Romans Sicht
Mit schnellen Schritten laufe ich zum Eingang des Kindergartens und stürme förmlich in den Flur, wo meine Prinzessin mit der netten Frau Deters wartet.
"Hey Prinzessin!"
Sofort gehe ich auf die Knie und knutsche mein Mädchen ab.
"Wieder der Verkehr, Herr Bürki?", kommt es genervt von Frau Deters, die ich bis eben verdrängt habe.
"Sie kennen mich zu gut Frau Deters! Bevor Sie mir wieder was von Benehmen erzählen, frage ich lieber selbst nach, hat Yuna wieder irgendjemandem mit der Schaufel gehauen?"
Frau Deters sieht mich entgeistert an und weiß nicht, was sie darauf antworten soll, was mich schmunzeln lässt.
"Sie nehmen mich überhaupt nicht für ernst! Glauben Sie mir, ich kann es kaum erwarten, wenn ich Sie hier nicht mehr sehen muss!", sprudelt es einfach aus ihr heraus.
"Liebe Frau Deters, da müssen Sie sich aber von ihrem Gedankengang verabschieden. Wenn Yuna den Kindergarten verlässt, nimmt ihr Bruder den Platz ein!"
Mit einem breiten Grinsen sehe ich sie an und widme mich wieder meiner Prinzessin.
"Warum bestraft mich der liebe Gott so!", höre ich sie noch sagen, ehe sie mit ihren Stöckelschuhen davon trabt.
Ist es gemein, die Arme so zu ärgern? Wobei, sie hat es ja nicht anders verdient und es macht mir auch viel zu viel Spaß.
"Hat Tim wieder versucht, dir ein Kuss zu geben?", frage ich direkt und sehe sie an, während ich ihre Jacke anziehe.
Sie schüttelt ihren Kopf, was mich schonmal beruhigt, niemand, wirklich niemand darf meine Prinzessin küssen!
"Tim hat Angst vor mir. Ich hau ihn wieder mit der Schaufel, wenn er mir noch ein Kuss gibt!", sagt sie angewidert und ein grinsen huscht mir über die Lippen, das ist mein Mädchen!
"Genau Prinzessin! Niemand darf dich küssen außer der Papa, und die Mama auch."
Ein nicken folgt und ich gebe Yuna einen Kuss auf ihre Nasenspitze.
"So Prinzessin! Ich brauch gleich deine Hilfe. Wir müssen Farbe für das Babyzimmer kaufen und du musst mir helfen, sie auszusuchen!", erkläre ich ihr, während wir den Kindergarten verlassen.
"Ich kann das gut Papa!"
"Ich weiß, darum nehme ich dich mit Prinzessin!"
*Nächster Tag*
"Mensch Jule! Hätte ich gewusst, dass du ein Händchen für Deko hast, hättest du mir auch bei Yunas Zimmer helfen können!"
"In mir schlummern noch ungeahnte Talente!"
Wir beide gehen einen Schritt zurück und begutachten unser Meisterwerk.
(Nicht vom 'R' irritieren lassen)
Gestern haben Jule und ich mit Hilfe von Yuna angefangen zu streichen, haben dann eine Nachtschicht gemacht und heute sind wir fertig geworden.
"Und Yuna? Wie gefällt dir das Zimmer?", fragt Jule und kniet sich neben sie.
"Toll!"
Sie klatscht in die Hände und hüpft wie ein Flummi durch das Zimmer.
Glücklich beobachte ich meine Prinzessin und lasse meinen Blick durch das fertige Kinderzimmer schweifen.
Ich kann es einfach immer noch nicht glauben, dass wir bald zu viert sind, in fünf Monaten wird hier unser kleiner Mann schlafen.
So ganz habe ich ihm noch nicht verziehen, dass er sich ausgerechnet dann zeigen muss, wo ich nicht dabei war.
Unsere Familien haben sich tierisch über einen Jungen gefreut, denn jetzt sind beide Geschlechter in unserer kleinen Familie vertreten, auch wenn die Opas sich lieber ein Mädchen gewünscht hätten.
"Habt ihr euch schon einen Namen für deinen Mini me überlegt?", fragt Jule und holt mich aus meinen Gedanken zurück.
"Puhh heikles Thema bei uns im Moment. Wir werden uns nicht einig und mit Malins Stimmungsschwankungen ist es erst recht nicht einfach."
"Hauptsache er hat bis zur Geburt einen Namen!", lacht Jule und klopft mir auf die Schulter.
Da hat aber jemand einen Clown zum Frühstück gehabt und versucht lustig zu sein.
"Roman?"
"Im Kinderzimmer Schnullie!", rufe ich Malin entgegen, die wenig später zusammen mit Sarah im Zimmer steht und mit großen Augen das Zimmer betrachtet.
"Gefällt es dir?", frage ich sie und lege meine Hand auf ihren Bauch.
"Es ist echt toll geworden! Und kein Blau, genau wie ich es wollte! Und diese kleinen Details!", quietscht Malin und drückt mir einen Kuss auf die Wange.
"Naja, die andern beiden haben dein Lob mehr verdient. Jule hat mit gestrichen, die Deko ausgesucht und dekoriert, Yuna hat die Wandfarben ausgesucht. Aber das Muster war meine Idee!"
"Jule! Ich glaub's ja nicht! Du und Deko!", lacht Sarah.
"Hör nicht auf deine Freundin! Du bist ein Schatz und du auch mein Engel!"
Malin drückt erst Jule und dann Yuna einen Kuss auf die Wange, da ist wohl jemand in einer ganz besonderern Stimmung, soll mir nur recht sein.
*Etwas später*
Ich sitze mit meinem Laptop auf der Couch und mache mich auf der Suche nach Namen für den kleinen Mann.
Malin kommt zu mir ins Wohnzimmer, setzt sich neben mich auf die Couch und kuschelt sich an mich ran.
"Max."
"Was?", fragt Malin verwirrt.
"Was hältst du von dem Namen?"
Malin setzt sich auf und ihr 'Dein-Ernst-Blick' sagt schon alles.
"Das ist nicht dein Ernst Roman! Ich soll mein Kind nach einem dieser Streich-Brüder benennen? Nie im Leben!"
"Dann mach doch auch mal Vorschläge und lehne nicht alles ab, was ich vorschlage!"
Auch wenn ich Malin nicht so anpampen will, da sie eh schon so empfindlich reagiert, aber irgendwann reißt auch bei mir der Geduldsfaden.
"Was schreist du mich denn jetzt so an! Ich hab doch gar nichts gemacht!", schmollt Malin und steht wirklich kurz vorm heulen, na toll.
"Ich schrei dich nicht an! Ich habe dir nur gesagt, dass-"
"Siehst du? Schon wieder schreist du! Ich gehe jetzt ins Bett!"
"Es ist erst halb neun."
"Ich gehe jetzt ins Bett!", schnieft Malin und trottet die Treppe hoch ins Schlafzimmer.
Na toll gemacht Roman! Jetzt hast du deine schwangere Frau, die eh schon empfindlich reagiert, auch noch zum weinen gebracht.
Ich beruhige mich etwas, schalte dann meinen Laptop aus und laufe hoch in unser Schlafzimmer, wo Malin tatsächlich eingekuschelt in ihrem Stillkissen im Bett liegt.
Mit langsamen Schritten laufe ich zu ihrer Bettseite, knie mich vor sie hin und streiche ihre Haare aus ihrem Gesicht.
"Sollst du mich anfassen?", grummelt Malin und sofort nehme ich meine Finger von ihr, bevor noch ein Unglück passiert.
"Hör mal Schnullie, du musst nicht jeden Vorschlag den ich mache ablehnen, komm mir entgegen..", erkläre ich vorsichtig, doch ihre Augen öffnen sich schlagartig und schauen mich böse an.
"..Ähm..ich meine natürlich, dass es mir leid tut Schnullie. Was hältst du davon, wenn jeder ein paar Namen aufschreibt, wir die schönsten aussuchen und uns dann entscheiden?"
Seelisch mache ich mich schon auf ein Donnerwetter gefasst, doch als ein fröhliches "okay" von Malin kommt, sehe ich sie völlig verzweifelt an.
Diese Frau macht mich einfach fertig, sie kann gerade total fröhlich vor mir stehen, doch im nächsten Moment können dicke Krokodilstränen fließen oder nicht jugendfreie Schimpfwörter verlassen ihren Mund, ich bin schon am verzweifeln und habe noch fünf Monate vor mir.
"Kommst du zu mir ins Bett? Außerdem musst du deine Aufgabe noch machen."
Bevor Malin es sich doch anders überlegt, ziehe ich mich schnell bis auf die Boxer aus und setze mich auf das Bett, sie drückt mir die Flasche Öl in die Hand und macht ihren Bauch frei.
Mit meinen Händen streichel ich ihren Bauch und verteile Küsse auf ihre wunderschöne Kugel, dann creme ich fleißig ihren Bauch ein.
"Roman?", kommt es nach einer Zeit von Malin.
"Hm?"
"Ich habe Hunger."
Langsam setze ich mich auf und sehe Malin schmunzelnd an.
"Ein Sandwich mit Nutella, Marmelade und sauren Gürkchen?", frage ich lachend.
Ein breites Grinsen macht sich auf Malins Gesicht breit und als Bestätigung nickt sie.
"Kommt sofort!"
Und schon mach ich mich auf dem Weg um den extravaganten Wunsch meiner Frau zu erfüllen, bevor sie wieder weinend vor mir steht und ich am verzweifeln bin.