„Okay, danke." Meine verhältnismäßig dünne Stimme verrät, wie angespannt ich bin.

Meinen Spind entdecke ich schnell. Zügig wechsele ich die Kleidung und lasse meine Handtasche ebenfalls im Spind. Lediglich mein Handy nehme ich an mich. Zum Glück hat der Spind ein Zahlenschloss, dessen Kombination ich bereits per Post erfahren habe. So besteht wenigstens keine Gefahr, einen Schlüssel zu verlieren. Mit der Jacke auf dem Arm verlasse ich den Raum wieder.

Oliver Dreier lehnt lässig gegenüber an der Wand, von der er sich abstößt, als er mich sieht. Mit seiner Hand deutet er in die Richtung, in die wir jetzt laufen. „Hier auf der Wache duzen sich alle, das ist doch okay für dich, oder?", fragt er mich und beginnt damit ein Gespräch.

„Natürlich."

„Du kannst mich Olli nennen. Hast du auch einen Spitznamen? Elisabeth ist ein wirklich schöner Name, aber im Einsatz sehr lang."

„Ja, habe ich." Das erste Mal heute, wo ich grinsen muss. „Ich wurde von meinen alten Kollegen immer Sissi gerufen. Kannst dir ja sicher denken warum."

Ein Seitenblick verrät mir, dass auch er sich das Schmunzeln nicht verkneifen kann. „Und wie möchtest du hier genannt werden? Weiterhin Sissi oder doch lieber anders? Gibt noch ein paar Möglichkeiten wie Beth, Eli, Lilly..."

„Ich bin so an Sissi gewöhnt, dass ich befürchte, nicht auf andere zu reagieren. Eli wäre mir allerdings lieber."

„Du wirst dich auch daran gewöhnen, Eli", versichert er mir, wobei er meine Abkürzung besonders betont. „Wo kommst du eigentlich her?"

„Ich komme aus München, war beim dortigen Bayrischen Roten Kreuz."

„Und warum wolltest du weg? München ist doch eine sehr schöne Stadt."

Da muss ich ihm Recht geben, aber unmöglich vertraue ich ihm jetzt schon die Wahrheit an. Ich kenne diesen Mann mal gerade fünf Minuten. „Ich brauchte einen Tapetenwechsel", antworte ich daher nur ausweichend.

Er bemerkt meine Abwehrhaltung, denn er zieht eine Augenbraue nach oben, hakt aber nicht nach. Dafür stellt er mir die nächste unangenehme, aber für einen Notarzt erwartbare Frage. „Du bist blass. Alles gut?"

„Ja, alles gut, nur etwas nervös", gebe ich zu.

„Verstehe, brauchst du aber nicht. Die Kollegen sind alle sehr nett." Er lächelt mir nochmal aufmunternd zu, bevor er die nächste Tür öffnet. „Komm, ich stell dich vor." Mit diesen Worten legt er eine Hand an meinen Rücken und schiebt mich sanft in den Raum, der sich als Aufenthaltsraum herausstellt.

Wie zu erwarten, drehen sich alle Köpfe zu mir, als Olli sich räuspert. Seine Hand ruht mittlerweile auf meiner Schulter, ob seinerseits unbewusst oder mit der Intention, mich ein wenig zu beruhigen, weiß ich nicht. Jedenfalls bewirkt sie, dass ich mich nicht ganz so allein fühle, auch wenn mein Puls nach wie vor Marathon läuft.

„Setzt euch zu uns, dann lernst du uns kennen", schlägt ein Mann mit südländischem Touch vor.

Wieder werde ich sanft Richtung Sofa geschoben, dort allerdings komplett losgelassen. Der Mann stellt sich unterdessen als Franco Fabiano vor, er hat italienische Wurzeln. Neben ihm sitzt eine rothaarige Frau mit dem Namen Marion Fröhlich – passender Name wie ich finde, da sie lächelt. Mir gegenüber befinden sich zwei sehr junge Sanitäter namens Thomas Schmidt und Philipp Stehling. Während Thomas Haare blond sind, wirken Philipps gefärbt, ein dunklerer Ansatz ist deutlich sichtbar. Yannik Brandner sitzt derweil in einem Sessel mit einer Zeitschrift in der Hand. Im hinteren Teil des Raums an einem Tisch halten sich zwei weitere Kollegen auf: Patrick Rössner und Benjamin Hoffer. Beide haben eine sehr breite Schulter und wirken von der Statue angsteinflößend.

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