Es sind mittlerweile drei Jahre seit dem Spiel gegen den dicken Michi vergangen. Wir hatten mehr trainiert und waren mehr zusammen gewachsen - wir sind ein richtiges Team geworden. Komplett konnte man es nicht nennen, immerhin hatten uns zwei Mitglieder verlassen . . .
Heute war der erste Schultag nach Ferien, die wir natürlich mit ganz viel Fußball verbracht haben. Eigentlich haben wir nur Fußball gespielt.
Ich saß also gerade mit Markus im Deutschunterricht. Ich hasse diese Frau. Echt jetzt, die kann mich sowieso nicht leiden.
Ich hörte meinen Banknachbarn leise lachen.
Ich: Was ist los, Blon- Markus?
Ja diesen Spitznamen konnte ich mir einfach nicht wirklich abgewöhnen.
Markus: Dein Gesicht spricht Bände.
Ich seufzte und ließ meinen Kopf auf die Bank fallen.
Meine Lehrerin sah mich missbilligend an. Sie brauchte nichts sagen, denn mich würde es sowieso einen Scheiß interessieren. Das wusste sie.
Das wird auf jeden Fall ein interessantes Schuljahr.
Später auf dem Schulhof warteten wir nur noch auf Leon.
Wenn man vom Teufel spricht-obwohl eher denkt.
Er kam direkt auf uns zu gelaufen. Und er war nicht allein.
Ehrlich gesagt wunderte mich das schon sehr. Er war ja schon nicht sonderlich umgänglich, umso komischer dass gerade er jemand Neues mitbringt.
Neugierig musterte ich ihn. Ich konnte auf jeden Fall schon mal sagen, dass es ein Junge war. Er müsste ungefähr in unserem Alter sein. Und irgendwie kommt er mir viel zu bekannt vor.
Der Rest des Teams ist jetzt auch aufmerksam geworden.
Die Jungs kamen vor uns zu stehen.
Leon: Darf ich euch vorstellen? Das ist-
Mir fiel es wie Schuppen von den Augen. Wie konnte ich nur so dämlich sein.
Ich: Deniz, die Lokomotive.
Ich fiel ihm um den Hals. Er verspannte sich merklich. Also entweder hat er mich noch nicht erkannt oder er hasst mich. Mir lief eine kleine, einsame Träne übers Gesicht bei dem Gedanken, dass er mich hassen könne.
Ich: Ich hab dich so sehr vermisst, Deni.
Als ich mich gerade lösen wollte, erwiderte auch er die Umarmung und zog mich fest an sich.
Deniz: Meine kleine Desi.
Markus: Ehhm, könnte uns mal jemand aufklären?
Ich schaute in verwirrte Gesichter, als ich mich umdrehte. Außer bei Juli, ich glaubte da ein bisschen Eifersucht zu sehen. Irgendwie süß. Ich musste leicht schmunzeln.
Ich: Das, meine Lieben, ist mein herzallerliebster Zwillingsbruder.
So jetzt konnte ich Überraschung und Verwunderung sehen.
Marlon: Und warum wissen wir nichts davon?
Ich: Weil meine Familie eine Sache für sich ist und euch nichts angeht.
Deniz: Eine Sache über die wir nochmal reden müssen; er flüsterte nur, sodass nur ich das hören konnte.
Ich sah ihn einfach nur an. Auch ich wusste, dass wir viel Gesprächsstoff haben würden.
Unser Blickaustausch wurde durch Vanessa unterbrochen.
Letztendlich vereinbarten wir eine Übernachtung zu Hause. Ich war ja mal gespannt wie Papa auf Deniz reagieren würde.
Es war 16.50 Uhr. Und langsam wurde ich echt nervös. Warum? Keine Ahnung. Vielleicht wegen dem noch offenen Gespräch mit meinem Bruder. Ich lief die ganze Zeit im Zimmer rum.
17.00 Uhr. Ob das jetzt gut oder schlecht ist wusste ich noch nicht. Ich hörte die Klingel und lief schnellst möglich zur Haustür.
Wir sollten jetzt eigentlich mit mein Zimmer schlaftauglich machen, aber Deniz zu Papa zu bringen, hatte für mich jetzt erstmal Priorität.
Ich stand vor seiner Bürotür und klopfte zaghaft an.
Papa: Ja Kleine; konnte man aus dem Inneren hören.
Deniz' Sicht:
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Ich trat ein und Desi schloss hinter mir die Tür. Davon dass sie mich alleine mit unserem Vater sprechen lassen wollte hatte sie nichts erwähnt.
Ich stand jetzt also vor einem großen Schreibtisch, der in der Mitte des Raumes stand. Das restliche Zimmer war schlicht gehalten, es war weiß. Ich konnte an der Wand einige Bilder erkennen. Unter anderem auch eines von mir, was mich irritierte. Er hat mich doch verlassen. Eigentlich genauso wie Desi.
Ich richtete meinen Blick wieder auf den Mann vor mir. Er trug einen schwarzen Anzug. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er immer einen Trug. Seine Haare waren leicht zur Seite gekämmt. Als ich nichts vor mir ab, sah er interessiert auf. Auf seinem Gesicht konnte ich Unglaube sehen. Er stand auf und ging um den Tisch herum direkt auf mich zu und schloss mich in seine Arme. Oha, damit hatte ich nicht gerechnet.
Papa: Es tut mir Leid, mein Junge. Ich hab dich zurück gelassen. Aber erzähl, warum bist du hier und nicht bei deiner Mutter?
Er klang ehrlich interessiert.
Ich: Ich mache hier ein Auslandsjahr.
Desirees Sicht:
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Ich schloss langsam die Tür hinter mir. Ich musste einmal tief durch atmen um nicht rumzuschreien. Alle Sorgen und Probleme waren wie weggeblasen. Ich fühlte mich sorglos und glücklich, ganz wie in alten Zeiten.
Ich ging lächelnd zurück in mein Zimmer. Ich schmiss mich auf mein Bett und schloss die Augen. Dabei war mir völlig egal, dass die Anderen das ganze wahrscheinlich verwirrt, oder auch belustigt, mit ansahen.
Blondie - ja ich geb's auf, abgewöhnen konnte ich mir das ja sowieso nicht mehr - beugte sich über mich.
Markus: Warum so glücklich?
Ich schob ihn einfach nur weg. Meiner Meinung nach musste ich wohl kaum meine Stimmung erklären.
Als ich aufwachte am nächsten Morgen aufwachte, spürte ich wie jemand beruhigende Kreise auf meiner oberen Rückenhälfte zeichnete. Ich wusste sofort, dass es Deniz war. Er blieb immer nur auf einer Stelle und nur er wusste davon. Ich seufzte einmal wohlig auf, worauf man ein leises Lachen von ihm vernehmen konnte.
Ich: Du weißt es noch?; murmelte ich in seine Brust.
Deniz: Wie denn auch nicht? Immerhin hast du mich so verlassen.
Ich: Ich wollte dich nie verlassen.
Deniz: Nicht?
Verwirrt richtete ich mich auf.
Ich: Nein, natürlich nicht! Papa hat mich nachts einfach mit ins Auto genommen und ist zum Flughafen gefahren. Ich war zu müde, um überhaupt etwas zu sagen.
Deniz: Ja das klingt ganz nach dir; sagte er belustigt.
Raban: Worum geht's überhaupt?
Ich seufzte genervt auf und drückte mein Gesicht wieder in Deniz' Brust.
Ich spürte seinen stechenden Blick auf mir. Ich brummte zur Bestätigung, dass er meine Geschichte erzählen durfte.
Deniz: Eine Woche vor Desis Verschwinden, waren wir alle auf unserem Boot in der Nähe unser Lieblingsbucht. Beim fliegenden Orientteppich Desi und ich waren besessen vom Meer. Auf jeden Fall haben wir uns immer weiter entfernt. Wie es auch kommen musste wurde sie von irgendetwas angegriffen. Bis heute wissen wir nicht, was es damals war. Jedenfalls wurde sie verletzt und verlor kurz darauf das Bewusstsein. Mama und Papa hatten entweder unser Fehlen bemerkt oder Desis Schreie gehört, denn sie kamen schon angefahren. Sie wurde glücklicher Weise schon nach einer Woche entlassen. In der Nacht sind sie und Papa verschwunden. Ich denke es liegt an den ständigen Streitereien in der Woche, als du im Krankenhaus warst.; Ich muss gestehen, davon habe ich noch gar nichts gewusst.
Während des Gespräches entblößte er meinen Rücken, auf welchem drei große Narben mich an diese Zeit erinnern würden.
(Müsst euch das so ungefähr vorstellen - bitte kein Hate ist selbst gemalt)
Ich wollte gerade nicht reden, weshalb ich in meinem Ankleidezimmer verschwand. Ich holte ein schwarzes Oversized T-Shirt mit unserem Logo raus. Ich sah mich im Spiegel an. Ich tat das immer, wenn ich über etwas nach dachte. Mir lief eine Träne übers Gesicht, als ich an mein viertes Lebensjahr dachte. Ich wischte sie schnell weg und zog mir das Shirt über. Ich zog mir noch eine kurze Hose drüber und ging dann wieder in mein Zimmer.
Markus' Sicht:
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Ich sah Reechen, die gerade in ein angrenzendes Zimmer gegangen ist, hinterher. Dass sie schon sowas erlebt hat, hätte ich nie gedacht.
Ich starrte gedankenverloren auf die geschlossene Tür, bis mir eine Frage in den Sinn kam, auf die ich schon immer eine ernstgemeinte Antwort haben wollte.
Ich: Was hat es mit ihrer Kette auf sich?
Ich hatte einmal versucht sie darauf anzusprechen, aber sie hatte mich sofort abgeblockt und das Thema gewechselt.
Deniz: Ein Geschenk von mir zu ihrem 4. Geburtstag.
Der Letzte, den wir zusammen feierten; setzte er noch leise dran.
Es entstand Stille, in der jeder seinen Gedanken nach hing.
Meine schweiften zu Desiree. Und ich bin mir sicher, dass ich nicht der einzige war, der sich über sie den Kopf zerbrach.
Wenn man richtig darüber nach dachte, kannten wir sie beziehungsweise ihre Geschichte gar nicht. Wir wussten nur das, was sie uns wissen ließ.
Desirees Sicht:
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Als ich aus dem Zimmer trat, wurde ich von Stille empfangen. Irgendwie war es beunruhigend. Eigentlich waren wir als Mannschaft immer sehr laut und man konnte uns schon von weitem hören.
Ich: Verdammt noch mal, könnten wir dieses ganze Tema jetzt mal zur Seite legen und den Rest des Tages genießen.
Ich erhielt ein einstimmiges Nicken.
Ich: Gut, denn ich habe jetzt Lust auf Fußball.