Kapiel 1

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Ben

Es waren die ersten Sonnenstrahlen die in diesem Jahr von meinem schwarzen Jackett angezogen wurden. Normalerweise mochte ich das Gefühl der Wärme auf dem Rücken, doch heute war es mir egal. Als ich um mich blickte sah ich das leuchtende Grün des Grases und Vögel die umher zwitscherten. Meine Seele rebellierte gegen diese Eindrücke, denn als mein Blick zurück wanderte traf er auf einen Grabstein direkt vor mir. Eingemeißelt war der Name meines Großvaters - William Parker. Immer wieder las ich seinen Namen. Hinter mir standen meine Mutter, mein Vater und mein älterer Bruder Travis. Ich weiß nicht mehr wann wir hergekommen sind, wie lange wir hier stehen oder wer kam und ging. Dieses Gefühl von Hilflosigkeit war mir fremd denn ich hatte noch nie einen geliebten Menschen verloren. Als Großmutter starb war ich noch zu jung um Gefühle dieser Art zu verspüren. Nun in meinem 25. Lebensjahr spürte ich das volle Ausmaß. Meine Mutter hatte ihren letzten Elternteil verloren und ich hatte nicht vor sie mit meinen Gefühlen zusätzlich zu belasten. Also wischte ich mir unauffällig eine Träne aus dem Gesicht und drehte mich um zu meiner Familie. Meine Mutter war mit gesenktem Kopf fest an meinen Vater geklammert, sie sah blass aus. Mein Vater wirkte erschöpft und traurig. Nachdem er seine Eltern früh verloren hatte behandelten meine Großeltern ihn wie einen Sohn. Travis, mein großer Bruder weinte normalerweise nie denn er war kein Typ der leicht Gefühle zeigte. Umso mehr überraschte es mich als ich auch auf seinem Gesicht Tränen sah. Großvater war schon immer unsere starke Schulter gewesen er hatte immer einen Rat und wirkte nie verzweifelt oder schwach. Er war nie auf Hilfe angewiesen und ich hatte immer das Gefühl das er alles wusste. Jetzt musste ich so stark sein wie er. Travis stand an den nächsten Baum gelehnt und wirkte Gedankenverloren, mit gesenktem Blick ging ich auf ihn zu. Ich legte ihm meine Hand auf die Schulter und sagte ruhig »Bringen wir Mom und Dad hier weg, ich denke es ist genug für heute. Lass uns nach Hause fahren.«
Ich spürte das es ihm nicht leicht viel diese Art von Schwäche zu zeigen doch es gelang ihm diesmal nicht seine Gefühle zu vertuschen. Sein Blick traf mich kurz als er mir zunickte und ohne etwas zu sagen ging er in Richtung Ausgang des Friedhofes. Als ich mich zu meinen Eltern umsah war der Blick meiner Mutter immer noch fest auf den Boden geheftet. Dad blickte auf den Grabstein. Er musste meinen Blick auf sich gespürt haben denn er erwiderte ihn ziemlich schnell. Mit einer Handbewegung deutete ich in Richtung Ausgang. Er flüsterte Mom etwas ins Ohr und drückte sie noch einmal an sich. Langsam folgten sie mir über das große Gelände. Auf dem Heimweg herrschte Stille im Auto. Travis blickte aus dem Fenster und Mom hatte den Kopf auf ihrem rechten Arm aufgestützt während Dad schweigend das Auto fuhr. Ich sah aus dem Fenster wie die Bäume und Gebäude an mir vorbei zogen und konnte es kaum erwarten mich in meinem Zimmer zurück zu ziehen. Die Stimmung im Wagen erdrückte mich. Ich wollte etwas sagen doch mein Kopf war leer. Endlich bog Dad in unsere Einfahrt ein und stellte den Motor aus. Kaum hatte er den Schlüssel aus dem Zündloch gezogen war Travis auch schon ausgestiegen. Er ging mit schnellen Schritten auf unser Haus zu und verschwand auch sofort darin. Ich wollte ihm so schnell wie möglich Folgen und griff nach der Autotür. Bevor ich aussteigen konnte drehte sich Mom zu mir um und drückte meine Hand. Ihre Augen waren gerötet vom Weinen.
»Ben du warst so stark heute, ich danke Dir! Bitte kümmere dich um Travis denn auch wenn er es nicht zugeben möchte, er braucht deinen Beistand« Zum ersten Mal lächelte sie seit Großvater gestorben war. »Du musst wissen das Großvater euch beide sehr geliebt hat. Außerdem hat er sehr viel von dir gehalten. Auf dich hatte er immer ein besonderes Auge. «
Diese Worte erfüllten mich mit Stolz denn auch ich spürte eine besondere Verbindung zu ihm. Ich glaube, dass diese Tatsache Travis nicht entgangen war und manchmal ein kleines bisschen Eifersucht in ihm auslöste. Immerhin war er derjenige der so gut wie alles erreichte was er sich vornahm und sprudelte nur so vor Ehrgeiz. Diese Eigenschaft lobte mein Großvater immer wieder. Im Grunde waren wir beide gleichwertig für ihn und er hätte nie einem von uns das Gefühl gegeben ihm weniger zu bedeuten. Trotzdem, da war etwas zwischen ihm und mir, etwas anderes. Travis sah uns nicht als Rivalen und ich wusste das aber er wollte einen Schritt voraus sein, vielleicht um sich etwas zu beweisen – ich weiß es nicht. Ich stieg aus dem Wagen und ging über unsere Veranda zum Haus. Dort sah ich die Schaukel auf der Großvater bei gutem Wetter gern gesessen hatte und mit einer dampfenden Tasse Kaffee in der Hand sein Buch las. Sie stand still. Die Sonne schien durch die Gravierungen im Holz der Lehne und warf Schattenmuster auf den Boden. Als ich die Tür öffnete hatte sich nichts verändert, dies war mein Zuhause genauso wie vor einer Woche noch und doch war in diesem Moment alles anders für mich denn Großvater war nicht mehr unter uns.  Als Großmutter starb zog er bei uns ein, ich war es gewöhnt ihn täglich zu sehen, mir immer einen guten Ratschlag zu holen wenn ich einen brauchte. Ich hing mein Jackett an die Garderobe und streifte meine Schuhe von den Füßen. Auf dem Weg in mein Zimmer im ersten Stock, betrachtete ich die Fotos die Mom versetzt dem Treppenaufgang entlang angebracht hatte. Eines stach mir besonders ins Auge weil es in mir eine Erinnerung auslöste. Es war das Foto auf dem Travis mit einer Zahnlücke mächtig grinsend einen Fisch in der Hand hielt den er auf unserem ersten Angelausflug mit Großvater gefangen hatte. Ich erinnere mich noch wie geduldig er mit uns war. Er ließ nicht zu, dass wir die Lust am Angeln verloren sondern erzählte uns spannende Geschichten während wir warteten dass endlich ein Fisch anbiss. Für Travis und mich war es damals wie ein Wettkampf gewesen. Der erste mit einem Fisch an der Angel würde gewinnen. Wir arbeiteten nicht zusammen sondern gegeneinander. Dies machte sich bemerkbar als Großvater uns bat noch mehr Köder aus dem Auto zu holen und keiner sich angesprochen fühlte um keinesfalls wertvolle Zeit zu verlieren, es könnte ja einer anbeißen. Bei dem Gedanken daran musste ich schmunzeln. Nachdem er selbst die Köder geholt hatte erklärte er uns dass es nicht darum ginge wer der Erste oder Schnellste war. Es ging um die gemeinsame Zeit mit der Familie und den Zusammenhalt den zwei Brüder haben sollten. Damals verstand ich das nicht oder wollte es vielleicht auch nicht denn mein Ziel war nur vor Travis den einen Fisch zu fangen. Dieses Mal wollte ich besser sein als er und das war nicht unmöglich, denn wir waren beide Anfänger im Angeln. Doch ich verlor unseren Wettstreit und er fing vor mir seinen ersten Fisch. Das Lob und den Stolz meines Großvaters hatte er mehr als verdient, doch in diesem Moment konnte ich nicht fair sein. Traurigkeit und Eifersucht stiegen in mir auf und ich trottete an das Ufer um ein paar Steine ins Wasser zu werfen. Unerwartet spürte ich kurz darauf die warme Hand meines Großvaters auf der Schulter. Ich drehte mich um und blickte in sein vertrauenswürdiges Gesicht. Er lächelte und sagte »Ben, was bedrückt dich?«
Ich sah auf meine Füße und wollte nicht so recht mit der Sprache herausrücken denn es war mir peinlich. Doch schließlich antwortete ich ihm.
»Ich wollte dich auch beeindrucken und einen Fisch fangen.« Großvater legte seine Hand sanft auf meine Wange und ging in die Hocke um mit mir auf Augenhöhe zu sein.
»Du hast mich schon sehr oft beeindruckt und selbst wenn du keinen Fisch gefangen hast ist deine Ausdauer bemerkenswert, die Geduld die du aufgebracht hast und vor allem, dass du nicht aufgegeben hast. Deine Mom wird uns Travis' Fisch heute Abend köstlich zubereiten, davon haben wir alle etwas es wird ein Festmahl« Er zwinkerte mir zu und sprach weiter »Es ist nicht die letzte Chance für dich erfolgreich zu sein im Leben du bist dazu bestimmt Großes zu erreichen es wird der Tag kommen an dem du über dich selbst hinaus wachsen wirst. Außerdem werden wir wieder kommen und dann wirst du einen Fisch fangen. Ganz bestimmt. Travis möchte seinen Fang mit dir teilen also teile du jetzt seine Freude mit ihm und ärgere dich nicht weiter. Übung macht den Meister du wirst sehen. Vergiss nie Glück und Freude sind das einzige was sich vermehrt, wenn man es teilt. Ganz gleich was euch unterscheidet, haltet zusammen. Und nun Kopf hoch, lauf zu deinem Bruder und sieh dir den Fisch einmal aus der Nähe an." Er drückte mich an sich. Meine Enttäuschung war zwar noch nicht ganz verflogen doch als ich zu Travis blickte winkte er mir mit freudigem Gesicht zu und ich schämte mich ein wenig. Er wollte mir keins auswischen. Mit einer schnellen Handbewegung winkte er mich zu sich und ich konnte ein wenig von dem verstehen was Großvater versucht hatte mir beizubringen. Travis wollte teilen. Ich lächelte Großvater dankend an und rannte auf Travis zu. Auf der Heimfahrt dachten wir uns die wildesten Geschichten aus, wie wir den monströsen Fisch überwältigt hätten. Ich erinnere mich noch, wie Großvater uns durch den Rückspiegel mit einem Lächeln beobachtete.
Das zuschnappen der Tür holte mich in die Gegenwart zurück. Mom und Dad kamen herein und gingen weiter ins Wohnzimmer. Ich sah kurz über das Geländer und ging dann weiter die Treppen hinauf. Gleich links neben der Treppe war Travis' Zimmer die Tür stand leicht offen. Nebenan lag mein Zimmer die Sonne schien durch das Fenster. In der Luft schwebten tausende Staubpartikel. Wenn man rechts weiterging gelangte man in das Arbeitszimmer meines Vaters und das Schlafzimmer von Großvater. Einen Moment lang zog es mich in sein Zimmer doch ich entschied mich dagegen hinein zu gehen. Statt dessen ging ich auf Travis' Zimmer zu und schob die Tür ein Stück weiter auf. Ich blieb im Türrahmen Stehen und sagte
»harter Tag was? « Travis sah mich zustimmend an.
»Ja, kann man sagen. Glaubst du er kann uns jetzt hören?«
»Ich glaube schon, er wird immer irgendwie bei uns sein - zumindest hat er das immer gesagt. Stille trat ein und keiner wusste so Recht was er sagen sollte also setzte ich mich neben Travis auf die Bettkannte.
»Zusammen schaffen wir das alles, dafür sind wir Brüder. Glück ist das einzige was sich vermehrt wenn man es teilt « Travis lächelte während sein Blick zu Boden fiel.
»Das ist von Großvater stimmt's? Das hat er mir auch immer gepredigt. Ihm war Zusammenhalt immer so wichtig, er hatte recht.« Gerade als ich mich mit einem Nicken zurück ziehen wollte hörte ich ein leises räuspern und sah mich um. »Es tut gut einen Bruder wie dich zu haben.« Ich erwiderte das ich auch froh sei ihn zu haben und ging in mein Zimmer. Als ich die Tür leicht mit dem Fuß zugestoßen hatte streifte ich meine schwarze etwas feinere Hose von mir ab. Sie kniff mich und war unbequem. Ich trug sie so selten und nur zu besonderen Anlässen. Ich war sonst eher der lässige Typ. Meine Lederjacke, ein lockeres Shirt und Jeans, das war ich. Als ich mir was bequemes übergezogen hatte legte ich mich in mein Bett, schloss die Augen und ließ meine Gedanken schweifen. Ich wollte nicht schlafen, ich wollte nachdenken doch ich konnte nicht mehr gegen Müdigkeit und Erschöpfung ankämpfen und schlief schließlich doch ein. Plötzlich weckte mich ein unbeschreiblicher Schmerz in meiner Brust. Meine Venen pulsierten sie drohten zu platzen. Mein Körper war heiß es fühlte sich an wie hohes Fieber. Schweißgebadet stand ich aus dem Bett auf, um mich herum drehte sich alles. Ich presste beide Hände fest an meinen Kopf. Aufhören dachte ich und fühlte das Blut in meinen Adern förmlich kochen. Was war bloß los mit mir? Ich sackte zusammen und lag auf dem Boden. Der Schmerz schnürte meine Kehle immer weiter zu während ich mich hin und her wandte. Der Schweiß lief über meine Stirn und ich spürte genau wie er langsam über meine Schläfen entlang glitt. Ich versuchte einen klaren Gedanken zu fassen ich musste irgendetwas tun. Meine Lungen verlangten nach frischer Luft also kroch ich auf dem Boden zu meinem Fenster. Die Schmerzen erlaubten mir nicht aufzustehen. Als ich versuchte es zu öffnen scheiterte ich denn ich kam im Sitzen nicht an den Griff heran. Langsam bekam ich Panik denn ich verlor gänzlich die Kontrolle über mich und meinen Körper. Ich griff nach dem Fensterbrett und hievte mich mit aller Kraft auf die Beine, durch meine Arme schoss ein zucken. Ich schleifte mich an der Wand entlang in Richtung Tür. Um nicht wieder zusammenzusacken hielt ich mich an allem greifbaren fest was zwischen mir und der Tür lag. Ich schleppte mich ins Bad und verschloss dir Tür hinter mir. Mit den Händen auf das Waschbecken gestützt betrachtete ich mein Spiegelbild. Die Schweißperlen liefen meine Schläfen entlang und meine Augen brannten wie Feuer. Meine Atmung war rasend schnell und ich fragte mich immer wieder was mit mir los war. Ich drehte den Wasserhahn auf und hielt mein Gesicht unter eiskaltes Wasser. Meine Beine würden jeden Moment nachgeben also setzte ich mich schnell auf den Rand der Badewanne und Stütze meinen Kopf auf meinen Händen ab. Ich wusste mir nicht zu helfen, wollte aber auf keinen Fall jemand zur Hilfe holen. Ich versuchte tief ein und aus zu atmen aber mein Herz pumpte so schnell das langsames tiefes atmen kaum möglich war. Mein Kopf hing inzwischen zu Boden und meine Augen vielen immer wieder zu während ich die Borsten des Badvorlegers betrachtete. Während ich mir Gedanken machte wie lange ich wohl so auf dem Badewannenrand sitzen müsste ließen die Schmerzen plötzlich nach. Meine Beine waren nicht mehr wie aus Blei, mein Herzschlag normalisierte sich und die Hitze in mir verschwand langsam. Es muss nur ein kurzer Aussetzer gewesen sein. Langsam und noch etwas wackelig auf den Beinen ging ich zurück in mein Zimmer, schloss die Tür und legte mich wieder in mein Bett. Das nächste an das ich mich erinnerte war das Klopfen an meiner Zimmertür. Es war Mom die mich mit besorgter Miene ansah. Ich bekam meine Augen kaum auf und versuchte mich auf zu setzen um mit ihr zu sprechen denn sie hatte etwas gesagt doch ich hatte kein Wort wahrgenommen. Mein Kopf dröhnte und ich fühlte mich unglaublich geschwächt.
Es fühlte sich an wie der Morgen nach der letzten Party bei Michelle Roberts. Ich hatte sie nach einem  Jahr Beziehung verlassen in jener Nacht, es war kompliziert. Dazu kamen ein paar Drinks zu viel und der Kater am nächsten Morgen war vorprogrammiert. Als Mom sich an den Bettrand setzte und mich an den Schultern festhielt kam ich langsam zu mir.
»Ben, was ist denn los mit dir?« Ich versuchte so normal wie möglich zu klingen. Sie hatte immerhin genug Sorgen »Alles bestens Mom, ich bin nur müde. Wie viel Uhr ist es?«
Sie sah mich ungläubig an während ich mir die Augen rieb »Es ist inzwischen 18 Uhr du hast ziemlich lange geschlafen. Ich möchte das du etwas zu Abend isst. Travis und Dad sitzen schon in der Küche komm bitte runter.« Ich hatte keinen Hunger doch um ihren fragenden Blicken auszuweichen versicherte ich ihr das ich gleich nachkommen würde. Als sie den Raum verlassen hatte lies ich mich erst einmal wieder auf den Rücken fallen und versuchte mich zu erinnern was mit mir passiert war. Ich wusste das ich schreckliche Schmerzen gehabt hatte und versuchte mich an den Rest zu erinnern. Es gelang mir nicht. War das ganze nur ein Traum? Nein, diese Schmerzen waren echt. So etwas hatte ich noch nie gefühlt. Und warum sonst hätte Mom mich dann genauso schrecklich angesehen wie ich mich fühlte? Ich versuchte mich weiter an das Geschehene zu erinnern doch es wollte nicht klappen also stand ich langsam auf. Ich war etwas wacklig auf den Beinen. Das kam sicher vom zu schnellen aufstehen. Ich fühlte mich immer noch geschwächt doch ich wollte Mom und die anderen nicht länger warten lassen. Mom bestand schon immer darauf bis auf den letzten mit dem Essen zu warten. Auf dem Weg in die Küche hörte ich die Stimmen meiner Familie. Mom erkundigte sich bei meinem Vater was er trinken wollte und Travis lobte ihre Kochkünste. Ich war froh das sie sich unterhielten so würde ich nicht zu viel Aufmerksamkeit bekommen. Ich hatte keine Lust über meinen Gemütszustand zu sprechen. In der Küche angekommen erntete ich nur einen kurzen Blick von Travis und Dad als ich mich zu Ihnen setzte. Gerade als ich mich mit einem Ellenbogen auf dem Tisch abstützte stellte Mom mir auch schon einen Teller dampfender Hühnersuppe hin. Das war eine Ihrer Spezialitäten und genau das was ich brauchte etwas Warmes im Magen ich hatte seit gestern nichts mehr gegessen und auch wenn ich absolut kein Hungergefühl verspürte würde es mir gut tun. Mein leerer Magen war sicher auch ein Grund für meinen geschwächten Körper. Langsam trat wieder die Stille ein die heute schon im Auto geherrscht hatte doch Mom unterbrach sie ziemlich schnell und fing an über Großvater zu sprechen und einige Erinnerungen mit uns auszutauschen. Es half ihr sichtlich darüber zu sprechen, im Gegensatz zu gestern hatte sie schon wieder mehr Farbe im Gesicht. Als Travis und ich auch einige Geschichten in die Runde warfen sah man regelrecht wie ihre Augen leuchteten. Es half miteinander zu reden. Für einen kurzen Moment war die Stimmung sogar ganz normal. Als wir aufgegessen hatten räumten Travis und ich den Tisch ab. »Lass uns einen Abstecher ins Red Carpet machen.« sagte Travis während er das Geschirrtuch zusammengeknüllt auf die Anrichte legte. Das Red Carpet war eine Bar nicht weit von hier, dort trafen wir uns oft mit unseren Freunden. Ich wollte eigentlich nur zurück ins Bett aber vielleicht würde ein wenig Ablenkung gut tun also willigte ich ein. Ich ging in mein Zimmer und zog mir meine lockeren Jeans und ein graues Shirt an. Als ich die Treppe hinunter gehen wollte zog es mich wieder in das Schlafzimmer von Großvater, irgendetwas lies mich nicht los. Ich ging auf das Zimmer zu und stupste die Tür mit der rechten Hand an so dass sie sich einen kleinen Spalt öffnete ich wollte hinein gehen doch dann rief Travis »Ben, wo bleibst du denn? Komm schon lass uns fahren« Ich schob Großvaters Zimmer aus meinen Gedanken und ging die Treppen runter. Travis stand ungeduldig vor geöffneter Tür und drehte die Autoschlüssel immer wieder in der Hand.  »Ich fahre« sagte er und ging aus dem Haus. Travis war ziemlich stolz auf seinen Wagen zum einen weil er die Aufmerksamkeit ziemlich vieler Frauen auf sich zog und zum anderen weil er ihn sich allein geleistet hatte. Während der Fahrt sprachen wir darüber wie wir wieder in den Alltag starten würden, wir mussten wieder arbeiten und das würde uns auf andere Gedanken bringen. Es herrschte nun schon zu lange Trauerstimmung im Hause  Bennet, das hätte Großvater nicht gewollt. Seine Beerdigung war ein harter Schlag doch für uns alle war es auch der letzte Schritt um abschließen zu können.
Travis parkte direkt vor dem Eingang der Bar. Wir gingen rein und suchten uns einen Platz im Eck, keinesfalls wollten wir auf den Präsentierplätzen inmitten des Raumes sitzen. Wir bestellten uns zwei Bier und begannen uns zu unterhalten, währenddessen schweifte mein Blick durch den Raum ich betrachtete all die Leute um uns herum und fragte mich wie wohl deren Tag verlaufen war, sah man es uns an was wir heute erlebt hatten? Ich wandte mich  Travis zu und schenkte ihm wieder meine volle Aufmerksamkeit. Mich ließ das Gefühl nicht los beobachtet zu werden, ich spürte förmlich Blicke auf mir.  Ich sah mich um, wollte wissen ob mein Gefühl nur täuschte und da sah ich sie. Michelle Roberts meine Ex-Freundin. Sie lächelte mich an. Sie war immer noch nicht über unsere Trennung hinweg gekommen, das wusste ich. Es passte einfach nicht zwischen uns und es gab für mich kein Zurück mehr. Ihre Versuche mich zurück zu gewinnen gingen mir langsam auf die Nerven es strengte mich an ihr immer wieder eine Abfuhr zu erteilen. Immerhin hatte sie sich damals für einen anderen entschieden. Ich drehte mich wieder zu meinem Bruder um und sah in sein grinsendes Gesicht. » Die kleine wirst du wohl niemals los was?« Er sah zu ihr rüber »Hör auf sie anzusehen sonst kommt sie noch zu uns rüber« sein grinsen verflog »zu spät, sie ist schon auf dem Weg« Ich sah ihn genervt an und bedankte mich mit einem ironischen Tonfall. Ich hörte das Geräusch Ihrer hochhakigen Schuhe auf dem Parkett immer näher kommen und wünschte mir, dass sie nur auf dem Weg zur Toilette war. Natürlich war sie das nicht. »Hi Jungs, alles klar bei euch? Ich habe davon gehört. Ben es tut mir wirklich leid. Wenn du reden möchtest ich bin gerne für dich da wir könnten uns mal auf einen Drink treffen und ich lenke dich ein wenig ab?« Ich sah sie an und fühlte nichts, egal was sie tat die Sache zwischen uns war beendet und es würde so bleiben. Sichtlich angestrengt eine – ihrer Meinung nach anziehenden - Haltung einzunehmen, was eher verkrampft aussah blieb sie direkt neben mir stehen ich sah sie desinteressiert an »Danke, ich komme schon klar « ich wandte mich wieder meinem Bier zu uns trank einen großen Schluck. Ich hatte keine Lust ein langes Gespräch zu führen. Das war wohl nicht die Antwort die sie sich erhofft hatte und sie öffnete Ihren Mund um etwas zu erwidern da kam ihr Travis zuvor und sagte »Mein Bruder ist bei mir und unserer Familie in guten Händen wir sind lieber unter uns und brauchen keine Hilfe!« Sie hatte sich nie mit Travis verstanden nachdem er wohl schon vor mir erkannt hatte das wir nicht zusammen gehörten und mir das auch deutlich klar machte ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Ich meine es war nicht die große Liebe sie war einfach meine Freundin ich war verliebt ja, doch nach ein paar Monaten stellte sich heraus das wir nicht zueinander passten. Ich versuchte es dennoch mit ihr doch sie entschied sich für jemand anderen – hinter meinem Rücken. Sie lief leicht rot an »Verstehe, falls du mal nicht unter Beobachtung stehst und es dir anders überlegst, ruf mich an!« Sie warf Travis einen bösen Blick zu und ging zurück zu ihren Freundinnen. Ich grinste Travis an, wir mussten uns beide zurückhalten nicht los zu lachen.

Love and SorrowWhere stories live. Discover now