Kapitel fünf
Ich bin verwirrt, als ich aufwache. Das ist nicht mein Bett und auch nicht meine gewohnte Umgebung und ich brauche einen Augenblick, ehe ich aufwache. Es wird draußen gerade erst hell.
Wie lange habe ich geschlafen?
Ich sehe mich um und stelle fest, dass ich bei Magnus bin.
Ich schaue auf die Uhr und bin verwundert. Ich muss mehrere Stunden geschlafen haben und das auch noch ohne Albträume. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so ruhig geschlafen habe.
Da das Training mit Max bald beginnt, beeile ich mich, mich fertig zu machen, was bedeutet, meine Schuhe wieder anzuziehen, die Magnus mir wohl ausgezogen hat und begebe mich einfach nach draußen.
Erst als ich beinah im Institut ankomme, schreibe ich Magnus eine kurze Nachricht.
„Ich musste raus, weil ich Max versprochen habe, mit ihm zu trainieren. Sehen wir uns später?"
Ich erhalte noch keine Antwort, aber das wundert mich nicht. Ich nehme an, dass er noch schläft.
Ich ziehe mich in meinem Zimmer schnell um und treffe auf Max in der Trainingshalle.
Wie immer trainiere auch ich noch weiter, wenn wir fertig sind. Gehe dann duschen und mache mich nachdem Max zu Mittag gegessen hat fertig, um raus zu gehen.
Er wartet bereits in der Eingangshalle auf mich.
Ohne ein weiteres Wort verlassen wir gemeinsam das Institut.
Er möchte sich gerne noch ein Manga holen und ich begleite ihn gerne, da sonst niemand anderes Zeit zu haben scheint, etwas mit ihm zu unternehmen.
Nachdem wir uns gemeinsam auf den Weg in ein Café machen, klingelt mein Handy. Max und ich haben uns unterwegs unterhalten, aber ich habe eigentlich ihn reden lassen. Er ist so begeistert von diesen Mangas und ich freue mich, dass mein kleiner Bruder glücklich ist.
Ich sehe, dass es Magnus ist und nehme ab, während ich Max Hand ergreife, damit er nicht weg läuft. „Ja?"
„Was machst du? Du hast meine Nachricht nicht beantwortet."
„Ich habe sie überhaupt nicht gesehen," gestehe ich. „Ich bin mit Max unterwegs."
„O. Ein schöner Tag zu zweit nehme ich an. Dann will ich nicht stören."
„Nein. Tust du nicht. Möchtest du vielleicht dazukommen?" Ich weiß nicht, woher das kam, aber ehe ich überhaupt denken kann, haben die Worte meinen Mund verlassen.
Es ist einen Augenblick still und ich mache mir Sorgen, ob ich etwas falsches gesagt habe.
„Natürlich nur, wenn du Lust hast." füge ich hinzu.
„Bist du sicher? Ich meine, dass du deinem Bruder von mir erzählen möchtest?"
„Ja. Kommst du?"
Nachdem er zustimmt und ich ihm sage, wohin wir gehen, legen wir auf.
„Wer war das?" möchte Max wissen.
„Ich würde gerne mit dir über etwas sprechen, Max, aber lass uns das drinnen machen."
Nachdem er und ich die Eisdiele betreten und wir uns gemeinsam in eine etwas abgelegenere Ecke setzen, bestellen wir beide und Max sieht mich Erwartungsvoll an.
„Weißt du, da gibt es jemanden, den ich treffe."
„Du hast eine Freundin?"
Ich überlege, wie ich das sagen soll. Wie ich ihm erklären soll, wie ich empfinde. Wie ich bin. „Nein. Keine Freundin. Einen Freund."
Max runzelt die Stirn kurz, nickt aber dann. „Also ein Mann?"
„Ja. Aber da ist noch mehr." ich kaue auf meiner Unterlippe herum und seufze. „Er ist ein Hexenmeister."
„Du bist mit einem Hexenmeister zusammen?" fragt Max aufgeregt.„Kann er wirklich zaubern?"
Ich lache leicht und nicke. „Ja. Das kann er. Er kommt gleich und ich möchte, dass du ihn kennenlernst."
„Cool. Wissen Jace und Izzy das auch?"
„Ich weiß nicht," gestehe ich. „Ich denke, sie haben es von selbst herausgefunden, aber du bist der erste, dem ich das wirklich sage."
„Wirklich? Aber niemand erzählt mir etwas als erstes."
„Ich tue das." gebe ich ihm zu verstehen und lächle. „Immerhin bist du mein Lieblingsbruder, aber das darfst du niemandem verraten."
Er sieht ganz begeistert aus.
„Erzähl bitte auch Mom und Dad nichts davon. Ich möchte nicht, dass sie es herausfinden. Sie wären nicht zufrieden damit."
„Weil er ein Hexenmeister ist?" fragt Max.
„Und weil er ein Mann ist." nicke ich.
„Ok. Dann sage ich nichts. Die hören sowieso nicht zu, wenn ich rede." lacht er und klingt so ausgelassen. „Du bist auch mein Lieblingsbruder, Alec."
Ich lächle. „Danke. Das bedeutet mir wirklich viel."
Er nickt. „Du bist der einzige, der sich überhaupt Zeit mit mir nimmt. Du trainierst mich, du hörst mir zu, wenn ich dir von meinen Mangas erzähle und außer dir und Clary geht niemand mit mir raus."
„Ich mache das gerne. Ich verbringe wirklich gerne Zeit mit dir."
Er nickt und in dem Moment, betritt Magnus die Eisdiele und kommt auf uns zugelaufen und setzte sich neben mich.
„Ich dachte, du hättest einen kleinen Bruder, aber das ist ja schon ein halber Mann." grinst Magnus mich an und reicht Max die Hand. „Ich bin Magnus und du musst dann Max sein."
Er nickt. „Du Glitzerst." stellt er fest.
Magnus lacht leicht. „Ja. Das tue ich oft. Ich liebe Glitter. Damit sieht alles viel schöner aus."
„Das sieht wirklich cool aus." gesteht Max. „Du bist also Alecs Freund."
Magnus grinst, nickt und sieht mich dann an. „Hätte nicht gedacht, dass du es ihm sagst. Du hast es nicht einmal Izzy und Jace gesagt."
„Max kann Geheimnisse für sich behalten und er zieht niemanden damit auf." lächle ich. „Außerdem ist es mir wichtig, dass du ihn kennenlernst."
Magnus wendet sich wieder an Max, der sein Eis genießt. Auch Magnus gibt seine Bestellung auf, während ich meinen Kaffee trinke. „Also,Max. Erzähl mir, was magst du so?"
Und Max beginnt bei seinen Büchern und Magnus hört gespannt zu und gibt kluge Kommentare von sich, die auch unterhaltsam sind.
Die beiden lachen zusammen und ich weiß sofort, Max mag Magnus und ich bin wirklich erleichtert deswegen.
Als wir alle fertig sind und ich schnell bezahle, verlassen wir das Café.
„Möchtest du noch etwas mit uns beiden unternehmen, Max?" frage ich. „Wir könnten zu dritt in den Park." Ich sehe schnell zu Magnus. „Wenn du nichts zu tun hast."
„Habe ich nicht." versichert er mir und wir sehen beide zu Max, der aufgeregt nickt. „Ja. Bitte."
Er spielt eine Weile im Park, während Magnus zwei Decken zu uns zaubert und ich bin froh, dass das niemand gesehen Hat. Eine ist unter dem Baum und wird wohl für Max sein. Die andere daneben. Noch einmal schnippst Magnus und ein Korb liegt auf der Decke vor uns beiden.
„Hast du die geklaut?" möchte ich wissen.
Er grinst mich nur an und holt ein paar Sandwichs, etwas zu trinken und Geschirr heraus. Ich greife mir ein Sandwich und beobachte Max,der gerade zu uns kommt, sich ebenfalls ein Sandwich greift und nachdem er es gegessen hat, sich auf die andere Decke setzt und an den Baum gelehnt liest. Ich bin überrascht, wie ausgelassen die Stimmung ist.
„Du bist heute morgen einfach weg gewesen. Warum hast du mich nicht geweckt?"
„Ich war spät dran und ich wollte dich nicht wecken. Das wäre unhöflich."
Magnus lacht.
„Ich habe nicht gemerkt, dass ich eingeschlafen bin, aber ich habe wirklich sehr sehr lange nicht mehr so gut geschlafen. Schon mehrere Jahre."
Magnus nickt. „Du hast geträumt gestern Abend, als du eingeschlafen bist." erwähnt er. „Ich habe dir mit einem einfachen Zauber deine Träume für die Nacht genommen."
Wow. Das habe ich nicht erwartet. Ich sehe ihn eine Weile an und nicke dann. „Danke Magnus. Dass du da bist und dass du dich so um mich kümmerst. Es tut gut mal wieder ausgeschlafen zu sein und es hilft mit Dingen umzugehen."
Er streichelt meine Wange und ich lege meinen Kopf auf seinen Schoß und siehe die Menschen um uns herum an. Magnus streichelt vorsichtig durch meine Haare und ich fühle mich so wohl.
„Ich habe mich noch nie so ausgelassen gefühlt, wie heute. Der Tag mit dir und Max. Das ist schön. Wie eine Familie," bringe ich hervor, ehe ich mich davon abhalten kann und schalte mich in Gedanken einen Dummkopf, als ich spüre, wie Magnus erstarrt und seine Hand einfach auf meinen Haaren liegt. „Also, ich meine.." Bringe ich stockend hervor.
„Schon gut, Alec." murmelt Magnus.
Ich drehe meinen Kopf, damit ich ihn von unten ansehen kann. Unsere Blicke treffen sich. „Was ich damit meine, Magnus, ist, dass ich mich wohl bei dir fühle." Ich kaue auf meiner Lippe herum und schaue, ob Max uns hören kann, aber der ist ganz vertieft in sein Buch. „Ich fühle mich bei dir heimisch. Schon bevor ich nach Idriss gezogen bin, habe ich mich im Institut nicht so gefühlt. Wegen dem was ich bin, habe ich mich immer Fremd gefühlt. Als würde ich nicht dazugehören. Aber mit dir ist das nicht so. Mit dir ist es anders."
Magnus lächelt und streicht meine Strähnen aus dem Gesicht. „Ich verstehe, was du sagst. Du hast auch etwas in mir ausgelöst. Ich fühle mich mit dir anders, als mit jedem anderen Partner in der Vergangenheit und ich bin froh, dass du in meinem Leben bist. Es macht es schöner, besser, aufregender. Es macht mich glücklicher."
Ich bin gerührt und richte mich auf, um ihm richtig ins Gesicht zusehen, ehe ich mich zu ihm vorbeuge und meine Lippen auf seine lege.
Es ist kein leidenschaftlicher und unkontrolliert wilder Kuss. Es ist ein einfacher, sanfter Kuss, aber er beinhaltet so viele Gefühle und das wissen sowohl Magnus, als auch ich.
Als wir uns lösen, lächle ich leicht und hole dann mein Handy heraus, um auf die Uhr zu blicken. „Es ist schon spät. Bald geht die Sonne unter. Ich sollte Max nach Hause bringen."
„Kommst du denn später noch vorbei?" möchte er wissen.
„Ich denke," nicke ich. „Wenn ich nicht jagen gehe. Ich möchte erst wissen, ob es irgendwelche Aktivitäten gibt. Aber ich schreibe dir ok?"
Magnus nickt und gemeinsam stehen wir auf.
„Lass uns gehen, Max."
Er sieht auf und nickt, als er sein Buch verstaut und aufsteht. Mit einem Schnippen, ist alles wieder weg. Die Decken, Korb. Geschirr.
Ich gebe Magnus noch einen schnellen und kurzen Kuss. „Danke für den schönen Tag."
Max reicht Magnus auch die Hand. „Du bist cool. Ich mag dich, aber wenn du Alec wehtust, dann tue ich dir weh. Alec trainiert mich und hat mir gezeigt, wie ich dir wehtun kann."
Ich lache. „Ich habe dir gezeigt, wie du dich verteidigst, nicht, wie du anderen wehtust."
„Ich verteidige dich." ruft er.
„Ich hätte nichts anderes erwartet," grinst Magnus Max an. „Und nur damit du es weißt. Ich habe nicht vor, deinem Bruder wehzutun."
Max nickt und lächelt, ehe sich unsere Wege trennen. Während Magnus seiner Wege geht, kehre ich mit Max ins Institut zurück.
Allgemeine Sicht
Magnus ist noch immer in einer Art inneren Starre, als er sich auf den Weg nach Hause macht. Alecs Worte, wie er die drei als eine Familie beschrieben hat, das hat etwas in ihm ausgelöst und noch nie in seinem Leben wusste er nicht um die richtigen Worte.
Er wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte, aber er wusste zumindest, dass er in so kurzer Zeit so viel für Alec zu empfinden begonnen hat und das jagte ihm eine Heiden Angst ein.
Izzy ist überrascht, wie gut gelaunt Alec ist, als er mit Max wieder im Institut eintrifft. Die beiden lachen den ganzen Weg gemeinsam in Max Zimmer und kommen genauso auch in die Küche, wo auch Izzy sich gerade hingesetzt hat. Jace und Maryse waren bereits da.
„Was ist so lustig?" möchte Maryse wissen und sieht Max an. Nicht freundlich oder herzlich, aber das ist sie ja nie. Einfach nur Neugierig und kalt.
Max sieht seine Mutter aus großen Augen an. „Alec war mit mir Eisessen und wir waren im Park. Das war lustig."
„Im Park?" möchte Izzy wissen. „Wieso habt ihr nichts gesagt. Dann hätten wir euch Gesellschaft geleistet."
Max kaut unangenehm berührt auf seiner Unterlippe herum. „Das nächste Mal nehmen wir euch bestimmt mit. Nicht wahr Alec?"
Alec lächelt seinen kleinen Bruder an. „Sicher. Wenn du das möchtest." Dann richtet er sich auf. „So, großer. Ich bin dann mal weg."
„Wohin verschwindest du schon wieder?" erklingt Maryse Stimme und Alec wirft ihr wie immer einen kalten Blick zu.
„Jagd." Ist alles was er sagt.
„Alec, wir müssen über dein Verhalten sprechen. Ich verstehe nicht, was vor sich geht. Würdest du mir also in die Bibliothek folgen?"
„Da gibt es nichts zu besprechen, Mom."
Sie seufzt. „Dein Vater kommt in den nächsten Tagen, sobald er es einrichten kann. Du solltest dich darauf gefasst machen, dass wir spätestens dann miteinander sprechen."
Alec schnaubt. „Wenn das alles ist." Er wendet sich wieder Max zu. „Morgen beim Training, wie immer?"
Max nickt und setzt sich zu Jace und Izzy und sieht zu, wie sein ältester Bruder die Küche verlässt.
„Mom," beginnt er nach einer Weile, in der es einfach nur Still in der Küche war. „Warum ist Alec so wütend auf dich?"
„Er ist nicht wütend auf mich." beginnt sie. „Es ist nur lange her, dass wir uns gesehen haben."
„Aber er hat dich das letzte Mal gesehen, als er uns gesehen hat und auf mich ist er nicht wütend."
„Niemand könnte je wütend auf dich sein," grinst Izzy und wuschelt ihm einmal durchs Haar. „Es ist nur schwer für ihn. Du brauchst dir keine Sorgen um ihn machen."
„Ich mache mir keine Sorgen. Alec ist glücklich, aber ich weiß nicht, wieso er sauer auf Mom ist und warum er nicht mit euch beiden redet. Habt ihr ihm wehgetan?"
„Ist Alec wirklich glücklich?" gibt Jace nachdenklich von sich, ohne sich klar zu sein, dass er mit einem neunjährigen spricht.
„Er hat heute ganz viel gelacht und er hatte Spaß. Ich glaube schon, dass er glücklich ist, oder?"
„Natürlich ist er das." Izzy wirft ihrem Adoptivbruder einen eindeutig wütenden Blick zu und wendet sich wieder an Max. „Bald wird alles auch hier besser. Er wird nicht immer schweigen. Gibt dem ganzen ein wenig Zeit und wir sind wieder die Familie, die wir einmal waren. Alle zusammen."