Sani FF // UnsympathischTV x Inscope21

Kapitel 5 (Rückblick)

Wie bereits bekannt, war Nico kein Genie in der Schule. Weder hatte er die schon vorhandene Begabung, noch war er interessiert daran für die Schule zu lernen. Das lag nicht nur an Faulheit. Er war einfach an ganz anderen Sachen interessiert. Zum Beispiel war YouTube, welches am Anfang nur als ein Freizeithobby angesehen wurde, zur Lieblingsaktivität von Nico geworden. Er liebte es einfach sich vor die Kamera zu setzen und erzählen was für eine Scheiße gerade bei ihm abging. Letztens fing er neben den Gameplays auch an sich für Fitness zu interessieren. Er war schon immer ein sportlicher Mensch gewesen. Eine Zeit lang hatte er Fußball gespielt und dann ging er noch jahrelang zum Schwimmen. Vier Mal die Woche ist er hingegangen und hatte sich jedes Mal abrackern müssen. Das war ihm irgendwann doch zu viel. Nun war es Fitness. Als er seine neue Interesse für das Gym Sascha gegenüber erwähnte, war dieser ziemlich abgeneigt gewesen. „Wer ist bitte so motiviert und hebt Gewichte hoch?", war seine Antwort gewesen. „Naja, um halt eine gute Form aus sich rauszuholen", meinte Nico. Sascha erwiderte, dass seine Form ihn nun wirklich nicht interessierte. Darauf antwortete Nico, dass Sascha auch nach hundert Jahren kein Ergebnis an seinem Körper sehen würde. Er ging am Abend mit ein paar Flecken Kaffee auf dem Pullover nach Hause. Und damit war das Thema auch abgeschlossen.

Nico lernte jedoch demnächst im Gym einen Typen kennen, der genauso interessiert an Fitness und gesunder Ernährung war wie er selbst. Sein Name war Tim. Tim redete gerne sehr ausschweifend über seine Ansichten, was Nico anfangs irritierte. Allerdings kannte er niemand anderem in seinem Freundeskreis, der an Fitness Interesse hatte. Also verbrachte er mehr Zeit mit Tim und gewöhnte sich an dessen merkwürdige Art. Durch Fitness, YouTube, Freunde und Frauen fand die Schule fast keinen Platz mehr in Nicos Leben. Und dies wirkte sich auch auf seine Noten aus. An den Tagen, wo sie ihre Klausuren zurückbekamen, lugte Nico zu Sascha rüber, um seine Note zu sehen. Im Durchschnitt hatte dieser 8 Notenpunkte (das ist eine glatte 3). Hoffnungsvoll wartete Nico dann auf sein Ergebnis. Er bekam jedoch nur 1-3 Notenpunkte (5+ bis 5-). Einmal bekam er sogar 0 Notenpunkte, da er nichts ausgefüllt hatte. Am Anfang der elften Klasse kümmerte sich Nico nicht so sehr um seine schlechten Notenergebnisse. Er fand immer ein Alibi, mit dem er sich rausreden konnte. („Es war die erste Klausur in der Oberstufe. Da ist es doch okay...")

Doch zum Ende der elften Klasse machte Nico sich langsam Sorgen. Seine Noten hatten sich nicht viel gebessert und er lief in Gefahr die elfte Klasse zu wiederholen. Darauf hatte Nico nun wirklich keinen Bock. Er müsste ja dann ein Jahr länger die Schule aushalten müssen und das auch noch ohne seine Freunde an der Seite. Deswegen fing Nico nun an etwas mehr zu lernen, um die Wiederholung gerade noch vermeiden zu können. Seine Freunde waren anfangs überrascht, dass Nico auf einmal lernte, jedoch konnten sie es angesichts seiner Lage nachvollziehen, also störten sie ihn nicht dabei. Beim Lernen fiel Nico auf, wie sehr er die Schule hasste. Vor allem Mathe. In den anderen Fächern musste man nur ein paar Seiten lesen und einfach irgendwas zusammen fabulieren. In Mathe musste man ellenlange Rechenarten im Kopf haben, die man auch verstanden haben muss. Da war Nico raus. Und tatsächlich war seine Matheklausur die schlechteste Klausur von allen, aber zum Glück verliefen die Klausuren in den anderen Fächern besser als sonst, da er ja gelernt hatte. Die letzte Note in Gemeinschaftskunde würde bestimmen, ob Nico die erste Kursstufe wiederholen musste. Er musste mindestens vier Notenpunkte schaffen. Die Wochen vergingen und Nico wurde immer nervöser. Er wollte endlich das Ergebnis wissen. Sascha merkte seine Anspannung, konnte ihm jedoch nicht helfen.

Endlich kam der Tag, an dem die Lehrerin die Klausuren zurückgab. Sie ging durch die Reihen und verteilte an jedem seine Arbeit, wobei sie auch kurz noch einen Kommentar abgab. Irgendwann blieb sie vor Sascha stehen. „Eigentlich ganz zufriedenstellend, aber beachte doch bitte das nächste Mal etwas konkreter den Sachverhalt zu beschreiben.", sagte sie. Sascha nickte nur knapp und nahm die Klausur desinteressiert entgegen. Die Lehrerin ging zum nächsten. Nico wurde langsam ungeduldig. Wann kam er endlich dran? Tatsächlich war er der letzte. Sie kam auf ihn zu und legte seine Klausur langsam vor ihm hin und ging ohne auch nur einen Kommentar wieder weg. Das war kein gutes Zeichen. Nico blätterte die Arbeit auf. Drei Notenpunkte. Er spürte Saschas Blick von der Seite, doch darauf achtete er gar nicht. Er starrte nur das Blatt an. Dann nach einer halben Ewigkeit knüllte er die Papiere zusammen, warf sie der Lehrerin hinterher und rief laut Beleidigungen auf Türkisch. Dann nahm er seine Tasche und lief aus dem Klassenzimmer. Als er draußen war, vernahm er eine gespenstige Stille im Raume, doch das hielt ihn nicht auf. Er lief die Treppen runter, raus aus der Schule und blieb an der Bushaltestelle stehen. Der Bus fuhr praktisch einen großen Kreis um die Schule. Er und seine Freunde nutzten ihn oft in Freistunden oder so. Er wartete auf den Bus, stieg ein und fuhr eine Weile, ohne ein wirkliches Ziel im Kopf zu haben. Er beobachtete die vorbeiziehenden Menschen auf den Straßen. Irgendwann stieg er aus und ging zu einem Kiosk, um dort ein Dosenbier und Zigaretten zu kaufen. Als er wieder aus dem Laden ging, hörte er sein Hany vibrieren. Sascha hatte ihm eine Nachricht geschickt und gefragt, wo er sei. Nico antwortete ihm, dass er nach der Schule zur Tischtennisplatte kommen sollte.