Different Worlds 🔁 | BoyxBoy...

By IceSpike

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Leo ist es leid, schwach zu sein. Regelmäßig kriegt er dies aber zu spüren, schließlich ist er ein Omega. Und... More

// PROLOG \\
Vorwort
// ONE \\
One | In einem Monat | I
Two | Der Alpha-Junge | II
Three | Geheimnisse | III
Four | Kenneths Attacke | IV
Five | Fassaden | V
Six | Geisterhaus | VI
Seven | Überladung | VII
Eight | Umschwung: Teil 1 | VIII
Nine | Umschwung: Teil 2 IX
Ten | Danach | X
Eleven | Laternenlicht | XI
Twelve | Glasscherben | XII
Thirteen | Zwei Flammen | XIII
Fourteen | Neue Farben | XIV
Fifteen | Im roten Eissturm | XV
Sixteen | In letzter Sekunde | XVI
Seventeen | Kreuzfeuer: Teil 1 | XVII
Eighteen | Kreuzfeuer: Teil 2 | XVIII
// TWO \\
Nineteen | Trümmer | XIX
Twenty | Blinkende Metropole | XX
Twenty-One | Perspektivenwechsel | XXI
Twenty-Two | Diamantenhügel | XXII
Twenty-Three | Blanke Wut | XXIII
Twenty-Four | Vergessene Erinnerungen | XXIV
Twenty-Five | Reue, Wut und Eifersucht | XXV
Twenty-Six | Casus Academius: Teil 1 | XXVI
Twenty-Seven | Casus Academius: Teil 2 | XXVII
Twenty-Eight | Licht ins Dunkle | XXVIII
Twenty-Nine | Partielle Doppelbindung | XXIX
Thirty | Alleine | XXX
Thirty-One | Man liebt nur zweimal | XXXI
Thirty-Two | Ein Flüstern im Wind | XXXII
Thirty-Three | Vertrauen | XXXIII
Thirty-Four | Instabil | XXXIV
Thirty-Five | Echos der Zeit: Teil 1 | XXXV
Thirty-Six | Echos der Zeit: Teil 2 | XXXVI
// THREE \\
Thirty-Seven | Kerzenlicht | XXXVII
Thirty-Eight | Schneeflocken | XXXVIII
Thirty-Nine | Palmen und Pinien | XXXIX
Fourty-One | Spiegel der Wahrheit | XLI
Fourty-Two | 180 Grad | XLII
Fourty-Three | Frames in Grau | XLIII
Fourty-Four | Der große Rat: Teil 1 | XLIV
Fourty-Five | Der große Rat: Teil 2 | XLV
Fourty-Six | Der Platz des Mondes | XLVI
Fourty-Seven | Betäubend | XLVII
Forty-Eight | Stillstand | XLVIII
Forty-Nine | Schmelzender Schnee | XLIX
Fifty | Ein neuer Stern | L
Fifty-One | NERO 2.0 | LI
// DF Lexikon \\

Fourty | In den Schatten | XL

150 14 0
By IceSpike

// Kurze Triggerwarnung. Es geht zum Teil um die schlechte Behandlung von Kindern \\

PoV. Leo

Gelangweilt stochere ich in der Schale mit kaltem Reis. Henrik hat heute wieder von einem komischem "Zuhause" erzählt. Er meinte, er würde dorthin zurückkehren. Dort, wo alles gut sei. Wo für ihn gesorgt sei, wo man Spaß haben könne. Doch wenn das alles "Zuhause" ist, sind wir dann nicht schon "zuhause"?. Die Aufseher kümmern sich um uns. Wir dürfen sogar manchmal spielen. Zwischen dem Unterricht und der Ausbildung. Ich sehe mich um. Die anderen haben bereits aufgegessen und sehen stramm nach vorne. Ich spinkse zu Henrik. Doch dieser kurze Blick hat den Aufsehern schon gereicht.

"Hey! Du kleine Ratte!"

Auf einmal fliegt die Schüssel Reis weg, als der Aufseher sie weggetreten hat. Ich sehe auf. "Du wagst es, mich mit deinen minderwertigen Augen anzusehen?", spuckt er mir ins Gesicht. Sofort senke ich den Blick, doch da spüre ich bereits die Peitschenhiebe. "Du bist Dreck! Abschaum! Dich wird nie jemand kaufen!". Die Worte prallen an mir ab wie eh und je. Ich habe nie etwas anderes erfahren. "Du bist so unbrauchbar! Das ist das fünfte Vergehen diese Woche! Wir sollten überlegen, dich nicht abzuschalten", murmelt der Aufseher, steckt die Peitsche weg und gesellt sich zurück zu den anderen Alpha-Aufsehern.

Ich sehe den Boden an. Wenn sie mich ausschalten... dann heißt das, dass ich... 

Ich schlucke. Ich muss weg. Ich muss gehen! Ich werde Henriks Plan kapern. Auch wenn ich nichts von der Welt da draußen weiß. Ich muss diesen Monstern entkommen! Sie sorgen zwar für uns. Doch sie können uns auch ausschalten.

Der Raum verschwimmt in Rauch. Ich wirble herum und finde mich im verbotenen Trackt des Gebäudes. Während der Aufseher-Ablösung habe ich einen der Hauptschlüssel gestohlen, genau so wie es Henrik geplant hat. Er ist so schlau. Wenn ich älter bin möchte ich auch so schlau sein wie er. Ich schlucke. Der Flur ist dunkel. Langsam tapse ich den Gang entlang. Ich weiß, dass auf der anderen Seite die Tür ist, die in die Freiheit führt. Dahinter soll es angeblich so viele Süßigkeiten geben, wie man essen kann.

Ich biege um eine Ecke. Links von mir zweigt eine Türe ab. Ich kann Stimmen hören. Vorsichtig nähre ich mich der angelehnten Tür, aus der etwas Licht den dunklen Betongang erhellt. "Was soll das heißen, einer fehlt?", dringt eine arrogante, aufgebrachte Stimme aus dem Raum. "Es tut mir so leid Sir, wir haben nicht aufgepasst", erwidert eine andere, jüngere und ängstlichere Stimme. "Dann tut ihr gut daran, ihn zu finden!", erwidert die erste Stimme daraufhin. Ich trete etwas näher, als Stille herrscht. Die Tür wirft einen gespenstigen Lichtstreifen auf die Wand des Betongangs. 

"Ich habe gesagt, du sollst den kleinen Bastard finden!", schallt die arrogante Stimme durch den Flur. Ich zucke etwas zurück. Und erst dann begreife ich, dass es um mich geht. Das Herz rutscht mir in die Hose. "Ich... ich habe Lydian schon drauf angesetzt, Sir", erwidert die andere Stimme. "Wie konnte das eigentlich passieren? Ich habe dir doch gesagt, schließ die Zimmer richtig ab, Idiot!", schreit die erste Stimme wieder. "T-Tut mir leid Sir. Er ist wie vom Erdboden verschluckt, aber Lydian wird ihn sicher finden", stammelt die zweite Stimme. "Das hoffe ich doch für dich. Und jetzt geh mir aus den Augen", beendet die erste Stimme das Gespräch.

Wie angewurzelt stehe ich da und starre den Lichtstreifen an. Er brennt sich in meine Netzhaut, schmerzt in meinen Augen. Viele Jahre später soll er einmal das Symbol dieser traumatischen  Erfahrung werden. Denn auf einmal vergrößert sich der Streifen zu einem Rechteck. Ich quieke leicht auf. Dann schaltet mein Hirn ganz schnell. Adrenalin schießt durch meine Adern und ich sprinte los.

"He, da ist er ja!", höre ich hinter mir, während ich eins mit der Dunkelheit werde. Ich laufe. Ich sprinte. Meine Lunge brennt wie Feuer. Ich schließe Türe um Türe auf, dringe immer weiter in die Lager der Sklaverei vor. Dann flammt Licht auf. Ich starre die Decke an. Jemand hat die Neonröhren angeschaltet. So ein Mist! Was mache ich denn jetzt? Dann fällt mein Blick auf eine Treppe. Der Keller! Natürlich! Sofort stolpere ich die Stufen herab in das kalte Dunkle. Mehrere Türen zweigen nun ab. Ich überlege nicht lange sondern steuere die erste an, die mir auffällt.

Mit aller Kraft, die mein kindlicher Körper aufbringen kann, schmeiße ich mich gegen die Tür. Mit meinen vier jährigen Armen drücke ich diese schließlich auf. Ich stolpere in den Raum mit den vielen Kartons und verschwinde panisch hinter einem Regal voller Konservendosen. Dann halte ich die Luft an. Es ist feucht in diesem Raum. Modrig. Doch trotzdem wage ich nicht zu atmen. Ich wage es nicht, den Sauerstoff aufzunehmen, nach dem mein Körper verlangt. Mein Herz pocht. Die Neonröhre über mir flackert. Dann höre ich etwas. Ich mache mich so klein wie möglich. 

Das Licht flackert erneut. Ich will hier nicht sein! Die Tür kracht auf. Ich quieke und mache mich noch kleiner, als ich es eh schon versuche. Und dann rieche ich ihn. Den großen, bösen Mann. Lydian! Er ist es. Er ist hier! Ich mache keinen Mucks. Er sieht sich um, reißt einige Kartons um. Und dann... 

Ich höre, wie er um das Regal herumtritt. Ich wage nicht, ihn anzusehen. Zitternd und wimmernd kauere ich mich in die Ecke. Sein Lächeln ist gruselig. Er greift mich, als wäre ich ein kleiner Hase. Dann, auf einmal, schreit er laut. Es ist so laut, dass ich das Gefühl habe, dass meine Ohren explodieren würden. Ich beginne zu weinen und zu zappeln. Er schlägt mich, mehrere Male. So lange, bis ich verstumme. Und dann zieht er mich mit. Wohin bringt er mich?

Der Griff verschwindet, als sich alles wieder auflöst, um die nächste Szene zu formen. Ich lande in einer Reihe von Anderen. Unsere Hände sind gefesselt. Ich habe unfassbare Angst. Wir werden in einen Raum geführt. Eine Halle. Eine karge, gruselige Halle. Dann drückt uns jemand zu Boden. Ich starre den Boden an.

Sie wollen uns ausschalten.

"Welch gute Ausbeute!", schallt eine laute Stimme zu mir. Sie ist so kalt und böse, dass alles in mir gefriert. Ihr Spott und Hohn ist so stark, dass mir jetzt sogar Lydian lieber gewesen wäre. "Ja, Mrs. Harvey, wir sind außerordentlich zufrieden", ertönt die arrogante Stimme, die ich aus dem Raum in dunklen Gang gehört habe. Die eiskalte Frau lacht nur.

"Ich bin immer wieder froh, wenn eine neue Generation an Missgeburten diese Welt verlässt", lacht sie böse. Die arrogante Stimme steigt mit ein. "Nun denn, fahren Sie fort. Ich werde oben warten", fügt sie hinzu, dann knall eine Tür. Es herrscht Stille. "Omegas, aufgestanden!", dröhnt eine andere Stimme durch die Halle. Sofort erhebe ich mich, genau wie die anderen. Ich weiß nicht genau, was jetzt passiert. Doch habe ich Angst. Angst vor den Alphas. Unglaubliche Angst.

Wir werden in einen weiteren Raum geführt. Mehrere Betten stehen hier. Betten mit medizinischen Geräten. "Ihr alle habt die Regeln unseres Hauses gebrochen. Deshalb sollt ihr nun ausgeschaltet werden", erklärt uns einer der Aufseher. "Es tut aber nicht weh und geht ganz schnell. Jeder von euch legt sich nun auf eine der Liegen. Die Omega-Krankenschwestern kümmern sich dann um euch". Ich schlucke und sehe zu der Gruppe an weiblichen Omegas, welche uns besorgt und bestürzt mustern.

Doch dann fliegt die Tür auf. "Stopp!", schallt eine Stimme durch den gruseligen Raum. "Was willst du, man?", fährt ihn der Aufseher an. "Ich... ich brauche den Omega aus dem Harvey-Skandal!", fährt der Unterbrecher außer Atem fort. "Ja, dann schnapp' ihn dir, aber nerv' nicht weiter", leiert unser Aufseher.

Auf einmal packt mich jemand am Arm und zieht mich unsanft mit. Irritiert sehe ich mich um. Jedoch bedacht, den Aufseher nicht anzusehen. Er schleift mich durch einige Gänge, durch einige Türen. Ich werde mit komischem Zeugs abgesprüht, gescannt und vermessen. Dann werde ich in andere Kleidung gesteckt. Das alles zieht an mir vorbei als wäre es ein vorgespulter Film.

Ehe ich mich versehe werde ich wieder mitgeschleift. Ich wimmere leicht doch erhalte nur einige unsanfte Hiebe des Aufsehers. Dann öffnet sich die letzte Tür. Wir betreten einen angenehm warmen Raum. Sofort fällt mein Blick auf eine sehr schmutzige Frau, die an einer schicken Theke wartet.

Sie macht ein "Ahhh"-Geräusch, als sie mich entdeckt. Wir bleiben vor ihr stehen. Die Frau beredet etwas mit dem Aufseher, dann hockt sie sich vor mich hin. "Hey du, mein Name ist Hannah. Wer bist du?", fragt sie mich mit sanfter Stimme. Ich sehe sie nur unsicher an. Ich hoffe nur, der Aufseher nimmt mich bald wieder mit zurück in Sicherheit.

"Oh Miss, er hat keinen Namen. Sie dürfen sich einen aussuchen, sie sind seine Käuferin", erklärt ihr der Aufseher mit freundlichem Ton. Die Frau überlegt kurz. "Du musst viel durchgemacht haben. Ein mutiger Junge bist du. Nach allem, was ich gehört habe. Nun gut, ich nenne dich Leo", erklärt sie dann.

"Also komm mit, Leo... dich erwartet so einiges da draußen"

...

- 14 Jahre später -

PoV. Scott

"Stör' ich?", presse ich überfordert heraus. Rae und Jason fahren auseinander. "Ich wusste nicht, dass ihr so miteinander... beschäftigt seid", füge ich hinzu. "Scott, warte!", ruft Jason und läuft auf die Tür zu, als ich sie grade wieder schließen will. "Ich kann dir das erklären!". Ich öffne die Türe wieder. "Oh, alles gut. Das ist schließlich eure Sache", gluckse ich, immer noch komplett überfordert. Rae hat derweil sein Gesicht in seinen Händen vergraben. "Ihr dürft rummachen, wann immer ihr wollt", füge ich dann grinsend hinzu und verschränke die Arme.

"Nein, nein so ist es nicht", stammelt Jason und öffnet die Tür komplett. "Es ist so, Rae ist... also... wie soll ich das jetzt sagen?", fährt Jason unbeholfen fort. Ich sehe zu Rae. "Was Jason sagen will, ist... ähm... es ist nämlich so...", fügt dieser zur unangenehmen Situation hinzu. Ich seufze. "Leute, kommt runter. Macht was ihr wollt, wirklich, was geht es mich denn an?", unterbreche ich die beiden und sehe zwischen ihnen hin und her, ehe mein Blick auf Jason hängen bleibt. "Aber warte, stehst du nicht auf Alphas?", frage ich dann etwas irritiert nach.

"Genau genommen, Scott, stehe ich auf Alphas und Omegas", erwidert Jason und richtet seine Brille. Ich sehe Rae an. Dann sehe ich Jason an. Dann wieder Rae. Er sieht etwas unbeholfen zu Boden. Dann kommt mir ein Gedanke. "Cyan ist ein Omega. Aber Rae hat nie gesagt, ob er auch ein Omega ist", spreche ich den Gedanken aus. Rae sieht auf. Auf seinem Gesicht steht totale Unsicherheit geschrieben. "Findest du das komisch?", wispert er schließlich. Jason tritt hinter ihn und legt seine Hände auf Raes Schultern.

Ich lege den Kopf schief. "Was jetzt genau?", erwidere ich und fühle mich etwas dumm. Rae druckst herum. "Naja... also... findest du es komisch, dass ich ein Alpha bin?", bringt er dann schlussendlich heraus. Ich starre ihn an. Dann Jason. Dann wieder ihn. Als ich nichts sage dreht sich Rae zu Jason um und drückt sein Gesicht gegen seine Brust.

"Seit wann geht da schon was zwischen euch?", wispere ich schließlich. Jason sieht runter zu Rae. "Seit... seit der Explosion der Underground-Labs. Als wir im Talicia-Hospital aufgewacht sind", erklärt Jason leise. In mir beginnt etwas zu zerbrechen. Ich sehe Jason an. Und dann erkenne ich das Gefühl: Enttäuschung. "Rea... es ist mir scheiß egal, was du für ein Gender hast, aber... ihr hattet Angst, es mir zu sagen?", bringe ich dann schließlich heraus. Die beiden schweigen. "So schätzt ihr mich ein, ja? Ihr denkt, ich sei ein homophober Typ, der euch dafür verurteilen würde?", fahre ich fort und werde lauter.

"Scott... beruhige dich bitte. Das war nicht gegen dich gerichtet, mehr so-"

"Oh nein, Jason Talicia! Ich habe dir alles anvertraut. Egal, wie komisch es war! Doch du... du enttäuschst mich!", fahre ich ihn an. Meine Stimme überschlägt sich. Etwas tief in mir regt sich. Eine Stimme, die die Quelle von vielen Übel in meinem Leben ist.

"Wir wollten niemanden bewusst ausschließen oder so. Wirklich. Wir wollten dir nicht wehtun-"

"Rae, du hältst dich da raus!", blaffe ich ihn an.

"Scott...", beginnt Jason nochmal sanft. "Niemand will dich ausschließen oder verlassen, okay? Du bist uns unglaublich wichtig". Seine Stimme sollte eigentlich abprallen, doch etwas anderes in mir lässt sie durch. Und das andere, dunkle schwindet langsam. Ich beruhige mich. Was geht hier wieder vor? Jason steht vor mir. Er sieht mich an.

"Du hast Verlustängste, habe ich recht? Du willst nicht, dass sich Menschen von dir entfernen", haut er dann raus. Ich blinzle. "Bitte was?", erwidere ich verdutzt. "Ich habe mir erlaubt, das zu beobachten. Deine Mutter, Cyan, dein Vater. Sie haben dich alle in irgendeiner Weise verlassen. Doch etwas hat eine Kehrtwende in dir gemacht, Scott Harvey", erklärt Jason weiter. Wie er mich wieder analysiert. Als wäre ich ein Schulprojekt.

"Leo?", fügt er dann hinzu. Ich nicke langsam. Er nickt ebenfalls und sieht zu Boden. "Ihr beide gehört zusammen. Ihr lenkt euch so wunderbar von euren Problemen ab", sagt er dann auf einmal. Ich sehe, wie Rae die Stirn runzelt. Dieser Satz passt irgendwie nicht. Doch ich beachte es nicht weiter. "Durch Leo kann ich Emotionen spüren... wenn ich bei ihm bin oder an ihn denke", erwidere ich und lasse mich auf Jasons Spiel ein. Er nickt. "Na also. Er ist das Kernelement, was deine Verlustängste lindert. Du vertraust ihm".

Ich lächle leicht. "Oh ja, das stimmt", antworte ich etwas in Gedanken. Er lacht und dreht sich wieder zu Rae. "Das ist sicher, was Perkins mit der Wahrheit meinte, nicht?", fügt er mehr an Rea gewannt hinzu. Ich sehe seinen Rücken an. "Mh, ja, das kann sein", murmle ich dann. "Ich gehe jetzt mal wieder, viel Spaß euch noch", füge ich hinzu und verlasse dann fast fluchtartig den Raum.

In der Halle angekommen atme ich tief durch. Das grade war unglaublich komisch. Doch ich schüttle die Gedanken ab und durchquere die Halle. Ich habe vollkommen vergessen, warum ich so spät noch nach Jason gesucht habe. Auf halbem Weg durch die Halle höre ich meinen Namen.

"Scott?"

Ich fahre herum. Aus dem Zwielicht der matten Beleuchtung hat sich eine Gestalt gelöst. "Dad?", bringe ich hervor. Tatsächlich. Mein Vater kommt auf mich zu. Er lächelt leicht. "Schön, dass du noch wach bist. Ich wollte dir die Nachricht erst morgen überbringen. Ich würde dich gerne mal mit nach Alypolis nehmen um dir meine Arbeit zu zeigen", erklärt er mir dann mit gedämpfter Stimme. Ich sehe ihn  schief an. "Wieso das denn?", erwidere ich total verwirrt.

"Du sollst lernen, wie der große Rat operiert. Schließlich werden du und deine Schwester ihn eines Tages übernehmen. Und jetzt, wo wir so gut miteinander sind, möchte ich dich einweisen", erklärt er dann weiter. Ich starre ihn nur an. "Okay... das klingt gut", erwidere ich künstlich grinsend. "Ach Scott", seufzt mein Vater dann und überwindet die letzten Meter zwischen uns. Fast schon vorsichtig legt er eine Hand auf meine Schulter.

"Du musst Leo vergessen, okay? Er ist nun mal umgekommen. Das ist tragisch, aber du machst dich damit nur selbst kaputt", fährt er fort. Ich schlucke und sehe zu Boden. Ich weiß, dass es nichts bringt, dieser komisch-liebevollen Version meines Vaters zu erklären, dass ich genau weiß, dass Leo noch lebt. "Alypolis wird dich sicher ablenken, mein Sohn", fügt er dann mit einem Lächeln hinzu und klopft mir auf die Schulter.

Dann dreht er sich um und gähnt müde. Ich starre seinen übernatürlich breiten Rücken an. Während er im Dunklen verschwindet entgleiten meine Gesichtszüge. Alles bricht wieder über mich herein. Leo lebt. Und ich werde ihn finden. Mein Blick gleitet zum Fenster, wo die Schneeflocken fast schon sturmartig herumjagen.

'Das ist sicher, was Perkins mit der Wahrheit meinte, nicht?', hallt Jasons Stimme in meinem Kopf wieder. Dann runzle ich die Stirn.

Ich kann mich nicht erinnern, Jason jemals von dieser ominösen Wahrheit erzählt zu haben...

(2596 Words) 

...

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