Kapitel 1: Das Angebot

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"Juggi..." Bettys ängstlicher Blick traf ihn unverhofft. Für einen Moment hatte er sich völlig verloren. Als er Sekunden zuvor die Lederjacke an sich nahm, das weiche Material wie eine Schlangenhaut um seinen Körper gleiten ließ, verspürte er zum ersten Mal in seinem Leben ein Gefühl von Macht. Sie, die Southside Serpents, würden ihm loyal zur Seite stehen, wie zuvor FP. Das hatten sie ihm gerade versprochen. Als er in die Augen der Männer blickte, die ihn und Betty überrascht hatten, wusste er sofort, dass sie ihr Wort halten würden. Und das könnte er sich zu Nutze machen. Endlich könnte auch all die Schikane ein Ende haben. Jeder, der es bisher gewagt hatte sich über Jughead Jones lustig zu machen, ihn zu schubsen, zu schlagen, zu terrorisieren, würde nun, sobald er das gefürchtete Schlangenzeichen erblickte, vor ihm erzittern. Er könnte ein mächtiger Mann sein, das Blatt könnte sich endlich wenden. Ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen. "Jughead..." Bettys Stimme, nun lauter, bestimmter, drang wieder an sein Ohr. Immer noch blickte er sie an, jedoch wie in Trance, während ihm tausend Gedanken durch den Kopf schossen. Er atmete schwer. Ein. Aus. Dann wandte er sich wieder den Serpents zu. "Ich danke euch für das Angebot. Ich weiß es zu schätzen. Aber ich brauche etwas Zeit, um darüber nachzudenken." Der Bärtige mit der rauen Stimme, der ihm die Lederjacke gegeben hatte, nickte nur kurz. Dann hob er den Arm und machte der Gang mit einer Handbewegung deutlich, dass es Zeit war zu gehen. "Du weißt, wo du uns findest, Junge", raunte er ihm noch zu, bevor er sich umdrehte. "Aber lass uns nicht zu lange warten."

Und genauso schnell wie sie gekommen waren, verschwanden die Serpents auch wieder. In der Ferne hörte man ihre Motorräder aufheulen. Jughead spürte erst jetzt den Regen, der in sanften Tropfen auf sein Haar, seine Haut fiel. Er ging zurück in den Trailer seines Vaters, die Lederjacke umschmiegte immer noch seine Schultern. Betty saß auf dem Sofa, wieder vollständig angezogen. Sogar ihren Mantel hatte sie zugeknöpft und den Gürtel geschlossen. Ihren Kopf hielt sie gesenkt, ihre geballten Fäuste verkrampften sich in ihrem Schoß. Jughead ging langsam auf das Mädchen von Nebenan, seine Freundin, zu. Langsam befreite er sich aus der Jacke und legte sie auf einen Stuhl, der neben dem Sofa stand. Dann ließ er sich auf die weichen Kissen sinken. "Betty..." "Was war das gerade eben, Jughead?!" Mit einem Ruck hob sie ihren Kopf. Tränen standen in ihren Augen, ihr Mund war zu einem schmalen Schlitz geworden. Betty Cooper war wütend auf ihn. "Einige dieser Männer sind verdammt gefährlich!", presste sie hervor. "Denkst du wirklich, dass sie nur das Beste für dich wollen, Juggi, dich nicht in irgendetwas verwickeln? Dass sie keinerlei Gegenleistung von dir für deinen Schutz erwarten?" Jughead strich sich die dunklen Wellen aus der Stirn. "Betts, weißt du eigentlich, was das für eine verdammt große Chance das für mich ist? Für meinen Dad?" Seine Stimme klang ruhig, gefasst. "Die Chance, dass du dir bald eine Zelle mit ihm teilen kannst, wenn du nicht aufpasst?!", schrie das sonst so leise Mädchen.

"Betty..." Jughead versuchte den Blick seiner Freundin einzufangen. "Verstehst du nicht, wenn ich ein Serpent bin, bekomme ich vollen Einblick in ihren Kreis, ihre Geschäfte. Mein Vater sagt, dass sie nichts mit Clifford Blossoms Drogen am Hut haben und ich glaube ihm - wie ich ihm geglaubt habe, dass er Jason nicht ermordet hat. Aber das hier, die Mitgliedschaft bei den Serpents... Ich könnte mich umhören und herausfinden, wer wirklich dahintersteckt und meinem Dad helfen. Mit diesen Informationen könnten wir einen Deal für ihn aushandeln und er käme vielleicht schon bald aus dem Gefängnis." Betty schnaubte nur und schüttelte ihren Kopf, doch Jughead sprach weiter. "Wenn alles vorbei ist, wäre sein Name wieder weitestgehend reingewaschen, er könnte mit einer ehrlichen Arbeit bei Archies Dad von vorn anfangen, ich könnte wieder bei ihm wohnen und...", er strich mit seinem Daumen sanft über ihre Wange, "... ich könnte bei dir bleiben, dafür sorgen, dass du in Sicherheit bist. Wir könnten weiter zusammen sein, Betty." Endlich ließ das blonde Mädchen von ihren eigenen Händen ab und entspannte sie, noch bluteten sie nicht, wie schon einige Male zuvor. Vorsichtig schloss sie ihre geschundenen Finger um die ihres Freundes. "Du stellst dir das so einfach vor, Juggi", wisperte sie kopfschüttelnd. Nach einer gefühlten Ewigkeit sah sie ihm schließlich in die Augen. "Auch wenn ich die Serpents nicht vorverurteilen will - einige dieser Männer werden nicht ohne Grund von ganz Riverdale gefürchtet. Sie tun schlimme Dinge und wer weiß, was sie mit dir anstellen, wenn sie herausfinden, dass du sie nur aushorchen willst. Oder wenn FP nicht mehr wichtig genug für sie ist." Unwillkürlich musste Jughead lächeln, trotz dieser bizarren Situation. "Du weißt gar nicht, wie glücklich es mich macht, dass du dich so um mich sorgst, Betts...", seine Stimme wurde wieder ernst, "... aber ich muss es tun. Es ist die einzige Chance, die ich habe, um meinem Dad, um meiner ganzen Familie zu helfen. Auch wenn es bedeutet, dass ich einen dunkleren Pfad einschlagen muss." Betty riss sich von Jughead los, stand auf und ging aufgebracht wie ein wildes Tier ein paar Schritte im Kreis. "Ich werde dir helfen Juggi, ich lasse dich das auf keinen Fall alleine machen."

Sie drehte sich wieder zu ihm um. "Bring mich auch rein, zu den Serpents. Sag ihnen, dass sie mich aufnehmen sollen. Du kannst doch sicherlich ein paar Bedingungen stellen." "Betts..." Jughead strich sich über die müden Augen. "Ein Highschool-Mädchen aus der Oberschicht? Die Tochter von Alice Cooper? Das glaubst du, würden sie zulassen? Oder deine Mum würde einfach ja sagen und dich machen lassen?" "Es ist mir völlig egal, was meine Mum will! Ich lasse nicht zu, dass du das allein tust! Bis jetzt haben wir auch zusammen ermittelt, Jughead. Was hat sich verändert?"

Der große, dunkelhaarige Junge stand auf. Ging langsam auf Betty Cooper zu. Nur wenige Zentimeter von ihr entfernt, blieb er stehen. "Alles", flüsterte er. "Alles ist dabei sich zu verändern." Er nahm ihre Hand in seine. "Du hast selbst gesagt, dass Riverdale, dass wir alle, an einem Scheideweg stehen. Und dieser Weg ist vielleicht nicht der sicherste für mich, aber es ist der einzige, den ich momentan gehen kann. Ich habe nicht mehr viel Zeit, um meinem Dad zu helfen. Es geht nicht anders, das musst du verstehen..." Dicke, heiße Tränen rollten über Bettys Wangen, Schluchzer durchfuhren ihren Körper. Jughead zögerte nicht und schloss sie fest in seine Arme. Ihr Kopf ruhte an seiner Schulter, er strich ihr sanft über das weiche lockige Haar. "Ich liebe dich so sehr Jughead, ich will dich nicht verlieren", flüsterte sie und klammerte sich in sein Shirt. "Das wirst du nicht, Betts, ich verspreche es dir." Eng umschlungen standen sie da, Minute um Minute, bis die Tränen des blonden Mädchens versiegten. Sie löste sich von Jughead und sah ihn mit gefasstem Blick an. "Wann gehst du zu ihnen?", fragte Betty. Der Junge mit den dunklen Haaren wich ihrem Blick aus. "Ich muss es noch heute Nacht tun." Die Uhr zeigte halb zwölf.

Betty umschloss Jugheads Gesicht mit ihren Händen, wie sie es schon etliche Male zuvor getan hatte und zwang ihn so, wieder in ihre Augen zu sehen. Er spürte ihre Verzweiflung. Auch in dem süßen, stürmischen Kuss, in den sie dann ihn verwickelte, konnte er ihre Sorgen fühlen. Er zog sie an sich, hielt sie ganz fest. Und plötzlich war es wieder da. Dieses Gefühl, dieser Hunger, den sie beide noch kurze Zeit zuvor gespürt hatten, bevor die Serpents an die Tür der Jones-Familie geklopft hatten. Ihre Küsse wurden länger, leidenschaftlicher, verzweifelter.

Diese Nacht sollte etwas Besonderes werden, vielleicht auch deswegen, weil sie der Anfang einer ungewissen Zukunft war.

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AN: Nach endlos langer Zeit habe ich mal wieder etwas geschrieben - nun das erste Mal auf Wattpad. Eventuell bin ich etwas eingerostet, aber dennoch möchte ich meine wiederentdeckte Schreibliebe teilen. Ich habe mir die Serie Riverdale als Setting ausgesucht, da sie mich besonders im Staffelfinale überrascht und gefesselt hat. Außerdem sind mir die Charaktere unglaublich ans Herz gewachsen. Bis die Serie weitergeht, schreibe ich meine Gedankengänge, was noch alles in dieser Stadt passieren könnte, in Form einer Geschichte auf. Ich habe versucht, mich komplett an die Storyline der Serie zu halten. Wer Fehler findet oder sonstige Anmerkungen hat, kann mir gerne schreiben. Auch Feedback ist mehr als Willkommen! Titelbild folgt.





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⏰ Last updated: May 14, 2017 ⏰

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Im Nest der Schlangen [Jughead x Betty - Bughead Fanfiction]Where stories live. Discover now