»Außerdem hat Ed mich geküsst«, sinnierte ich und lächelte bei der Erinnerung daran in mich hinein.

»Oh, echt jetzt?«, fragte Sanni. Es klang ein bisschen sarkastisch.

Ich strahlte sie an. »Er möchte das mit uns nicht mehr geheim halten. Er sagt, er kann das nicht mehr verstecken. Ist das nicht total süß?« Ich seufzte.

Sanni sah mich skeptisch an. »Oha, darüber hast du aber gestern noch ganz anders geredet. Was hat er getan, um dich zu überzeugen? Habt ihr endlich ...?« Sie brach ab, doch es war klar, was sie meinte.

»Eigentlich wollte Ed über Nacht mit mir im Hotel bleiben und heute früh dort mit mir frühstücken.«

»Aber?«, fragte Sanni.

»Aber ich habe abgelehnt, weil ich heute früh ja eigentlich arbeiten gehen müsste und keine Zeit zum Frühstücken habe.« Wir sahen beide auf die Teller vor uns und mussten lachen.

Sanni brachte es tatsächlich fertig, mich über jede Kleinigkeit, die ich auf der Gala gesehen oder erlebt hatte, auszuquetschen. Es fühlte sich an wie ein Kreuzverhör.

Ein versehentlicher Blick auf die Uhr ließ mich aufschrecken. Wir saßen schon über eine Stunde hier.

»Wollen wir dann langsam mal los? Wir müssen es ja vielleicht auch nicht auf die Spitze treiben, oder? Nicht, dass Wichert noch den medizinischen Dienst auf uns hetzt, weil wir uns nicht melden.«

Sanni trank ihren Kaffee aus. »Na dann mal los. Auf in den Kampf, würde ich sagen.« Sie griff in ihre Handtasche und zog zwei Umschläge heraus, um damit vor meiner Nase herumzuwedeln. Ich wusste, dass dies die Kündigungsschreiben waren, die wir vorbereitet hatten.

Es waren nur zwei Briefe, aber ihr Anblick bereitete mir Herzklopfen. Jetzt wurde es ernst. Ich würde mein Leben in die Hand nehmen. Das hieß aber auch, die Kontrolle ein Stück weit abzugeben. Denn unser Plan konnte durchaus scheitern, das war mir sehr wohl bewusst. Selbst mit dem Kunden, den Sanni schon an Land gezogen hatten. Das erste Treffen war erst für heute Nachmittag angesetzt. Ich hätte mit der Kündigung am liebsten gewartet, bis ich wusste, wer und was uns erwartete, doch durch unsere Frühstücksaktion, die garantiert Ärger geben würde, blieb mir eigentlich keine Wahl mehr.

Ich war die ganze Fahrt über hibbelig. Sanni war heute mit dem Auto gekommen, weil wir direkt im Anschluss zu unserem neuen Kunden fahren wollten.

Mit einer guten Stunde Verspätung betraten wir das Büro. Silvia sah uns vielsagend an, sagte aber nichts. Ich hatte noch nicht einmal meinen PC angeschaltet, da stürmte Wichert herein und beorderte Sanni und mich mit Grabesstimme in sein Büro. Ich hatte es nicht anders erwartet.

Ich schloss die Tür hinter uns. Dadurch wurde es hier drinnen zwar schnell stickig, aber Silvia musste ja nicht alles sofort mitbekommen. Vor allem nicht, wie Wichert seinem Zorn Luft machte. Und das machte er. Laut, deutlich und mit hochrotem Gesicht. Ich ließ seine Tirade an mir vorüberziehen, als würde er über jemand ganz anderen reden. Ein Blick auf Sanni bestätigte mir, dass auch diese es nicht besonders mitzunehmen schien. Im Gegenteil. Die ganze Zeit lag so ein Glitzern in ihren Augen. Sie wartete nur darauf, dass er Luft holen musste.

Und ich wartete darauf, dass er endlich aussprach, was er uns die ganze Zeit schon zwischen den Zeilen androhte. Er tat es nicht. Jedenfalls nicht gleich.

Nach acht Minuten und 24 Sekunden ging ihm die Luft aus. Er schloss seine Rede ziemlich kraftlos mit den Worten: »Bei der nächsten Verfehlung muss ich ihnen deshalb die Kündigung aussprechen.«

»Sie müssten uns davor zuerst einmal abmahnen, Herr Wichert. Ganz so einfach geht das nicht mit der Kündigung.« Als Chef der Personalabteilung sollte er das eigentlich wissen.

Liebe auf Umwegen || Ed SheeranWo Geschichten leben. Entdecke jetzt