LXXXI | Geräusche

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Langsam gehe ich über den uralten Teppich, wobei bei jedem meiner Schritte Staub und Schmutz aufwirbelt. Mister Bauclerk würde einen Anfall bekommen.

Die Dielen knarzen, der Wind pfeift und stumm wünsche ich mir, Elijah wäre hier. Das Unheimliche dieses Hauses nimmt mit jedem Schritt zu, wäre mein Partner hier, würde er sicher gut auf mich einreden. Mir sagen, dass nicht mal ein Geist sich in meine Nähe trauen würde, wenn ich mit ihm unterwegs bin. Leider hat Elijah noch nie wirklich einen Geist gesehen, kann also das Risiko eher so gar nicht einschätzen, was durchaus von ihnen ausgehen kann. James, Henry und Margaret mögen vielleicht friedlich sein, aber es gibt durchaus auch Victories unter den Geistern.

Im Vorbeigehen werfe ich Blicke auf die Türen, die an mir vorbei ziehen. An jeder ist ein goldenes Schild angebracht. Solche wie unten, nur das sie hier oben nicht aus Holz sind. Sie wirken edler, wahrscheinlich weil das hier der Wohnbereich des Hauses war. Ist, Berichtige ich mich selbst. Es mag zwar leer stehen, aber es gibt noch vieles was auf die vorherigen Besitzer hinweist. Wie angewurzelt bleibe ich stehen, als aus einem der Zimmer ein Geräusch kommt. Was war das?

Erneut. Ein knirschen, wie von Steinen unter Pferdehufen.

Aus einem reinen Instinkt heraus, greife ich nach meinem Dolch und ziehe ihn aus der Scheide. Er liegt locker in meiner Hand, als wäre er nie woanders gewesen. Mein Überlebensdrang sagt mir, dass ich jetzt schleunigst die Beine in die Hand nehmen sollte, immerhin bin ich nicht Elijah oder Vici, trotzdem gehe ich auf das Zimmer zu, aus welchem die Geräusche kommen. Jede Entscheidung die ich auf dieser Insel treffe, reitet mich nur tiefer in den Mist hinein, zumindest habe ich das Gefühl.

Jedes Knacken, dass meine Schritte erzeugen, klingt in meinen Ohren wie eine Atombombe. Viel zu laut und verheerend.

Ein Knoten hat sich in meinem Magen gebildet, der ausnahmsweise mal nicht daher rührt, dass ich Hunger habe. Meine Finger schließen sich fester um meinen Dolch, der sich mitzunehmen auf jeden Fall gelohnt hat, und halte ihn wie eine schützende Waffe vor mich. Es ist eine schützende Waffe, berichtige ich mich selbst.

Ich muss mich selbst dazu zwingen nicht anzufangen zu schreien, denn ich denke an Elijahs super krasse Hybridensinne, und wie er meinen Herzschlag noch von fünf Metern Entfernung hören konnte. Wer weiß was sich hinter dieser Tür befindet und ob es mich nicht schon längst bemerkt hat. Die Geräusche sind verstummt, was jedoch nicht heißt, dass das was auch immer verschwunden ist.

Der goldene Türknauf fühlt sich merkwürdig warm an, als ich ihn langsam aufdrehe. Mit leisem Quietschen schwingt die Holztür auf, auf der >Josephine< in schwarzen Lettern steht. Stück für Stück eröffnet sich mir das alte Zimmer meiner Mutter, welches so garantiert nicht hinterlassen wurde. Bilder sind auf der Kommode umgefallen, Kissen liegen auf dem Boden und die Kleiderschranktür steht sperrangelweit auf.

Schnell schiebe ich mich ins Zimmer und fuchtele wild mit dem Dolch vor mir herum. „Stop! Halt! Sofort!" Im selben Moment komme ich mir absolut albern vor. Wer geht in ein Gefecht mit den Worten: Halt Stop?

Doch kaum habe ich den Krachmacher gesichtet, lasse ich ungläubig meine Waffe sinken und starre ihn nur an. „Fuz?"

Es hätte jeder Urisk sein können, wäre da nicht das gedrehte Gummiband, welches um seine Ohren gewickelt ist, und sie oben zu einer Art Zopf zusammen hält. Ich habe es ihm nach der Jägernacht gegeben, als Dank dafür, dass er uns gerettet hat. Eines seiner Beinchen hat sich im Bettlaken verheddert, das er mit seinen knochigen Fingern zu entwirren versucht hat. Jetzt steht er sekundenlang regungslos da, sieht mich aus großen Augen an, als könne er nicht fassen, dass ich wirklich vor ihm stehe. „Fräulein Katherine!", ruft er schließlich aus und kommt auf mich zu gestürmt. Dabei verfängt er sich jedoch nur noch mehr im Laken und fällt der Länge nach auf den Boden.

„Gott Fuz!" Besorgt stecke ich meine Waffe weg und lasse mich neben Fuz auf die Knie fallen. „Geht es dir gut?"

Aufgeregt nickt der Urisk, richtet sich so gut es geht auf, und greift nach meinen Händen, die ich ihm hingestreckt habe. „Fuz freut! Fuz freut doll!" „Ich freue mich auch dich zu sehen, Fuz", versuche ich ihn zu beschwichtigen und drücke sanft seine klauenartigen Hände. „Was machst du denn hier? Und wie lange bist du schon hier?"

Das kleine Wesen tänzelt auf seinen Hufen vor und zurück, so aufgeregt ist er. Jetzt weiß ich auch, woher die Geräusche kamen. Er hat sie verursacht, während er versuchte, sich aus dem Laken zu befreien. „Fuz Weile hier, große Weile. Fuz gewartet auf Katherine!" „Auf mich? Woher wusstest du denn, dass ich komme?" Will ich Fassungslos wissen, als ich ihm helfe, aus dem Laken zu treten. Es ist kein Spannbettlaken, wie Zuhause, sondern ein einfaches, weißes, Baumwolltuch. Man hat es wahrscheinlich an den Ecken unter die Matratze gesteckt. Mein Versuch zu helfen, wird von Fuz' wildem herum Gestrampel erschwert. „Frau hat Fuz gesagt." Mit einem Mal stoppen seine Bewegungen und er sieht mich, soweit man das bei ihm sagen kann, Verschwörerisch an. „Frau war in Fuz Kopf drin." „Sie war in deinem Kopf?" Auch ich stoppe meine Arbeit und bohre meinen Blick in seinen. Eine Frau war in seinem Kopf. Ich bete dafür, dass der Name, der mir im Kopf herum schwirrt, nichts damit zu tun hat.

Meine Hände lassen das Tuch fallen und ich lege sie auf seine Schultern. „Fuz, das ist jetzt wichtig: Wie sah die Frau aus?"

Er scheint tatsächlich den Ernst der Situation zu verstehen und mir helfen zu wollen. Seine krächzende Stimme ist ganz leise, als er beginnt zu sprechen. „Fuz weiß, wer Frau war." „Wer war sie, Fuz?" Mit aller Kraft hindere ich mich daran, ihn zu rütteln. Sag es mir, sag mir, wer es war...

„Morgana Le Fay", nur ein hauchen dringt an mein Ohr, doch das reicht mir, um meine inneres umzukrempeln. Zwar hatte ich es schon geahnt, es jetzt jedoch, aus dem Mund, dieser unschuldigen Kreatur zu hören, macht es nicht besser. Missbraucht sie ihn etwa für ihre Zwecke?

Gott, als ich klein war, war ich ja so naiv. Ich dachte doch tatsächlich, es gebe gut und böse. Und das ich sie einfach so erkennen würde! Als wenn sie schwarz und weiß gefärbt wären. Das Problem bei der Sache ist bloß, das jede einzelne Person, die ich kennengelernt habe, sich auf dem schmalen Graugrad bewegt. Elijah beispielsweise. Er ist mein Partner, würde alles tun um mich zu schützen und er ist Familie für mich, aber im selben Atemzug tötet er Menschen. Leute raten mir dazu, ihm nicht zu vertrauen und doch tue ich es. Bei Mister O'Byrne hingegen, bin ich mir noch nicht ganz sicher. Er gab mir keinen Grund ihm nicht zu trauen, trotzdem muss ich jede Sekunde an die Warnungen denken, die mir über ihn gegeben wurden.

Morgana fällt nicht aus dieser Regel. Sie warnte mich, sagte mir, sie wolle mir helfen und eröffnete mir als erste, die Dunkelheit in den Uhren und bestätigte mein Schicksal schlussendlich. Sie ist und bleibt eine schwarze Hexe, die wegen Verbrechen im Irrgarten einsitzt. Doch wenn sie schon in Fuz Kopf eindringt, damit er hier auf mich wartet, dann muss es etwas Wichtiges geben, was sie mir mitteilen will.

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Merry Christmas Leute :D

Hach, ich liebe Weihnachten. Gar nicht mal den Tag an sich, sondern einfach das Gefühl. Was ist mit euch?

Heute, zur Feier des Tages, gibt es noch ein zweites Kapitel ;D
Wahrscheinlich erst heute Abend, aber es kommt.

Habt einen wunderschönen Tag und genießt diese Zeit. Wir sehen uns später!

 Wir sehen uns später!

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Time Travelling | Broken SoulsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt