12 - Die richtige Frage

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Etwas perplex sah ich ihn. Es war ja nicht so, dass ich eine Flasche Kindersekt nicht auch allein tragen konnte.

Schweigend zogen wir uns im Flur an. Erst beim Rausgehen fragte er, ob ich auch an die Handschuhe gedacht hatte, da die Temperaturen immer tiefer in den Keller fielen. Erst als ich mit meinen Wollhandschuhen vor seiner Nase herum gewedelt hatte, hatte er im Fahrstuhl den Knopf für das Erdgeschoss gedrückt. Zum Glück mussten wir nicht fürchten, dass Parker uns über den Weg lief.

Wir liefen zum Supermarkt, kauften den Sekt und noch ein bisschen Süßkram und liefen dann wieder zurück.

„Zwischen uns ist alles wieder gut, oder?", fragte ich schließlich.

Drew, dessen Gesicht fast vollkommen von seinem Schal verdeckt war, sah in meine Richtung.

„Ich denke schon."

„Ich weiß, dass es doof war. Ich habe mich wie eine Idiotin verhalten mit Parker." Ich hasste es seinen Namen auszusprechen. Es machte ihn so menschlich. Dabei war er in meinen Augen nur ein Monster. „Es tut mir leid."

Drew streckte seinen langen Arm nach mir aus und zog mich zu sich.

„Sind wir also wieder Freunde?", fragte ich.

Er grinste mich vertraut an. „Ja. Lass uns als Freunde ins neue Jahr starten."

„Aber du hast schon Gefühle für mich, oder? Also, ich meine, so etwas kann man doch nicht einfach so abstellen."

„Ich pack das schon", sagte er zuversichtlich. „Es gäbe nichts Schlimmeres, als dich als Freundin zu verlieren."

„Das hast du süß gesagt", kicherte ich in seinen Mantel hinein.

„Ich bin immer süß", sagte er fröhlich und augenblicklich schoss mir das Bild in den Kopf, wie er auf Parker eingeschlagen hatte, obwohl dieser schon besinnungslos gewesen war. Ich hatte diese Situation heute Nacht auch in meinen Träumen schon gesehen. In diesem Moment war er alles andere als süß gewesen. Der Drew, den ich dort gesehen hatte, hatte mir Angst gemacht.

„Na los, lass uns reingehen, sonst friert der Kindersekt noch ein", sagte ich und erhöhte meine Schrittfrequenz.

Es begann wieder zu schneien und wir liefen noch schneller, um zum Appartement zu gelangen. Es war dieses Mal nicht dieser schöne flockige Schnee, der sanft zu Boden glitt. Sondern viel mehr brutale Hagelkörnchen, die uns ins Gesicht peitschten.

Im Fahrstuhl sahen wir uns unsere roten Nasen an und mussten darüber lachen. Ich hatte das Gefühl, dass wir wirklich wieder Freunde waren Drew seine Gefühle für mich zumindest unter Kontrolle halten konnte.

 Es waren noch zwei Stunden bis Mitternacht.

Als wir die Tür zum Appartement öffneten, hörten wir Musik. Die verbliebenen Drei hatten den Fernseher ausgeschaltet und die Musikanlage ein. Rosie lag noch immer auf der Couch, während die anderen beiden damit beschäftigt waren Luftschlangen im Raum zu verteilen.

„Schmeißen wir heute eine Kinder-Silvester-Party oder was?", fragte Drew in den Raum und sah skeptisch einen Luftballon an, auf dem ein Pinguin abgebildet war.

„Wir haben das Zeug in einer Schublade gefunden und dachten, dass es dort nicht verschimmeln sollte", rechtfertigte Kent die Dekoration, die eher auf den Geburtstag eines Fünfjährigen passen würde.

Dann hielt Bobby eine leere Flasche in die Höhe und ich ahnte schon Schlimmes. Bitte nicht!

„Flaschendrehen wie in guten, alten Zeiten!", rief er fröhlich.

Ich ließ meinen Kopf sinken. Ich hasste es. Ich hatte es schon immer gehasst und daran würde sich auch nichts ändern. Was war der Sinn dahinter sich in peinliche Situationen zu bringen und warum sollte man Geheimnisse verraten? Es gab schließlich einen Grund, warum man Geheimnisse hatte. Es war ein furchtbares Spiel und ich konnte daran einfach keinen Spaß haben. Es war kein Geheimnis wie ich zu diesem Spiel stand.

„Sunny, komm schon!", flehte Rosie.

Zu meinem Unverständnis hatte Rosie dieses Spiel schon immer geliebt. Und nur wegen ihr ließ ich mich nun auch breit schlagen. Aber nur weil es ihr so schlecht ging. Und sie wusste ganze genau, dass ich das nur spielte, weil sie auf die Mitleidsschiene kam.

„Okay", murrte ich.

Es war kein Geheimnis, dass ich immer Wahrheit nahm. Die Vier wussten eh schon alles über mich und so ließen sie mich dann meistens in Ruhe.

„Sunny darf anfangen zu drehen", sagte Rosie großzügig, als würde sie mir damit einen Gefallen tun.

Wir setzten uns alle in einen Kreis. Ich fühlte mich zu alt dafür. Das war etwas für Kinder und Pubertierende, aber nicht für uns. Wir waren schließlich fast erwachsen. Ich drehte die Flasche. Sie rotierte ein paar Runden, ehe sie zum Stehen kam und auf Bobby zeigte. „Wahrheit", sagte dieser und bekam sofort Buh-Rufe von den anderen zu hören. „Was denn?", rechtfertigte er sich sofort. „Wir spielen doch noch ein paar Runden. Keine Angst, ich nehme auch noch Pflicht." Dann sah er zu mir. „Also, was ist deine Frage?"

Ich grinste. Ich wusste ganz genau, was ich für eine Frage stellen wollte und ich begann nun doch Gefallen an dem Spiel zu finden. „Warum hast du dich mit Kent geprügelt?"

Totenstille. Kent und Bobby tauschten sich toternste Blicke aus und ich wusste, dass ich die richtige Frage gestellt hatte.

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