Leonar schoss nun doch einen scharfen Blick zurück. Dallos sprach von all diesen Vampiren wie seinen Freunden, das konnte Leonar gerade noch vergeben. Doch nicht, wenn er den Namen der bleichen Königin in den Mund nahm.

   Dallos schien seine Wut zu spüren. „Entschuldigt. Das Seemannsleben war lang und stumpf. Die bleiche Königin, hat sie den Angriff geleitet und geführt?"

   Leonar hielt inne, doch mit einem Atemzug war sein Gesicht wieder leer und er nickte still.

   Dallos schüttelte begeistert den Kopf. „Sie zu treffen wäre schon Grund, mein Leben als erfüllt zu sehen, doch neben ihr zu kämpfen ..."

   „Ich kämpfte nicht neben ihr." Leonar hielt seinen Blick wieder Richtung Bootsboden.

   Dallos beugte sich interessiert vor. „Nein? Und warum warst du dann dort? Unterstützung? Information?"

   Leonar atmete einmal tief aus. „Es fing mit meinem Schlag an. Die Schlacht, meine ich."

   Dallos schnaufte skeptisch und zog die Ruder wieder fest zu. „Dein Schlag? Wie bitte? Warum dein Schlag? Warst du vorne mit dabei?"

   Leonar erlaubte sich nun ein Lächeln, was er so sparsam ausgab wie das Eichhörnchen die Nuss im Winter. „Es fing mit meinem Schlag an. Denn mein Schlag fällte den Kaiser."

   Dallos strahlte auf, seine Augen verzogen im Unglauben. „Das ... Das wart Ihr ... du meine ich ... das warst du ... Sevus Brale, stolzer Kaiser des Kaiserreichs, durch dich gefallen?!" Seine Züge wirkten so entblößt, Leonar überlegte kurz, ob er einen Angriff von diesem erwarten musste.

   Doch dann prustete Dallos herzhaft auf. „Bei Defala! Und ich hinterfrage noch eure Dienste, Leonar, alte Budde! Eine Meisterleistung!" Er schlug Leonar auf die Schulter. „Man singt schon fast in den Ewigen Hallen von dir. Und wenn man in der Hauptstadt der Vampire von einem Menschen singt, ui, das will was heißen."

   Leonar fiel in sein leeres Gesicht zurück, doch sein Mund genoss das Lächeln etwas länger als sonst.

   Dallos zog kräftig weiter an den Rudern. „All die Gerüchte, die ich gehört habe? Wie seid Ihr in den Palast gekommen? Seine Wachen rannten allein beim Anblick der Vampire, wie sahen sie aus? Wie schreiende Kinder? Was hat er als Letztes gesagt, was sagte er ihm Tod? Oh, ich kann mir solch schöne Bilder vorstellen, sagt es mir am besten nichts, das würde mir nur die Freude nehmen! Aber verzeiht mir, dass ich eure Dienste hinterfragte. Ich freue mich an eurer Seite zu dienen, Leonar von Badazan."

   Dieser nickte knapp, starrte wieder in Richtung des Fischerdorfs.

   Die Schreie hielten ohrenbetäubend an, doch wirkten sie nun ein wenig vertrauter, wie die Geräusche eines Wasserfalls im Hintergrund. Leonar drehte nun die Frage um und dies mindestens genauso schwer. „Und Ihr? Wie kommt Ihr in ihre Dienste? Warum soll ich ... dich nicht hinterfragen?"

   Dallos schien ihn kaum zu beachten, er lächelte schlicht. „Nun Glanzleistungen wie Kaisermord habe ich noch nicht vollbracht. Noch glaube ich, dass man aus anderen Gründen bald über mich singen wird."

   Er floh mit seinem Blick in die Wellen, seine Züge wirkten krampfhaft fröhlich verzogen. „Aber ein Mann hat seine Gründe. Das wissen wir beide. Bei den ewigen Fünf, wir stellen uns gegen unsere Art, unser Fleisch und Blut. Da braucht man seine Gründe, oder?" Dallos kehrte mit seinen Augen zu Leonar zurück und kurz fürchtete der Mann aus Badazan den Fremden vor sich. „Zeig mir den Menschen, der sich grundlos den Vampiren anschließt, und ich zeige dir, wem ich nicht traue."

   Leonar antworte nur mit einem mürrischen Raunen. „Dann stelle ich solche Fragen eher nicht mehr."

   Dallos lächelte, doch blieben seine Lippen seltsam kalt dabei. „Besser ist es vielleicht." Er zog wieder an den Rudern, die Bewegung wirkte wie das Heben eines Henkerbeiles.

Die bleiche Königin - Geburt des TerrorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt