Düstere Kämpfe

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Grob ziehen sie mich nach oben, Krallen reißen schmerzhaft an den blutverkrusteten Haaren und eine in die Magengrube treffende Faust presst stockend den Atem aus den Lungenflügeln. „Mutig, mutig, kleiner Hobbit ... ich hätte eurer schwachen Spezies ein solches Aufbegehren gar nicht zugetraut", spottet die Orkfrau und gräbt die spitzen Krallenfinger in meine Wangen, als ich erneut vor ihr knien muss. „Ich werde dich noch ganz andere Lektionen lehren", entgegne ich furchtlos und winde mich in ihrem unerbittlichen Griff. Die Spitzen bohren sich in die Haut und ich fühle das Blut, das heiß und dickflüssig an mir hinunterfließt. „Sagt das Lamm, das vor den Schlachter geführt wurde", höhnt sie und gibt dem Ork mit dem Schwert ein unmissverständliches Zeichen.

Als dieser hinter mich tritt, entfernt sie sich wieder von mir, um sich an dem ihr bietendem Schauspiel vollumfänglich aus der Distanz vergnügen zu können. „Deine Tochter und Gefolgschaft wird mit ansehen, wie ich ihre Königin köpfen lasse, bevor ich sie nach und nach ebenfalls töte oder so lange quäle, bis sie um Erlösung betteln. Und dann schicke ich dem Abschaum der sich Durins Geschlecht nennt häppchenweise einzelne Teile eurer Körper, damit der Schmerz über euren Verlust ewiglich währt", erklärt sie und ich sehe das Vergnügen ob diesem perfiden Plan in den grauen Augen glimmen.

Der Henker legt das Schwert an meinen Nacken, dort wo Muskeln schwach und Halswirbel dünn sind. Die Schneide ist stumpf und schartig, das spüre ich deutlich und befürchte, dass ein einziger gezielter Schlag nicht ausreichen wird, dass er mehrmals zuschlagen muss und die Vorstellung, was das für ein grauenvoller Anblick sein wird, ist erschreckend und bringt mein Herz zum Rasen. Ich fixiere die Orkfrau dennoch mit majestätisch erhobenen Blick und ungebrochener Dominanz in den Augen. Wenn ich schon auf diese Weise sterbe, dann als Königin unter dem Berge, erhaben und stolz wie ich lebte.

Krella schnaubt verachtend. „Arrogant und höhnisch selbst im Angesicht des Todes, das, was ich am meisten an Zwergen verachte." Ich lächle spöttisch und stolz sie noch einmal aus der Fassung gebracht zu haben. Aber bevor ich erneut nachsetzen kann, sehe ich hinter ihr einen geflügelten schwarzen Schatten auf dem Torbogen landen. „Soll ich dir erzählen, wie Azog starb ... soll ich dir berichten, dass sein Tod nichtswürdig war, schändlich, selbst für euch ekelhafte, ehrlose Kreaturen. Dass gerade ich ihn schwächte, indem ich ihm den noch verbliebenen Stumpf von der Schulter schlug und Thorin ihn letztendlich enthauptete. Soll ich dir sagen, wo wir seinen ausgebluteten Kadaver ließen ... auf den Scheiterhaufen vor den Toren. Er verbrannte zusammen mit eurem Otterngezücht und seinen minderwertigen Söldner zu einem kläglichen Häufchen Asche, das wir in alle Winde entließen. Und sein hässlicher Kopf verschwand für immer in den Tiefen einer Schlucht."

Ich weiß, dass meine Worte ihren Zorn nur noch mehr schüren, aber auch, dass sie dadurch blind und unachtsam werden wird. Das ohnehin bereits entstellte Gesicht verzieht sich zu einer konfusen Physiognomie aus Wut und Raserei und sie gibt mit einer Handbewegung dem Ork hinter mir den kurzen Befehl seinen Auftrag auszuführen. Er hebt das Schwert und ich höre bereits das Sausen der Schneide und das schmerzliche Schreien meiner Tochter und dann, wie unverkennbar ein Pfeil zischend die Luft zerschneidet und mit einem dumpfen Einschlag den Brustpanzer des Scharfrichters durchbricht.

„Du Bekâr! Khazâd ai-mênu!" Thorins donnernder Schlachtruf wie Gewittergrollen ist unverkennbar und eine Erlösung, die so beispiellos ist, dass ich sie nicht in Worte fassen kann. Nur Augenblicke später, stürmt er an der Spitze eines ganzen Heeres aus Zwergen und Menschen und Elben in den Innenhof. Die Orks strömen auseinander, aber da der einzige Ausgang aus der Burg versperrt ist, werden sie von den Angreifern schnell eingeholt und erbarmungslos niedergestreckt.

Einen Moment lang bin ich in Bewegungslosigkeit gefesselt von dem Glück über die Rettung, aber dann sehe ich neben mich, sehe das schartige Schwert des toten Scharfrichters und meine Chance. Schnell entreiße ich es seinen steifen Händen, hadere kurz ob der enormen Schwere und Unhandlichkeit, die so ein Orkschwert im Gegensatz zu Stich doch hat, und stürme auf Krella zu, die wild fluchend und rasend vor Zorn um sich schlägt und ungehörte Befehle zur Gegenwehr bellt. Tief dringt die Schneide in das Fleisch des ungeschützten Oberschenkels ein, hinterlässt eine schwächende Wunde und das schmerzerstickte Jaulen ist eine Genugtuung sondergleichen. Allerdings habe ich ihre für Orks erstaunliche Schnelligkeit unterschätzt. Blitzschnell fährt sie herum und trifft mich mit einem eisern gepanzerten Arm.

Hart pralle ich an den steinernen Sockel der Statue und augenblicklich tobt ein brennender Schmerz durch meine Schulter, der siedender ist als jeder, den ich bislang erleiden musste. Ich schreie leidvoll auf. Das Schwert entgleitet der sofort willenlosen Hand, während die andere zur Verletzung greift und zum Erschrecken die Knochen spürt, die abnorm ausgerichtet durch die Haut zu ertasten sind. Krella stapft auf mich zu, schließt, ohne dass ich mich wehren kann, die Krallen um den Hals und hebt mich nach oben. „So oder so, ich bekomme meine Rache!", stößt sie zusammen mit dem fauligen Atem in mein Gesicht und wendet sich vom Schauplatz des Kampfes ab, auf dem ihre Söldner noch immer qualvoll unter entsetzlichen Klagen sterben. Mit aller Kraft und Luft, die ich noch aufbringen kann, schreie ich Thorins Namen, kurz bevor sie mit mir in die Festung entschwindet.

Allerdings kommen wir nicht weit. Bereits nach wenigen Schritten jault sie plötzlich auf und muss mich frei lassen. Hart komme ich ausgerechnet mit der ausgekugelten Schulter auf den Boden auf, sodass der sowieso bereits unerträglich tobende Schmerz noch wütender wird und mich beinahe die Besinnung kostet. Helle Blitze zucken vor den Augen auf und die Sicht verschwimmt, als ich mich dennoch versuche aufrichten. Krella schwankt von einem Pfeil in den Rücken getroffen und reißt in dem Versuch Halt zu finden eine brennende Fackel von der Wand. Augenblicklich lecken die Flammen an abgestorbenen Wurzeln und trockenen Blättern und züngelnde Hitze schlägt mir ins Gesicht. Mit letzter Kraft versuche ich von der tobenden Orkfrau und den laut knisternden Feuersäulen wegzukriechen, was sich mit nur einem Arm und unter den Einwirkungen des Verstandes nehmenden Schmerzes schwieriger gestaltet als erhofft.

Deshalb bin ich kaum einen Meter weit gekommen, da packt mich erneut eine Krallenhand und reißt mich nach oben. Eisern werde ich an eine geharnischte Brust gedrückt, ein Arm schließt sich um meine Kehle, scharfe Rüstungsteile bohren sich in die Haut und die Spitze eines Messers legt sich zusätzlich an den Hals und dann sehe ich Thorin durch die lodernde Flammenwand schreiten. In glänzender Rüstung, bewaffnet mit Bogen, Schild und blauglimmenden Schwert, das ungebändigte Haar weht im Feuerwind ... nach all den Jahrzehnten noch immer ein stolzer Krieger, wie in einem ruhmvollen Heldenmythos beschrieben.

„Lass sie los!", zischt er mit fester, einschüchternder Stimme, aber Krella lacht nur. „Denkst du, ich habe Angst vor dir, Zwerg?!", faucht sie zurück und drückt zur Demonstration noch ein klein wenig fester zu, sodass ich unwillentlich nach Luft ringe. „Thorin, geh ... beschütze Fís", keuche ich mit letztem Atem, aber sehe an den blitzenden Augen den Unwillen eines trotzig-entschlossenen Zwerges dem Befehl zu folgen. „Eigentlich wollte ich dir die Deinen zerstückelt zukommen lassen, aber ich überlege, die Qual in deinen Augen zu sehen, wenn ich sie vor dir töte, wird ein noch größerer Genuss für mich sein als alleinig die Vorstellung daran", sagt die Orkfrau und ich spüre bereits wie das Messer die Haut am Hals eröffnet und Blut dick und klebrig hinaus fließt, als sie erneut unter Schmerzen aufjault und mich plötzlich fallen lässt.

Staub wirbelt auf, nachdem ich auf den Boden aufkomme und nach Luft schnappe vor wütender Verletzungsqual und erstickenden Feuerrauch und verzweifelt darum kämpfend das Denken nicht in die Besinnungslosigkeit entschwinden zu lassen. Krella fährt erzürnt über die erneute Vereitelung ihrer Rache herum und dann sehe ich Fís hinter ihr stehen. Mit einem blutigen Schwert in der Hand, das sie ihr in den Rücken gerammt hatte und einem fest-entschlossenen Ausdruck in dem sonst so unschuldig-hübschen Gesicht, der mir unbeschreiblichen Schrecken bereitet, denn es ist der Gleiche, der ihr Vater aufsetzt, wenn er mutig einem Feind gegenübersteht. „Ich werde dich töten, du abscheuliches Monstrum!", stößt sie unwissend die Worte aus, die ich dereinst auch Azog entgegenschleuderte und wirbelt das Schwert kunstvoll um den eigenen Schwerpunkt, um ihr einschüchternd Überlegenheit und Fertigkeit zu demonstrieren, so wie Dwalin und Fili es ihr beibrachten.

Die Orkin stürmt wütend mit dem Messer in der Hand auf sie zu, aber dann stellt sich Thorin zwischen beide und schwächt die rachsüchtige Witwe mit einem gezielten Hieb in die Seite. Schwarzes Blut spritzt aus der Wunde, beschmutzt Boden, Wände, Rüstung, Haut und Haar der mutigen Zwergenkrieger. Ich quäle mich ein wenig nach oben, ignoriere mit aller Kraft brennenden Schmerz und betäubenden Schwindel und dann stockt der ob der Quetschung meiner Kehle noch verbliebende Atem.

Es ist das Bild meiner Albträume, dass sich mir ungeschönt bietet. Thorin und Fís, versinkend in einem Flammenmeer und eine schwarze Gestalt steht ihnen drohend gegenüber ... und dann entschwindet das Bewusstsein in die Leere ...

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Khazâd ai-mênu! – Die Zwerge sind über euch!(Khuzdûl)

Die kleine HobbitfrauWo Geschichten leben. Entdecke jetzt