8. Aufklärung des Unmöglichen

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,,Hör mir zu, Mona!", begann sie in einem sanften Ton und warf ihr einen liebevollen Blick im Rückspiel zu. ,,Es mag sich für dich bloß wie geheucheltes Mitleid anhören, aber wir wissen genau, wie es dir geht!" Genervt stieß Mona ein tiefes Seufzen aus und verdrehte die Augen. ,,Ach ja?", stöhnte sie mit einem sarkastischen Unterton und erwiderte den Blick der Lehrerin. ,,Irgendwie bin ich da aber anderer Meinung! Wie sollt ihr das, was ich gerade durchmache, ansatzweise so nachempfinden können wie ich? Immerhin scheint ihr über alles Bescheid zu wissen, was hier abgeht und ich bin dementsprechend der einzige Vollidiot, der es nicht weiß! Vielleicht könnt ihr euch vorstellen, wie es ist, von einer Bestie überfallen zu werden, ihr saht jedenfalls nicht so aus, als hättet ihr solch eine Aktion gerade das erste Mal gemacht. Aber wacht ihr auch eines Tages nach einem beschissenen Albtraum auf, in dem euch ein blutrünstiges Monster zerhacken wollte und sich anschließend direkt vor der Haustür befindet? Oder erlebt ihr sowas etwa auch so gut wie jeden Tag?" Ohne auf ihre Frage eine Antwort zu erwarten, holte Mona tief Luft und starrte grimmig wieder aus dem Fenster. Sie wusste selbst nicht, warum sie ihre beiden Begleiter so anfuhr und so patzig mit ihnen redete, wo sie ihr doch gerade eben noch das Leben gerettet hatten und sie ihnen deswegen doch eigentlich dankbar sein sollte. Doch aus irgendeinem Grund hatten die Worte der Lehrerin nur dafür gesorgt, dass die Wut ihre gesamte Dankbarkeit beiseite schob, was vermutlich daran lag, dass ihr dieses ganze Geheimnisgetue von vorhin immer noch tief in ihrem Inneren nach Ärger suchte. Sie wollte endlich Antworten haben und nicht ewig in der Dunkelheit der Unwissenheit herumtappen, was sie auf Dauer noch wahnsinnig machen würde. Sie hatte es satt andauernd nachfragen zu müssen, was los war und darauf nur verschwiegene Ausreden zu erhalten. Und dann glaubte ihre Lehrerin auch noch, sie wüsste über ihren Gefühlszustand Bescheid! Dann hätte sie mir alles schon längst erklärt!, dachte Mona verärgert, biss sich jedoch fest auf die Lippe, um ihre Gedanken nicht laut auszusprechen.

,,Mona,", hörte sie Mrs. Peterson besänftigend sagen, ,,ich weiß, dass das alles sehr hart für dich ist! Ich kann auch verstehen, dass dich die Unwissenheit wütend und ängstlich macht! Du bist nicht die Erste, der ich bei diesem Problem helfen musste!" Überrascht horchte Mona auf. Meinte ihre Lehrerin das wirklich ernst? Hatten andere bereits dasselbe wie sie erlebt? Ein wenig ungläubig wandte sie sich vom Fenster ab und blickte auf den Fahrersitz zu Mrs. Peterson, die ihren Blick hin und wieder im Rückspiegel erwiderte. ,,Was meinen Sie damit?", fragte sie verwirrt. ,,Heißt das, ich bin doch nicht die Einzige, die ihre Albträume im Garten wiederfindet?" Mrs. Peterson seufzte schwer. Scheinbar fiel es der Frau immer noch nicht leicht, dem Mädchen Aufklärung zu bieten, doch sie schien ihr nun mehr sagen zu wollen, als vorhin. ,,Nicht direkt!", erwiderte sie schließlich. ,,Einen solchen Vorfall habe ich tatsächlich noch nie erlebt, was in meinen Augen zu einer riesigen Gefahr werden könnte, wenn wir dich damit allein ließen." Sie machte eine kurze Pause, in der sie sich bloß auf den Verkehr konzentrierte und ihre Gedanken zu sammeln schien. Gebannt hielt Mona derweil den Atem an, darauf wartend, dass ihre Lehrerin fortfahren würde.

,,Ich weiß um ehrlich zu sein nicht genau, wie ich es dir am schonendsten beibringen soll, Mona!", gestand sie endlich. ,,Es ist ein sehr kompliziertes und gefährliches Thema! Es kann sein, dass du das alles nicht wahr haben willst, dass es dich verängstigen und verzweifeln lässt oder dass du mit all dem erst gar nichts zutun haben möchtest! So haben sich bereits viele vor dir gefühlt, aber sobald du dich einmal daran gewöhnt hast, wird es dir alles nicht mehr so schlimm vorkommen!" Nervös begannen Monas Hände zu zittern. Sie hatte der Frau wissbegierig zugehört und wollte bis gerade eben noch unbedingt wissen, was der Grund für all ihre seltsamen Probleme war, doch nun war sie sich da nicht mehr so sicher. Hatte Mrs. Peterson tatsächlich Recht und ihr gesamtes Leben würde dermaßen auf den Kopf gestellt werden? Unsicher nagte sie an ihrer Unterlippe herum, hinderte ihre Lehrerin jedoch nicht daran, weiterzusprechen. Auch wenn sich alles in ihr gegen die Wahrheit sträubte, die sie gleich erfahren würde, so wollte ihr Innerstes dennoch brennend wissen, was die Frau noch zu sagen hatte.

Dream - Die Sage der TraumwandlerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt