A lovely surprise
,,Du bist endlich wieder da! Ich dachte ich müsse hier noch vor Einsamkeit sterben!", meinte ich und sprang in die Arme meines Freundes, welcher gerade erst das Haus betreten hatte und bis eben noch seine Reisetasche in der Hand hielt, die nun aber zu Boden gefallen war. ,,Wie lief es? Du musst mir wirklich alles erzählen, jedes noch so kleine Detail!"
,,Das würde ich liebend gerne jetzt schon machen, aber auf dem Weg hier her habe ich gesehen, dass die Weihnachtsmärkte schon geöffnet haben. Was denkst du? Wollen wir schon hin?", fragte Lay mich und lächelte dabei schwach, während er seine Hände noch an meiner Taille hatte. Sein Lächeln zu sehen, hatte mir in den letzten sieben Tagen, die ich hier allein in unserem Haus verbracht hatte, wirklich gefehlt.
Sofort nickte ich hastig. Mein Freund wusste genau, wie sehr ich Weihnachtsmärkte liebte und wie gern ich sie besuchte, seitdem wir uns dort vor fünf Jahren zum ersten Mal begegnet waren. Es war, wie heute auch, ein relativ kalter Tag und es schneite, während ich mit einigen Kollegen von der Arbeit verzweifelt nach Ständen suchten, an denen noch Plätze frei waren, weil uns der Hunger so plagte. Wir rannten ineinander, nachdem ich meine Freunde verloren hatte und Lay seinen Anhalt bei seinem Manager.
,,Es war wirklich Liebe auf den ersten Blick", sagte ich, als wir gerade die Straße hochgingen, in der, wie jedes andere Jahr auch, dieselben Stände waren. Ich hatte mich bei ihm eingeharkt und legte meinen Kopf wohlig seufzend auf seiner Schulter ab, während wir hier so entlang gingen.
,,Ich bin wirklich froh, dass du hier damals deinen Glühwein auf meinem Mantel ausgekippt hast, denn dadurch durfte ich den Mann meiner Träume kennenlernen", schmeichelte mir der Braunhaarige.
Natürlich schauten einige uns hin und wieder an, merkten wohl auch gar nicht, wie sie uns regelrecht anstarrten, aber daran hatte ich mich auf jeden Fall schon gewöhnt. Und Lay? Der arbeitete als Model und wurde daher täglich von Hunderttausenden, wenn nicht sogar Millionen von Leuten angeschaut.
Auch jetzt gerade schaute man ihn an, denn er hing an einer riesigen Werbefläche an einem der Hochhäuser. ,,Schau mal! Ist das nicht von deinem jetzigen Fotoshoot?", fragte ich und blickte auf den halbnackten Körper meines Freundes. Ich wusste gar nicht, dass auf solchen Tafeln auch die Werbung für Unterwäsche gezeigt werden durfte, aber da es Lay war, der für Calvin Klein poste, wunderte es mich nicht.
,,Man sagte mir schon, dass die Bilder innerhalb der nächsten Tage rauskommen würden, aber das ging wirklich schnell", bemerkte er lachend und machte einmal ein Bild von der Anzeige. Zwar machten seine Fans das schon und luden diese Bilder auch überall im Internet hoch, dennoch hatte er es sich so einer Gewohnheit gemacht, jedes mal ein Bild davon zu machen, wenn man ihn irgendwo in einer Werbung sah, sei es im Fernsehen, im Internet, einer Zeitung oder solch einer Werbetafel. Diese Bilder schickte er dann immer an seine Mutter weiter, die natürlich sehr stolz auf ihren Sohn war.
Aber auch ich war stolz auf ihn. Wie konnte ich das auch nicht? Mein Freund war ja regelrecht eine Legende.
,,Hast du Hunger? Es riecht hier so gut und ich möchte am liebsten von Allem etwas probieren!", sagte ich und fing an mich nach etwas Gutem umzuschauen. Nachdem wir damals zusammengekommen waren, versicherte Lay mir, für mich zu sorgen, sodass ich meinen Job kündigte und seitdem auf seiner Tasche lebte. Da sein Einkommen aber durch seinen hoch angesehenen Beruf nicht gerade klein war, störte es mich auch nicht. ,,Ich will diese gerösteten Mandeln und auch die Churros!"
Ohne weiteres kaufte er diese Dinge für mich, sodass ich meinen Hunger mit den weihnachtlichen Süßigkeiten stillte. Natürlich teilte ich mein Essen auch mit dem Mann, der dafür gezahlt hatte und mich mit einem so herzlichen Lächeln anschaute. Es war glaub ich einer schönsten Abende, die ich jemals in meinem Leben gehabt hatte, denn einfach an der Seite von Lay zu sein ließ mich schon so viel Glück fühlen wie nichts Anderes auf dieser Welt.
,,Haben Sie eine Sekunde für mich?", fragte mich nun eine fremde Frau, die so plötzlich mit mir sprach, dass ich mich schon richtig erschreckte. ,,Ah Entschuldigung, ich bin nicht interessiert an einer Bibel oder an Gesang", meinte ich nur, aber sie schüttelte hastig den Kopf.
,,Wir sind von einer Organisation, die sich für Tiere in Not einsetzen", fing sie an zu erklären und zeigte mir ihre Broschüre. ,,Das ganze Jahr über suchen wir in ganz Korea die Straßen ab nach Hunden und Katzen, die dort ohne ein Zuhause aufwachsen und hungern. Wir kümmern uns auch um Tiere, die in Gewalt von ihren Besitzern aufgewachsen sind und dadurch auch viele Probleme erlitten haben. Unsere Mission ist es, sich um diese Tiere zu kümmern und sie an Familien weiterzugeben, bei denen wir sicher sind, dass sie dort ein schönes Zuhause finden würden."
Sofort machte ich große Augen, als ich sah wie ein Mann hinter der Frau mit einem Korb herumging, indem sich kleine Welpen befanden, die unter einer kleinen Decke lagen, damit sie nicht frieren würden.
,,Da uns die Gesundheit der Tiere wichtig ist, sorgen wir dafür, dass diejenigen, die ein Tier von uns adoptieren, auch so gesehen ein ‚Starter-Kit' mitbekommen, also ein wenig was zu Essen und sowas", erzählte der Mann nun. ,,Es kostet kein Geld von unserer Seite aus, aber wir freuen uns natürlich immer über eine Spende."
Mein kleines Herz erwärmte sich mit der Sekunde, die ich die kleinen Welpen sah und sofort schaute ich zu Lay, welcher von der ganzen Sache nur halb so begeistert war wie ich. Ich wollte vor zwei Jahren schonmal einen Hund adoptieren, den ich in einem Tierheim gesehen hatte, aber während ich total bereit dafür war, lehnte er es die ganze Zeit nur ab und da wir in seinem Haus lebten, hatte ich keine andere Wahl, als nach seiner Meinung zu gehen.
,,Können wir dieses wenigstens drüber reden?", fragte ich ihn. Für einen Augenblick sah der Braunhaarige relativ genervt aus, denn diese Diskussion würde letztendlich wieder ins Leere führen, aber dann plötzlich lächelte er leicht.
,,Wir würden uns natürlich sehr darüber freuen, einen ihrer Welpen zu adoptieren und auch eine Spende dazulassen", sagte er. ,,Schatz, hast du dich schon für einen entschieden? Ich finde den hier ganz süß."
Ich sah gar nicht, welchen er meinte, denn ich war so fokussiert darauf, Lay ins Gesicht zu schauen, weil ich so verwirrt war. Vielleicht tat er das, weil er mir etwas Gutes tun wollte, was wiederum bedeutete, dass ich der einzige sein würde, der diesen Hund auch wirklich haben wollte.
,,Schatz? Habe ich da etwas im Gesicht?"
Aber ich schüttelte nur den Kopf. ,,Es überrascht mich nur so. Sonst wolltest du nie einen Hund haben", sagte ich leise.
,,Weißt du, du wünschst dir nun schon so lang einen Hund und ehrlich gesagt sehe ich da auch kein Problem mehr dabei. Ich denke es Zeit für Zuwachs in unserer kleinen Familie."
Beinahe schon zu Tränen gerührt, drückte ich ihn einmal ganz fest, bevor ich mich dann wieder mit den Welpen auseinandersetzte, die mir vor die Nase gehalten wurden. ,,Der soll es sein. Und ich möchte ihn Biwoo nennen!", schlug ich vor. Und damit war die Sache auch entschieden.
Wir folgten den Beiden zu einem der Stände, wo wir eine Tasche mit kleinen Spielzeugen, einigen kleinen Decken und Essen für den Hund bekamen. Der kleine Hund wurde dann in eine dieser Decken eingewickelt und in einen Hundekorb getan, mit dem wir ihn zu uns Nachhause bringen konnten.
Hand in Hand gingen wir nun also in Richtung des Hauses, in dem wir lebten. Der Himmel über uns war dunkel, aber leuchtete aufgrund der Lichter der Stadt dennoch ein wenig auf. Dann passierte es. Die ersten Schneeflocken fielen vereinzelt vom Himmel, dann wurden es immer mehr und immer und immer mehr. Ich freute mich fast schon wie ein Kind über den Schneefall.
,,Es ist wirklich wie damals. Nur, dass ich dieses Mal statt einem Menschen, einen kleinen Welpen mit Nachhause bringe. Und dieses Mal ist es nicht nur mein Zuhause, sondern unser Zuhause", sagte Lay und drückte meine Hand leicht. Wieder schien ich fast wie in einer Starre zu sein, weil mich das, was mein Freund sagte, so überforderte.
,,Lay, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Du bist heute zu gut zu mir", murmelte ich. ,,Ich fühle mich so schlecht, weil ich dir gar nichts zurückgeb-", wollte ich sagen, aber er unterbrach mich, indem er mein Gesicht in seine Hände nahm. ,,Nein, du brauchst mir nichts zurückgeben. Wirklich gar nichts. Du weißt nicht, wie glücklich ich mit dir an meiner Seite bin und ich weiß nicht, wie ich dir sonst zeigen kann, wie dankbar ich dafür bin, dass du mich liebst."
,,Du brauchst dich doch nicht dafür bedanken, dass ich dich liebe. Ich mein, schau dich doch an, wie kann man einen Mann wie dich nicht lieben?", fragte ich und lachte leise.
,,Kannst du mir bitte einen Gefallen tun?"
Ich nickte leicht und wurde langsam neugierig.
,,Bitte verlass mich niemals, ja? Ich bezweifle, dass ich jemals darüber hinweg kommen, geschweige denn das überhaupt überleben würde! Jede Sekunde meines Tages denke ich über dich nach und sobald wir auch nur zehn Meter voneinander getrennt sind, merke ich schon, wie mein Körper sich nach deiner Nähe sehnt. Viele Jahre habe ich allein verbracht und seitdem du in mein Leben getreten bist, war ich kein einziges Mal mehr traurig. Du bist die Sonne in meinem Leben, du erhellst wirklich jeden Tag und ich möchte auch, dass du wirklich jeden weiteren Tag für mich erhellst, bis ans Ende unserer Zeit", sagte er. Meine Beine wurden gerade ganz zittrig, denn ich ahnte schon, worauf das hier hinauslaufen würde, aber ich war definitiv nicht bereit dafür.
Aber er machte es. Eine kleine Schachtel aus seiner inneren Tasche des Mantels kramend, kniete Lay sich nun vor mich und hielt mir einen wunderschönen Ring hin, bestückt mit Diamanten und aus Weißgold oder Silber.
,,Ich weiß, das kommt jetzt wirklich plötzlich und auch ganz überraschend, aber ich denke es gibt keinen besseren Tag, um dich das zu Frage", meinte er. ,,Willst du mich zu deinem Mann nehmen?"
Natürlich wollte ich das, so sehr. Aber ich konnte es ihm nicht sagen, jedenfalls noch nicht.
,,Es tut mir so leid Lay", nuschelte ich leise vor mich hin und ließ damit augenblicklich sein Lächeln vergehen. Und seine Augen füllten sich mit Tränen.