Hey, ist nicht so lang wie sonst und das Ende könnte ein biiiiischen fies sein, aber ich hoffe ihr freut euch trotzdem! An dieser Stelle möchte ich kurz danken, dass ihr Helena's und Nathan's Geschichte lest, das freut mich einfach unheimlich!! VOTET & KOMMENTIERT und lasst eure Meinung da:-)
Kapitel Vierzehn
Es war montags nicht einfach Helena zu Hause zu lassen um in die Uni zu gehen. Lilly und Benjamin waren in der Schule, Mama und Papa auf der Arbeit. Sie hatte das Haus für sich, trotzdem war es mir nicht wohl sie alleine zu lassen. Zwei Tage hatten wir fast ununterbrochen gemeinsam verbracht – sie jetzt plötzlich nicht mehr um mich herum zu haben, nicht zu wissen, ob sich etwas in meiner Abwesenheit veränderte, ob sie vielleicht wieder stumm werden würde. Das machte mich zugegeben unruhig.
Doreen und Thomas waren wieder nach Hause gekommen und hatten sich natürlich sofort um den Brand und seine Folgen gekümmert. Benjamins Zimmer war komplett zerstört, der Rest des Hauses nur bedingt in Mitleidenschaft gezogen. Bis alles renoviert war, würden die vier im Hotel unternommen. Heute Abend wollte Thomas Helena und Benjamin abholen. Der Gedanke daran, Helena in ein Hotel zu bringen gefiel mir nicht, die Umgebung und die vielen Menschen dort waren ihr vollkommen fremd, während sie sich bei mir zu Hause mittlerweile so gut es eben ging eingelebt hatte. Ich würde Doreen fragen, ob sie nicht doch besser bei mir bleiben würde, bis sie wieder nach Hause konnte.
„Ich finde" begann Tyron und nahm einen Schluck Cola, „wir sollten endlich mal wieder was Geiles abziehen. Das letzte Mal, dass wir was von unserer Liste abgehackt haben ist viel zu lange her."
„Was für eine Liste?" fragte Amy neugierig, bevor sie Tyron die Cola aus der Hand schnappte um selbst einen Schluck daraus zu trinken. Tyron verdrehte die Augen, zog sie aber trotzdem auf seinen Schoß und drückte ihr einen Kuss auf den Kopf.
„Nate und Ty haben irgendeine komische Ich-bin-lebensmüde-Liste." Antwortete Robyn, ebenfalls die Augen verdrehend. „Das letzte Mal sind sie in Boston von einer fünfzehn Meter hohen Klippe ins Meer gesprungen."
„Es waren neunzehn!" verbesserte Tyron empört.
„War echt cool." Murmelte ich, nicht ganz bei der Sache. „Sollten wir mal wieder machen."
Tyron verengte skeptisch die Augenbrauen, wie er meinen abwesenden Tonfall bemerkte, sagte aber nichts. „Ich glaube der nächste Punkt war mit Delphinen schwimmen."
„Was?" rief Amy begeistert. „Hey, da will ich auch mit machen!"
„Sorry, Babe." Grinste Tyson. „Bro Time."
Sie verschränkte schmollend die Arme vor der Brust. „Das ist gemein."
„Ja, finde ich auch." Bemerkte Robyn und nickte Amy zustimmend zu. „Ich wollte auch schon immer mit Delphinen schwimmen! Bei jeder Delphinshow im Zoo als kleines Kind habe ich mir das gewünscht."
„Wirklich? Ich auch!" Die Mädchen verfielen in ein hitziges Gespräch über Zoos und Delphinshows, während Tyron mir auffordernd zunickte und Richtung Central Park deutete. Zustimmend nickte ich, bevor wir die Mädchen alleine ließen und gemeinsam Richtung Park liefen.
„Na, erzähl schon." Forderte er mich auf, sobald wir alleine waren und über die Kieswege im Park spazierten.
„Sie hat geredet." Erwiderte ich.
„Wirklich?" Tyron blieb überrascht stehen und grinste breit. „Das ist doch super! Was hat sie gesagt? Lass dir doch nicht alles einzeln aus der Nase ziehen! Auf den Tag hast du doch schon ewig gewartet!"
„Ja, habe ich." Ich schob meine Hände Schultern zuckend in die Hosentaschen. Er hatte ja Recht, ich wusste selbst nicht, wieso ich so schlecht drauf war.
„Na also, dann sag doch!" rief er ungeduldig.
„Es hat gebrannt. Ben und ich waren Halloween feiern, Helena wollte nicht mit. Als wir nach Hause kamen, hat es gebrannt. Ihr ist nichts passiert, sie war mit den Pferden am Strand, aber ich hatte eine Heidenangst um sie, Ty. So was hab ich noch nie erlebt, ich wäre fast durchgedreht." Ich hörte auf irgendwelche Steine in irgendwelche Richtungen zu kicken und blickte auf, um gedankenverloren über die grünen Rasenflächen zu blicken. „Danach sind wir zu mir nach Hause gelaufen, sie wollte nicht mit dem Taxi fahren. Irgendwie ... ich weiß nicht, sie hat sich die Schuld dafür gegeben, dass ich ins brennende Haus wegen ihr gerannt bin. Das hat sie mir gesagt, dass es ihre Schuld wäre, nicht meine. Und ich-" Ich brach ab und fuhr mir Schultern zuckend mit der Hand durchs Haar, „na ja, habe ihr das ausgeredet. Später hatte sie einen Albtraum, ich hab's mitbekommen. Scheiße" ich schüttelte den Kopf, die Erinnerung ließ mich eiskalt schaudern, „das will ich nie wieder erleben, Ty. Sie hatte solche ... Angst, das ist nicht normal. Aber das dumme daran ist, dass sie zuerst vor mir schreckliche Angst hatte. Ich konnte sie beruhigen und umarmen und – aber das Gefühl ist immer noch da, schätze ich."
Tyron schwieg kurz, bevor er antwortete. „Das nimmt dich immer noch mit, huh? Deshalb bist du so komisch drauf."
„Hast du schon mal ein Paar Augen gesehen, das so weit aufgerissen ist, dass nichts als Panik und Angst in ihnen steht? Und die dich ansehen, als wärst du ein Monster?" Meine Stimme brach, obwohl ich überhaupt nicht vorhatte diesem tauben enttäuschenden Gefühl wieder den Vortritt zu lassen.
„Vielleicht ist das eine Nummer zu groß." Sagte er leise.
Ich blinzelte, trat von einem Fuß auf den anderen. „Daran habe ich auch schon gedacht."
„Aber?" herausfordernd sah er mich an.
„Wenn ich es nicht schaffe, wer dann? Ich bin der einzige, dem sie ansatzweise vertraut, Ty. Habe ich da nicht sowas wie eine Verantwortung?"
„Aber nicht, wenn's dich fertig macht." Widersprach er mir.
„Es macht mich ja nicht ... fertig." Stritt ich ab. „Nachdenklich vielleicht. Ich liebe sie. Aber obwohl sie jetzt redet, habe ich nicht wirklich das Gefühl, dass wir einen Fortschritt gemacht haben. Stattdessen ... tauchen immer mehr Hindernisse auf, die unüberwindbar erscheinen und dich ich vorher gar nicht gesehen oder wahrgenommen habe. Sie hat mir gesagt, dass sie nicht für immer reden wird, dass es wieder ein Tief geben wird."
„Und du hast keine Ahnung wie du das nervlich überstehen wirst."
„Ja!" rief ich und raufte mir die Haare. „Ja, verdammt. Scheiße, Ty, was soll ich denn machen? Ich versuche doch verdammt nochmal alles! Wieso – wieso bringt denn alles nichts, wenn sie sowieso wieder zurückfällt und ich sie nicht auffangen kann?"
„Ich schätze" Tyron grinste schwach, „das ist das, was die Liebe macht. Sie zerstört uns. Vielleicht fühlt es sich gut an, vielleicht ist es schön jemanden zu haben, der checkt zu welchem Beat unser Herz schlägt und vielleicht ist es auch wichtig für uns Menschen jemanden zu lieben und geliebt zu werden. Aber eigentlich macht es uns kaputt, denn wenn es dem einen scheiße geht, dann geht es auch dem anderen scheiße. Wenn der eine traurig ist, dann macht es den anderen fertig. Wenn dem einen etwas wehtut, dann tut auch dem anderen etwas weh. Schätze, das ist das Kleingedruckte in der Liebe."
Ich lachte humorlos. „Wirst du poetisch, Ty?"
„Ne, Amy liebt nur diese scheiß kitschigen Liebesfilme. Wahrscheinlich färbt Prinz Charming auf mich ab."
„Weißt du was?" Ich biss mir auf die Lippe. „Ich habe Schiss, wenn ich nachher nach Hause komme, dass irgendwas sich verändert hat, negativ."
„Wieso?" fragte Tyron irritiert. „Du bist doch nur ein paar Stunden weg."
„Ja, und das letzte Mal, als ich ein paar Stunden weg war, hat das Haus gebrannt und ich konnte Helena nicht finden." Antwortete ich trocken. „Was, wenn sie plötzlich eine Panik Attacke hatte, wegen der fremden Umgebung und keiner war da um sie zu beruhigen? Was wenn-"
„Verdammt, hör doch auf, Nate!" rief er genervt. „Du bist ja total paranoid! Was und Wenn sind zwei völlig harmlose Wörter! Hör auf sie miteinander zu kombinieren, das macht dich nur noch mehr fertig!" Auch er fuhr sich gestresst mit der Hand durchs Haar und atmete einmal tief durch. „Komm doch mal runter, bevor ich dich in die Klapse stecken muss."
„Oh, das war super, Ty, richtig super." Knurrte ich.
„Mensch, ich will doch nur, dass du ein bisschen Abstand bekommst! Das ist zu viel!" Er schaute mich eine Weile an, dann seufzte er tief. „Lass uns das Wochenende wegfahren, an unserer Liste arbeiten, Motorradrennen machen. Einfach mal auf andere Gedanke kommen, Nate." Ich schwieg, meine Muskeln angespannt. Ich wollte nicht wegfahren, sie nicht alleine lassen. Tyron wusste das genauso gut wie ich. Er kam einen Schritt auf mich zu. „Ich meine, es bringt Helena doch auch nichts, wenn du die Nerven verlierst und selbst kaputt gehst."
Kurz schloss ich die Augen, ließ seine Worte sacken. Dann nickte ich. „Du hast Recht."
„Klar hab ich Recht!" lachte er, ein Ton, der seine Erleichterung nicht verbergen konnte. „Lass uns mit den Mädchen dieses Delphinschwimmen machen."
„Willst du mich wieder mit Robyn verkuppeln?" zweifelnd sah ich ihn an.
Tyron grinste. „Der Zug ist abgefahren, Nate. Und Robyn weiß das auch." Er schlug mir aufmunternd auf den Rücken. „Und jetzt komm, du Pflegefall. Der Unterricht geht weiter."
„Helena?" rief ich, sobald hinter mir die Haustür ins Schloss fiel.
„Ist im Wintergarten." Brummte Lilly, die im Wohnzimmer an ihrem Handy saß.
„Okay." Ich kickte mir die Schuhe von den Füßen, schmiss den Rucksack in die Ecke und schälte mich aus meiner Jacke.
„Die ist schon komisch, das weißt du." Bemerkte meine Schwester von der Couch aus.
„Sie hat viel durchgemacht, Winzling. Aber es heißt noch lange nicht, dass sie komisch ist, nur weil sie nicht mit dir reden will." Entgegnete ich.
„Ihr Blick macht mir Angst." Sie ließ das Handy sinken und guckte mich mit aufgerissenen Augen an. „So, wie ein Zombie."
„Lilly, hör auf!" rief ich wütend. „Darüber macht man keine Witze! Hast du schon mal vor etwas richtig Angst gehabt?"
„Die Spinne heute Morgen im Bad war echt eklig-"
„Ach wirklich?" unterbrach ich sie genervt. „Tja, dann stell dir mal vor anstelle eines Weberknechtes würde eine Vogelspinne an der Decke sitzen. Vielleicht bekommst du dann einen klitzekleinen Hauch von der Angst mit, die Helena hat."
„Das ist nicht witzig!" zischte Lilly sauer.
„Nein, ist es nicht." Antwortete ich ernst. „Und deshalb solltest du nicht so über sie reden."
„Du bist ja auch komplett verrückt!" rief sie. „Vielleicht solltet ihr euch ein Bett in der Klapse teilen!"
Mir hing Wort wörtlich der Mund auf, mindestens bis zum Fußboden. „Lilly-" Aber da war sie schon die Treppe nach oben in ihr Zimmer gestürmt. Ungläubig atmete ich erst einmal durch, versuchte die Wut auf sie wegzusperren und mir einzureden, dass hormongesteuerte sechzehnjährige keine Ahnung hatten, was Angst bedeutete, richtige Angst. Dann lief ich in den Wintergarten und fand Helena sofort, die mit einer Gießkanne in der Hand die etwas vertrockneten Sonnenblumen goss. Spätestens da war meine Wut verschwunden und ich lehnte mich lächelnd gegen den Türrahmen. „Hey."
Sie richtete sich überrascht auf und lächelte ebenfalls. „Hey." Dann deutete sie auf die Sonnenblumen. „Die haben etwas den Kopf hängen gelassen. Ich dachte, ich gieße sie."
„Ich schätze meine Mutter hat im Moment nicht so viel Zeit für ihren Garten."
Sie nickte, bevor sie die Gießkanne zurück auf ihren Platz stellte und zu mir gelaufen kam. Auf halbem Weg blieb sie unsicher stehen und biss sich auf die Lippe. Fragend hob ich eine Augenbraue. „Ich ... hab dich vermisst." Murmelte sie zögernd.
Mein Lächeln vertiefte sich. Ich stieß mich vom Türrahmen ab und schloss den Platz zwischen uns um sie in meine Arme zu ziehen. „Ich dich auch. Ist alles in Ordnung?"
„Mhm." Seufzte sie und schmiegte sich an meine Brust. „Ich hab eins von deinen Büchern gelesen. Ich hoffe das war okay."
„Klar. Welches hast du denn gelesen?"
„Der Club der toten Dichter." Antwortete sie sanft. „Ich hab's noch nicht fertig, aber es ist wunderschön."
„Ja." Ich nickte. „Ich weiß. Ist eins meiner Lieblingsbücher."
„Weißt du" begann sie, wurde allerdings von Lillys Stimme unterbrochen, die gerade telefonierend am Wintergarten vorbei lief.
„Sei froh! Ich muss neustens live mitbekommen, wie mein Bruder mit einer Psychotante Speichel austauscht. Ganz ehrlich? Da wäre mir Robyn, dieses nervige Tänzer Mädchen um Welten lieber gewesen!" Sie sagte das so laut und theatralisch, dass ich wusste, sie wollte uns hören lassen, was sie ihrer Freundin am Telefon gerade erzählte.
Ich spürte sofort, wie sich Helena in meinen Armen versteifte. Zuerst dachte ich, dass sie von dem betroffen war, was meine Schwester über sie so abfällig gesagt hatte, aber dann murmelte sie: „Robyn." Ruckartig löste sie sich plötzlich von mir und starrte mich mit Tränen in den Augen an. „Robyn, Nathan? Robyn?"
„Helena, ich-"
„Du kennst Robyn? Meine Robyn?" fragte sie drängend mit bebender Stimme.
„Ja, aber warte, lass mich erklären-"
„Erklären?" Sie schnappte nach Luft. „Robyn ist deine Freundin? Und du tust ihr einen Gefallen, indem du-"
„Nein!" unterbrach ich sie panisch und trat einen Schritt auf sie zu, die Arme ausgestreckt. Sie wich zurück. „Helena nein, so ist es nicht-"
„Ich hab dir vertraut!" rief sie, während die ersten Tränen über ihre Wangen rannen.
„Helena, bitte-"
„Nein!" Sie schluchzte. „Nein! Du – du hast mir etwas vorgespielt. Mich in den Arm genommen, wenn es hätte Robyn sein sollen, meine beste Freundin! Ich will dich nie wieder sehen!"
„Helena!"
Aber da war sie schon aus dem Wintergarten gerannt.