Die Tür zu Masons Büro stand offen. Drinnen saß schon Megan McFarlin mit unserem Ausbilder zusammen. Ich klopfte vorsichtig an den Türrahmen. Der Heiler sah von der Auszubildenden zu mir herüber. Die Erleichterung war ihr ins Gesicht geschrieben.
„Carolin, schön, dass du wieder zurück bist." Die junge Frau im Raum drehte sich zu mir um.
„Dir geht es gut. Merlin, sei Dank." Die andere Auszubildende sprang auf und umarmte mich. Ich blieb ziemlich überrumpelt stehen. Seit wann war Megan in irgendeiner Weise gut auf mit zu sprechen?
„Wie waren die kanadischen Heiler?"
„Sie haben mich erfolgreich zusammengeflickt. Also waren sie nicht schlecht."
„Aber wir sind natürlich das bessere Krankenhaus." Wäre ich im Krankenhaus gewesen, könnte ich es vielleicht sogar beurteilen. Mason legte seinen Kopf schief und sah mich mal wieder nachdenklich an. Offensichtlich hatte er irgendeine Antwort von mir erwartet. Megan schob mich zu einem Stuhl vor dem Schreibtisch.
„Megan wird am Wochenende bei dem Essen dabei sein." Ich sah den Ausbilder so an, als wäre er ein Alien.
„Essen?"
„Sonntag. Mal wieder bei den Potters." Deshalb war Megan also auf Kuschelkurs. Sie war dem Orden beigetreten und wollte dort nicht als Einzige auf Kollisionskurs gehen.
„Ach so, das Essen. Ich wusste gar nicht, dass es mal wieder in großer Runde stattfindet."
„Wir stören Mal wieder die Familienidylle. Kein gemütliches Sonntagsfamilienessen."
„Gemütlich sind die eh nie. Die Puddingfrage bringt jedes Mal wieder Unmut in die Runde."
„Immer noch Sirius Lieblingspudding, der gegessen wird?"
„Es gibt immer die Auswahl zwischen Sirius Pudding und Elainas Kuchen."
„Dieses Wochenende kommt vielleicht endlich James an die Reihe. Er ist doch jetzt ausgezogen."
„Mehr oder weniger. Sie renovieren gerade. Wir waren gestern da und haben ihre Einrichtungspläne gehört. Ab heute Abend sind wir zum Streichen da. Vielleicht sind sie bis zum Wochenende raus."
„Ich bin schon sehr gespannt. Megan, das Essen bei den Potters ist immer unvergesslich."
„Wieso Essen bei den Potters?" Allen und Natasha traten in den Raum. Sie sahen neugierig in die Runde.
„Mason schwärmt von dem Essen bei den Potters."
„Ein wirkliches hervorragendes Essen", fügte der Ausbilder hinzu.
„Aha." Natasha schien nicht wirklich etwas mit dieser Information anfangen zu können. Verständlich. Könnte ich auch nicht, wenn ich dort eh nie zum Essen war.
„Schön, dass du wieder hier bist, Carolin." Allen, der wohl auch kein Interesse an ein Gespräch über das Essen bei den Potters hatte, sah mich ausnahmsweise mal freundlich lächelnd an.
„Finde ich auch."

Mason klatschte in die Hände, weshalb wir wieder unsere Aufmerksamkeit auf unseren Ausbilder lenkten.
„Genug geübt. Jedenfalls fürs Erste. Es ist Zeit für unsere Mittagspause." Ich steckte meinen Zauberstab wieder ein. Wir hatten einen neuen Heilzauber geübt, welcher zersplitterte und pulverisierte Knochen wieder heilen konnte. Natürlich nicht an einem lebenden Menschen, sondern an einem Skelett, welches immer wieder in Splitter zerlegt wurde, nur um damit wir es wieder zusammensetzen konnten. Allerdings wollte ich auch nur ungern an lebenden Personen üben. Zum einen, da ich nicht wollte, dass sich jemand öfters Knochen zerkleinern oder pulverisieren ließ, zum anderen, da es bei falscher Ausführung zur falschen Zusammensetzung des Knochens oder wilden Herumfliegen der Splitter kam. Keines von beiden sollte in einem Arm passieren.
Allen und Natasha standen schon an der Tür. Sie warteten ganz offensichtlich auf Megan, doch diese machte keine Anstalt mit den anderen Auszubildenden mitzugehen. Stattdessen kam sie zu mir herübergelaufen.
„Wollen wir heute zusammen zu Mittagessen?" Ich sah unsicher zu den beiden anderen Auszubildenden, die gerade den Raum verließen. Mit ihnen hatte es sich Megan verscherzt.
„Du musst nicht nett zu mir sein, weil du jetzt ebenfalls im Orden bist." Ich wandte mich zum Gehen.
„Aber ich sollte nicht, meinen Frust, für den du nicht kannst, an dir auslassen. Sirius hat sich mir gegenüber – na ja –"
„Er hat sich scheiße Verhalten. Es war wirklich unter aller Sau etwas mit dir und deiner besten Freundin kurz nacheinander anzufangen. Das weiß ich und er weiß es auch." Die junge Frau neben mir nickte langsam.
„Du kannst vor allem nichts dafür, dass er sich so verhalten hat. Trotzdem habe ich es an dir ausgelassen. Deshalb möchte ich mich entschuldigen. Also könnten wir einen Neuanfang starten?"
„Ja, können wir." Ich lächelte der ehemaligen Ravenclaw zu. Diese schien wirklich sehr erleichtert, darüber zu sein, dass ich ihr das Verhalten der letzten Monate, welches vor allem aus Ignoranz bestand, nicht mehr krummnahm.
Ich klopfte an das Büro von Samuel und Fabian. Drinnen hörte man die beiden laut lachen. Ein „Herein" oder eine andere Aufforderung zum Eintreten blieb jedoch aus. Wahrscheinlich hatten sie vor lauter Lachen gar nicht gehört. Vorsichtig öffnete ich die Tür.
„Was gibt es zu lachen?" Die beiden Heiler sahen verwundert zu Megan und mir herüber.
„Habt ihr geklopft?"
„Laut und deutlich, allerdings habt ihr es nicht gehört, weil ihr mit Lachen beschäftigt war. Also was war so lustig?"
„Wollen wir es meiner neugierigen Cousine erzählen?" Samuel sah zu seinem Kollegen herüber.
„Ich weiß nicht, ob es für ihre Ohren bestimmt ist." Ich setzte mich auf den Schoß meines Großcousins und schlang meine Arme um seinen Hals. Dann sah ich ihn mit großen Hundeaugen an.
„Du willst es mir sagen."
„Will ich das?" Er sah mich nachdenklich an.
„Ja, du willst." Samuel schien kurz zu überlegen.
„Fabians Zwillingsneffen haben sich mit einem Gnom angelegt."
„Sie wurden von ihm im Gesicht gekratzt. Molly hat die Krise bekommen. Es kam eine ganz panische Nachricht von ihr und ich dachte schon, Fred und George hätten sich gegenseitig die Arme abgehackt. Dabei war es gar nichts Schlimmes. Wie gesagt, ein paar Kratzer und blaue Flecke von ihrer Prügelei mit dem Gnom. Zum Versorgen der Kratzer hat es nicht einmal einen Zauber gebraucht. Hat sie auch gemerkt, als sie die beiden Rabauken von dem Prügelopfer getrennt hatte", berichtete Fabian sichtlich amüsiert.
„Geht es dem Gnom auch gut?"
„Alle amüsieren sich über meine Neffen oder sorgen sich um sie und dann kommen Carolin und Samuel: Sie sorgen sich um den Gnom." Fabian stand lachend von seinem Schreibtischstuhl auf. Ich sah grinsend zu meinem Großcousin.
„Ich habe erst gelacht, als mir versichert wurde, dass es dem Gnom gesundheitlich gut geht und er weiterhin den Garten verunstaltet."
„Molly will ihm nochmal die Zwillinge auf den Hals hetzen. Ihre neuen Gnomjäger. Aber nur mit ausreichender Schutzkleidung." Mir wurde ein Foto gereicht, weshalb mein Großcousin wieder anfing zu lachen. Die beiden Einjährigen hatten Helme auf dem Kopf und blickten ziemlich überfordert in die Kamera, während ein Gnom sich von hinten neugierig nährte. Als die beiden Zwillinge dies merkten, legten sie ihre Verwunderung wieder ab und krabbelten diesem entgegen.
„Die sind so süß. Ich will auch wieder ein kleines Kind haben."
„Wir haben doch Elaina und Jean."
„Ich weiß, dass du auch gerne mehr Kinder bei uns wohnen hättest."
„Ich fürchte, Sirius wird früh genug dafür sorgen, dass noch ein paar Kinder dazu kommen."
„Zum Kinderkriegen gehören immer zwei, Samuel." Fabian zog mich auf die Beine.
„Das macht mir an der Sache Sorge."
„Jetzt komm endlich zum Mittagessen. Megan und ich haben nicht Pause, wenn wir wollen." Mein Großcousin stand auf. Er legte seinen Arm um mich herum.
„Seit wann isst eigentlich McFarlin mit uns?", flüsterte er mir ins Ohr.
„Seit heute. Sei nett zu ihr. Wir haben uns ausgesprochen."
„Bin ich nicht eigentlich immer nett?"
„Zu den Jungs warst du am Anfang nicht unbedingt nett."
„Jetzt bin ich es. Versprochen." Mir wurde ein Kuss auf die Wange gedrückt.

Samuel und ich schlossen die Haustür auf. Drinnen hörte man schon Sirius und Marlene, die aus dem Ministerium einfach nach Hause appariert sind. Die beiden waren schon in der Küche und dem Lärm nach, bereiteten sie das Essen zu.
„Wir sind zu Hause!", rief Elaina durch den ganzen Flur.
„Küche", kam es als Antwort von meinen Freund, während man von oben aufgeregtes Bellen hörte. Die Vierjährige wollte zu Sirius laufen, doch ich hielt sie fest.
„Erst musst du deine Jacke, deine Schuhe, deine Handschuhe, deine Mütze und deinen Schal ausziehen." Das kleine Mädchen nickte eifrig, während sie sich schon ihre Mütze vom Kopf zog. Oben hörte man Pfoten über den Fußboden rennen. Dann kamen die drei Hunde gefolgt von Bubble die Treppe herunter.
„Bubble! Cappuccino! Otrere! Tatze Junior! Kommt und begrüßt eure, Mama!" Ich kniete mich vor die letzte Treppenstufe. Die vier Tiere kamen auf mich zugesprungen. Ich wurde unter ihnen begraben. Tatze Junior leckte mir einmal übers Gesicht, Bubble fauchte einmal, weshalb der Hund schnell in Richtung Elaina verschwand, weshalb meine Katze anfing, über mein Gesicht zu schlecken. Lachend kraulte ich ihr hinter den Ohren, bevor ich mich an Cappuccino wandte, die geduldig auf eine ausgiebige Kuscheleinheit wartete.
„Komm her, Cappuccino." Ich zog den Hund an mich heran. Dieser kuschelte sich gemütlich auf meinen Schoß, auch wenn die Hündin langsam zu groß dafür wurde. Zu groß und zu schwer. Meine Großcousine hatte mittlerweile ihre Sachen ausgezogen und rannte mit Tatze Junior in die Küche.
„Elaina!" Man hörte das Mädchen kichern. Ich konnte mir vorstellen, wie mein Verlobter die Rothaarige hochgehoben hatte und in die Luft warf. Ich drückte dem Hund ein Kuss auf die Stirn, bevor ich kurz Otrere hinter den Ohren kraulte. Der eigensinnige Welpe ließ es sich kurz gefallen, bevor sie gemütlich ins Wohnzimmer lief.
Lächelnd räumte ich meine Klamotten weg, dann folgte ich mit Samuel unserer Verwandten in die Küche. Sirius hatte schon angefangen, alles fürs Abendessen zu schneiden.
„Na, du Meisterkoch, du bist aber schon fleißig."
„Ansonsten hätten wir wie eigentlich immer mit euch nach Hause fahren können." Ich umarmte meinen Freund von hinten, welcher damit beschäftigt war, eine Tomate zu schneiden.
„Du bist ein Schatz."
„Ich weiß." Ich wandte mich an Marlene, die ebenfalls auf der Ablage saß und in einem Magazin blätterte.
„Du hattest keine Lust zu schneiden, was?"
„Ich wollte ganz viel helfen. Einmal den Zauberstab schwingen und das Messer macht es alleine. Dann hat Black aber rumgemeckert."
„Weil ich auf Muggelart lieber koche."
„Ich lass es dich so machen. Kein Problem. Ich habe eine Beschäftigung." Das Magazin wurde mir hingehalten. Ein Hochzeitsmagazin.
„Planst du gerade deine Hochzeit mit Samuel?"
„Nein, deine mit Sirius. Ihr kommt schließlich nicht voran. Also kümmert sich deine Trauzeugin darum." Ich sah belustigt zu meiner besten Freundin.
„Ich wusste gar nicht, dass ich schon eine Trauzeugin auserkoren habe."
„Hat sich deine Hochzeitsplanerin als Erstes drum gekümmert." Ich schüttelte den Kopf. Diese vorlaute Blondine. Ich setzte mich neben Marlene auf die Ablage.
„Dann erzähle uns mal von deiner Planung." Die Augen der anderen Nymphe fingen an, glücklich zu leuchten. Sie schlug die Zeitschrift auf, blätterte kurz darin, bis sie die richtige Seite gefunden hatte.
„Also ich habe mir überlegte, dass ihr entweder am Strand heiratet oder in einem Schlossgarten. Gucke dir mal das Bild an. Wer will dort nicht heiraten?" Die Auszubildende tippte auf das Bild eines Strandes mit wunderschönen blauem Wasser.
„Sieht sehr hübsch aus."
„Und was sagst du hierzu?" Die nächste Seite wurde aufgeschlagen. Dieses Mal mit einem weißen Schloss und gepflegten Garten.
„Sieht auch sehr schön aus."
„Sirius, was sagst du?"
„Mir ist es egal. Hauptsache Carolin sagt ja und nicht nein." Die Freundin von Samuel sah empört auf ihren Katalog herab.
„Männer haben zu geringe Ansprüche. Carolin, du musst entscheiden."
„Sirius will eigentlich eine Märchenhochzeit mit Schloss und Kutsche, hat er mir verraten."
„Aber nur wenn du dann auch ja sagst."
„Tue ich, solange wir keine Blumen umbringen."

Hexagramm-SpinnefeindWhere stories live. Discover now