Die nächsten Stunden verbringen wir noch gemeinsam. Ich erzähle Niall alles von der Schwangerschaft und er mir dafür mehr über seine Gefühle zu Zayn und Liam. Im Stillen beschließe ich, ihm zu helfen. Auch wenn ich noch nicht genau weiß, wie ich das anstellen soll, immerhin sind die beiden Betas längst aneinander gebunden. Ich bezweifle, dass zwischen ihnen noch Platz für Niall ist. Aber der Delta ist nun mal mein bester Freund, dem es nicht gut geht. Ich muss trotz Schwangerschaft meine Aufgaben im Rudel weiterhin erfüllen und sie nicht vernachlässigen.

Eine Veränderung meines Herzschlag lässt mich zusammenzucken. Ich setze mich auf und blicke zu Niall, der auf der Couch liegt und schläft. Lächelnd lege ich eine Decke über ihn und schleiche mich davon. Auf dem Weg zu unserer Hütte spüre ich dieses Gefühl von Wärme, das mich umgibt. Das Gefühl, das nur einer herstellen kann. Als ich aufstehe, entdecke ich Harry, der gerade aus dem Wald tritt und auf mich zukommt. Sein schwarzes Wolfsfell ist verfilzt und schmutzig, die grünen Augen müde und erschöpft. "Hazza", flüstere ich, sobald er vor mir steht. Er streckt sich ein wenig und berührt mit seiner nassen Nase kurz meine Wange. Unsicher stehe ich vor ihm, als sein Blick über mich schweift. Er betrachtet mich einfach nur. Dann beginnt seine Rute leicht zu wedeln und er tritt einen Schritt näher zu mir. Mit seiner Nase schiebt er meinen Pullover etwas nach oben und drückt seinen Kopf gegen meinen Bauch. Mein Herz geht auf bei dieser Geste. Völlig überwältigt kraule ich die Stelle zwischen seinen Ohren und beobachte, wie er meinen Bauch liebkost. "Das ist unser Baby", flüstere ich, woraufhin er innehält. Nach einigen Sekunden wühlt er sich wieder unter meinem Pullover hervor und sieht mir in die Augen.

Ein Moment vergeht, in dem ich mir nicht sicher bin, ob ich seine Geste eben richtig gedeutet habe. Wird Harry wütend auf mich sein? Hat er eine Entscheidung gegen mich getroffen?

Meine rasenden Gedanken nehmen jedoch schnell ein Ende, als Harry plötzlich nickt.

Mit großen Augen sehe ich ihn an. "D-du... akzeptierst es?", frage ich vorsichtig, woraufhin er erneut nickt, mit seiner Rute wedelt und sich einmal aufgeregt im Kreis dreht. Schließlich steht er wieder hechelnd vor mir, nimmt meine Hand behutsam zwischen seine Zähne und zieht mich hinter sich her in den Wald. Lachend laufe ich neben ihm her, als er begeistert über einen Ast hüpft und dann wieder fröhlich weitertrabt.

"Nicht so schnell, Haz", gebe ich schließlich außer Atem von mir, doch da erkenne ich schon, wohin er mich gebracht hat. "Du willst nicht wirklich schwimmen gehen, oder?", frage ich mit großen Augen, doch er nickt nur begeistert und beugt sich zum See hinunter, um ein paar Schlucke zu trinken. "Es ist eiskalt!", versuche ich ihn von seiner Idee abzubringen, doch er hüpft von einer Pfote auf die andere und deutet immer wieder auf meine Füße. Ich weiß, dass ich mich wandeln soll, aber hält er das wirklich für sinnvoll? Seufzend sehe ich ihn noch einmal an, dann wandle ich mich und tapse langsam zu ihm.

Und jetzt? Warum willst du mich in eiskaltes Wasser schicken?

Eisbäder sind gut für die Gesundheit. Außerdem wirst du in deiner Wolfsform nicht so frieren.

Ich will aber überhaupt nicht frieren!

Komm schon, Lou. Danach wirst du dich viel fitter fühlen.

Wirst du meine lebendige Wärmflasche sein?

Natürlich.

Ich seufze erneut und stelle mich ans Ufer. Harry tritt neben mich und setzt eine Pfote nach der anderen ins Wasser, bis er schließlich darin schwimmt.

Komm rein.

Augenrollend folge ich ihm wie in Zeitlupe, doch nachdem alle vier Pfoten im Wasser sind, läuft mir ein Schauer über den Rücken.

Ich will nicht weiter.

Na komm. Zwei Minuten, dann können wir wieder raus.

Ich gebe ein verzweifeltes Fiepen von mir, als eine kleine Welle gegen meinen Bauch schwappt. Dennoch beginne ich zu paddeln und verkleinere den Abstand zwischen Harry und mir.
Dieser schafft es sogar, kurz unterzutauchen, nur um dann wie ein begossener Pudel wieder an die Oberfläche zu kommen. Normalerweise würde mich dieser Anblick zum Lachen bringen, doch gerade ist mir so kalt, dass sich alles in mir zusammenzieht und ich zu nichts mehr in der Lage bin.

Noch eine Minute. Schwimm ein wenig, dann merkst du es nicht so.

Ich knurre genervt, folge dann jedoch trotzdem seinem Rat und paddle eine Runde durch den See. Meine Nase ist gerümpft und die Lefzen hochgezogen. Es ist so kalt!
Endlich nickt Harry mir zu und schwimmt zurück ans Ufer, wohin ich ihm auch gleich folge. Zitternd rolle ich mich zusammen und vergrabe meine Nase in den Pfoten. Harry legt sich wie ein Halbmond schützend um mich. Sein Fell ist kalt und nass, doch sein Körper erstaunlich warm.

Du musst ruhiger Atmen, dann lässt das Zittern nach.

Angestrengt befolge ich den Tipp und merke schnell, wie ich wieder entspannter werde.

Du bist verrückt.

Harry brummt zustimmend und schiebt mich dichter zu sich.

Verrückt nach dir, ja.

Er bettet seinen Kopf umständlich auf meinen Bauch und lauscht kurz. Dann beginnt er damit, mein nasses Fell abzulecken und zu säubern.

Hast du mir eigentlich angesehen, dass ich schwanger bin?

Anfangs nicht. Am meisten aufgefallen ist es mir neulich, als wir in der Badewanne Sex hatten. Du dachtest wohl, ich würde es nicht sehen, wenn du den Bauch nicht einziehst.

Ich hätte ja auch einfach vom Essen zunehmen können.

Dann hättest du aber nicht am unteren Bauch die kleine Wölbung sondern weiter oben.

Hm. Sehen das alle anderen auch?

Ich glaube nicht. Sie sehen dich nicht so an wie ich. Und nackt sehen sie dich auch nicht, das darf nur ich.

Ich drehe meinen Kopf ein wenig und gebe Harry einen Nasenkuss. Er brummt zufrieden.

Tief in mir drinnen vergrößert sich der Funken Hoffnung, dass jetzt vielleicht alles besser wird. Dass Harry und ich endlich glücklich werden können.

---

Diesmal habe ich keinen gemeinen Cut für euch😆

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen😊

Bis bald

Little white truths - L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt