Queendom of Ash

By Sophie_We

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Vio ist zerrissen. Verloren in einer neuen Welt, verloren in ihrem Hass, versucht sie einen Weg zu finden. Do... More

Einst im Himmelreich
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By Sophie_We

Ich vertiefte mich in meine Studien, fand nach einiger Zeit in dem Schloss eine alte, ziemlich heruntergekommen Bibliothek und fragte mich, wieso die Leute, das Schloss nicht nutzen, sondern im Keller lebten. Es war bis auf mich und Zif vollkommen unbewohnt. Nicht ein einziges Mal ist mir jemand in den Fluren begegnet.

In diesem Schloss herrschte immer eine vollkommene, lautlose Stille, aber heute pfiff der Wind durch jede Ritze und jeden Spalt, den er finden konnte. Kam ein Sturm aus der Wüste?

Inzwischen hatte ich herausgefunden, dass es nicht Staub war, was auf allen Oberflächen bedeckte, jedenfalls nicht nur, sondern meistens eine Mischung aus Staub und Asche, die von draußen hereingeweht war.

Gegen Abend begann der Wind stärker an den Fenstern zu rütteln. Zif war vorhin von Raum zu Raum gewandert und hatte die Fenster kontrolliert. Ich wusste, dass es Abend war, weil unten eine Glocke sechsmal läutete. Zum Frühstück zweimal und zum Mittagessen viermal. Ich hörte sie aber nur, wenn ich irgendwo auf den niedrig gelegenen Fluren unterwegs war.

In der Bibliothek hatte ich schon öfter die Fenster aufgerissen, damit das Licht heller ist und ich besser lesen konnte. Heute wagte ich es aber aufgrund des Winds nicht und begnügte mich mit dem, was durch den gelblichen Film auf dem Fenster drang. Später zündete ich mir eine Kerze an und las eine Abhandlung über Hexen. Alle Bücher, die ich mir rausgesucht haben, waren Abhandlungen, Dokumentationen, Forschungen oder Erfahrungsberichte.

Zif räusperte sich hinter mir. Meine Kerze war bald abgebrannt. Ich schloss das Buch und legte es daneben. Ich wollte es nie wahrhaben, aber seine Anwesenheit war mir willkommen. Wenigstens eine Person, die mit mir redete. Für die ich nicht unsichtbar war, obwohl ich es nicht verdient hatte.

„Heute wird es noch sehr ungemütlich draußen." Er beobachtete eine Aschewolke, die sich zu einem kleinen Strudel formte. „Die Nacht und vielleicht auch den darauffolgenden Tag. Wir sind alle unten, weil es uns dort sicherer erscheint." Ich beobachtete ihn weiter und bevor ich länger darüber nachdenken konnte, deutete ich auf den zerschlissenen Sessel, der meinem Gegenüber stand. Zif war erstaunt, setzte sich aber. Sein Blick wanderte über den Stapel Bücher neben mir. Und dann zu dem Regal hinter mir, wo Romane und fantastische Erzählungen standen. Märchen. Von denen ich mich ganz weit entfernt hielt.

„Die Leute wohnen nicht zum Spaß im Keller des Schlosses. Unser Leben wäre um einiges einfacher, wenn wir das Schloss bewohnen könnten. Oder wenn wir das Schloss verlassen könnten. Aber das ist kein normaler Sturm. Das ist kein normales... kein normaler Ort." Ich dachte an die scharfkantigen Schatten in dem Schlossgraben und vor Allem an den Abgrund, der mich fast eingesogen hätte. Nein, definitiv nicht normal.

„Es ist ein sicherer Ort für uns. Aber auch andere haben diesen verlassenen Ort für sich entdeckt und ihn zu ihrem Zuhause gemacht." Unwillkürlich dachte ich an die goldene Kugel, die oben in dem Turmzimmer lag. „Wesen, die vertrieben wurden. Benutzt, abgeschlachtet, ausgetrickst, ausgerottet, bis sie ausgestorben sind. In allen Reichen und Welten, bis auf dieser hier." In seinen Augen lag ein Funkeln. Er wartete darauf, dass bei mir der Groschen fiel.

In den Höllenkreisen gab es noch allerhand fantastische Wesen und Fabeltiere. Goldene Schuppen blitzen vor mir auf... Ich schloss die Augen, schob den Gedanken von mir. Meine Finger strichen über die Stoffhosen, die ich direkt nach meiner Ankunft bekommen habe. Und dann kam mir ein Gedanke und ich riss die Augen auf. Zif lächelte. Die erste echte Regung, die ich bei ihm wahrnahm. Und plötzlich durchbrach ein ohrenbetäubendes Kreischen die Stille, erschütterte das ganze Schloss.

Automatisch ließ ich mich zu Boden fallen und erkannte, dass Zif es genauso machte. Ich hörte ein Rauschen und dann war es plötzlich dunkel im Raum. Ich blinzelte und vor mir, direkt vor dem Fenster sahen mich Etwas aus zwei riesigen, schmalen gelben Pupillen an. Rauch stieg aus ihren Nüstern. Dampf hüllte sie ein und dann brüllte sie und Feuer schoss in unsere Richtung. Zif und ich stolperten aus dem Raum.

„Wir haben sie Azhdaha getauft." Er klang etwas außer Atem. „Sie ist schon länger hier als wir. Und immer... naja, ziemlich wütend." Ich sah in mit großen Augen an. „Und ja, es gibt noch mehr von der Sorte. Einige, die in unterirdischen Höhlen in der Wüste leben, einige in den weitentfernten Gebirgen oder Gewässern und einige eben in den Lüften um uns herum."

Ich sah zur Treppe. Das Fenster hatte gehalten, anscheinend bestand es definitiv nicht aus normalem Glas. Und der Feuerstoß erklärte auch die gelbliche Färbung und die Asche überall.
„Verstehst du jetzt, warum du mit nach unten kommen sollst?" Es ertönte ein neuer Schrei, höher diesmal, er klang... noch wütender.

Ich nickte, scheuchte ihn Richtung Treppe nach unten und bedeutete ihm, dass ich gleich wieder kommen würde.

Seit ich sie abgelegt hatte, hatte ich auf die Ringe, meinen Dolch und die Uhr keinen Blick mehr geworfen, aber jetzt waren sie alles, woran ich denken konnte. Ich sprintete die Treppen hoch, worin ich inzwischen ziemlich gut war. Ich nahm die Sachen und ließ sie in meine Tasche gleiten, als ich mich gerade wieder abwenden wollte, hörte ich ein Knacken.

Bereit mich wieder auf den Boden zu werfen, drehte ich mich vorsichtig um. Aber mich erwarteten keine Drachen Augen. Die goldene Kugel schien zu vibrieren und ich ging zurück, um sie zu holen. Das schien sie zu befriedigen, denn sie hielt still, strahlte nur noch eine eigentümliche Wärme auf, als ich die Treppen wieder runter lief. Ich war fast unten angekommen, da begann die Kugel sich wieder zu bewegen. Sie wollte eindeutig etwas. Vorsichtig legte ich sie am Boden ab. Damit war sie allerdings nicht einverstanden. Sie begann wieder lauter zu vibrieren und ich hob sie schnell wieder auf.

Ich versuchte erneut den Weg zum Keller einzuschlagen, aber sie drängte mich vehement in die andere Richtung. Ihre Unzufriedenheit war regelrecht spürbar. Ich gab nach, hielt mich von den Fenstern fern, bis ich vor dem Haupttor stand. Sie wollte nicht ernsthaft, dass ich da rausging? Ich musterte die Kugel mit einem Kopfschütteln. Das konnte sie vergessen.

Andrerseits was hatte ich zu verlieren? Die Kugel wurde wärmer. Ich sah den Gang zurück. Hier hielt mich nichts. Ich öffnete die Tür, schloss sie hinter mir wieder und ließ die Zugbrücke hinunter. Sobald ich hervortrat und mich die Mauern nicht mehr schützten, ergriff mich der Wind und warf mich fast um. Die Kugel summte ermutigend und ich stemmte mich Schritt für Schritt weiter. Die Augen fest geschlossen, band ich mir mein Oberteil vors Gesicht. Der Boden unter meinen Füßen veränderte sich, als ich die Zugbrücke verließ und plötzlich war der Wind weg. Er ließ nicht langsam nach. Von einem auf den anderen Moment wehte kein Lüftchen mehr.

„Gib sie uns." Die Stimme dröhnte in meinem Kopf und ich zuckte unwillkürlich zurück. Sie war roh, sie war wild und sie war richtig alt.
„Du dummes unfältiges Wesen erlaubst es dir..."

Ich löste mein Oberteil von meinem Kopf und blinzelte. Blinzelte noch einmal. Da waren Drachen vor mir. Zwei Drachen.

„Wow, das ist eine intelligente ihrer Art. Meinst du, sie wird schmecken, wie die letzte? Oder besser?"

Der Blaue senkte seinen Kopf und seine Nüstern blähten sich. Seine Beine waren höher als ich. Sein Schwanz war mit weißen Dornen besetzt und die Augen blitzen in einem sehr bekannten gelb. Das war der Drache von der Bibliothek. Und er war ziemlich hübsch.

„Die Drachin. Sie ist ziemlich hübsch." Die Drachin schnaufte und ich beobachtete die Rauchwolke, die nach oben stieg. „Die Drachin, die dich gleich fressen wird." Sie schnappte nur Zentimeter vor mir mit ihren rasiermesserscharfen und handgroßen Zähnen zu.

„Nur mit der Ruhe." Mein Blick schnellte zu dem anderen Drachen. Er war rot, größer als die blaue Drachin, die mich weiterhin wie Beute fixierte.

„Warum habe ich dir überhaupt Bescheid gegeben? Ich hätte sie jetzt schon verspeisen können. Endlich mal wieder eine vernünftige Mahlzeit."

Die Pupillen des roten Drachens waren auch gelb, aber nicht ganz so stechend, sondern sanfter. Ich verstand nicht, warum die beiden hier vor mir standen. Wie es sein konnte, dass sie überhaupt existierten.

„Sag ich doch die ganze Zeit. Ich kann es auch nicht fassen." Sie stampfte auf den Boden und ich verlor fast das Gleichgewicht. Gleichzeitig lenkte das meine Aufmerksamkeit auf die fingergroßen, pechschwarzen Krallen. Ein Tod durch sie war sicher unschön.

„Warum bist du rausgekommen?" Der Rote schien die blaue Drachin zu ignorieren.
„Ja, warum? Wo es doch in eurem schönen Schlösschen so gemütlich ist."

„Ich weiß es nicht", platzte ich heraus. Innerlich knallte ich mir eine vor die Stirn. Seit Ewigkeiten kein Wort gesprochen und dann sowas dämliches? Ich seufzte, dann holte ich die Kugel unter meinem Oberteil hervor. „Sagt euch, das hier etwas?"

Die Stille, die eintrat, war unheimlich. Ich sah runter auf die Kugel, die heller glänzte und spürte ihre Wärme. Ich hatte versucht es zu unterdrücken, doch mit jedem weiteren Moment, der in dieser angespannten Stille verging, vervielfachte sich meine Angst. Es gab nichts, wovor ich Angst haben musste. Es gab nichts, wofür ich am Leben bleiben musste. Ich wiederholte diese Sätze immer wieder.

„Woher hast du das?" Die Stimme des roten Drachens klang unheilvoll. Anders, als vorher. Bedrohlicher. Meine Gedanken kehrten zurück zu dem Sandsturm, dem ich erlag und zu dem Moment, wo ich das goldene Funkeln sah.

„Wer bist du?" Er senkte seinen Kopf, bis er direkt vor mir schwebte. Ein warmes, sehr vertrautes Pulsieren raste durch meinen Körper, sammelte sich in meinen Fingerspitzen. Und erst in diesem Moment erkannte ich, dass ich gerade Magie anwendete beziehungsweise diese Kugel mir Magie absog. Ich verstärkte den Magiefluss noch, drehte mich zum Schloss um und schüttelte dann den Kopf. „Ich bin niemand."

„Was macht sie da?" Die Stimme der blauen Drachin kam von weit weg.
„Das werden wir herausfinden."

Wohl kaum, dachte ich bei mir, während ich die Dunkelheit willkommen hieß, die sich besitzergreifend um mich schlang. Wie meine Knie auf dem Boden aufschlugen, merkte ich schon nicht mehr. Ich hörte nur ein Knacken und dann das ohrenbetäubende Gebrüll von zwei Drachen. Nicht die schlechteste Art zu sterben. Der Zirkel hatte einen merkwürdigen Humor.

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