"Jedenfalls haben sie es nicht bis in die Königshallen geschafft, aber es gab viele Verwundete, vielleicht ein paar Tote."

"Wissen wir, woher die Angreifer kamen und warum sie angriffen?", fragte Thara.

Jaromir schüttelte den Kopf. "Nein."

"Na gut, dann fürchte ich wird eine Reise dorthin unvermeidbar sein."

Die feierliche Stimmung hielt noch mehrere Tage an und manche Gäste blieben länger als eine Nacht am Königshof. Vor allem viele Zentauren aus Saothrach und dem Tauriwald waren geblieben und streiften tagsüber durch den Vergessenen Wald und die Hochgrasfelder.

Zwei Tage nach der Krönungsfeier befand Thara sich nachmittags mit Anori Dachsbau im Kartenzimmer des Hofes. Der Zwerg war ein langjähriger Bekannter und Berater ihres Vaters gewesen. Außerdem war er ein sehr guter Kartenleser und hatte sogar einige der um sie herum liegenden Karten selbst gezeichnet. Jetzt breitete er gerade ein weiteres zusammengerolltes Pergament aus.

"Das hier ist eine Karte, die den Mittraum und die Sonnenlande relativ gut zeigt, wir müssten den Grünpfad ein Stück Richtung Osten nehmen und dann immer weiter nach Osten zur Grenze", er fuhr sich durch den Bart und tippte auf das Pergament.

"Wir würden den Unterweg nur kreuzen, aber könnten am Gebirge von Lys entlang gehen, die Karte zeigt keine merklichen Berge auf dieser Strecke, wie Ihr befürchtet hattet."

"Nun, wahrscheinlich haben sich meine Vorfahren ihren Weg zu einem ihrer engsten Bündnispartner geebnet." Und zu dem Dienstmädchen, das neben der Tür stand, sagte Thara: "Níniel, würden Sie bitte Jaromir herschicken, ich möchte ihn sprechen."

Das Dienstmädchen nickte und eilte davon. Kurze Zeit später kam sie auch schon zurück, dicht gefolgt von Jaromir.

"Vielen Dank", lächelte Thara und Níniel machte einen kleinen Knicks.

"Was ist los?", fragte Jaromir und trat zu ihnen an den Holztisch. "Wir werden nach Elbra reiten, es ist wichtig zu erfahren, was genau passiert ist."

"Wer ist wir?", fragte er misstrauisch.

"Du, Anori und ich. Wir werden nur schnell hin reiten, ich werde mit Ronda sprechen und wir kehren wieder zurück. Kein Gefolge oder so ein Quatsch, es wird einfach ein kleiner Besuch."

Jaromir nickte. "Gut, wann brechen wir auf?"

Thara seufzte, erleichtert, dass er ihre Entscheidung befürwortete.

Später am Abend war Thara gerade dabei, ihre wichtigsten Sachen einzupacken, als es an der Tür klopfte. Schnell packte sie die Bergkristallkette ihres Vaters in ihre lederne Umhängetasche. Sie hatte die Kette seit der Krönung nicht mehr getragen. Nicht etwa, weil sie ihr nichts bedeutete, sondern nur aus Angst, dass sie das Schmuckstück verlieren könnte.

Die Tür öffnete sich und Artha betrat den Raum. Ohne ein Wort zu verlieren ging sie durch das Zimmer und setzte sich auf Tharas Bett. Immer noch ohne etwas zu sagen, schaute sie zu Boden und spielte nachdenklich mit dem Saum ihres Kleides. Thara blickte sie erwartungsvoll an, doch es kam nichts.

"Was ist denn?", fragte sie ihre kleine Schwester schließlich, als sie das Warten nicht länger ertrug.

Artha blickte zu ihr auf.

"Du willst fort", stellte sie anklagend fest. "Du brauchst nichts zu erklären, ich frage mich nur, warum es Anori sein muss, der es mir erzählt und nicht du."

"Anori hat es dir erzählt?", fragte Thara und zog die Augenbrauen zusammen.

"Er hat es nicht absichtlich getan, er dachte, ich wüsste schon Bescheid. Das hätte ich auch gedacht, warum hast du mir nichts gesagt?"

Des Königs letzter SchatzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt