•Kapitel 25•

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Jetzt wünschte ich mir, ich hätte länger Biologie belegt oder sogar Gesundheit, um nicht so hilflos daneben stehen zu müssen. Ich ging verzweifelt mögliche Ursachen in meinem Kopf durch, wobei mir nur noch schlechter wurde.


Konnte es ein Herzinfarkt sein? Oder ein anaphylaktischer Schock? Lag es vielleicht an seinem Kreislauf?


Egal, was es war, es würde nicht gut für ihn enden, dessen war ich mir bewusst, doch ich wusste auch nicht, wie ich ihm helfen konnte. Denn das musste ich dringend, ich hatte schon bei Leona tatenlos daneben gestanden und zugeschaut, wie sie sich selbst immer mehr in den Abgrund trieb. Ich schüttelte meinen Kopf verzweifelt, ich konnte nicht noch einen Menschen verlieren! Nicht noch ein Leben sollte durch mich zerstört werden!



Mein Blick viel erneut auf Deacon, dessen Hand mittlerweile sogar schon angefangen hatte unkontrolliert zu zucken. Oder wollte er mir dadurch etwas zeigen? Ich wusste es wirklich nicht, wahrscheinlich war es für den Moment aber auch egal. Ich holte noch einmal tief, aber zittrig Luft und tastete in meiner Jackentasche nach dem Handy.



Warum zögerte ich überhaupt so lange? Den Krankenwagen zu rufen war vielleicht die einzige Möglichkeit ihn zu retten, auch wenn es dann vielleicht schon zu spät war. Meine Hände schwebten über dem Display als ich in Windeseile mein Handy entsperrte und die Nummer wählte.


Es tutete. Einmal. Zweimal. Sekunden, die ich, Deacon nicht mehr hatte.


Als endlich jemand abnahm brüllte ich ihm fast entgegen. Ich wusste genau, dass ich ihm Nachhinein Mitleid mit der armen Person haben würde, die mein Geschrei ertragen musste, aber in dem Moment war mir das egal. Alles was zählte war Deacon, der jetzt darauf angewiesen war, dass ich es nicht vermasselte.


Auch nachdem ich die Informationen wie von Sinnen runtergerattert hatte und die Dame mir versichert hatte, dass ein Rettungswagen in 5 bis 10 Minuten vor Ort sein würde, schaffte ich es nicht meine Anspannung und Beklemmung bei Seite zu schieben. Meine Angst und Panik, die jeden meiner Atemzüge flacher werden ließ, bis ich selbst kaum noch Luft bekam. Und doch versuchte ich mich zusammenzureißen, für Deacon, für Leona. Für Marianne. Deshalb Zwang ich meine Hysterie beiseite und wiegte mich selbst immer wieder beruhigend hin und her, während ich panisch auf den Krankenwagen wartete.


Ich hatte getan, was ich tun konnte, und trotzdem nagte ein schmerzhaft schlechtes Gewissen an mir, so als wäre ich für seinen Zustand verantwortlich. Vielleicht war ich das ja auch. Konnten solche Anfälle durch Streit ausgelöst werden?



Obwohl ich immer wieder hektisch auf meine Handyuhr starrte, wollte die Zeit einfach nicht vergehen.


Ich war mittlerweile dazu übergangen ihn so gut wie möglich zu beatmen, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob es wirklich half. Schaden würde es ihm wohl nicht. Er lag in etwas, was der stabilen Seitenlage zumindest ähnelte und starrte mich aus glasigen, weit aufgerissenen Augen an.


Ich warf erneut einen Blick auf mein Handy, 8 Minuten waren bereits um und ich vernahm immer noch nicht das markante Heulen der Sirenen. Ich schluchzte verzweifelt auf, warum brauchten sie denn so lange und waren, wenn tatsächlich mal ein Notfall eintraf, immer erst zu spät zur Stelle? Wahrscheinlich mussten sie vorher erst noch die Katze einer Rentnerin vom Baum holen, ertappte ich mich bei meinen eigenen boshaften und garstigen Gedanken. Wann war ich nur so verbittert geworden?



Das mussten bestimmt auch die Sanitäter denken, die eine gefühlte Ewigkeit später endlich mit laut heulenden Sirenen auf den verlassenen Schulhof rasten. Zwei eilten direkt auf Deacon zu und verfrachteten ihn auf eine Trage, die direkt in das innere des Krankenwagens geschoben wurde. Ein dritter, eine Frau, vielleicht Ende 30, kam mit einem freundlichen, tröstend und zugleich aufmunternd wirkenden Lächeln auf mich zu. Sie sah mich mit ihren haselnussbraunen Augen fest an und griff nach meiner zitternden Hand, um sie fest zu drücken.

Ein Labyrinth aus SchweigenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt