der Braunhaarige, was bewirkte, dass sein Clan -Mitglied sich aus der Schusslinie zog.„Faszinierend...", murmelte der Rotschopf und leckte neugierig über seine trockenen Lippen. Währenddessen regte sich etwas im Hintergrund und die Frau kam unter großer Anstrengung wieder auf die Füße. Sie wollte bereits zum nächsten Schlag ansetzen, da ihr letzter fehlgeschlagen war. Jedoch hielt ihr Liebster sie radikal davon ab.
„Moira, Schätzchen, beruhige dich. Wir sind doch unter Freunden. Wieso setzen wir uns nicht dazu?", sprach er spöttisch, was ihr überhaupt nicht zu gefallen schien. Denn sie zog eine angewiderte Miene. Nebenbei drang ein kehliges Schnarchen an Calebs Ohren und er besah sich des Betrunkenen, welcher stets seelenruhig in der hintersten Ecke des Wirtshauses schlummerte. Er hatte ihn auf den ersten Blick gar nicht wahrgenommen. Es war ein Wunder, dass er nicht wach geworden war, geschweige denn von ihrer Auseinandersetzung irgendwie selbst verletzt wurde.Mit einer raschen Geste zog der Rotschopf drei Stühle beisammen oder eher gesagt, das was von ihnen noch übrig war. Er bedeutete den Clan Brüdern sich zu setzen, doch Leo verzichtete. Er hingegen stellte sich wie einen Schatten hinter den Braunhaarigen und verschränkte angespannt die Arme. Moiras Mund verformte sich indessen zu einem dünnen Strahl. Sie hatte einige Schrammen bei ihrem Aufprall davon getragen. Gut so, dachte Caleb. Die Frau war eine Hexe, wenn er es nicht besser wüsste. Sie setzte sich zögernd auf das rechte Bein Scotts, als dieser darauf auffordernd klopfte.
„Also schön, was willst du von mir? Wieso hast du mir eine Nachricht zukommen lassen?", brachte der andere Schotte über seine Lippen. Wenn sein Herz noch intakt gewesen wäre, so würde es nun fuchsteufelswild gegen seinen Brustkorb hämmern. Wollte er eigentlich wissen was Scott von ihm wollte? Es konnte unmöglich eine Willkommensfeier sein. Auch wenn er dies unheimlich gerne glauben würde, tief in seinem Inneren wusste er, er würde sich damit wieder nur selbst belügen.
„Warum so direkt? Wollen wir nicht zuerst in alten Zeiten schwelgen? Ich spüre heute noch meinen Schwertgriff im Schlaf", schmunzelte er stolz und sein Gegenüber musste zugeben, dass es sehr verlockend klang, in Nostalgie zu schwimmen. Scott ließ seinen Charme abermals spielen, das spürte Caleb ohne Umschweife. Er wollte ihn erneut in seine Fäden einwickeln, doch diesmal war er schlauer. Er musste sich nur an den nie endenden Schmerz erinnern, welcher ihm von diesem Mann zugefügt wurde. Er hatte ihm alles geschenkt. Seinen Verstand, seine Sterblichkeit und zu guter Letzt noch sein Herz. Aber seine Seele würde er nicht bekommen. Das schwor er sich, so wahr wie er dort saß. Das entstandene Schweigen war dem MacNeil Antwort genug und er fuhr mit seiner überzeugten Stimme fort:„In 26 Jahren mein Freund. Da wird sich das Blatt für uns wenden."
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Geschöpfe der Nacht
VampireBellatores benedicti sunt - Gesegnet sind die Krieger. Unter diesem Motto wandeln die Vampire Ezekiel, Bradley, Richard und Jocelyn gemeinsam durch die Jahrhunderte. Zeiten, die durch einen alles verzehrenden Hunger, ständiger Selbstbeherrschung und...
Kapitel 13 - Ein unverhofftes Wiedersehen
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