Chance

699 15 0
                                    

Ich wollte nicht weg von ihm. Ich musste weg von ihm. Ich wusste das ich egoistisch agierte.
"Kannst Du nicht, weil Du glaubst Du müsstest mich vor Dir schützen, damit ich meinen Traum erfüllen kann. Damit ich Babies haben kann.", sagte er leise. Ich blieb stehen. Er hatte es verstanden. Und er sprach es so deutlich aus.
"Liebst Du mich so sehr, das Du Dich selber unglücklich machst, obwohl Du genau weißt, daß ich ohne Dich niemals wieder glücklich werden könnte. Das ich es auch garnicht will!", sagte er wieder. Mein Herz schlug schneller.
"Glaubst Du, daß ich Dich weniger liebe, nur weil bei der Operation eine Komplikation aufgetreten ist?", wollte er wissen. Er wusste es. Ich schnellte zu ihm um. "Du weißt das?", sagte ich. Er nickte. "Nach der Operation hat die Ärztin mir erklärt, was sie Dir im OP auch gesagt hatte!", gab er an. Er wusste es die ganze Zeit und er war bei mir geblieben. Er hatte mich nicht sitzen lassen.
Ich schloss die Augen.
"Roman, Du wünschst Dir Kinder, viele Kinder.", gab ich zu verstehen. Er nickte wieder. "Wir beide werden diese vielen Kinder haben!", sagte er und ich lachte bitter auf. "Wie soll das gehen? Ich kann zu 75% keine Kinder bekommen!" Er trat vor mich. "Du musst mich vergessen. Du musst ohne mich weitergehen. Ich kann nicht verlangen, das Du Dich mit 25% zufrieden gibst!", flüsterte ich fast tonlos.
"Ich muss mich garnicht mit 25% zufrieden geben. Babe, du hast nur die Hälfte registriert bei allem was die Ärztin gesagt hat, was in deiner Situation auch verständlich ist. Ich hatte es nicht direkt ansprechen wollen. Ja, wir haben unser Baby verloren, weil die Natur nicht mitgespielt hat, aber wir haben alle Möglichkeiten.", hörte ich ihn sagen. Ja, die Ärztin hatte nach der OP so viel gesagt, aber ich hatte nichts wirklich registriert. "Möglichkeiten?", wollte ich wissen. Mir schwirrte der Kopf, sollten wir tatsächlich eine Zukunft haben.
"Da sind immer noch 25% um auf natürliche Weise schwanger zu werden. Künstliche Befruchtung wäre für uns eine Option. Deine Ärztin sagt sogar, daß unsere Chancen dabei bei nahezu 100% liegen!", sagte er. "Wir werden unser erstes Baby immer vermissen, aber da werden mehr sein!", sagte er gerade so laut, daß ich es hörte.
Ich sank auf die Bank die dort stand, meine Hände schlug ich vor mein Gesicht und ich schüttelte den Kopf. "Ich habe völlig unnötig alles aufs Spiel gesetzt!", murmelte ich.
Er zog mich auf. "Nicht aufs Spiel gesetzt! Wir hatten ein paar Hürden zu überwinden, das Leben hat uns auf die Probe gestellt!", sagte er. Ich sah ihn an, konnte fast nicht glauben was er da sagte, denn es erinnerte mich an etwas. "Pasarás momentos difíciles, algo te pondrá a prueba, ¡pero todo saldrá bien al final!", flüsterte ich und er sah mich fragend an. "Erinnerst Du Dich an die alte Frau in Marbella an der Tapasbar?", er nickte auf meine Frage hin. "Es kommen schwierige Zeiten, ihr werdet auf die Probe gestellt, aber am Ende wird alles gut!", verriet ich was es auf deutsch hieß.
Dann nahm ich sein Gesicht in meine Hände. Zögerlich legte ich meine Lippen auf seine Lippen und seufzte, als er den Kuss erwiderte und mich anhob. Es würde gut werden.
Alles würde gut werden.

Romans Sicht

Alles in mir reagierte wie elektrisiert, als ihr Mund endlich wieder meinen berührte. Endlich durfte ich sie wieder küssen.
Ich wusste, daß Mama und Marco am Küchenfenster standen und eigentlich wollte ich Papa dabei haben, aber jetzt konnte ich nicht mehr warten.
Ich setzte sie ab, sah in ein lächelndes Gesicht.
"Wir sind uns einig, daß wir Babies kriegen?", fragte ich sie und sie strahlte mit glänzenden Augen. Sie nickte. Kurz nahm ich ihre Hände in meine. "Ich weiss, es gibt kein richtig oder falsch, aber nenn mich altmodisch und ich möchte es jetzt in der richtigen Reihenfolge machen. Was auch immer die richtige Reihenfolge ist!",sagte ich.
Mein Herz raste, meine Kehle wurde trocken, als ich mich auf ein Knie niederliess. Jetzt war unser Moment, jetzt fühlte es sich so richtig an. Ich sah auf, in das Gesicht meines Lieblingsmensch, das Gesicht, welches ich immer sehen wollte.
"Du bist mein Herzensmensch, du bist mein Lieblings Mensch, meine beste Freundin. Du bist der Mensch, dem abends mein letzter Gedanke gilt und morgens mein erster, egal ob wir zusammen im selben Bett liegen oder nicht. Ich will Dich immer, das Du bereit warst, zu opfern was wir haben, um mich glücklich zu machen, ist mehr, als ich je zu hoffen gewagt habe.", sprach ich einfach das was ich fühlte, was mir in den Sinn kam. In meiner Hosentasche griff ich nach dem schlichten Smaragdring und holte noch einmal tief Luft. "Madelaine Schwanenburg, Maddy willst Du meine Frau werden?", fragte ich deutlich. Sie nickte, sie hauchte ein Ja und ich stand wieder auf. Mit zitternden Händen steckte ich ihr den schmalen Ring auf den linken Ringfinger, küsste diesen. Ihre Hände zitterten ebenfalls.
Und dann gab es kein Halten mehr. Ich umschlang sie, drückte meinen Mund auf ihren. "Sag es!", murmelte ich an ihren Lippen, hob sie an. Ich drehte mich mit ihr. Sie schlang ein Bein um meine Hüfte. "Ja verdammt, ich werde deine Frau! Nichts anderes will ich, wollte ich seit ich Dich kenne.", flüsterte sie. Wir waren beide gerührt mit glänzenden Augen. "Ich liebe dich! Mon Coeur!", murmelte ich. Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. "Ich liebe Dich mehr!", provozierte sie mich, ehe wir den Kuss noch intensivierten.
Marco, Mama und auch Papa kamen dann raus. Mama hatte ihn angerufen. Sie gratulierten uns. Meine Mutter bewunderte ihren Ring, küsste meine zukünftige Frau auf die Wange. Mein Vater küsste sie ungeniert auf den Mund, was sie auflachen ließ. "Gut, gewöhn dich dran, das hier viel geherzt und geküsst wird. Nicht auf den Mund, weil Roman sonst durchdreht, aber willkommen in der Familie.", sagte er.
Marco umarmte mich. Dann nahm er Maddy in den Arm. "Euer erstes Kind, ganz gleich ob Junge oder Mädchen, müsst ihr nicht Marco nennen, aber ich biete mich als Patenonkel an!", sagte er. Maddy küsste ihn auf die Wange. "Du wärst es auch jetzt geworden!", flüsterte sie lächelnd, während sie Tränen in den Augen stehen hatte.

          

~~~

Es war unfassbar. Gestern noch verging ich vor Sehnsucht, jetzt war ich verlobt. Roman hatte alle meine Bedenken pulverisiert.
In der Einfahrt der Bürkis hielt dann unsere Stadtlimousine. Aus dieser stiegen Leonie und meine Granny. Ich war überrascht, sah Marco grinsen. Meine Großmutter sah in mein Gesicht, sah zu Roman. "Nun junger Mann, es hat lange gedauert nach dem ich meinen Segen gegeben hatte!", sagte sie. Dann schloss sie mich in ihre Arme, um danach Roman an sich zu drücken. Ich hörte, wie sie ihm Danke sagte. Dann aber waren Leonie und ich in einer Umarmung vertieft und sie besah sich meinen Verlobungsring.
"Hast Du ihm gesagt wo ich bin?", wollte ich wissen. Sie grinste. "Nein habe ich nicht. Ich habe geschworen ihm nichts zu sagen. Allerdings hattest Du mir nicht gesagt, daß ich es nicht Marco sagen dürfte. Naja, und was er dann Roman erzählt konnte ich ja nicht ahnen!", tat sie unschuldig. Ich nahm sie in den Arm. "Ich danke Dir für alles.", flüsterte ich. Während sich alle angeregt unterhielten zog mich Roman an sich und wir küssten uns. Wir küssten uns immer wieder, ohne auf die anderen zu achten.
Marco holte dann noch die Großeltern dazu und wir machten aus dem Grillen eine familiäre Verlobungsparty.

Meine Granny half Karin in der Küche, als sie einen leichten Champagner zum Anstoßen dazu holte. Sie erhob das Glas in unsere Richtung.
"Madelaine, ich gebe dich gerne in seine Hände. Nach dem Tod deiner Eltern hast Du so viel an Lebensfreude verloren. Du hast dich vergraben, auch noch als Du nach Dortmund gezogen bist. Als Du mich anriefst, aus dem Trainingslager, und mir das erste Mal von ihm erzählt hast, wusste ich, er ist der, der dich glücklich macht, denn Du hast vorher nie von den Männern gesprochen mit denen Du Dich getroffen hast. Manchmal wusste ich nicht mal, ob Du Dich mit jemandem triffst ich konnte es nur ahnen, aber niemand ließ Dich je so strahlen. Ich freue mich Roman in unserer Familie willkommen zu heißen. Ebenso wie ich mich freue Romans Familie in unsere aufzunehmen.", sagte sie Worte, die mich rührten, die mich glücklich machten. Und ich dachte an das erste Telefonat zurück, als ich ihn das erste Mal erwähnt hatte. Romans Vater erhob ebenfalls sein Glas. "Auf meinen Sohn und Maddy. Ich hätte mir keine bessere Schwiegertochter wünschen können." Marco war es, der berichtete, wann er das erste Mal von mir erfahren hatte.
Roman nahm mich in den Arm und küsste mich während Marco erzählte.
Der Kuss war innig und leicht, und er ließ die Damen der Runde verzückt seufzen.
Martin schmiss dann den Grill an und es wurde gegessen und getrunken. Werner, unser Fahrer, war auch in der Runde, aber er fuhr mit Granny wieder nach Mannheim. Marco fuhr mit Leonie die Großeltern wieder nach Hause und wir spazierten zu meinem Haus im Nachbarort.
Marco hatte den Koffer von Roman dort abgestellt. Den Samstag würden wir noch da bleiben, Sonntags zurück nach Dortmund fahren. Mein Leben schien aus den Fugen geraten und dann war alles so leicht.

Im Haus stand ich auf der Terrasse und blickte in die Sterne. Roman kam zu mir, legte einen Arm um mich. Seine Lippen lagen an meiner Schläfe.
"Mit dem Baby, es wird nicht gleich gut werden, aber es wird besser, jeden Tag. Meine Eltern passen auf unser Sternenkind auf.", flüsterte ich. Dann schmiegte ich mich an ihn, drehte mich zu ihm. Er küsste mich auf die Stirn.
"Du hast bei meiner Großmutter um meine Hand angehalten?", nuschelte ich an seiner Brust. "Ja, als wir nach Marbella bei ihr waren!", gab er zu. "Da schon?", war ich überrascht. Er grinste mich an. "Ich bin mir halt sicher. Ich will Dich für immer. Ich will uns!", sagte er. Wir küssten uns und gingen bald darauf schlafen.
In seinem Arm war der Schlaf nach langer Zeit erholsam. Früh wurden wir wach, kamen uns auch körperlich näher, was beinahe einer Erlösung gleich kam. Langsam, beinahe träge, schaukelten wir uns zu einem Höhepunkt, der lange nachhallte.

Kaum das wir aufgestanden, geduscht und angezogen waren, fuhren wir zum Bäcker und luden uns bei seinen Eltern zum Frühstück ein, die aber schon auf uns gewartet hatten. Ich lehnte an Roman, der mich von seinem Schokocroissant abbeissen ließ. Auf der Terrasse saßen wir zusammen. Immer wieder sah ich auf meinen Ring, was Roman lächeln ließ. Seine Eltern sahen erleichtert, daß es uns gut ging. Immer wieder küssten wir uns, hielten einander an den Händen.
Leonie und Marco hatten dort geschlafen und kamen auch zum Frühstück raus.
"So, jetzt mal Klartext.", ich klatschte in die Hände. "Seit Monaten scharwenzelt ihr umeinander herum. Leonie, du musst Dich nicht zurück halten. Ich will das Du glücklich bist, nur weil Du den Posten der Hofdame bei mir hast, und hoffentlich meine Trauzeugin wirst, bist Du nicht meine Leibeigene. Vielleicht manchmal!", gab ich an. "Na Gott sei Dank!", presste sie hervor und küsste Marco, der sie an sich zog. Roman sah überrascht auf. "Wann ist das passiert?", wollte er wissen. Ich stiess ihn an, grinste. "Glaubst Du, dein Bruder ist so oft bei Dir gewesen, weil er Dich sehen wollte? Wie oft habe ich Euch seit Silvester knutschend im Penthouse erwischt?", stellte ich klar. Die beiden grinsten verschwörerisch.

Pflichtgefühl - Herz über KroneWhere stories live. Discover now