"Also wie soll ich das am besten formulieren...", sagte Adriana und sah überall hin, nur nicht zu mir. Wir sassen an dem kleinen Tisch hinter den Sitzpolstern, nahe der Tür zur Küche. Ich legte meine Hände auf ihre um ihr zu sagen, dass sie alle Zeit hatte, die sie brauchte. Sie atmete einmal tief ein und dann aus.
"Ich kenne die beiden... Nicht ganz persönlich, aber ich weiss, wer sie sind. Sie sind Konkurrenten von meinem Ex-Freund", sagte sie.
"Konkurrenten im Sinne von Beziehungskonkurrenten oder wie ist das zu verstehen?", fragte ich sie.
"Nein. Konkurrenten im Sinne von Geschäftskonkurrenten..." Sie seufzte.
"Und warum waren sie hinter dir her?", fragte ich.
"Naja sie waren nicht direkt hinter mir her, sondern hinter meinem Ex."
"Aber das macht doch keinen Sinn, wenn er dein Ex ist. Du hast ja nichts mehr mit ihm zu tun", sagte ich und sah sie verwirrt an.
"Ich weiss aber ich bedeute Josh, meinem Ex, noch immer sehr viel und das wissen die Typen. Sie wollten so an Josh heran und ihm eins auswischen, dass er in ihrem Territorium agiert hat", erklärte sie.
"In wessen Territorium? Und was für Geschäfte genau?" Ich verstand gerade nicht, was sie meinte.
"Nun, Josh war nicht unbedingt das, was man sauber nannte... Er hatte schmutzige Geschäfte am laufen, was der Grund war, warum ich ihn verlassen hatte. Das war mir einfach viel zu gefährlich", sagte sie.
"Er hatte mit Drogen zu tun", fügte sie etwas leiser hinzu. Ich sah sie stillschweigend an. Das musste wirklich schwer für sie sein, denn ihre Miene war düsterer als der stürmischste Himmel verhangen von dunklen Wolken.
"Also denkst du, die wollten dich entführen, um deinen Ex unter Druck zu setzen?", fragte ich.
"Ich vermute ja... Beim Drogengeschäft ist die oberste Regel: Agiere niemals im Territorium eines anderen, sonst bezahlst du einen sehr hohen Preis", antwortete sie.
"Naja zum Glück war ich ja da, um das Schlimmste zu verhindern...", sagte ich und versuchte, die Stimmung irgendwie zu lockern. Denn die war gerade angespannter als jeder Bogen und aufgeladener als jeder Blitz. Adriana sah zu Boden. Ich stand von meinem Platz auf und kniete mich vor ihren Füssen hin, dann nahm ich ihre Hände in meine.
"Adriana eines verspreche ich dir. Solange ich bei dir bin, wird dir nichts passieren", sagte ich und sah sie an. Langsam erwiderte sie meinen Blick. Gequält lächelte sie leicht. Dann vibrierte etwas. Adriana griff in ihre Hosentasche, es war ihr Handy.
"Wer ist es?", fragte ich sie instinktiv. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich und sie wurde schlagartig bleich im Gesicht.
"Mein...", sagte sie, aber sprach nicht weiter.
"Adriana wer ist es?", fragte ich erneut. Sie sah mich an und ich konnte ihr Unwohlsein in ihren Augen sehen.
"Mein... Ex...", sagte sie schliesslich und legte das Handy auf den Tisch. Ich nahm es in die Hand. Es vibrierte immer noch. Dann sah ich Adriana an, sie nickte. Ich drückte auf den grünen Hörer.
"Ja?", sagte ich. Am anderen Ende erklang eine tiefe, dröhnende männliche Stimme.
"Wer ist da?!"
"Jedenfalls nicht Adriana", sagte ich, blieb aber völlig gelassen. Adriana sah mich an.
'Es wird alles gut' formte ich lautlos mit meinen Lippen.
"Wo ist sie?! Was hast du mit ihr gemacht?!", knurrte die Stimme, die wohl von diesem Josh stammen musste.
"Hör zu, Josh? Oder? Das ist doch dein Name, nicht wahr?", fragte ich gelassen.
"... Woher kennst du meinen Namen?", fragte er und es war zu hören, dass ihm das nicht geheuer war.
"Das tut nichts zur Sache. Ich sage dir das nur einmal Josh. Halt dich von Adriana fern. Deine Geschäfte schaden ihrer Sicherheit genau so wie du selbst. Sie hat dich abgeschrieben, also schliess damit ab & bleib aus ihrem Leben raus", sagte ich und wollte auflegen, als Josh ins Telefon brüllte.
"Ok wer bist du und woher weisst du das alles?! Was hast du mit Adriana gemacht?! Ich schwör dir, du bist ein toter Mann, wenn du ihr auch nur ein Haar gekrümmt hast!!" Er klang wütend.
"Hör zu, ich habe ihr rein gar nichts getan. Im Gegenteil, ich habe sie vor schmierigen Typen gerettet, die sie entführen wollten, weil DU im Territorium eines anderen agiert hast! Halt dich von ihr fern oder es wird Konsequenten haben. Für DICH!" knurrte ich und legte diesmal wirklich auf. Dann gab ich Adriana das Handy zurück.
"Was wollte er?", fragte sie unsicher.
"Naja er sucht dich wohl. Aber da muss er erst an mir vorbei. Er ist eine Gefahr für dich", sagte ich und sah sie an.
Sie stand auf, aber ihr war anzusehen, dass sie kaum stehen konnte, so sehr zitterten ihre Beine. Daher nahm ich sie in den Arm. Behutsam strich ich ihr über den Rücken. Ihr Gesicht presste sie, wie am Tag zuvor, gegen meine Brust.
"Solange ich bei dir bin, wird dir nichts passieren. Das verspreche ich dir", sagte ich und legte mein Kinn auf ihren Kopf.
Wir blieben eine Weile so stehen, bis ich sicher war, dass sie sich wieder beruhigt hatte. Ich wollte nicht, dass sie mir vor den Füssen zusammenbrach, weil sie solche Angst hatte.
"Geht's wieder?", fragte ich sie und schob sie an den Schultern ein wenig von mir weg, damit ich sie ansehen konnte.
"Mhm...", sagte sie wenig überzeugend.
"Was sollen wir jetzt tun?", fragte Adriana mich.
"Ich weiss es nicht, aber auf jeden Fall sorge ich dafür, dass Josh dir nicht zu Nahe kommt."
Ein schwaches Lächeln huschte über ihr Gesicht und liess ihre Augen für einen Bruchteil einer Sekunde leuchten.
Ich wusste nicht wieso, aber ich fühlte mich dazu verpflichtet, sie vor allem zu bewahren, das ihr schaden konnte. Egal, was es war.
"Äh Ethan?", fragte Adriana nach einer Weile.
"Ja?"„Könntest du... mich wohin bringen?", fragte sie.
"Wohin denn?"
"Das sage ich dir auf dem Weg dahin, ok?"
"Ok...", sagte ich.
"Es... geht um meinen kleinen Bruder", sagte sie und ihre Stimme hörte sich brüchig an. Ich nahm sie direkt wieder in die Arme.
"Erzähl es mir, wenn du dich bereit fühlst", sagte ich und sie nickte.