Kapitel 32 - Ein Lügner

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Herr Goldenberg musste sich stark zurückhalten, sie beim nächsten Satz nicht mit Frau Großinquisitorin anzusprechen.
»Ich hoffe, Sie konnten keine etwaigen Mängel feststellen. Man kann nicht abstreiten wie fahrlässig Herr Tuplantis im Bezug auf die allgemeine Sicherheit gehandelt hat, aber um sicheren Unterricht ist er stets bemüht gewesen.«

»Ich muss zugeben, dass ich positiv überrascht gewesen bin«, erwiderte Frau Hof. »Die Ausstattung hat in jeglichen Punkten unseren Sicherheitsrichtlinien entsprochen. Allerdings muss ich hinzufügen, dass wir vom Ministerium es begrüßen würden, wenn Sie einen qualifizierten Pädagogen an die Stelle setzen würden. Herr Moos mag in seinem Fachgebiet ein Meister sein, aber das allein ist nicht ausreichend, um solch eine verantwortungsvolle Position zu besetzen.«

Herr Goldenberg dankte seinem jüngeren Ich für die Entscheidung Schiedsrichter zu werden. Er wusste nicht, ob er auch ohne einige kontroverse Diskussionen mit aufgebrachten Quidditchspielern in der Lage gewesen wäre, gegenüber Frau Hof ruhig und höflich zu bleiben.
»Hier muss ich meinen Vorgänger tatsächlich in Schutz nehmen«, erwiderte er. »Es gibt keine ausgebildeten Lehrer für das Fach Zauberei. Wir mussten bereits letztes Jahr auf einen polnischen Auror zurückgreifen.«

Frau Hof nickte langsam. Herrn Goldenberg kostete es dabei sein ganzes Überwindungsvermögen, ihrem Blick standzuhalten - auch wenn er sich eigentlich alles andere als introvertiert bezeichnen würde. Aber dies hier war kein normales Gespräch. Es glich mehr dem Versuch, einem Drachen unbemerkt sein Ei zu stehlen. Jeder falsche Schritt - jedes falsche Wort - konnte den ganzen Plan zunichtemachen.
»Haas hat sich nicht sonderlich um die Ausbildung qualifizierter Fachkräfte geschert«, meinte Frau Hof. »Wir haben einige Scherben aufzukehren.«

»Es sind fast alle Schüler da«, erkannte Herr Goldenberg und deutete in den Innenhof. »Ich sollte nun die Neuheiten verkünden. Möchten Sie sich selbst vorstellen?«
»Das muss nun wirklich nicht sein«, erwiderte Frau Hof. »Ich bin keine neue Lehrerin.«
»Wie Sie wünschen«, sagte Herr Goldenberg und bemühte sich, möglichst gleichgültig zu klingen. Dann erhob er sich und blickte auf die Schülermenge. Wenn Herr Tuplantis aufgestanden war, hatte es immer so einfach ausgesehen. Er hatte sich erhoben, ein paar elegante Armbewegungen gemacht und schon waren die Schüler ruhig gewesen.

Er selbst sah sich anhand der nicht verstummen wollenden Schülerschar gezwungen, auf einen alten Muggeltrick seines Großvaters zurückzugreifen. Er nahm ein Glas und schlug mit der richtigen Bewegung seines Zauberstabs dagegen, sodass ein klarer, durchdringender Ton erklang.
Schneller als erwartet verstummte das Gemurmel. Etwas überrascht brauchte Herr Goldenberg erst einmal ein paar Sekunden, um sich überhaupt an die Worte zu erinnern, die er hatte sagen wollen.

»Liebe Schülerinnen und Schüler, ich begrüße euch noch einmal ganz herzlich zurück in Winterfels! Ich hoffe, ihr konntet den freien Vormittag nutzen, um eure Lieblingsorte hier in der Burg noch einmal aufzusuchen und euch an schöne Momente zurückerinnern - Momente, die leider mittlerweile eine ganze Zeit zurückliegen. Letztes Jahr hat Titus Pettigrew uns eingesperrt und damit viele mögliche Höhepunkte des Schullebens durch Angst und Schrecken ersetzt. Und dieses Jahr hat unser langjähriger Schulleiter Tuplantis aus lauter Angst vor einer Wiederholung solcher Ereignisse, euch an einen gänzlich anderen Ort gebracht.«

»Das war eine Frechheit!«, schrie ein Kesten-Schüler von einem der vorderen Plätze. Ähnliche Rufe schlossen sich ihm an.
»Und auch wenn er selbst, behauptet hat, es sei nur zu eurem besten, ändert das nichts daran, dass er euch eurer Schule beraubt hat. Eurer Heimat. Eurem Winterfels! Dieses Verbrechen ist auch in der Politik bemerkt worden. Daher hat unsere neue Zaubereiministerin Valeria Assmann entschieden, Herrn Tuplantis seines Amtes zu entheben.«

An einigen Stellen brach Applaus in der Halle aus, andere gaben Jubelrufe für Assmann und gegen Tuplantis zum Besten. Eine leichte Sorgenfalte schlich sich auf Herrn Goldenbergs Stirn. Die Schüler verhielten sich fast schon etwas zu euphorisch. Sie durften ihre Glaubwürdigkeit nicht verlieren. Schnell fuhr er in seiner Rede fort.

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