Ihm schien es ganz offensichtlich zu Missfallen eine Tour für mich halten zu müssen. Aber das war mir egal. Es war mir egal, dass ich schon seit Jahren jede Ecke von Hogwarts kannte. Ich lief hier Seite an Seite mit einer jüngeren Ausgabe von dem Mörder meiner Eltern und vielen anderen Unschuldigen Menschen die Gänge entlang.
Und auch wenn ich starke Abneigung und Wut ihm gegenüber hegte, musste ich mich anders geben. Schlauer sein. Ich durfte ihm nicht meine wahre Intentionen offenbaren. Langsam begriff ich den Schwierigkeitsgrad hinter dieser Zeitreise. Tom Riddle war clever. Und ich musste cleverer sein.
Doch wie legte man jemanden herein, dessen Leben sich nur daraus zusammensetzte andere zu überlisten? Ich seufzte. Jedes Wort könnte ein Indiz für ihn sein. Jeder Satz den ich mit ihm wechseln würde, würde von Bedeutung sein und die nächsten Jahre beeinflussen - würde das Schicksal vieler Menschen beeinflussen. Was für ein Glück, dass diese Fakten nicht beängstigend waren.
Ich nahm noch einmal einen tiefen Atemzug und überlegte. Er schien nicht die Art von Person zu sein, die Aussehen oder Naivität beeindruckte. Nein. Ein kleines höhnisches Lächeln umspielte meine Lippen. Aber Abraxas schien dies zu beeindrucken. Und wenn sie sich kannten, konnte ich mehr Informationen über den jeweils anderen gewinnen. Jetzt brauchte ich Informationen. "Wow, Hogwarts ist ziemlich groß," kommentierte ich.
Nichts. Ich grinste. "Aber natürlich nichts im Vergleich zu Beauxbaton." Fuhr ich fort, obwohl ich noch nie auch nur einen Fuß in diese Schule gesetzt hatte. Sofort drehte er sich zu mir. Er sagte nichts, sondern blieb stehen und sah mich skeptisch an. "Wieso bist du dann hier?", fragte er kalt und sein kalter Blick jagte mir einen Schauer über den Rücken.
Doch schnell beruhigte ich mich wieder. Noch war er kein Mörder. Noch. "Nun..." Ich entschloss mich dazu mitzuspielen. Spiele zu spielen konnte gefährlich sein und mir war klar, dass keiner von beiden gewinnen konnte. Wenn es jedoch darum geht einen Mörder aufzuhalten- spiele ich.
Ich wusste das ich hiermit sein Interesse wecken würde. "Ich habe niemanden in Frankreich, meine Eltern sind beide kürzlich in einem Unfall umgekommen."
Zufrieden bemerkte ich, dass sein Blick nicht länger skeptisch war. Doch Sympathie lag in seinen Augen ebenfalls nicht. "Und wen hast du hier?", erkundigte er sich, doch er klang nicht interessiert. Seine Tonlage klang, als würde er sich nach dem Wetter erkundigen. Ich wusste das ich weiter reden musste. Sein Interesse wurde zumindest soweit geweckt, dass er nicht länger skeptisch gesinnt war.
Doch auch wenn es eine gute Taktik war, tat es mir weh über meine Eltern zu sprechen. Ich habe sie nie kennengelernt und der Gedanke raubte mir oft den Schlaf. Doch jetzt durfte ich mich nicht länger mit diesen Gedanken aufhalten als sonst. "Ich habe Freunde hier," erklärte ich langsam und meine Gedanken schweiften zu den Weasleys, die mich wie eine zweite Tochter aufgenommen hatten.
Plötzlich musste ich schlucken. Was wenn ich die Mission nie schaffen und damit nie zurückkommen würde? Ich würde meine Freunde und Familie nie wieder sehen. Meine Lippen formten sich zu einer schmalen Linie. Nein, ich würde diese Mission erledigen. Koste es was es wolle. "Wie siehts bei dir aus, Tom?" Wollte ich wissen doch erneut blieb er stehen.
Doch diesmal sah ich Wut in seinen blattgrünen Augen auflammen. Er wirkte plötzlich um einiges größer, als er mit großen Schritten auf mich zu lief. Seinen Kiefer hatte er aufeinandergepresst. "Nenne mich niemals Tom. Du bist nicht in der Position mir Fragen zu stellen. Für dich heißt es Riddle." Er richtete seinen Zauberstab bedrohlich gegen meine Kehle. "Sonst was?", brachte ich heraus.
Ich fühlte mich eigentlich nicht danach die mutige zu spielen. Ich kannte in dieser Zeit niemanden und war auf mich alleine gestellt. Ich vermisste meine Freunde jetzt schon und wollte einfach nur Nachhause. Und wie schon gesagt- dafür würde ich wirklich alles tun. Also reckte ich meinen Kinn vor und sah ihn herausfordernd an. "Stellst du dich absichtlich so dämlich an?," Zischte er.
"Ich könnte dich jetzt verschwinden lassen und absolut niemanden würde es auffallen." Auf seinen Lippen formte sich ein höhnisches Grinsen. Ich schluckte. Würde er mich wirklich umbringen? Hier? Gleich auf einem der Schulkorridore? Nein, dachte ich. Riddle war clever. Es würde ihm nichts nützen und er würde sich lediglich jede Menge Ärger einhandeln. Ich zog eine Braue nach oben.
Ich entschied mich für die Provokation. "Nein. Das würdest du nicht." Sein Grinsen verschwand und sein Zauberstab bohrte sich tiefer in meine Kehle. "Bring mich nicht in Versuchung. Die Tour ist hiermit beendet." Er stieß mir mit seinem Zauberstab in die Kehle und verschwand mit wehenden Umhang vermutlich in Richtung der Slytherin Gemeinschaftsräume.
Ich sah ihm verwirrt nach. Wieso hatte er mich einfach so stehen lassen? Ich hatte anhand seines Blickes gedacht, er würde mich ins jenseits hexen. Naja, ich hatte wohl Recht. Er wollte kein Ärger. Oder- vielleicht keinen Verdacht auf sich lenken... und das würde heißen, dass er etwas plante. Ich kniff nachdenklich meine Augen zusammen. Ich entschied mich dazu, dies später genauer zu analysieren.
Jetzt stande ich vorerst vor einem anderen Problem. Ja, ich kannte jede Ecke von Hogwarts- doch über die Slytherin Gemeinschaftsräume wusste ich bloß, dass diese in den Kerkern lagen. Wo genau, wusste ich nicht. Ich seufzte genervt und versuchte sie selbst ausfindig zu machen, indem ich einfach dem Weg folgte, den Riddle genommen hatte. Ich lief und lief, doch überrascht stellte ich fest das dies nicht der Weg zu Slytherin sein konnte.
Ich sah nur jede Menge Treppen die in die verschiedensten Richtungen führten, Toiletten und leere Klassenzimmer. Wo er wohl hin ist? Ich zuckte mit den Achseln und wollte kehrt machen, als ich mit jemanden zusammen stieß. "Ouch!", rief ich aus und rieb mir meinen Kopf. Von der anderen Person hörte ich nur ein aufkeuchen. Ich sah hoch und erkannte blondes, gewelltes, langes Haar. "Abraxas," atmete ich überrascht auf.
Er schmunzelte. "Du hast dir meinen Namen gemerkt. Ich fühle mich geschmeichelt." Ich konnte nur den Kopf über den Malfoy schütteln. Wie konnten die zwei Malfoys sich so ähnlich sehen und doch so unterschiedlich sein? Der Gedanke brachte mich zum lächeln. "Warum lächelst du so? Nicht das du aufhören sollst, du hast ein schönes Lächeln." Ich verdrehte die Augen.
"Nichts, es ist nur... es ist das zweite Mal das ich heute gegen jemanden gelaufen bin. Ich muss wohl tatsächlich an meiner Tollpatschigkeit arbeiten." Abraxas lachte. "Zweimal? Wen hast du beim ersten Mal umgehauen?" Ich schnaubte. "Slughorns Liebling," Abraxas Augen weiteten sich. "Du bist gegen Tom Riddle gerannt?" Ich nickte und zuckte mit den Achseln. "Jap. Und jetzt habe ich wohl den Prinzen verärgert, weil ich ihn beim Vornamen genannt habe,"
Ich rollte mit den Augen. Der Blonde sah mich wissend an. "Du hattest Angst, oder?" Ich öffnete meinen Mund um ihm zu widersprechen, schloss ihn aber wieder. Hatte ich Angst? Ich erinnerte mich daran wie er mich angesehen hatte. Ich hätte ihm wirklich alles zugetraut. "Ich weiß nicht. Vielleicht. Aber ich kann es nicht leiden wenn sich Menschen so aufführen, als wären sie etwas besseres als andere. Ich musste kontern," log ich.
Ich konnte ihm schließlich nicht sagen, dass ich Informationen brauchte, um ihn davon abzuhalten von einem potentiellen Mörder zu einem tatsächlichen aufzusteigen. Er schüttelte den Kopf. "Y/N, das ist Tom Riddle. Und wenn du die restlichen Hogwartjahre in Sicherheit verbringen möchtest, halte dich bloß fern von ihm. Oder verärgere ihn zumindest nicht. Hast du nicht gesehen, wie die große Halle reagierte, als er hinein kam? Man misstraut ihm."
Ich schnaubte und tat, als würde mich dies nicht interessieren, sodass er mir mehr erzählen würde. Und Abraxas enttäuschte mich nicht. "Und?" Seine grau blauen Augen sahen mich streng an. "Er ist vielleicht ein Einzelgänger, aber er ist Vertrauensschüler, Schulsprecher und Lehrerliebling. Seine Ruf eilt ihm voraus. Doch er selbst ist.. angsteinflößend. Es gibt Gerede Y/N..."
Meine Neugier war geweckt. "Gerede? Was für-" der Malfoy unterbrach mich, indem er seine Hand hob. "Nicht wichtig. Ich habe genug gesagt. Meine Aufgabe war es dich zu warnen." Ich nickte dankend. "Was machst du eigentlich hier?" Wollte er wissen und lenkte dabei gleichzeitig geschickt von der Thematik ab. "Nun, Riddle ist irgendwohin verschwunden nachdem ich ihn verärgert habe. Ich weiß nicht wo der Gemeinschaftsraum ist."
Malfoy lächelte. "Nun, dabei helfe ich gerne aus." Ich dankte ihm. "Und du? Was machst du hier?" Abraxas presste seine Lippen zusammen. "Eigentlich suchte ich nach Slughorns Liebling." Zitierte er mich. Ich öffnete verwundert meinen Mund. "Was? Warum? Nach allem was du mir erzählt hast?" Er nickte und seine Augen bohrten sich in meine Seele. "Weil trotz nach allem was ich dir erzählt habe, Y/N.. ist er jemand mit dem ich ungeklärte Dinge zu besprechen und zu vollenden habe."
Verwirrung machte sich in mir breit. Das alles machte doch keinen Sinn. Also kannten sie sich? Ich war viel zu müde für weitere Informationen. "Unwichtig, ich sehe er ist auch nicht hier. Komm, ich begleite dich zu den Kerkern," bot er an und reichte mir seinen Ellenbogen und so hackte ich mich bei ihm ein.