Das Herz der Hexen

By MissMRed

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Seit 400 Jahren befindet sich das Herz der Hexen wohlbehütet im Keller eines alten Hauses und das soll auch s... More

2. Wer pflanzt einen Baum im Eingangsbereich?
3. Haben Häuser Bewusstsein?
4. Die weltgrößte Nachtfalter-Sammlung
5. Cause i'd get a thousand hugs from ten thousand... moths?
6. 400 Jahre sind eine lange Zeit, um so wütend zu sein
7. Wenn man Amulette sucht und Schlüssel findet
8. Wenn Telekinese die einzig mögliche Antwort ist
9. 400 Jahre Berufserfahrung
10. Kein Schlüssel passt in jedes Schloss, oder?
11. Livia ist nicht besser als dumme Horrorfilm Charaktere
12. Das ist kein anatomisch korrektes Herz!
13. Schlimmer als organische Chemie
14. Geht gefälligst in eure Gräber zurück!
15. Da sind ein paar Skelette auf der Flucht
16. Laertes ist ein miserabler Superschurke
17. Livia macht schon wieder etwas Impulsives
18. Minh brennt ein historisches Gebäude nieder
Epilog

1. Vielen Dank dafür, Harry Potter!

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By MissMRed

Es herrschte eine Eiseskälte und mit jedem Schritt, den die junge Frau machte, wirbelten kleine Schneeflocken durch die Luft. Verwirrt sah sich Livia um, sie befand sich in einem langen, dunklen Gang. Es gab keine Lichtquelle, dennoch hatte sie keine Probleme zu sehen. Sie hätte sich natürlich fragen können, wieso dem so war, aber dann hätte sie sich auch wundern müssen, woher der Schnee in einer offensichtlich geschlossenen Räumlichkeiten kam.

Obwohl... woher wollte sie wissen, dass es sich um einen geschlossenen Gang handelte? Beide Richtungen des Korridors verliefen ins Schwarze. Livia überlegte kurz, ob das Licht von ihr kam, bevor sie sich der Entscheidung widmete, welche Richtung sie einschlagen sollte und unsicher die ersten Schritte machte. Aber, sie als Lichtquelle würde noch weniger Sinn ergeben und diese Situation konnte nur noch eine bestimmte Menge an Sinn verlieren, bevor sie zu einem abstrakten Konstrukt, ähnlich eines Picasso Bildes, wurde. Livia lief immer noch zögerlich  in ihre gewählte Richtung, der Schnee knirschte dabei unter ihren Turnschuhen.
Sie rieb sich über die Arme, ihre Kleidung half kaum gegen die Kälte und selbst ihr Atem war sichtbar in der kalten Luft. Ein ungutes Gefühl hatte sich in ihrem Brustkorb ausgebreitet und sie warf schnell einen Blick über die Schulter. Aber hinter ihr lag nur still und dunkel der Gang, der sich in keiner Weise von dem vor ihr unterschied.

Er schien endlos zu sein, oder sie bewegte sich nicht von der Stelle. Der Schnee bedeckte nur fein den Boden, dennoch genug, dass ihre Schuhabdrücke hätten sichtbar sein müssen. Aber wann immer sie einen paranoiden Blick zurück warf, war der Schnee unangetastet.

Sie ging weiter, von irgendwo konnte sie ein regelmäßiges Klopfen hören. Nein, kein Klopfen, ein Pochen. Nicht, dass es die ganze Situation weniger unheimlich machen würde. Sie wurde etwas langsamer, alles in ihr zog sich zusammen und sie schauderte. Es klang etwas, wie ein Herzschlag. Für eine Sekunde dachte Livia, es sei ihr eigener Puls, der in ihren Ohren rauschte, aber das Pochen wurde deutlich lauter. Vielleicht war es keine so gute Idee, sich auf so etwas zuzubewegen.

Sie sympathisierte momentan sehr mit Moses, als der von dem Wal verschluckt wurde. Moment! War Moses nicht der, der das Meer geteilt hatte und in der Wüste rumirrte? Wie konnte er dann von einem Wal verschluckt werden? Das musste jemand anderes gewesen sein, aber Livia hatte im Religionsunterricht nie richtig aufgepasst.
Der endlose Gang schien in der Tat ein Ende zu haben, in Form einer mit Metall beschlagenen, alt aussehenden Holztür.
Sie streckte ihre Hand aus, das Pochen war mittlerweile so deutlich zu vernehmen, dass sie das Gefühl hatte, ihren eigenen Herzschlag kaum noch zu spüren. Ihr Brustkorb hob und senkte sich rasch und immer weiter breitete sich das Gefühl von Panik darin aus. Dennoch umfasste sie die eiskalte Klinke und drückte diese runter bevor sie einen leichten Druck darauf gab. Die Tür gab nicht mal ein Ächzen von sich. Livia versuchte es erneut, das Pochen schwoll währenddessen immer weiter an. 

Frustriert ließ sie davon ab und warf einen weiteren hektischen Blick über die Schulter in den Korridor, aber sie war nicht mehr im Gang. Eine solide Mauer war wenige Schritte hinter ihr erschienen und veränderte ihre Umgebung von einem Gang zu einem Raum, mit dem einzigen Ausweg durch die Tür. Ihr Magen zog sich erneut zusammen, sie fühlte sich, als hätte jemand ihr einen Eiszapfen unter das Shirt geschoben.

Es lief ihr kalt den Rücken herunter und sie keuchte auf. Erneut rüttelte sie an der Tür, die nach wie vor keinen Wank machte. Ihre Befürchtungen bestätigte sich, sie war eingesperrt. Das Pochen war mittlerweile unerträglich laut, dass Livia das Gefühl hatte, ihr Trommelfell würde gleich platzen. Sie schüttelte den Kopf und in ihrer Verzweiflung schlug sie gegen die Tür. Panik hatte ihren Körper vollkommen ergriffen. Sie musste da heraus... weg von dem Pochen.

Etwas Dünnes schlang sich plötzlich fest um Livias Handgelenk und riss sie rückwärts von den Füssen.
Sie schrie auf und auf einmal war alles hell.

Es gab keinen dunklen Korridor, keinen Schnee und kein Pochen, selbst die Kälte verzog sich wieder aus ihren Knochen. Auch das Panikgefühl wurde immer kleiner und zurück blieb nur ihr wild pochendes Herz.

Sie holte zitternd Atem, den Mund immer noch zum Schrei verzogen. Die Nachmittagssonne schien golden durch das Plexiglasfenster und alles, was zu hören war, war das Rattern des Zuges und die darin sitzenden Leute. Im Gegensatz zum Pochen wirkte die Umgebung unnatürlich leise.
»Livi? Ist alles in Ordnung?«, fragte Minh. Sie hatte sich vorgebeugt und Livia fürsorglich eine Hand auf ein Knie gelegt. Eine kleine Falte lag zwischen ihren feinen Brauen, während sie ihre Freundin besorgt musterte. 
Livia raffte sich in ihrem Sitz hoch, während sie versuchte, die Realität zu verstehen.
»Hattest du wieder eine deiner Visionen?«, fragte Minh weiter und berührte mit den Fingerspitzen kurz die Wange ihrer Freundin.

Livia griff nach ihrer Flasche auf dem Nebensitz und trank gierig einen großen Schluck, um den ätzenden Geschmack in ihrer Kehle herunterzuspülen.
»Ich finde Visionen ist übertrieben«, meinte sie bitter und trank einen weiteren Schluck. »Es sind Details aus der Zukunft, vermischt mit ganz viel unsinnigem Schrott!« Sie rieb sich über das erhitzte Gesicht. 

Langsam hatte sie die Orientierung zurück. Eine grüne Landschaft raste am Fenster vorbei, eine junge Familie spielte eine Sitzreihe weiter Uno und auf dem kleinen Tischchen stand immer noch die Box Trauben, die sie sich an ihrem letzten Stopp gekauft hatten. Sie erinnerte sich auch, wie Minh mit ihren langen Beinen im Schneidersitz ihr gegenüber gesessen und Musik gehört hatte.
Jetzt hatte sie sich vorgebeugt und sah Livia immer noch besorgt an. »Der Punkt ist, es kommen Elemente vor, die in der Zukunft von Bedeutung sind.«
Livia verdrehte die Augen, Minh nahm das viel zu wichtig. »Das ist eine Huhn-oder-Ei-Frage. Sehe ich es, weil es in der Zukunft vorkommt oder tue ich es, weil ich es gesehen habe?« Sie griff nach einer der Trauben und steckte sie in den Mund. Der süsse Geschmack bereitete sich auf ihrer Zunge aus. »Vielleicht war es nichts weiter als ein Traum«, sprach sie weiter. Sie hatte manchmal sehr seltsame Träume. Aber leider waren ihre Träume und ihre 'Visionen' auf gleicher Ebene seltsam und unrealistisch, dass es inhaltlich manchmal schwer war sie zu unterscheiden. Es waren meistens Träume. Wie zum Beispiel, als sie träumte, mit einem Chor aus frittierten Shrimps in einem leeren Kinosaal Under the Sea zu singen. Bei dem hoffte sie zumindest sehr, dass es sich um einen Traum handelte. Wie sich so etwas in die Realität übertragen lassen würde, wollte sie nicht wissen.

Eine divinatorische Gabe, die mittels Träume zum Ausdruck kam war in ihrer Familie bekannt, leider war die letzte Person mit dieser Gabe Livias Urgrossvater, der rund 15 Jahre vor ihrer Geburt gestorben war. Gerne hätte Livia sich mit ihm über die Interpretation der Visionen und das unheimliche Gefühl, dass die Visionen mit sich brachten ausgetauscht. Visionen waren ebenso selten klar in ihrer Richtung wie sie von Welpen und Regenbogen handelten.

»Dein Handgelenk«, bemerkte Minh. Livia blickte auf ihr Handgelenk, wo etwas in ihrer Vision sie gepackt hatte. Sie wusste nicht, was es gewesen war. Definitiv keine Hand, so hatte es sich nicht angefühlt. Auch der rote Streifen, der an dieser Stelle um ihr Handgelenk sichtbar war, ließ auf etwas anderes deuten. Ein Seil oder eine Schlingpflanze vielleicht.

»In Träumen kann man sich nicht verletzen, außer in Nightmare on Elm street«, fügte Minh mit einem strengen Blick hinzu. Livia zog ihr Ärmel über die Rötung, in einer Vision konnte sie Verletzungen davon tragen, es war wohl der größte Unterschied zwischen Visionen und Träume. Eine andere Differenz war die Angst, fast schon Panik, die sie meistens in ihren Visionen fühlte. Ein wenig, als wüsste sie, dass sie nicht da sein sollte. Als entreiße sie der Zukunft Details. Sie glaubte nicht, das ihre Visionen orakelmässig von einer höheren Macht gesteuert wurden oder es nur eine einzige mögliche Zukunft gab. Meistens bemerkte sie Details aus den Visionen, wie sie sich in den folgenden Monaten bewahrheiten, manchmal kann sie aber auch nichts mit ihrer Vision in Verbindung bringen. Es war mehr als würden Dinge aus dem Präsenz und Details einer möglichen Zukunft zusammengemischt und mit absolut sinnlosen Elementen gewürzt werden und diesen Salat setzte man dann kommentarlos Livia vor.
»Ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Freddy Krüger kommt«, murmelte sie und entlockte Minh somit ein helles Lachen. »Dann musst du dir etwas einfallen lassen, um ihn zu besiegen«, erwiderte diese.

»Ich ziehe ihm eins mit einem Golfschläger meines Vaters über oder mit der riesigen Vase, die wir als Schirmständer missbrauchen«, antwortete Livia belustigt, während eine knisternde Stimme verkündete, dass sie in kürze den Bahnhof erreichen würden.

»Du bist eine Hexe und das Erste, was dir einfällt, ist physische Gewalt? Du weißt nicht einmal, ob du dich an einem Ort befindest, an dem du so was zur Hand hast«, argumentierte Minh dagegen.

»Hey, der Typ bringt Leute in ihren Träumen um. Ich weiss nicht, wie stark Magie dagegen hilft. Ausserdem sollte man sich nie auf nur ein Mittel verlassen«, entgegnete Livia. »Es wäre vermutlich um einiges schneller gegangen, wenn Harry Voldemort einfach erschossen hätte. Die Leute da scheinen gut über hundert Jahre leben zu können. Da hat sicher noch jemand eine Handgranate aus den Weltkriegen, die in der Schlacht von Hogwarts nützlich gewesen wäre. Versuch dich mal mit Protego vor Senfgas zu schützen.«

Minh schüttelte den Kopf, Diskussionen über Harry Potter hatten sich ziemlich stark in ihren Alltag integriert. »Nimm Harry Potter nicht als Beispiel. Harry ist nicht der Intelligenteste, er benutzt gerade mal zwei Zaubersprüche, egal gegen wen er kämpft. Ich weiss nicht einmal, ob er mehr kennt«, meinte sie. »Ausserdem haben dank Harry Potter alle das Gefühl, das männliche Gegenstück einer Hexe ist ein Zauberer, anstelle eines Hexers oder Hexenmeisters.«

»Ja, vielen Dank dafür, Harry Potter«, murmelte Livia. Bei der jungen Familie hinter ihnen, hatte eines der Kinder angefangen lautstark zu weinen und die Eltern versuchten es verzweifelt zu beruhigen. »Glaubst du, man kommt gegen einen Geist mit Magie an?«, fragte Livia und erinnerte sich an einen Film, der bald in den Kinos kam.

»Du kannst Magie verwenden, um das Haus niederzubrennen?«, schlug Minh vor. Obwohl sie Hexen waren, hatten sich Minh und Livia immer möglichst weit von allem Übernatürlichem ferngehalten, was auch etwas Ironisches an sich hatte. Livia hatte schon genug Ärger mit ihren Visionen und Minh hatte ein gutes Urteilsvermögen.

Die Landschaft vor dem Fenster hatte sich zu Wohnhäuser und Strassen geändert und immer mehr Schienen gesellten sich am Boden dazu auf ihrem Weg zum Bahnhof. Minh band sich ihre Schuhe zu und fing an, ihre Sachen zusammenzupacken. »Wir haben nicht viel Zeit«, meinte sie, »wir müssen einen kleinen Umweg machen. Die geplante Haltestelle wird wegen Bauarbeiten nicht bedient. Ich habe die neuen Verbindungen herausgesucht, während du geschlafen hast.«
Livia nickte gähnend und streckte sich noch einmal, aber das letzte bisschen Kälte von der Vision schien sie nicht loszuwerden.

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Bitte achtet nicht auf die Rechtschreibfehler ansonten wünsche ich euch viel spaß beim lesen und gibt bitte Kommentare ab.