„Darf ich?", deutete ich auf Devrans Wunde, während ich ein Pflaster in der Hand hielt.
„Darf ich sehen, was dir Schmerzen hinzufügt?"
„Dafür musst du mein Herz ansehen.", brachte er ironisch über die Lippen, doch ich wusste auch, dass sich hinter den Worten eine gewisse Wahrheit verbarg.
Kurz zögerte Devran und griff nach sein Shirt. Vorsichtig zog er, während er mich anblickte, den Saum des T-Shirts höher, dass die Wunde zur Geltung kam. Er erlaubte mir es.
Ungewollt rutschte mein Blick auf seinen trainierten Oberkörper. Schnell richtete ich meine Augen wieder auf den Verband. Räuspernd tastete ich mich mit voller Acht an das bereits klebende Pflaster. Als meine Fingerkuppel die Wärme seines Körpers zu spüren bekamen, fühlte ich mich wie vom Blitz getroffen. Dass ich dabei angeguckt wurde, machte mich nur nervöser.
„Kannst du nicht zur Seite blicken? Du störst meine Konzentration.", machte ich ihn aufmerksam.
„Nein, ich will sehen, ob du es gut machst."
„Dann schau die Wunde an und nicht mich.", forderte ich. Genervt atmete Devran aus und schaute hoch auf die Decke.Als ich das Pflaster endlich abgemacht hatte, erblickte ich die Narbe des Messerstiches. Unmittelbar erschrak ich.
Aua. Weiche Knie bekam ich. Vorsichtig fuhr ich mit den Fingerspitzen über die Stelle. Ich zog den Schmerz förmlich durch meine Finger in mich hinein. Es hätte ihn den Tod kosten können.
„Es tut mir so leid.", brachte ich verlegen über die Lippen.
Schnell säuberte ich die Narbe und klebte das Pflaster drauf. Wir waren gerade in einer Seltsamen situation.
Mein Blick fixierte sich auf ein Detail. Eine weitere Narbe war unter dem T-Shirt erkennbar. Daneben eine andere, die noch weiter ging. Aua. Was war Devran passiert?
Schockiert zog ich den Saum höher und verfolgte den Verlauf der tiefen Narbe, die fast bis zur Brust ging.
„Was machst du?", packte mich Devran schlagartig am Armgelenk. Ich wusste, dass ich das nicht machen durfte, doch etwas in mir erweckte Neugier, dass ich mich nicht zurückhalten konnte.
„Was ist dir passiert?", fragte ich ängstlich. Mein Herz zog sich bei dem Anblick zusammen. Wütend wurde ich angeguckt.
„Dinge, die dich nicht interessieren.", antwortete er kalt.
„Wer hat sie dir angetan?", fragte ich angstlos. Ich wollte Antworten. Er schwieg jedoch und schluckte.
„Frage nicht nach... Bitte.", bat er und ließ meine Hand los. Es war ihm unangenehm. Okay, ich hätte das nicht einfach machen sollen.Wortlos stand er auf und ging Richtung Küche.
Ich versuchte zu verstehen, was wir vorhin erlebt hatten. Mein Kopf war total aufgewühlt. Devran hat mir versprochen mein Bruder zu finden, aus Freude habe ich ihn einfach in die Arme genommen, danach habe ich sein Verband gewechselt, ich habe seine Narben gesehen. Und womöglich hat er noch weitere.
Er wollte nicht, dass ich hinter seiner schwachen Fassade blickte. Aber ich wusste, dass er auch eine zerbrechliche Seite hatte. Devran glich einem Mysterium. Und irgendwie wollte ich es lösen. Obwohl es nicht meine Aufgabe war.
Mit ein Glas Wasser, worin sich eine Tablette auflöste kam Devran zurück. Ich nehme an, er hatte wieder Kopfschmerzen.„Ich sollte lieber gehen.", gab ich flüchtig Bescheid.
„Nein, warte."w
„Es gibt noch etwas, das du wissen solltest."
Ich drehte mich wieder zu Devran.
„Und das wäre?"
„Wer mit mir zusammen arbeitet, muss auch gut kämpfen können. Du bist nicht schlecht, aber du kannst besser werden. Wenn wir zusammen dein Bruder suchen wollen, dann musst du auch gute Kampf- und Verteidigungstechniken lernen. Du musst noch dazu Schießübungen machen. Ich weiß nicht, was auf uns alles zukommen wird. Sobald es mir besser geht, werden wir zusammen anfangen zu trainieren.", erklärte er auf einmal.
„Was? Das ist nicht nötig. Schießübungen vor allem nicht! Ich bin nicht du Devran. Ich kann mich außerdem gut verteidigen.", versuchte ich ihn zu überreden.
„Du kennst mein Leben, ich bin nicht ganz ungefährlich. Du musst dich verteidigen können, auch wenn ich nicht da bin.", sagte Devran daraufhin.
„Ich weiß nicht, ob es dir klar ist Damla, aber wenn du Demir mit mir suchen willst, dann werden wir uns öfter sehen. Wenn du dich aber aus meinem Leben verziehen willst, dann gehe jetzt. Ich würde dich gehen lassen. Suche dir aus: entweder dein Bruder, oder deine Freiheit.", machte er mir bewusst. Ich schluckte und senkte die Blicke.
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Die Wunde der Vergangenheit
Mystery / ThrillerIm nächsten Moment wurde ich ruckartig nach hinten gezogen und prallte gegen die harte Brust vom Unbekannten. Die Zeit schien wieder geblieben zu sein. Wie mein Herzschlag. „Ich weiß zwar nicht wer du bist... doch ich werde dich finden!", hörte ic...
38 - Pflaster
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