Kapitel 33: „Briefe der Wahrheit"

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By 82BiancaTallerica28

Rapunzel lief rot an und lachte nervös auf. „Na dann, hoffe ich, dass sie euch gefällt!" Sie sah zu Eugene, nickte ihm zu und schritt dann mit den anderen Vieren nach draußen auf den Schlosshof, wo die Gruppe auch schon von Rapunzels Gemälde empfangen wurde.
Tausende Schneeflocken tanzten über den Boden, Blumen bahnten sich aus dem Schnee heraus einen Weg ans Tageslicht und die Sonne ließ den Schnee glitzern. In der Luft flogen viele Federn und zwei weiße Tauben, in deren Schnäbel sich ineinander gehakte goldene Ringe befanden.
„Vermutlich hätte ich etwas malen können, was besser passt, aber nur zu meiner Verteidigung: Es war auch für mich ein anstrengender Tag! Und beim nächsten Regen seid ihr es ja los, also... Naja?"
Sie hakte sich bei Eugene unter und zog ihre restlichen Haare an sich, sodass die drei einen freien Blick aufs Bild hatten. „Ich hoffe, es gefällt euch...", murmelte sie, „Ach, ich hab' da noch was! Mein Vater hat mir einen Brief mitgegeben, den ich dem Königshaus geben sollte. Naja, ihr wisst ja bestimmt, dass es zwischen Arendelle und Corona mal... äh... Krieg gab und Papa hat sich... nochmal dafür entschuldigt."
Sie wischte sich rasch die restlichen Tränen fort und drückte Anna den Brief in die Hand. „Nur so nebenbei, er hat eine fürchterliche Handschrift...", grinste Rapunzel und fügte dann rasch hinzu, „...gehabt."
„Ähm, danke...", murmelte Anna, überrascht über das wundervolle Gemälde und die Nachricht, dass es einmal Krieg gegeben hatte, denn davon wusste sie nie etwas.
Vielleicht hätte ich mich doch mal in der Bibliothek herumtreiben und ein paar Geschichtsbücher auswälzen sollen, dann würde ich solche Nachrichten bereits wissen und nicht davon überrumpelt werden. Ich frage mich, ob Elsa das wusste? Haben unsere Eltern ihr davon erzählt oder wollten sie dies vor uns geheim halten? Ich würde mich definitiv mal in unserer Bibliothek umsehen müssen. Wenn ich dazu denn überhaupt etwas erfahren möchte...
Nein, ich muss endlich mehr über unsere Heimat in Erfahrung bringen – So geht das nicht weiter! Wenn es noch Geschichtsbücher über diesen Krieg – oder gar noch anderen Ereignissen – in unserer Bibliothek gibt, muss ich sie finden. Und vielleicht – Nur Vielleicht? – finde ich sogar heraus, warum Elsa diese Kräfte besitzt?
Mit diesem Gedanken übergab Anna den Brief, den Rapunzel ihr in die Hand gedrückt hatte, an Elsa, denn sie war immerhin die Königin und somit auch noch weitaus mehr verantwortlicher für das Königreich als Anna.
Und nachdem Elsa den Brief nun an sich genommen hatte, wandte ihre Schwester sich voll und ganz dem Gemälde zu. Sie war erstaunt, denn es war einfach wunderschön und es passte perfekt.
Voller Rührung sprang sie Rapunzel um den Hals und aus ihren Augen traten Freudentränen aus. „Das ist... so lieb von dir, Rapunzel, danke! Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, mir fehlen wirklich die Worte. Und das kommt äußerst selten vor! Also sage ich einfach nur: Danke! Danke, für deine Hilfe auf der Suche nach Elsa, für die Hilfe gegen Hans und für das hier..." Anna zeigte auf das Bild am Boden, das sich über den halben Innenhof erstreckte und kämpfte erneut mit den aufkommenden Freudentränen. „So, das musste mal raus!", gestand sie und löste sich seufzend von Rapunzel. Kristoff trat nun wieder an Annas Seite und auch ihm fehlten die Worte vor lauter Glück, deshalb nickte er nur anerkennend, lächelte Rapunzel dabei jedoch dankend an.
„Ach, schon gut... Das ist gar nichts!", entgegnete Rapunzel und lief rot an, „Außerdem ist es auch ein Geschenk an mich, also... denke ich, das ist kein ‚Danke' wert."
Sie sind mir nichts schuldig. Ich bin ihnen viel mehr schuldig, denn sie waren wahre Freunde und ich hoffe, das werden sie auch immer sein.
Sie eilte nun jedoch einfach zu den drein hinüber und zog sie zu einer Gruppenumarmung heran. „Danke!", rief sie und als sie sich wieder von ihnen löste, sah sie zu Kristoff. „Ich bin froh, dass ich ihn dazu gebracht habe, über seinen Schatten zu springen." Sie setzte ein erschöpftes Gesicht auf und warf ihre Haare dramatisch zurück, „Ihr wisst gar nicht, wie schwer das war? Er war vielleicht ein Angsthase, also wirklich! Und das, wo sein Gesicht wie ein Buch war. Eine feige Nuss, und ziemlich dickköpfig – Wäre ich nicht gewesen, hätte er es nie geschafft!" Die letzten Worte kicherte sie nur noch, da ihr dieses hochnäsige Getue, überhaupt nicht gefiel. Auch Kristoff und Anna fingen sofort an zu kichern.
„Da bin ich dir wirklich noch ganz schön 'was schuldig, was?", meinte Kristoff dann und der Blick, den er Rapunzel zuwarf, sagte einfach unendlich große Dankbarkeit aus, „Doch ich kann dir versichern, ich und Anna, wir werden immer für dich da sein."
„Stimmt genau!", mischte sich Anna grinsend ein, ehe Kristoff weitersprechen konnte. Dieser lachte nur herzerweichend und fuhr fort. „Also wenn du einmal Sorgen, Ängste oder Probleme haben solltest, kannst du immer zu uns kommen. Wir werden dir helfen!"
„Naja, wir werden es zumindest versuchen...", warf Anna ein und während sie eine Hand von Elsa und eine von Rapunzel in die ihren nahm, schenkte sie dabei ihrer Schwester und auch Rapunzel ein aufmunterndes Lächeln, „Dafür sind Freunde doch da!"
Rapunzel lächelte und nickte. „Ja, da... Da hast du Recht!" Kleine Freudentränen bildeten sich in ihren Augen, aber sie wischte diese rasch weg und atmete einmal tief durch.
„Und mit mir könnt ihr auch immer reden!", versicherte sie schnell, „Ich meine, ich hab' zwar nicht ganz so viel Erfahrung darin, mit Leuten zu reden, aber... Ich werd's probieren; Ich will nämlich auf keinen Fall, dass ihr euch hilflos fühlt. Oh, und kommt doch für eure Flitterwochen nach Corona! Oder... Ist das jetzt zu aufdringlich? Tut mir leid, das hier ist die Freude, die vorhin nicht hochkam. Ich freu' mich aber wirklich riesig für euch! Und... Es ist echt schade, dass ich nicht bei eurer Hochzeit dabei sein kann, aber... Ich will einfach nur noch Nachhause. Ich will wieder in meinen Turm... Äh... in mein Schloss zurück und versuchen, wenigstens etwas Normalität wiederzufinden. Aber, ich denke, dagegen, dass ihr mal nach Corona kommt, spricht nichts, oder?" Sie seufzte und sah zu der Stelle, an der zuvor noch ihr Ehemann gestanden hatte.
„Stimmt doch, Eugene?", fragte sie und erst dann fiel ihr auf, dass ihr Mann mit Raymond in der großen Eingangstür des Schlosses stand, „Eugene...?"

„Euer Hoheit?" Raymond, der lange im Eingang gewartet hatte, ging nun zu Eugene hinüber und legte ihm eine Hand auf die Schulter, „Ich müsste mit Ihnen reden!" Er warf Rapunzel einen Blick zu und sah dann wieder zu Eugene. „Es sei denn, Ihr wollt, dass ich sie damit belaste?" Eugenes Blick haftete auf Rapunzel und senkte sich.
Ich will sie auf keinen Fall belasten! Nicht, nachdem ihr so etwas Schreckliches geschehen ist. Ich weiß ja zu gut, wie sich das anfühlt, wenn man jemanden verliert...
Doch ich hatte Niemanden, der mich beschützte; Sie nun schon. Ich werde sie beschützen, immer! Denn mein Versprechen gegenüber ihrem Vater besteht nun ewiglich.
Damit wanderte sein Blick zu Raymond. „Gut, dann lasst uns reden; Aber nicht hier!", murmelte er leise, jedoch zutiefst entschlossen, „Ihr habt Recht, ich möchte sie nicht belasten und deshalb schlage ich vor, dass wir besser ins Schloss von Arendelle gehen. In einem Raum, in dem wir ungestört sind, können wir dann miteinander sprechen. Sind Sie damit auch einverstanden?"
Seine Augen verengten sich und seine Skepsis gegen den Berater kehrte zurück.
Raymond nickte stattdessen nur und wollte noch etwas antworten, als er Rapunzels fragenden Blick sah. „Was macht ihr denn da?", fragte sie verwirrt.
„Ach, wir finden nur, es ist etwas frisch geworden. Wir gehen rein und reden etwas, ja?"
Rapunzel nickte und dem Berater entfuhr ein Seufzen. Er wollte sich gerade der Tür zu wenden, als Rapunzels Stimme ihn nochmals zurückhielt. „Wo wollt ihr denn hin?"
Raymond seufzte. Wie ein Kleinkind, spukte ihm es durch den Kopf, doch er fasste sich rasch wieder und setzte ein Lächeln auf. „Wir gehen in euer Zimmer im Westflügel, also komm' einfach nach, wenn dir danach ist! Alles klar?" Zu seiner Zufriedenheit nickte Rapunzel nun und alle weiteren Fragen schienen für sie geklärt.
„Komm' mit!", murmelte Raymond nun ernster und betrat mit Eugene das Schloss.
Im Zimmer der beiden setzte Raymond sich auf den Stuhl am Schreibtisch und zog einen weißen Umschlag hervor. „Dies hier sind die letzten Worte des Königs. Er schrieb sie nur wenige Minuten vor seinem Tod. Eigentlich ist der Brief für Rapunzel gedacht, als gut gemeinter Ratschlag, aber, ich finde, wir sollten ihn ihr nicht geben. Nennt mich selbstsüchtig, aber ist sie nicht sowieso angeschlagen genug? Eine zerbrochene Königin wird Corona auch nicht viel nutzen!", sprach Raymond und klang dabei wenig mitfühlend, „Und sein wir doch mal ehrlich, Ihr seid bestimmt nicht in der Lage, ein Königreich zu führen." Mit diesen Worten drückte der schwarzhaarige Berater dem ehemaligen Dieb den Brief in die Hand.
„Ich bin nicht dafür, dass Ihr als Jäger dem Hasen keinen Schutz mehr gewährt, aber es ist doch sehr seltsam, dass gerade ein so untreuer Schuft wie Ihr, sich ein Leben lang an einen Trottel wie sie binden will. Ich meine, was ist es, das Euch an sie bindet? Geld? Macht? ...Angst? Ich kann natürlich nur Vermutungen anstellen, aber... Ein Jemand wie Ihr ist doch sowieso hinter jedem Rockzipfel her. Was also mit einer Frau, die nicht 'mal wusste, dass es so etwas wie ‚Liebe' oder ‚Zuneigung' überhaupt gibt?"
Über diese Worte war Eugene vollkommen entsetzt und so lief er zornentbrannt auf Raymond zu, der immer noch gelassen auf dem Stuhl saß, wo er platzgenommen hatte.
Dann umschlossen seine Hände die Handgelenke des Beraters und er nagelte ihn so an den Stuhl fest. „Wie haben Sie da gerade über meine Frau gesprochen? – Über Rapunzel?"
Wut kroch in Eugene hoch und sein Blick war nun von Hass erfüllt. Er beugte sich über Raymond und war nur noch wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt.
„Ich dachte... Nein, sie dachte doch, ihr wärt Freunde! Hat sie sich denn so in Ihnen getäuscht?" Eugene beruhigte sich langsam, doch als der Berater ihn nicht beachtete, schrie er förmlich, „Antworte mir!"
Seine Stimme wurde dennoch brüchig und ihm traten Tränen in die Augen. „Du wirst mir nicht helfen, oder? Die Hochzeit von Anna und Kristoff wirst du Rapunzel nicht gönnen, nicht wahr? – Warum? Wieso möchtest du nicht, dass sie eine positive Erinnerung an Arendelle hat?"
Eugene kam zu sich, doch Enttäuschung machte sich in ihm breit und er kniff seine Augen zusammen, um nicht den Tränen freien Lauf zu lassen.
Ich will doch nur, dass sie sich nicht der Trauer hingibt. Sie soll nicht in der Vergangenheit leben, sondern sich an der Zukunft erfreuen. Und Annas und Kristoffs Hochzeit ist ein Moment, an dem sie sich erfreuen kann, doch nicht, wenn er mir nicht hilft, denn dann wird sie morgen nicht stattfinden können.
Alleine werde ich es niemals schaffen...
Doch da kam Eugene der Gedanke.
Moment! Ich bin nicht alleine. Ich kann Anna, Kristoff, Elsa und die Bürger des Königreiches bitten mir zu helfen. Und ich bin mir sicher, sie würden mir helfen, da auch sie wollen, dass die Hochzeit stattfindet. Für sie ist es auch egal, wann – Hauptsache sie findet statt!
Dieser hoffnungsvolle Gedanke flößte ihm wieder Mut und Kraft ein, somit wollte er sich gerade Raymond zuwenden, doch als er unter sich auf den Stuhl blickte, war dieser verschwunden.
Wo war dieser verdammte..., aber weiter kam er nicht, denn als er sich umdrehte, erblickte er den Berater. Dieser hatte sich gegen die Tür gelehnt und grinste nur so vor sich her.
„Was? – Was haben Sie vor?", brachte Flynn nur hervor und diesmal würde er auf eine Antwort warten, da war er sich sicher.
„Euer Verhalten beeindruckt mich, muss ich schon zugeben.", grinste Raymond und kam auf Eugene zu, „Und falls ihr es nicht bemerkt haben solltet, gegen sie habe ich überhaupt nichts. Ihr... Falsch... Du bist derjenige, den ich verabscheue! Ich erwarte ja nicht von dir, dass du dich erinnerst, aber dass du mich ganz vergessen zu haben scheinst, grenzt wirklich schon an ein Wunder."
Raymond packte Eugene am Kragen und drückte ihn gegen die Wand. „Hat lange genug gedauert, aber ich denke, meine Rache sollte ich bald bekommen! Ich glaube nicht, dass es dir noch irgendetwas sagt, aber wie sollte es auch? Das Einzige, was dich je interessiert hat, waren deine Gefühle, andere Leute gab es um dich herum ja nicht. Na, weißt du, wovon ich spreche? Du bist der abscheuliche Grund, warum sie mich damals verlassen hat. Und schlussendlich haben wir sie beide verloren!"
Seine Wut befand sich nun in jeder Zelle seines Körpers und er musste sich wahnsinnig zusammenreißen, um den Prinzen vor sich nicht zusammenzuschlagen.
„Ob du dich überhaupt noch an ihren Namen erinnerst? Velvela... Sagt dir das noch irgendetwas?", lachte er höhnisch auf, „Vermutlich nicht! Glaub' jetzt ja nicht, ich würde sie dir auch noch überlassen; Ich habe schon genug gelitten, als dass ich dies zulassen könnte, aber denk' immer daran: Ich kenne dein wahres ‚Ich'. Ich weiß von all' der Schuld, die auf dir liegt. Sie weiß davon gar nichts, sie lebt in einer Traumwelt, die ich mit nur einem Wort einbrechen lassen kann." Der Berater versetzte ihm einen heftigen Schlag in die Magengrube und ließ ihn vor sich zu Boden fallen. Zufrieden betrachtete er den am Boden liegenden und beugte sich zu ihm hinunter. „Und da wir das beide nicht wollen, wird sie nichts hiervon erfahren, klar?", doch Raymond horchte auf, als es laut an der Tür klopfte.
„Ist alles okay?", hörten sie Rapunzels besorgte Stimme, „Ihr wart so laut? Kann ich reinkommen?"
Raymond warf Eugene noch einen drohenden Blick zu und wendete sich zur Tür. „Ja, sicher, komm' rein!", antwortete er freundlich.
Der Prinzessin gefror das Blut in den Adern, als sie ihren Mann am Boden entdeckte. „Eu-Eugene! I-Ist alles in Ordnung?"
„Ihm geht's gut!", versicherte Raymond rasch, „Ihm wurde nur etwas schlecht, deswegen wollte ich dich gerade holen."
Rapunzel nickte und drückte Raymond einen Kuss auf die Wange. „Danke! Auch dafür, dass du extra hergekommen bist." Dann wandte sie sich jedoch rasch ihrem Mann zu und bemerkte nicht den hasserfüllten Blick Raymonds, während dieser das Zimmer verließ.
„Was machst du denn?", fragte sie besorgt und strich ihm ein paar Haare aus der Stirn, „Jag' mir nie wieder so einen Schrecken ein! Ich dachte, Raymond hätte dich geschlagen, aber... Ach, das ist ja vollkommen unmöglich, nicht?" Sie lachte und reichte ihm eine Hand. „Kannst du aufstehen?" Eugene ließ sich leicht von ihr stützen und war immer noch etwas verwirrt über Raymonds anfällige Bemerkungen, doch er beschloss Rapunzel von all' dem nichts zu erzählen. Erstens: Weil er nicht wollte, dass sie von seiner schändlichen Vergangenheit erfuhr. Das durfte sie niemals! Zweitens: Weil er sie schon gar nicht damit belasten wollte. Und drittens: Würde er es nicht verkraften, sie zu verlieren. Denn mit ihr ist es anders; er liebte sie wirklich!
Er hustete leicht ab, da der Schlag des Beraters ihm ziemlich heftig zugesagt hatte, doch als Rapunzel ihn besorgt ansah, erwiderte er nur: „Es geht mir gut, wirklich! Ich bin...", noch ein Husten unterbrach ihn, „Wahrscheinlich bin ich nur etwas erschöpft, wie wir alle. Mach' dir keine Sorgen, okay?" Er legte ihr einen Arm um die Schulter und streichelte ihr zärtlich über die Wange.
„Ich weiß nicht, ob du es schon weißt, aber... Du bist tatsächlich mein neuer Traum! Warst du, seit dem Abend, an dem du mich geheilt hast." Er lachte kurz auf, „Oder, besser gesagt, meine Hand!"
Rapunzel lächelte und ergriff seine Hand. Die Hand, die sie an jenem Abend geheilt hatte. „Ist ja gut, das weiß ich doch!" Sie seufzte und sah ihn fragend an, „Will ich wissen, wieso du das ausgerechnet jetzt sagst?" Sie fing an zu lachen und schlang ihre Arme um seinen Hals.

* * * *

Der königliche Berater saß derweil in dem Zimmer, das ihm zugeteilt wurde, welches sich genau gegenüber von Rapunzels und Flynns Zimmer befand, somit entging ihm nichts von dem Liebesspiel des coronischen Paars. Während seine linke Hand sich in seinen langen Haaren verankert hatte, hielt die andere einen Brief festumschlungen. Das war zwar kein Brief, den er den Beiden hätte geben müssen, aber vermutlich hätte er es besser tun sollen. Nun ja, Schluss endlich, konnte ihm ja egal sein, was aus Corona wurde – Ging ihn sowieso nichts an! Im Moment wuchs der Hass, den er für Flynn hegte, nur noch mehr und die ständigen Geräusche aus dem Nachbarzimmer machten es nicht besser.
„Eure Majestät!"
„König Raymond!"
Raymond verzog bloß genervt das Gesicht und drehte sich zu den zwei blonden jungen Männern, die nun das Zimmer betraten. Beide waren nicht älter als 20.
„Was gibt's?", fragte Raymond bloß, zeigte jedoch kaum Interesse.
„Hört Ihr das auch?"
„Natürlich hör' ich das!", knurrte Raymond und die beiden Männer weichten etwas zurück.
„Aber-Aber...", stotterte der kleinere der beiden; Jonathan, „Das ruiniert doch Euren ganzen Plan?"
„Das brauchst du mir nicht zu sagen!", fuhr Raymond ihn an und stand so ruckartig auf, dass der Stuhl zu Boden fiel, „Deswegen werde ich das jetzt auch unterbinden."

Auf dem Flur begegnete Raymond der jungen Dienerin, die ihm zuvor sein Zimmer zugeteilt hatte: „Ah, Charlene!"
Die Dienerin fuhr herum und verbeugte sich, als sie den königlichen Berater sah. „Sir Raymond! Gibt es irgendwelche Probleme mit Ihrem Zimmer?"
„Nein, nein, alles bestens, danke! Aber... Sie haben sicher den Schlüssel für dieses Zimmer, nicht?", fragte er und deutete auf die Tür von Rapunzels und Flynns Zimmer. „Ja, aber... Wie Sie sicherlich hören, scheinen die Beiden gerade..."
„Ich tue nur, was mir befohlen wird!", versicherte Raymond schnell, „Also...?"
Charlene zuckte nur mit den Schultern und überreichte dem königlichen Berater den Schlüssel, welcher es sich nicht nehmen ließ und die Tür aufschloss.

Derweil ahnten Eugene und Rapunzel noch nichts von dem, was sich vor ihrer Tür abgespielt hatte. Sie waren gerade dabei die Bettdecke über sich zu ziehen, da platze jemand durch die Tür und hielt sie davon ab.
Eugene setzte sich sofort auf, ließ Rapunzel jedoch genug Platz sich an ihn zu kuscheln und zog die Decke gleichzeitig höher, damit man nicht ganz so viel von ihren nackten Körpern sah. Er legte seinen Arm um sie und schaute zur Tür hinüber. Diese lag auf der linken Seite des großen Himmelbettes, auf dessen Seite lag auch er.
„Wer ist da? – Was wollen Sie?", fragte er und versuchte in dem Dämmerlicht, des spärlich beleuchteten Raumes, die Gestalt zu erkennen, die hineingekommen war. Er blinzelte, die Augen zusammengekniffen, damit er besser sehen konnte. Und dann erblickte er ihn; Raymond.
Der Berater war nun leise ins Zimmer getreten und starrte die beiden fassungslos an. „Du? Aber... Was willst du?" Eugene schluckte und zog Rapunzel noch etwas näher zu sich heran, „Können wir nicht ein wenig... Ähm... Privatsphäre verlangen?"
Nein! Jetzt ist es soweit, er verrät ihr alles. Nun werde ich sie verlieren...?
Er verspürte wahrhaftige Angst, die ihn alle Hoffnung nahm. Angst, dass seine Vergangenheit ans Licht kommen würde und Angst, Rapunzel zu verlieren. Denn er wusste nun, dass Raymond vor nichts zurückschreckte, um sein Leben zu zerstören, so wie er einst dessen Leben zerstört hatte. Und dies bedauerte er zutiefst.
Ja, ich hätte Velvela nie kennenlernen dürfen, aber selbst wenn, ich hatte damals nicht gewusst, dass sie bereits jemand anderen gehabt hatte. Woher auch?
Trotzdem tat es Eugene für Raymond Leid, aber vor den Augen von Rapunzel konnte er ihn wohl schlecht um Verzeihung bitten. Also meinte er schließlich: „Nun... Was führt Sie denn zu so später Stunde noch zu uns?" Er versuchte sich möglichst höflich auszudrücken, für Rapunzel, da Raymond ja immer noch ein Freund von ihr war.
„Oh, bitte, wozu dieser formale Ton?", fragte Raymond und lächelte, „Das ist nun wirklich nicht von Nöten!" Rapunzel setzte sich auf und sah den königlichen Berater fragend an: „Ist alles in Ordnung? Willst du... noch über irgendwas reden?"
„Ach, ja, also was das angeht..."
„Raymond!", fiel Rapunzel dem königlichen Berater ins Wort und stand auf, „Ich würde eigentlich gerne Zeit mit meinem Mann alleine verbringen!"
Raymond konnte nicht anders, als rot zu werden, wo die Prinzessin doch vollkommen nackt vor ihm stand. Doch er musste zugeben, dass sie schon ziemlich gut aussah, auch wenn ihr Körper doch noch sehr kindlich wirkte. „Äh... Also...", murmelte sie leise, da die Stille sich unbehaglich anfühlte, „Könntest du bitte...?"
„Ich verstehe schon!", antwortete Raymond, verdrehte die Augen, warf die Hände in die Luft und drehte sich wieder um. „Ich sehe schon, ich hätte ruhig in Corona bleiben können!"
„Raymond, warte!" So langsam bekam die Prinzessin ein schlechtes Gewissen. Sie griff nach Raymonds Handgelenk und mit einem triumphierenden Lächeln auf den Lippen, welches Rapunzels Blick verwehrt blieb, drehte er sich zu ihr um.
Es dauerte nicht lange, bis Rapunzel ihn umarmte. „Tut mir leid, so war das doch nicht gemeint!"
„Ich weiß!", murmelte Raymond leise und strich über ihren Kopf. „Na komm', solltest du nicht wieder zu deinem Mann? Ich denke, er wartet nicht gerne." Die letzten Worte waren begleitet von einem verachtenden Blick, bei dem er sich sicher war, dass Eugene ihn sehen konnte.
„Ich wünsch' euch übrigens noch viel Spaß... Nur vielleicht, geht das Ganze auch etwas leiser?" Der Berater war gerade dabei das Zimmer zu verlassen, als er noch kurz stehenblieb. „Ich hab' noch etwas Zeit, aber... Denk' dran Rapunzel, Liebe schenken kann er dir nicht, denn sein Herz ist kalt – Verzeiht die Störung!"

Verdattert sah Rapunzel dem Berater hinterher. „Was sollte das denn...? So war er ja noch nie?" Sie sah zu ihrem Mann auf, „Weißt du, was mit...~ Eugene? Ist... Alles in Ordnung?" Rapunzel entging der ängstliche Blick Eugenes auf keinen Fall. Sie fühlte sich jedoch schlecht, da sie dachte, es wäre ihretwegen.
„Tut mir leid!", rief sie deswegen laut, „Ich wollte nichts falsch machen. Verzeih' mir!"
Eugene kam nun aus dem Bett auf sie zu und lächelte. „Ich bin dir nicht böse. Du bist an rein gar nichts schuld. Ich hab' nur nicht erwartet, dass Raymond uns so spät noch aufsucht, das ist alles!"
Das war natürlich nicht alles, aber das kann ich ihr natürlich nicht sagen. Diese Geheimnistuerei bringt mich eines Tages noch um, doch...
Ich kann es ihr einfach nicht erzählen!
„Ich will morgen schon nach Hause, bitte!", riss Rapunzels Stimme ihn so schnell aus seinen Gedanken, dass er enorme Schwierigkeiten hatte, ihr zu folgen, „Oh, und... was ich gesagt hab', war falsch: Sorg' dich bitte wieder um mich! Ich brauche jetzt jemanden, der sich Sorgen um mich macht."
Ich übertreibe vielleicht, doch...
Ich kann ihn nicht gehen lasse!
Er wiederum wandte sich kopfschüttelnd wieder Rapunzel zu und grinste. „Ach, keine Sorge, ich werde mir schon wieder Sorgen um dich machen – Glaub mir, das kommt eher, als du denkst! – denn schließlich ist das so, wenn man jemanden liebt, man sorgt sich um diesen."

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