20 || In der Höhle des Löwen

Start from the beginning
                                    

"Zauberer", zischte er. Blanker Hass blitzte in seinen Augen auf.

"Richtig", antwortete Sirius. "Und wenn du irgendetwas versuchst, bring ich sie um."

"Sirius", keuchte Lily erschrocken auf. "Bist du verrückt geworden?!" Er ignorierte sie.

"Was wollt ihr?", schnauzte der Mann.

"Wir sind Freunde von Ariana", sagte Remus ruhig. "Wir wollen nur wissen, wohin man sie gebracht hat, das ist alles."

"Woher soll ich das wissen?"

"Hier waren andere Zauberer, richtig? Die, die euch gefesselt haben?" Der Mann nickte, die Augen starr auf Sirius gerichtet.

"Wie sahen sie aus?", wollte Lily wissen.

"Die waren zu fünft. Maskiert und mit langen Umhängen. Zwei waren ohne Maske da. Der eine war Dunkelhaarig, klein, dünn. Der andere hatte hässliche, blonde Haare und so einen albernen Gehstock. Arroganter Mistkerl."

"Malfoy", knurrte Sirius. "Nehmt meine Hand." Ohne den Typen aus den Augen zu lassen, ließ er die Frau fallen, packte Lily und Remus am Arm und apparierte.

***

Das Zimmer, in das man Ariana gebracht hatte, war erstaunlich luxuriös. Sie hätte eher einen Kerker oder eine Abstellkammer erwartet. Doch es gab ein breites Himmelbett, ein Bücherregal und sogar ein Fenster. Die Tür war selbstverständlich abgeschlossen und um das Fenster war ein Bannkreis gezogen, dennoch gab es ihr Hoffnung. Ihren Zauberstab hatte man ihr auch abgenommen, aber das war nicht schlimm - sie konnte damit ohnehin nichts ausrichten.

Ariana wusste nicht, wie lange man sie in dem Zimmer schmoren ließ. Einmal tauchte auf wundersame Weise ein Tablett mit Essen und einem Glas Wasser auf. Ansonsten gab es kein Zeichen, dass sich noch irgendjemand für sie interessierte. Ariana fragte sich, was das sollte. Wollten die Todesser sie so lange langweilen, bis sie kooperierte?

Sie saß auf dem Bett, die Hände angespannt in ihrem Schoß gefaltet, als sich die Tür endlich öffnete. Leise betrat Malia das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.

„Hallo, Ariana."

„Was willst du?", fragte Ariana kalt. Das Bett senkte sich leicht, als Malia sich neben sie setzte.

„Mit dir reden."

„Du kannst mich nicht überzeugen, Malia." Ihre Schwester schnaubte.

„Seit wann bist du so stur?"

„Seit wann bist du so böse und hasserfüllt?" Malia antwortete nicht. Mit vor der Brust verschränkten Armen beobachtete Ariana ihre Schwester. Sie war blass geworden, ihre braunen Haare dünn und glanzlos. Malias Gesichtszüge, die ihren eigenen einst so ähnlich gewesen waren, wirkten verzerrt und angespannt. Sie sah nicht gesund aus.

„Lang nicht gesehen, kleine Schwester", sagte Malia plötzlich und versuchte sich, an einem Lächeln. Ariana blinzele irritiert.

„Was wird das?"

„Darf ich nicht normal mit meiner Schwester reden?" Malia warf ihr einen spöttischen Blick zu und für einen Moment fühlte sich Ariana in die Zeit zurück versetzt, in der sie noch unter ihrer Fittiche stand. Vieles war einfacher gewesen, aber glücklich war damals sie nicht. „Wie geht's Sirius?"

„Gut", erwiderte sie kurzangebunden.

„Seid ihr noch zusammen?"

„Ja." Malia nickte anerkennend.

„Und Hogwarts gefällt dir?"

„Malia." Das erste Mal sah Ariana ihrer Schwester in die Augen. „Was machst du hier?"

„Das hab ich doch schon gesagt, mit dir-"

„Das meine ich nicht. Ich meine hier. Bei den Todessern." Malia seufzte.

„Bevor Mum mit uns vor dem Orden geflohen ist, hat sie mit Abraxas Malfoy geschrieben. Ich habs herausgefunden, weil ich einen der Briefe gelesen hab. Sie hat mich in ihren Plan eingeweiht. Hier in Hogwarts hab ich dann die Kommunikation mit Malfoy übernommen, weil ich leichteren Zugang zu Eulen hatte. Dann hat sie urplötzlich den Plan geändert: Deutschland. Wir wissen ja wohin das geführt hat.

Als wir Joseph dem Orden ausliefern wollten, war Mirkos so wütend. Mit Mum hat er kurzen Prozess gemacht. Hat ihr Genick gebrochen, mit den bloßen Händen." Malias Knöchel wurden weiß, als sie ihre Hände beim Reden zu Fäusten ballte. Sie hatte von allen Schwestern immer die beste Beziehung zu ihrer Mutter gehabt.

„Ich weiß", erwiderte Ariana schnell. Malia nickte nur erschöpft und schien nicht zu hinterfragen, woher sie die Information hatte.

„Becca und ich wären auch beinahe drauf gegangen. Wir sind abgehauen, haben uns bei den Muggel versteckt. Irgendwann hatte Becca genug, hat mich angeschrien, ich sei Schuld an der ganzen Scheiße und sie wolle mich nie wieder sehen." Malia lächelte, doch Ariana sah Tränen in ihren Augen glitzern. „Naja, ich hatte jedenfalls nichts mehr, keine Familie, keinen Ort zum Leben. Da hab ich Lucius getroffen." Ihre Augen leuchteten auf und Ariana fragte sich plötzlich, was zwischen ihr und dem jungen Malfoy vorgefallen war. „Er hat mich hier her mitgenommen. Dann hat der Dunkle Lord mich in seinen Reihen aufgenommen. Tja, und jetzt bin ich hier." Ariana schüttelte ungläubig den Kopf.

„Wie kannst du dich diesen schrecklichen Menschen anschließen, Mali? Merkst du denn nicht, wie verblendet sie sind?"

„Du hast doch keine Ahnung", schnaubte Malia plötzlich wütend und sprang auf. „Du bist diejenige, die verblendet ist! Vergeudest dein ganzes Potential, um diesen Verrätern ihrer Art hinterher zu laufen!"

„Wir sind doch auch Verräter."

„Und das ist der Punkt, wo du falsch liegst!" Malias Augen glitzerten aufgeregt. „Der Orden ist vom richtigen Weg abgekommen, schon vor Jahrhunderten. Für unsere Art wäre es so viel besser, wenn wir mit den Zauberern zusammen arbeiten würden, Hand in Hand für das Recht der Stärkeren! Und du und ich, wir sind die Bindeglieder, die Mächtigsten von allen. Der Dunkle Lord erkennt das an."

„Das glaubst du doch nicht wirklich!" Ariana lachte freudlos auf. „Voldemort will die Macht für sich allein. Du bist bloß ein Mittel zum Zweck, um an mich heran zu kommen. Sobald er dich nicht mehr braucht, wird er dich fallen lassen."

„Oh ich vergaß! Ariana, die Mächtige! Ariana, die Allwissende! Ariana, die neue Anführerin!", höhnte Malia verächtlich. „Du wirst schon sehen, was du von deiner Arroganz hast." Sie packte Arianas Arm und zog sie hoch. „Der Dunkle Lord will dich sprechen. An deiner Stelle würde ich nicht davon ausgehen, hier lebend heraus zu kommen."

Malia brachte sie vor eine große Doppeltür und wies sie an, zu warten, während sie hinein schlüpfte. Kurz dachte Ariana, man hätte sie tatsächlich unbeobachtet zurück gelassen, da entdeckte sie einen vermummten Mann, der in einer dunklen Ecke im Treppenhaus stand und sie nicht aus den Augen ließ.

Aus dem Saal tönten Stimmen. Kurz war sie versucht zu lauschen, doch dann besann sie sich eines besseren. Im Haus eines Todessers sollte man keine Toleranzgrenzen austesten. Vorsichtig versuchte sie, die Klinke herunter zu drücken, doch die Tür war abgeschlossen.

"Du wartest, bis man dich rein lässt." Das unerwartete Knurren ihres Bewachers ließ ihr Herz einen Moment aussetzen. Sie ließ die Klinke los, als hätte sie sich daran verbrannt.

Es war viel zu leise. Das Holz der Treppe knackte und ließ sie zusammenzucken. Das Rascheln ihrer Kleidung peitschte bei jeder Bewegung durch die Stille, ihr Atem schien unnatürlich laut. Wie lange musste sie hier noch stehen? Sie hatte sicherlich nicht länger als ein paar Minuten gewartet, doch jede Sekunde, die sie dort stand, schien ihre Kehle enger zu zu schnüren. Hinter der Tür war wohl ein Streit ausgebrochen, und es wirkte nicht so, als würde irgendjemand daran denken, sie herein zu lassen. Angespannt scannte Ariana ihre Umgebung. Bis zur Haustür schien es nicht weit zu sein. Wenn ihr Wächter nur einen Moment abgelenkt wäre, könnte sie es schaffen. Ihre Knie zitterten, als sie sich zum Rennen bereit machte, da drehte sich der Schlüssel im Schloss.

"...Informanten im Orden hat, heißt nicht, dass alles, was er sagt, richtig ist", ertönte die unverkennbar schnarrende Stimme von Lucius Malfoy. Und in der Sekunde, in der er die Tür öffnete, wurde die Treppe krachend gesprengt. 

Gaias Töchter (2) - Zwischen den WeltenWhere stories live. Discover now