"Der Junge ohne Führerschein und seine Begleitung!"
Seufzend folgte ich Derek und trat mit ihm in einen großen Raum, in dem ein Mann mit Schnurrbart und Falten auf der Stirn an einem geräumigen Schreibtisch saß.
Vor ihm standen schon zwei Stühle, so als hätte er uns erwartet.
Fast ein wenig unheimlich.
Ich setzte mich und Derek tat es mir gleich.
Nervös kaute er auf seiner Unterlippe herum und fuhr sich durch das Haar.
"So so. Das übliche: ein Junge mit Badboy Aussehen und mit Mädchen fährt Auto.
Eigentlich nichts besonderes bis auf den Fakt, dass ihr es gesetzlich nicht dürft!!!"
Er hob seine Stimme und sah Derek herausfordernd an.
"Was interessiert Sie es denn bitte, was ich mache? Es ist ja nicht ihr Problem!"
Der Polizist starrte Derek ungläubig an.
Toll, Derek. Ja, mach die Situation noch schlimmer, nur zu.
Genervt sah ich ihn an.
"Junger Mann, jetzt hören Sie mir mal genau zu! Wenn sie einen Unfall haben, weil Sie keinen Führerschein hatten, bekomme ich Stress mit Ihren Eltern. Ich hoffe, dass ist Ihnen klar!"
Derek verdrehte die Augen und seine Mundwinkel zuckten ein wenig.
"Sie machen sich über mich lustig, ja? Das ist nicht mehr witzig, Freundchen! Ich werde jetzt umgehend Ihre Eltern infomieren. Mal gucken was sie davon halten."
Dereks Gesicht bekam für ein paar Minuten einen panischen Ausdruck, dann kehrte urplötzlich ein lässiges Grinsen zurück.
"Sie kennen die Nummer nicht."
Der Polizist schmunzelte.
"Sie werden nicht glauben, was ich alles weiß..."
Er griff kurzerhand zum Telefonhörer.
"Nein, bitte rufen Sie nicht an! Es tut Derek sehr leid Sie beleidigt zu haben und ohne Führerschein Auto gefahren zu haben und er wird es ganz sicher nie wieder tun!"
Ich musste ja mal irgendetwas sagen, wenn Derek seinen Mund nur aufbekam, um mit dem Polizisten zu streiten.
Derek starrte mich an und auch der Polizist hob seinen Blick und sah mich an.
"Es ist wirklich sehr lieb, dass du das sagst, aber falls dem so seien sollte, würde ich das gerne aus Dereks Mund hören, wenn du nichts dagegen hast."
Ich verschränkte die Arme und sah Derek abwartend an.
Ein paar Minuten schien er mit sich zu kämpfen, dann gab er sich geschlagen und sagte: "Ja, es tut mir leid sie beleidigt zu haben und ich werde es ganz sicher nie wieder tun. Auch das mit dem Auto fahren war ein riesiger Fehler und wird mir nie mehr passieren."
Ich konnte beinah sehen wie im ein 'Zufrieden?!' auf den Lippen lag, doch er riss sich glücklicherweise zusammen.
"Sehr schön, dass du es endlich einsiehst." Der Polizist lächelte und beugte sich vor.
"Da du es eingesehen hast, denke ich nicht, dass es nötig ist, deine Eltern zu informieren. Du hast deine Lektion gelernt.
Aber ich kann euch Beide auf keinen Fall alleine mit dem roten Cabrio zurück fahren lassen.
Ihr werdet von einem meiner Kollegen gebracht."
Ich stöhnte.
Na toll, Mom würde sowas von fuchsteufelswild sein.
Aber wenn man bedachte, dass ich das Auto nicht gefahren hatte, sondern Derek, sah es um ihn um einiges schlechter aus.
Ich hatte eine Idee.
Wir wurden von dem Polizisten aus dem Raum rausbegleitet und auch aus dem Revier.
Draußen auf dem Parkplatz stand das rote Cabrio - man konnte es nicht übersehen.
Eine junge Frau (Anfang Zwanzig) stand davor und als wir bei ihr ankamen, streckte sie die Hand nach den Schlüsseln aus.
Seufzend gab Derek sie her und wir setzten uns nach hinten zusammen.
Derek sagte ihr die Adresse und sie fuhr los.
Irgendwie war das heute alles ein wenig zu viel gewesen.
Erschöpft lehnte ich meinen Kopf an Dereks Schulter.
Er strich mir übers Haar.
Gerade als ich bemerkte, was ich gerade getan hatte, döste ich leicht weg.
Da ich nur leicht weg wegdöste, nahm ich das Gespräch zwischen ihm und der Polizisten wahr.
Derek strich immer noch über meine Haare.
"Ist sie deine Freundin?"
"Nein, meine Stiefschwester."
"Seid ihr gleich alt?"
"Sehe ich so jung aus oder sie so alt?"
"Das heißt wohl, sie ist jünger.
Eine Stiefschwester und dazu noch jünger, keine gute Idee, mein Junge. So etwas endet nie gut."
"Ich habe nie gesagt, dass ich sie liebe, oder?"
"Jetzt noch nicht, aber bald. Du bist dabei, dich zu verlieben."
Ein paar Minuten schwieg Derek, dann fragte er gereizt: "Was wissen Sie denn schon?"
Daraufhin sagte auch sie nichts mehr und sie schwiegen für eine lange Weile.
Bis ich meinen Kopf von Dereks Schulter hob und die Augen betont langsam öffnete und mich streckte.
"Wie lange brauchen Sie noch?" fragte ich so freundlich wie ich konnte, aber Ungeduld schwang in meiner Stimme mit.
"Nicht mehr lange. Bald sind Sie da. Falls Sie erlauben, hätte ich dann gern auch noch ein kleines Gespräch mit Ihren Eltern, nur um aufzuklären, warum sie so lange gebraucht haben."
Derek wurde leichenblass und ich schluckte.
"Aber-" setzte ich hoffnungsvoll an, dich sie unterbrach mich mit einem:
"Anweisung ist Anweisung."
Wir stiegen (leider) zusammen mit der Polizistin aus, die schon voreilte, um sich unseren Eltern vorzustellen.
"Tut mir leid, Derek!"
Er seufzte.
"Es ist nicht deine Schuld."
Wir Beide standen im Flurr und warteten, dass die Polizistin endlich aus der Küche verschwand und uns mit unseren Eltern allein ließ.
Endlich ging sie.
Nachdem sie gegangen war, sprachen unsere Eltern noch kurz und traten dann in den Flurr.
Derek senkte den Blick.
Simon schüttelte den Kopf.
"Derek, ich glaube es gerade echt nicht! Du hast-"
"Moment!" unterbrach ich ihn. Er sah mich irritiert an und von meiner Mutter bekam ich einen taddelnden Blick.
"Bevor ihr irgendwelche Vorurteile gegenüber Derek habt, hört mir erstmal zu.
Ich habe Derek dazu angestachelt, ihm gesagt, dass er sonst uncool ist und irgendwann hat ihn das so genervt, dass er es gemacht hat.
Verurteilt also nicht Derek sondern mich, weil es eigentlich meine Schuld ist."
Alle drei starrten mich an.
Natürlich war mir klar, dass ich gerade für Derek gelogen hatte, doch auch er hatte mir schon mal aus der Klemme geholfen und jetzt würde ich ihn ganz sicher nicht im Stich lassen.
"So war es und es tut mir leid."
Meine Mutter funkelte mich an.
"Auf dein Zimmer, Liv!"
Ich lief hoch und warf mich auf mein Bett.
Etwas später kam auch Derek hoch und legte sich auf sein Bett.
Ich stand auf, denn ich wollte duschen gehen.
Doch Derek hielt mich auf.
Kurz vor der Tür hielt ich an, da er lässig im Türrahmen lehnte.
"Darf ich dur-"
Er beugte sich vor so, dass wir uns jetzt ganz nah waren.
Mein Atem stockte.
Ich konnte meinen Blick nicht von seinen Augen abwenden.
"Sag mir eins, Liv; warum hast du das gemacht? Warum hast du für mich gelogen?"
Unser Atem vermischte sich schon fast, so nah waren wir uns.
Er roch gut und seine Stimme war echt wahnsinnig... gut.
"Du hast mir auch schon mal geholfen. Außerdem sind wir Stiefgeschwister. Wir sollten füreinander da sein und uns nicht nur die ganze Zeit streiten."
Er lächelte und es bildeten sich zwei niedliche Grübchen.
"Ja, du hast recht.
Danke."
Er ließ mich durch und ich konnte die ganze Zeit - sogar in der Dusche - nur an sein Lächeln denken.
Vielleicht, ja nur ganz vielleicht, war er ja doch nicht so schlimm, wie ich zuerst gedacht hatte.
Das neue Kapitel ist draußen. Ich hoffe, es gefällt euch :)
Natürlich ist auch Kritik erwünscht :)
LG