Kapitel 8

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Als wir samt unseren Taschen in Noahs Auffahrt ankommen, steht die Tür zum Haus genauso wie der Kofferraum des Autos auf und die ersten Sachen sind bereits eingeladen. Neugierig mustere ich, was er alles gekauft hat. Ich entdecke eine Aufbewahrungsbox voll mit Wassermelone, ein Sixpack Apfelcider und Beerencider, Baguette, Frühlingsquark zum Dippen und etwas, das gefährlich nach dem aufblasbaren Drachen aussieht, mit dem wir schon als Kinder den See unsicher gemacht haben. Die Mühe, die Noah sich gemacht hat, überrascht mich und lässt gleichzeitig ein Lächeln auf meinem Gesicht erscheinen, weil es mehr viel mehr zu meinen Noah passt, als sein kryptisches Verhalten am Wochenende.

„Cool! Ich glaube wir müssen Noah öfter mit an den See nehmen. Das verdoppelt die Qualität direkt."

Typisch Eva schmeißt sie ohne auf eine Einladung zu warten ihre Sachen in den Kofferraum und wirkt nicht Mal peinlich berührt, als Noahs Stimme plötzlich erklingt.

„Sehr schön, dann ist der Plan ja aufgegangen."

Während ich mit einem halben Herzinfarkt herumfahre, grinst Eva nur breit. „Definitiv. Mit der Wassermelone hast du meine Stimme."

Noah lacht und schließt die Haustür hinter sich, bevor er mit einem Rucksack in der Hand auf uns zukommt.

„Ich merke es mir, sollte ich Mal eine politische Karriere anstreben."

Es fällt mir schwer, nicht einen Schritt zurückzutreten, als Noah knapp an mir vorbeiläuft, um an den Kofferraum zu kommen. Seine Jogginghose wurde durch eine unauffällige dunkelblaue Badehose ausgetauscht und er hat eine Sonnenbrille in die Haare geschoben. Allerdings wünsche ich, sie wurde auf seiner Nase sitzen, als er sich umdreht und seine blauen Augen mich komplett umhauen. Sie haben eine dunkle kräftige Farbe, die durch helle Sprenkel unterbrochen wird, und haben sich seit unserer Kindheit kein bisschen verändert. Das ist beruhigend und aufwühlend zu gleich, also konzentriere ich mich lieber auf das restliche Gesicht, mit dem kantigen Kiefer, den ausgeprägten Wangenknochen und wohlgeformten Augenbrauen, das so rein gar nichts mit dem Jungen von früher gemein hat.

„Soll deine Tasche auch rein?"

Fragend hält Noah mir seine Hand hin und ich reiße mich von seinem Anblick los. „Ja gerne."

Mit einem kurzen Lächeln übergebe ich ihm meine Tasche und will mich an meine Freunde wenden, nur um festzustellen, dass sie sich beide schon ins Auto gesetzt haben. Auf die Rückbank, was so viel heißt, wie dass ich vorne bei Noah sitzen muss. Mein Herz schlägt etwas schneller, während Eva bedeutungsvoll mit ihren Augenbrauen wackelt.

Ich hasse und liebe sie.

Mit einem weiteren kleinen Lächeln an Noah, gehe ich an ihm vorbei und lasse mich auf den Beifahrersitz fallen. Keine halbe Minute später steigt auch er ein und startet den Motor.

„Los geht's. Wenn ihr wollt, könnt ihr gerne Musik anmachen."

Noah deutet auf das Display, über dass man sich per Bluetooth mit dem Auto verbinden kann, bevor er sich darauf konzentriert aus der Auffahrt auszuparken. Das lässt mich mit der Bedienung dieses Raumschiffs alleine und ich tippe etwas verwirrt auf dem Display herum, bis ich die richtige Einstellung gefunden habe. Im Vergleich zu Mamas Auto, in dem man sich noch über ein Kabel verbindet, ist hier alles Hightech. Es erinnert mich schmerzlich daran, dass Mom kurz bevor die Affäre rauskam, sich nach einem neuen Wagen umgeschaut hat. Sie war so begeistert, sich endlich Mal etwas mehr Luxus gönnen zu können, nachdem das Haus abgezahlt war, und hat mir ständig Anzeigen zugeschickt. Mir ist nicht Mal aufgefallen, dass sie das Thema nie wieder aufgegriffen hat, seitdem Papa weg ist.

Mit einem tiefen Atemzug konzentriere ich mich wieder auf meine Aufgabe und suche etwas entspanntes für die Autofahrt raus. Ich kann nichts für Dads Entscheidungen. Und ich kann auch kein Geld herzaubern. Trotzdem fühlt es sich an, als hätte sich das Gewicht auf meinen Schultern Mal wieder erhöht.

F*ck Growing upWhere stories live. Discover now