"Wenn ihr denkt, dass ich meine Gefährten ihrem Schicksal überlassen würde, irrt ihr euch." Das implizierte 'so wie ihr es getan habt' hing für einen Moment zwischen ihnen. Thranduils Blick flackerte, ehe er noch hochmütiger wurde und er sich abwandte und auf seinen Thron zurückkehrte. Es war ein seltsamer Anblick und ihr ein Rätsel, wie der Elb so königlich aussehen konnte, obwohl seine Haltung sie mehr daran erinnerte, wie die Jungs sich in die Sessel im Gryffindorgemeinschaftsraum lümmelten. Es kam wohl doch auch auf die Person und nicht nur die Haltung an.
Auch wenn der Elb, der Hermine dann zu diesem Zimmer geführt hatte, sie tatsächlich wie einen Gast behandelte, machte sie sich keine Illusionen darüber, dass die Elben sie ihm Auge behalten würden. Sie mochte anders als die Zwerge ihre Waffe und ihre Bewegungsfreiheit behalten haben, durfte aber den Palast nicht verlassen und es würde sie sehr wundern, wenn sie in nächste Zeit ungestört mit den Zwergen würde reden können, da die Elben bestimmt einen Fluchtversuch erwarten würden. Vielleicht würde die Aufmerksamkeit nachlassen, wenn sie sich unauffällig verhielt und bis dahin könnte sie den Palast erkunden, um mögliche Fluchtwege und Verstecke zu finden. Irgendwo musste schließlich auch Bilbo sein, mit dem sie ihre Befreiungsversuche absprechen sollte.
An diesem Tag würde sie aber nichts mehr tun, sie war müde von der Reise durch den Wald und auch wenn das Zimmer sparsam, wenn auch ansprechend gestaltet war, war doch das Bett herrlich weiß und einladend, sodass sie nicht wieder aufstehen wollte. Außerdem war Thorin vermutlich sowieso am wütendsten und würde Gespräche darüber, wie sie aus dieser Situation heraus kommen könnten, nicht diskret genug führen können - falls er denn überhaupt bereit wäre, mit ihr zu sprechen. Sie würde am nächsten Tag sehen, wie es ihren Freunden ging und bis dahin über mögliche Fluchtpläne nachdenken. Auf eine Wildwasserfahrt in einem Fass hatte sie wirklich keine Lust, aber das Wissen um diese Möglichkeit beruhigte sie - und sie musste zugeben, dass sie auf dem Fluss sicherlich schneller voran kämen als zu Fuß. Ob die Elben wohl ein Boot hatten, das sie nutzen könnten, oder zumindest ein Floß oder Materialien, aus denen man schnell ein Floß bauen konnte? Während sie darauf wartete, vom Schlaf übermannt zu werden, ging sie alle Zaubersprüche durch, die sie kannte, auf der Suche nach etwas, dass bei der Flucht helfen könnte. Nur kurz kam ihr der Gedanke, wie viel einfacher ein solches Abenteuer war, wenn man ein Ziel hatte und über bestimmte Ereignisse Bescheid wusste - ganz anders als die Suche nach den Horkruxen, bei der sie vollkommen ahnungslos gewesen waren. Und sie hoffte, dass Harry ebenso wie sie in der Lage war, sich auf das Wichtige zu konzentrieren.
Was Thorin betraf, so hatte sie sich nicht geirrt. Er war voll unterdrücktem Zorn gewesen, als sie in den Kerker geführt worden waren, unfähig sich zur Wehr zu setzen, da die Elben sie so schnell entwaffnet hatten. Dieser Zorn hielt an, während erst Kili und Fili, dann Dwalin und Ori und schließlich er selbst zusammen mit Balin in kleine Zellen gestoßen wurden. Als aus den über den Gang gerufenen Unterhaltungen aber klar wurde, dass Oin und Dori, Nori und Bofur, Gloin und Bifur zusammen und Bombur alleine eingesperrt waren, verstummten die Rufe und eine beunruhigte Stille trat ein. Keiner der Zwerge traute sich, ein Wort zu sagen, als ihnen allen bewusst wurde, wer <emph>nicht<emph> mit ihnen eingesperrt worden waren, und Balin, der als einziger das Gesicht seines Freundes und Königs sehen konnte, trat einen Schritt zurück.
Thorin hatte die Elben gehasst, die dem Untergang seiner Heimat zugesehen hatten, aber das war nichts gegen das, was er bei dem Gedanken empfand, sie könnten Hermine etwas antun oder schlimmer noch, sie auf ihre Seite gezogen haben. Erst der Schrei, der dröhnen von den Wänden widerhallte, riss ihn aus seinem seltsam stillen Zustand zwischen Raserei und Verzweiflung, der für die Zwerge viel beängstigender war, als würde er die Elben verfluchen und mit bloßen Händen versuchen auszubrechen. Er registrierte nur nebenbei, dass es sich um seine Stimme handelte, die durch den Kerker schallte, während er sich mit leerem Blick auf den Boden sinken ließ. Wenn sie ihr etwas angetan hatten, würde er jeden einzelnen Elb mit bloßen Händen umbringen, aber wenn sie sich auf ihre Seite gestellt hatte, dann wusste er nicht, wie er mit dem Verrat umgehen sollte. Er wusste nicht, ob es genug wäre um ihn zu befähigen, sie zu verletzten, aber gleichzeitig würde er es nicht ungestraft lassen können. Also hoffte er, dass es ihr gut ging und es irgendeine Erklärung dafür gab, dass die Elben sie von ihnen getrennt hatten.
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The Story of a Witch in Middle Earth
FanfictionWas passiert, wenn Hermine während der Suche nach den Horkruxen durch Zusammenspiel mehrerer Zauber in das Auenland transportiert wird, direkt vor die Gemeinschaft um Thorin Eichenschild? Und wie wird Harry mit seiner neuen Situation umgehen?
Kapitel 24
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