Das Abendessen verläuft sehr ruhig und meine Eltern reden viel mit Lucius, über die Zukunft seines Sohnes. Ich bin erleichtert, dass sie mich scheinbar vollkommen außer Acht lassen und mir nur hin und wieder mal einen missbilligenden Blick zuwerfen, welche ich versuche einfach an mir vorbeiziehen zu lassen. Ihre Anfeindungen sind jedoch so offensichtlich, dass sogar Lucius seine Hand um seine Servierte verkrampfen muss, vor Wut. Wann immer er kurz vor einem Anfall steht stoße ich ihn, unter dem Tisch, mit meinem Bein an. Er erschreckt kurz, wirft mir dann einen fiesen Blick zu, ruft sich dann aber wieder zum Anstand.
"Draco ist so wohl erzogen. Mit so einem Erben kann man sich nur glücklich schätzen.", säuselt meine Mutter und schaut mich dann herablassend ab. Genervt verdrehe ich die Augen und verschränke meine Arme vor meiner Brust. War doch klar, dass es nicht lange dauern würde und sie damit anfangen würde. Draco, der neben mir sitzt, schnaubt kurz und schaut sich dann gelangweilt um. Das Thema scheint ihn auch nicht wirklich zu erfreuen. Ich bin wirklich erleichtert, dass ich nicht die Einzige bin, die sich hier zu Tode langweilt und genervt ist.
Der alte Malfoy räuspert sich und nimmt sein Glas Wein zur Hand. "Draco ist in der Tat ein hervorragender Erbe.", bestätigt er die Aussage meiner Mutter, "Ihre Tochter hingegen..."
Meine Eltern beugen sich gespannt vor, in der Hoffnung eine abfällige Bemerkung zu hören. Doch Lucius gönnt es ihnen nicht und teilt ihnen mit, dass ich den gewissen Charme und die ausgereifte Intelligenz besitze, die noch immer Draco fehlen würde. Über seine Antwort verblüfft lehnen sich Mutter und Vater kommentarlos zurück. Draco hingegen lehnt sich nach vorne und betrachtet seinen Vater beleidigt, was den alten Malfoy amüsiert auflachen lässt.
"Sehr lustig.", spuckt der Sprössling aus und wendet sich empört ab. Ich bemühe mich sehr, nicht loszulachen und stupse den eingeschnappten Jungen an. "Lass das, Asana...", zischt er giftig und ich muss schmunzeln. Er war schon so alt und noch immer ganz das kleine Kind von damals. Ich stupse ihn nochmal an und diesmal schlägt er zornig meine Hand weg. "Ich sagte: Lass das!"
Ich seufze auf, rücke meinen Stuhl zurück und erhebe mich. Meine Eltern schauen mich verwirrt an. "Wo willst du hin?", fragt mein Vater und lässt mich nicht aus den Augen. "Ich geh mit der kleinen Diva an die frische Luft, Vater.", erwidere ich erklärend, während ich meine Hand Draco hinhalte. Er beäugt diese schmollend, ehe er sie ergreift und sich von mir raus in den Garten geleiten lässt. "Vergesst nicht den Wärmezauber. Es ist kalt, draußen.", erinnert uns Lucius. Wir nicken einfach bestätigend und verlassen das Esszimmer.
"Lässt du meine Hand wieder los, Asana?"
"Wieso? Fühlst du dich unwohl?"
"Nein. Es ist nur...", Draco hält inne und bleibt stehen. Ich drehe mich zu ihm um, immer noch seine Hand haltend und hebe sanft seinen Kopf an. Seine Augen spiegeln Schmerz und Trauer wieder. Ich lass von ihm ab und gehe weiter, lasse seine Hand aber nicht los.
"Asana. Bitte. Lass los.", protestiert er weiter und ich schüttle den Kopf. "Nein, Draco. Ich lasse nicht los. Es geht dir nicht gut. Das sehe ich. Lass uns jetzt raus gehen.", antworte ich ihm und zücke meinen Zauberstab. Ich belege uns mit dem Wärmezauber und wir treten durch eine Seitentür hinaus in den Garten.
Es ist stockdunkel. Die Kälte spüren wir zum Glück nicht. Die Blumen sind mit einer schwachen Eisschicht überzogen und frischer Schnee fällt auf die Grundstücke des Thomson Anwesen. Unser Atem tritt rauchartig auf und ich erinnere mich an die schönen Wintertagen mit dem Malfoy Jungen.
Ich ziehe Draco an seiner Hand und etwas trotzig läuft er neben mir her. Stört es ihn so sehr, dass ich nur für ihn da sein möchte und ihm zeigen will, dass er nicht alleine ist? Er hat sich wirklich verändert, seitdem ich in Hogwarts bin. Und dann auch noch das nächtlich Gespräch mit Professor Snape. Was war das, was ihn so wütend gemacht hat? Es wäre so schön, wenn er endlich mit mir darüber reden würde, was ihn bedrückt. Ich bin doch wie eine Schwester für ihn, oder geht es nur mir so. Ich will ihm nur helfen, sowie er und sein Vater es immer machen. Ich bin ihnen doch etwas schuldig.
"Ähm... Asana?"
"Hm?"
"Du tust mir weh. Du zerquetschst meine Hand.", informiert mich Draco und weist auf seine Hand, welche in meiner verkrampften Hand fast zerdrückt wird. Schnell ziehe ich meine zurück und entschuldige mich. Mensch, Asana. Du solltest wirklich mit deiner Kraft aufpassen. Du verletzt andauernd Leute. Mag es physisch oder anderweitig sein. Ich bin wahrlich ein Monster. Eilig kehre ich ihm mein Rücken zu und halte krampfhaft meine Hand fest. Was ist das? Wieso durchfließt mich plötzlich so viel Angst? Es ist gerade doch nichts schlimmes passiert.
In meinen Ohren höre ich ein durchgehendes Rauschen und mir wird schwindelig. Meine Sicht wird schwächer und schwindet immer mehr. Es fühlt sich so an, als würde mir die Luft aus den Lungen gesaugt. Luft. Ich muss atmen. Ich brauche Luft.
Ein kräftiger Schlag holt mich zurück und ich schaue in sorgevolle, blaue Augen. Dracos Blick durchbohrt mich und ich spüre seine eisig kalten Hände auf meinen Wangen. Zitternd legen sich meine Hände um seine Handgelenke. Was ist passiert? Was war diese Angst? Wo kam sie so plötzlich her?
Wieder ein Schlag auf meine Wangen und ich fall vollkommen aus meinen Gedanken. "Asana? Bist du wieder bei mir?", ertönt Dracos Stimme in weiter Ferne. Wie konnte seine Stimme so fern sein, wenn er doch direkt vor mir steht? Trotz dem komischen Gefühl, dass ich habe nicke ich dem blonden Jungen zu, damit er aufhört mich so besorgt zu mustern. Ungläubig betrachtet er mich weiter und führt mich zu einer Bank, die unter einem Pavillon steht.
Als wir durch den Holzbogen treten umhüllt uns die Wärme eines durchgehenden Wärmezaubers. Erleichtert atmen wir beide auf. Ich hatte scheinbar unbewusst den temporären Wärmezauber aufgehoben, als ich diese Panikattacke hatte.
Vorsichtig hilft mir der junge Malfoy dabei, mich hinzusetzen und lässt sich dann direkt neben mir nieder. Seine Hände haben zärtlich die meine umfasst und mit seinen Daumen streichelt er meine Handrücken. Ich versuche wieder meinen Puls zu normalisieren und mich wieder auf das hier und jetzt zu konzentrieren. Wieso passiert mir andauernd so etwas?
"Geht es wieder, Asana?", erkundigt sich Draco nach einem Moment des Schweigens und fährt vorsichtig durch mein Haar, so dass mein gesamtes Gesicht freigelegt ist. "Ja. Ja es geht besser.", hauche ich leise. Erleichtert nickt der Malfoy Sprössling.
Wir sitzen einfach schweigend nebeneinander. Ich weiß gar nicht wie viel Zeit gerade vergeht, ohne das wir reden. Es fühlt sich nur wie Minuten an, aber es können auch schon Stunden sein. Außerhalb des verzauberten Pavillons fängt es an immer stärker zu schneien und die dicken, weißen Flocken tanzen stürmisch um uns herum.
"Es ist wunderschön...", wispere ich abwesend. Zustimmend nickt meine stiller Begleiter und ich stehe auf, gehe zu den Geländer des Pavillons. Meine Hände stütze ich auf dem Holz auf. Ich genieße den Ausblick und merke gar nicht, wie sich Draco neben mich stellt. "Weißt du noch, als wir uns das erste Mal getroffen haben?", fragt er mich und zieht meine Aufmerksamkeit somit auf sich. "Wie könnte ich den Tag vergessen?", antworte ich kopfschüttend und ein weiches Lächeln umspielt meine Lippen. Draco lacht auf. "Stimmt wohl. Wie solltest du das?"
"Genau, Draco. Wie? Immerhin hast du mit einem Evanesco ihre Lieblingspuppe verschwinden lassen."
Erschrocken fahren wir um uns und erblicken Lucius, der gerade durch den Holzbogen eintritt. "Vater? Was machst du hier?", erkundigt sich Draco verwundert und Malfoy tippt auf seine Armbanduhr. Verwirrt starrt der junge Malfoy seinen Vater einfach weiter an. Genervt rollt das Malfoy Oberhaupt mit seinen Augen und merkt an, dass wir schon nach zwölf Uhr, nachts, haben.
Oh? Es ist wirklich schon so spät? Ich hätte nicht damit gerechnet, dass die Zeit so schnell umgegangen ist. Als wir den Speisesaal verlassen haben war es gerade mal halb zehn. Ich schaue zu Draco, der mir seine Hand reichen will, aber Lucius hält seinen Gehstock zwischen uns. "Was wird das, Vater?", fragt der platinblonde Junge und verschränkt seine Arme. Lucius hält seinen Zeigefinger vor seine Lippen und symbolisiert seinem Sohn leise zu sein. Mit seinem Kopf nickt er in Richtung des Anwesen.
"Und was ist mit, Asana?"
"Asana werde ich zu ihrem Zimmer bringen. Jungen in deinem Alter können sich nicht kontrollieren.", erklärt er seinem Sohn. "Jetzt rein, Draco."
Genervt stöhnt der junge Malfoy auf und trottet davon, als er sich mit einer Umarmung bei mir, für die Nacht, verabschiedet hat. So bleibe ich wie so oft mit seinem Vater alleine zurück. Ein bedrückendes Schweigen legt sich zwischen uns. Wir stehen einfach nur im Pavillon und schauen dem weißen Schneetreiben noch ein wenig zu. Ich spüre wie Lucius von hinten an mich ran tritt. Vorsichtig legt er seinen Mantel um mich. Ich greife den Mantel und schmiege mich eng in ihn hinein. "Früher bist du fast in meinem Mantel versunken. Mittlerweile passt er dir nahezu wie angegossen, meine kleine Wölfin."
"Überlege doch mal, wie lange das schon her ist, Lucius.", merke ich lächelnd an und bekomme von dem Vater, meines besten Freundes, ein zustimmendes Nicken. Sanft legt sich sein Arm um meine Schulter. "Wir sollten jetzt reingehen, Asana.", sagt Lucius in einem milden Ton. Bejahend nicke ich kurz. Achtsam laufen wir durch den Schnee und ich genieße das Geräusch, des knirschenden Schnees, unter meinen Schuhen. Malfoy lässt dabei seinen Arm um meine Schulter geschlungen.
>X<
Als wir vor meiner Zimmertür stehen will ich mich von Lucius verabschieden, doch er schüttelt mit seinem Kopf. Verdattert schaue ich zu ihm auf. Er öffnet meine Tür und hält sie mir auf, lässt mich eintreten und folgt mir direkt nach. Malfoy verschließt die Tür hinter uns und spricht irgendwelche Zaubersprüche. Was wird das? Was hat Lucius?
"Lucius?"
Meine Stimme klingt brüchig. Sie hatte ein leichtes Zittern in sich, doch warum? Weshalb sollte meine Stimme jetzt zittrig sein? Es war doch nur Lucius mit mir hier. Oder?
Lucius kommt auf mich zu und führt mich zu den Sesseln in meinem Zimmer. Ich setze mich hin. Er nimmt gegenüber von mir Platz und hat einen ernsthaften Ausdruck. Er hält seine Hände zusammengepresst vor seinem Mund. Er scheint nachzudenken. Doch über was? Was will er? Willer mit mir über sein Gespräch mit Dumbledore reden? Nein. Ganz bestimmt nicht.
Mit seiner Hand fährt er sich durch sein blondes, langes Haar. Sein Blick richtet sich gen Boden. Was ist? Warum lässt er mich so lange warten? Er weiß doch, dass ich warten hasse. Ich hasse es fast mehr als im Unwissen zu sein. "Lucius?", hacke ich ungeduldig nach und er schaut auf, stößt die angestaute Luft aus und schaut dann wieder weg. "Was ist?", bohre ich weiter. Sein Bein wippt unruhig auf und ab. Meine Nerven drohen zu reißen.
Er öffnet den Mund, schließt ihn aber wieder und pustet in die Luft. Langsam werde ich wirklich wütend. Wieso kann er nicht anständig mit mir reden? Ausgerechnet Lucius, der Reden schwingen kann und wie ein Wasserfall nicht aufhören kann zu fließen, kann er dann nicht aufhören zu reden. Und jetzt soll eben diesem Lucius die Worte fehlen? Ein sprachloser Malfoy? Verarschen kann ich mich selber.
Wütend stehe ich auf und wende mich von meinem Gegenüber. Meine Hand fährt über mein Gesicht. Das kann jetzt wirklich nicht wahr sein. Ich drehe mich wieder um und fasse das blonde Häufchen Elend ins Auge. "Lucius. Entweder du sagst was ist, oder du gehst jetzt. Es ist spät und wir beide brauchen unseren Schlaf.", erinnere ich ihn gereizt an menschliche Bedürfnisse und er steht rasch auf, geht auf mich zu und packt mich bei den Schultern. Seine Augen spiegeln Angst und Sorge wieder. Doch worum? Worum sorgt er sich?
"Es ist nicht gerade leicht jemanden zu sagen, dass er in Gefahr ist!", zischt er fast schreiend und seine Augen werden glasig. Er dreht ab und stützt sich an einem der Sessel ab. Er murmelt mehrere Sachen unverständlich vor sich her und ich wusste, dass ich jetzt nicht mehr verheimlichen sollte, dass ich ihr Gespräch zum Teil mitbekommen hatte.
"Du hast den Brief gelesen, denn meine Eltern mir vor Weihnachten geschickt haben, richtig?"
Lucius erhebt sich wieder und steht kerzengerade im Zimmer. Seinen Rücken immer noch zu mir gewandt fragt er mich: "Wie? Woher weißt du das?" Seine Überraschung ist verständlich. Es war ein geheimes Treffen. Ein geheimes Treffen, welchem ich unerkannt beigewohnt habe und nur etwas kleines, aber gravierendes erfahren habe, was ich scheinbar erst jetzt hätte erfahren sollen. Ich gehe zu Lucius rüber und ergreife zärtlich seine Hand. Wieso fühle ich mich so schuldig? Etwa weil ich ihn solange nichts gesagt habe und ihm sich selbst überlassen habe, mit all dem Kummer und den Sorgen.
Ich atme tief durch, schließe meine Augen und lehne meine Stirn gegen seinen Oberarm. Meine Augen füllen sich mit Tränen, welche langsam meine Wangen herabrollen. Sie fallen zu Boden und hinterlassen kleine, dunkle Flecken dort. Ich schlucke einmal hart. "Ich habe euer Gespräch belauscht.", gestehe ich ihm voller Reue. Ein spürbares Zucken durchfährt seinen Körper. Er sagt nichts also rede ich weiter.
"Es klingt seltsam, aber ich glaube in dem Moment wie ein Geist anwesend gewesen zu sein. Wurde Snape zufälligerweise mit einem Zitronenbonbon, von Dumbledore, beworfen?"
"Ja. Wurde er.", bestätigt Malfoy meine Vermutung. Er wendet sich zu mir und ungläubig schaut er auf mich herab. Seine Hände legen sich zitternd auf meine, vom Weinen, geröteten Wangen. "Sag nicht, dass du das warst, kleine Wölfin. Das kann ich dir nicht glauben.", fährt er mit gebrochener Stimme fort. Ich nicke nur mit dem Kopf und forme ein stummes 'Doch' mit meinen Lippen. Lucius schüttelt hastig seinen Kopf und weicht von mir. Er geht rückwärts auf einen der Sessel zu und lässt sich in diesen fallen.
"Jetzt ist nicht die Zeit zu scherzen Asana!", ermahnt er mich voller Wut, welche ich nur all zu gut verstehen konnte. Meine Schritte tragen mich wieder zu dem Malfoy, welchem ich meine Hand auf seine Schulter lege. "Ich wünschte, ich würde scherzen.", erwidere ich bedrückt und meine Hand sinkt an seinem Arm herab und streicht kurz seinen linken Unterarm.
Ein plötzliches, unerträgliches Brennen entfacht in mir und Schreie hallen durch meinen Kopf. Unendlich, schmerzvolle Schreie. Bitteres Schluchzen und Klagen dröhnen in meinem Ohr und es fühlt sich an, als würde ich verrückt werden. Meine Arme schnellen zu meinen Ohren, welche ich mit meinen Händen zu halte. Ich will das alles nicht hören. Warum höre ich das? Wieso schmerzt es mich so sehr? Ich krümme mich auf dem Boden zusammen und weine unaufhörlich. All die Tränen, die ich immer zurückgehalten habe brechen durch.
Ich bin mit Angst und Furcht gefüllt. Aber das können unmöglich nur meine Gefühle sein. Es fühlt sich so an, als wäre all der Kummer Lebender und Toter in mir vereint. So unendlich viele Gefühle. Was passiert hier? "Bitte. Hilf mir irgendjemand. Bitte. Lucius.", wimmere ich leise und verliere mich ganz in diesen unendlichen Tiefen der Trauer.
Entfernt spüre ich, wie meine Hände von meinen Ohren entfernt werden und die klagenden Stimmen in meinem Kopf werden lauter. Ich möchte meine Ohren wieder bedecken, doch man hindert mich daran. Verzweifelt schreie ich auf und versuche, die Stimmen zu übertönen, sie zum Schweigen zu bringen. Nichts funktioniert. Ich stecke in diesem Strudel des Leidens fest. Es ist die Hölle auf Erden.
'Muffliato'
Ein Brummen ertönt in meinen Ohren und die Stimmen scheinen zu verstummen. Mein Körper hört auf, sich anzuspannen und entkrampft sich von Mal zu Mal. Langsam versuche ich mich aufzusetzen. Ein Schwindel macht sich in meinem Kopf breit und ich fasse mir an die Stirn. Was ist passiert? Was war mit mir los? Ich schaue mich um und erkenne Lucius, welcher mit aufgerissenen Augen vor mir auf dem Boden kniet. Sein Atem geht schwer und ihm perlt Schweiß von der Stirn.
"L.. Lucius... Was ist passiert?", versuche ich eine Antwort von ihm zu bekommen, doch es wirkt nicht so, als würde er mitbekommen, was ich sage. Seine Arme schlingen sich plötzlich um meinen Körper und er zieht mich eng an sich. Seine Hand fährt durch mein Haar und sanft streichelt er über meinen Rücken. Dann wieder umarmt er mich so fest, dass ich husten muss.
"Ich bin so froh, dass du wieder da bist!", gesteht er mir, mit einer Stimmer voller Überwältigung und Verzweiflung. Seine Hände zittern noch immer, während er mich umarmt und nicht loslässt.
"Wo soll ich denn gewesen sein?"
Lucius drückt sich von mir, hält mich aber weiter an den Schultern fest. Sein Blick ist unerbittlich, streng und doch sanft und sorgend. "Du warst wie weggetreten. Hast dich am Boden gekrümmt und geschrien. Du schienst so voller Schmerzen und hast gefleht, dass die Stimmen verstummen.", erklärt er mir bemüht, nicht zu hektisch zu sein, "Dann habe ich überlegt, wie ich dir helfen kann und sprach den Muffliato Zauber."
"Das war also das Brummen.", schlussfolgere ich und schaue ihn dann mit unendlicher Dankbarkeit an, falle ihm um den Hals und überschütte ihn mit dankbaren Stirn und Wangenküssen. Lachend hält er mich fest und einen Augenblick lang ist der geschehene Spuk vergessen. Lucius hält mich einfach in seinen Armen und ich genieße, die Nähe und Aufmerksamkeit.
"Wie ist das überhaupt passiert?", fragt Lucius nach längerem Schweigen und ich sage ihm, dass mich das alles derart überkam, als ich seinen linken Unterarm streifte. Er löst sich erneut von mir. Zieht eilig seine Hemdärmel nach oben und ein schwarzes Tattoo kam zum Vorschein. Staunend betrachte ich es. Es besteht aus einem düster aussehendem Totenkopf und einer Schlange. Es wirkt so mystisch.
Ich wollte es berühren, doch Lucius schlägt meine Hand weg. "Fass es nicht noch einmal an.", befiehlt er mit einem warnenden Unterton und hart schluckend nicke ich. "Was ist das, Lucius?", frage ich neugierig, gefüllt mit enormer Ehrfurcht. Malfoy atmet tief durch und setzt zu einer Erklärung an.
"Das hier, Asana. Das ist das Dunkle Mal. Ein schwarzmagisches Tattoo."
"Schwarzmagisches Tattoo?", hacke ich interessiert nach und Lucius funkelt mich böse an. "Würdest du bitte still sein. Das hier ist kein Spaß, wie dein magisches Tattoo.", brummt er sauer und wendet sich wieder der Erklärung zu.
"Ein starker schwarzmagischer Zauberer gibt es uns. In diesem Tattoo verflechtet er seine Magie mit der unseren. So weiß er, wo wir uns befinden."
"Wir?"
"Asana! Hör auf mich zu unterbrechen!", faucht er und ich zucke zusammen, senke meinen Blick zum Boden und entschuldige mich leise. Lucius seufzt. Seine Hand fasst mein Kinn und hebt meinen Kopf an. Seine Augen blicken mir weich entgegen. Er streichelt mit seinem Daumen über meine Wange und lächelt.
"Tut mir leid, kleine Wölfin. Das hier ist einfach so ernst und... Und...", er bricht ab und schaut weg. Schnell fasse ich seine Hände in den meinen und drücke sie fest. Ich weiß, dass es schwer für ihn ist, aber er hat mir jetzt schon so viel erzählt er kann jetzt nicht einfach aufhören. "Lucius. Bitte sag mir, was hier passiert." Er atmet tief durch und sein Blick wendet sich wieder mir zu. Ermutigend lächle ich ihm zu, zeige ihm, dass ich da bin.
"Ich gehöre zu einer Gruppe die sich Todesser nennt. Bei diesen Todessern sind auch deine Eltern, Professor Snape und seit kurzem auch Draco. Er bekam das Tattoo ohne mein Mitwissen."
Der blonde Malfoy stoppt kurz und fährt durch sein langes Haar. Man merkt es ihm an, dass es schwer ist darüber zu reden.
"Wir sind alle Reinblüter, die einem Mann folgen. Dem dunklen Lord."
Als Lucius den Namen erwähnt wird mir ganz anders. Ich kenne diese Person nicht. Doch man merkt an Lucius seiner Körpersprache, dass er ein furchterregender Mensch sein muss. "Was ist das Ziel dieser Gruppierung?"
"Das Ausrotten von Schlammblütern und Muggel...", gesteht er leise. Mir wird ganz kalt. Ein Schauer läuft über meinen Rücken, als er das erzählt und das Erste, was mir in den Sinn kommt waren alle muggelgeborenen Hexen und Zauberer in Hogwarts. Wollten sie wirklich alle töten? Und Lucius macht da mit. Ebenso Draco?
"Wieso unterstützt du so etwas?", frage ich empört. Mit wütenden Blicken löchere ich ihn und man sieht es ihm an, wie unangenehm es ihm ist. "Mein Vater zwang mich damals. Ich hatte keine Wahl. Und Draco. Ja. Draco wurde vor eine Wahl gestellt. Eine unmenschliche Wahl."
Widerwillig nicke ich. Es war eine verständliche Erklärung. Und Lucius sein Vater war wirklich ein Unmensch. Seine Gemälde hat er alle in einen Raum eingeschlossen, in welchen ich als Kind aus Versehen rein ging. Lucius Vater war unerbittlich und eine noch größere Dramaqueen als Snape.
Aber was mich noch mehr beschäftigt ist der Punkt, wo ich hier in Gefahr sein soll. Gut. Meine Eltern sind böse Todesser, die bei der Auslöschung aller Nichtmagischen Menschen helfen. In Gefahr war ich hier aber schon seit meiner Geburt. Was war es, dass mich jetzt noch mehr gefährdet? "Lucius. Weshalb bin ich genau in Gefahr?", frage ich ihn nun und der alte Malfoy seufzt auf.
Er kommt wieder näher zu mir und nimmt mich fest in seine Arme. "Deine Eltern. Sie wollen dich, sobald du volljährig bist, auch zu einer Todesserin machen. Es tut mir so leid. Sie haben dich immer von allem ferngehalten, in der Hoffnung dich zu einer Muggelhasserin zu machen. Ich konnte das aber nicht zulassen, deshalb lehrte ich dich alles, als du ein kleines Kind warst. Und auch deswegen überredete ich deine Eltern, dass du nach Hogwarts kannst.", erklärt er mich vollkommen aufgelöst und meine Tränen laufen unaufhaltsam.
Ich soll dieser dunklen Gruppe beitreten? Ich soll Muggel töten? Ich will das nicht! Ich kann das nicht! "Was ist, wenn ich mich weigere?"
"Das kannst du nicht. Der dunkle Lord würde dich töten. Er erwartet bereits deinen Eintritt seit deiner Geburt.", erläutert Lucius und macht mir meine klitzekleine Hoffnung zunichte. Das heißt ich werde eine der Bösen und vermutlich so oder so sterben. "Werden wir sterben?"
"Möglich...", haucht er leise. "Du kannst dich aber mir und Severus anschließen. Wir spionieren für den Orden des Phönix. So kannst du wenigstens ein wenig gutes verrichten."
"Orden des Phönix?"
Lucius nickt bestätigend und erklärt dann, dass dieser Orden eine Gruppierung von Zauberer und Hexen sind, die sich gegen den dunklen Lord auflehnen. Er sagt, dass sie bevorstehende Anschläge der Todesser weitergeben und der Orden diese dann mit viel Mühe verhindert.
"Und wenn ich das auch mache. Werde ich keine Muggel töten müssen?", frage ich hoffnungsvoll, doch zu meinem Bedauern verneint Lucius dies. "Du wirst Unschuldige töten. Du musst deine Treue vorspielen müssen. Zu deiner eigenen Sicherheit."
"Verstehe...", flüstere ich entmutigt und stehe auf. Ich gehe zu meinem Balkon und schaue durch das Fenster. Das Schneetreiben hat ein ganz neues Ausmaß angenommen. Die Schneedecken wurden immer größer und größer. Egal was ich mache. Ich werde eine Todesserin. Aber ich kann gutes tun und für den Orden spionieren. Ich muss jedoch Muggel töten, um selbst nicht zu sterben. Das ist alles so surreal und doch ist das Tattoo auf Lucius linkem Unterarm Beweis genug.
Ich höre wie sich mir Schritte nähern und im Augenwinkel sehe ich Lucius, der sich neben mich stellt. "Ich werde euch bei der Spionage helfen, Lucius. Ich möchte, dass dieser Terror so schnell wie möglich endet."
Malfoys Arme legen sich um mich und er zieht mich in eine Umarmung. Seine Lippen hauchen mir sanfte Küsse auf meine Stirn. "Es tut mir leid, dass ich dich davor nicht schützen konnte. Severus und ich und auch die Ordensmitglieder werden für dich da sein. Du wirst leben. Und deine Freunde auch.", verspricht er mir. Es ist ein großes Versprechen, an welches wir uns mit unserem Leben hängen. Einen großen Magier wie den Dunklen Lord zu hintergehen bedeutet ein sofortiger Tod.
Ich habe Angst davor. Ich dachte immer, dass ich einfach nur eine Erbin einer Reinblüterfamilie bin. Doch meine Eltern sind skrupellose Mörder und Faschisten. Und ich soll jetzt auch in diesen komischen Kult...
Ich werde keinen Widerstand leisten. Ich werde aber auch nicht untätig rumsitzen und sie frei gewähren lassen. Ich werde die Leute beschützen, die ich liebe. Auch wenn es mich mein Leben kosten wird. Ich fühle mich gerade einfach nur überwältigt, mit Furcht, Angst und unkontrollierter Wut und Hass.
"Wir schaffen das, kleine Wölfin."
"Ja. Gemeinsam..."