益ᑕᕼᗩᑭեᗴր 𝟣𝟩益

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<____[|𝚃𝚊𝚎𝚑𝚢𝚞𝚗𝚐|]____>

Die Nacht ist eisig kalt und lässt meinen Atem vor meinen Lippen in einer weißen Wolke erscheinen. Mein Körper zittert immer noch ununterbrochen, was nicht nur an der Kälte liegt und daran, dass ich nur in einem einfachen Shirt und einer lockeren Hose bekleidet bin.

Ich kann keinen Muskel wirklich so bewegen wie ich will, laufe einfach nur wie an einer Schnur her gezerrt den mir nur allzu bekannten Weg entlang und folge meinen Instinkten durch die Nacht. Die Schatten um mich herum bewegen sich durch den kalten Wind, sonst ist kein einziger Ton zu hören. Die riesige, weitläufige Heilerstadt liegt völlig im Schlaf, während ich verloren und in Schock durch die Gassen mich schleife.

Ich verstehe nicht, wieso ich es nicht schaffe endlich dieses Gefühl weg zu bekommen...diese Enge in meiner Brust, die mich zu ersticken droht...Dieses Gefühl, was auf meiner Brust liegt und mich einfach nicht zur Ruhe kommen lassen will. Mein Kopf dreht sich und tausende Gedanken fahren mir immer noch durchs Hirn.

Ich hatte gehofft, dass ich durch den Abstand mit meinem Trupp und von Jungkook, eventuell endlich mein Leben wieder sortieren könnte, es wieder in die gewohnte Schiene schieben und weiter machen könnte...alles richten, was durch mich zerstört und aus den Bahnen geraten war...Doch das alles sind nur Wunschvorstellungen und Pläne, die ich nicht erfüllen kann...zumindest nicht so lange, bis diese Gedanken endlich weg sind und ich mich auf etwas Anderes konzentrieren kann.

Ich habe so viel zerstört, nur durch meine Anwesenheit. Seitdem ich zu den Jian gekommen war...bereits vor 2 Jahren hatte das alles angefangen...Durch meine Ankunft in Caneria begann sich unser Trupp bereits langsam zu wandeln und es war nur eine Frage der Zeit, bis es so kommen würde, wie es jetzt gekommen ist...

Unser Jiantrupp, der Jiantrupp Canerias...er war zerbrochen...

Und das alles durch mich.

Wäre ich vor knapp 2 Jahren nie von hier verschwunden, wäre es vielleicht anders gekommen, doch ich war egoistisch und hatte nur ein Auge auf mich selbst. Ich hab noch nie wirklich gut mit anderen Leuten gekonnt. Mein Ziel war es immer, meine Ziele und Pläne für die Zukunft und generell zu erreichen und genau das passte nicht in einen Jiantrupp...vielleicht übertreibe ich auch einfach, ich weiß es nicht, aber meine Anwesenheit hat den Anderen bis jetzt nur Unglück gebracht!

Wäre ich damals im Wald nicht auf Jungkook getroffen, hätte er mich nicht mit zu Hyeong-Joon und Jaehyun genommen, dann wäre ich wahrscheinlich nie zu ihnen gekommen. In den Jiantrupp Canerias. Wäre ich nicht bei ihnen eingestiegen unter Myojis Obacht, der mich von Anfang an schon nicht ausstehen konnte, weil er sicherlich bereits etwas ahnte, hätte sich Jungkook nie geändert. Er wäre weiter der unnahbare Elitekrieger gewesen, der kaum eine Schwäche hatte. Er wäre mir nie näher gekommen, genauso wenig wie ich ihm. Wir wären nie zusammen gekommen, hätten nie in dieser Nacht miteinander geredet. Er hätte mir nie erzählt, was damals wirklich bei ihm passiert war...Wir wären nie so eng zusammengeschweißt worden, er wäre nie mein Freund geworden und es hätte nie jemand dahinter kommen können. Weder Hyeong-Joon, noch Myoji, noch Shiwon. Niemand hätte irgendetwas gewusst, weil ich nicht da gewesen wäre. Der Jiantrupp, wie er früher einmal war, wäre geblieben, wie er gewesen war und wäre so weiter gekommen. Unsere Beziehung hätte nie jemanden dazu gebracht zu sterben, noch den Trupp so zu spalten, wie er es jetzt war...

Anfangs hab ich Shiwon echt nicht kapiert...Ich hab mich gefragt, was er gegen mich hat, was ich ihm getan habe und mir fiel echt nichts ein. Ich war zu überzeugt davon, dass wir nie und nimmer erwischt werden könnten. Ich ging nicht einmal im Traum davon aus, dass es soweit kommen könnte und unsere Beziehung an die Öffentlichkeit kommen würde. Ich dachte nie auch nur eine Sekunde daran, dass wir zu offensichtlich waren und irgendeine Handlung oder Entscheidung wegen uns so getroffen werden könnte, wie sie getroffen wurde.

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Ich kann bis jetzt nicht richtig sagen, wie ich mich gefühlt habe und was ich gedacht habe, als ich endlich begriff, was zur Hölle sein Grund war mich so zu behandeln. Bei Soo-Ri war es mir unbewusst schon klar, seitdem er sich in Adelia zu Wort gemeldet hat und mich so angegangen war.

„...Und du willst mir verklickern, dass du unschuldig bist. DU HÄTTEST ETWAS TUN MÜSSEN? Hyeong-Joon hatte 12 JAHRE Jiantraining und Kamperfahrung und selbst du warst bereits trainiert. UND DU WILLST MIR VERKLICKERN, DASS DU NICHTS TUN KONNTEST UM SEINEN TOD ZU VERHINDERN, ABER NOCH AM LEBEN SEIN, NACHDEM DU DIR DEN HALS AUFGESCHNITTEN HAST?! DAS KRIEGST DU HIN?".

Er hasst mich. Er hasst mich dafür, dass ich nichts getan habe und Hyeong-Joon habe sterben lassen, dass ich nicht geholfen und ihn gerettet habe. Er hast mich für den Fakt, dass ich noch lebe und nicht er. Und ich kann ihn verstehen...aber gleichzeitig scheint er nicht zu wollen, dass noch ein weiteres Mitglied aus unserem Trupp verschwindet oder stirbt. Selbst wenn es ich wäre...

„Und dadurch wäre dann noch jemand gestorben, oder was?! Na das wäre ja DIE Lösung gewesen".

Soo-Ri scheint noch nicht mit dem Fakt klar kommen zu können, dass ich noch lebe und ich schuld an Hyeong-Joons Tod bin...genauso wie ich...und dennoch scheint er nicht ansatzweise daran zu denken den Trupp noch mehr zu splitten. Im Gegensatz zu Shiwon...ich hätte nie gedacht, dass er jemals so handeln könnte und würde...er war immer hilfsbereit, nett und dennoch ernst. Er hat immer ein Auge auf die Anderen geworfen und fast alles akzeptiert. Er hat es sogar hingenommen, dass Jungkook ihn immer vermöbelt hat, als er mal wieder in Frust und Rage war und hat dennoch nichts gesagt...Und jetzt verhält er sich so... weil er jetzt weiß, wieso Jungkook immer so frustriert war und wieso er immer mehr mit mir interagierte, als mit jedem Anderen....weil er schwul war und ist und mit mir zusammen...

Für Shiwon wäre nie auch nur ansatzweise der Gedanke in den Kopf geraten, dass einer aus unserem Trupp auf andere Männer stehen könnte...nicht, wenn er gläubig ist und die Männer die bei den Jian sind, SO sieht. So normal und wie sie eben sind.

Es gibt genug Gerüchte und dumme Aussagen, die durch das Volk kreisen. Es kann kaum eine Person geben, die noch nie einmal etwas von diesen Gerüchten gehört hat, dass man jedem Schwulen es ansieht, dass er auf Männer steht oder „richtige" Männer niemals auf andere Männer stehen könnten. Das tatsächlich das „Idealbild" eines Mannes jemals auf das gleiche Geschlecht stehen könnte... Wie soll Shiwon jetzt also auch nur auf die Idee kommen, dass Jungkook schwul sein könnte, wenn er fast von der gleichen Statur ist wie er selbst....Logisch, dass er ihn nie wieder so sehen kann, wie er ihn immer gesehen hat...

Es wäre für alle wirklich besser gewesen, wenn ich hier geblieben wäre!

Durch gerötete, schmerzende Augen blicke ich immer noch zitternd und mich nicht beruhigen könnend auf das zweistöckige, große Haus vor meiner Nase. Weiße Wände, teilweise untersetzt durch dicke, dunkle Holzbalken. Eine kleine, schmale Veranda vor dem Haus und sauber geputzte, von Eiskristallen befallene Fensterscheiben.

Ich atme die kalte Nachtluft tief in meine Lungen ein, doch der typische, sonst immer so intensive Minzgeruch ist nur noch schwach erkennbar in der Luft. Das sonst mich beruhigende Gefühl ist nicht mehr um mich herum vorhanden und kann mich nicht ankern.

Ich stolpere eher schwach als alles andere auf die Holztür zu, die sich vor mir zeigt und gehe auf der schmalen Veranda auf das rechte Fensterbrett zu, auf dem eine normalerweise kleine Grünpflanze steht, die im Moment aber nur noch mehr Stock als alles Andere ist. Mit zitternden Fingern greife ich schwach nach dem Blumentopf, kann ihn erst anheben, nachdem ich zweimal verzweifelt versucht habe meine kalten Finger um den Ton zu legen und krame den silbernen Schlüssel darunter hervor, der bereits seit Jahren dort liegt und noch nicht einmal benutzt wurde.

Ich beiße meine Zähne frustriert von mir selbst zusammen, als ich immer mehr spüren kann, wie meine Energie aus meinem Körper fließt und ich meine Kontrolle nicht wieder erlangen kann. Mein Körper macht einfach was er will und kommt an seine Grenzen. Ich will einfach nur noch Erlösung, Ruhe und Zeit. Zeit um über nichts nachdenken und nichts tun zu müssen...!

Ich stecke den Schlüssel in das Schloss meines ehemaligen Wohnhauses, aus dem ich damals ausgebrochen bin und nie wieder hingehen wollte. Und jetzt stehe ich hier...aus Verzweiflung...und weil mir nichts Anderes einfiel...

Ich schüttel die Gedanken ab, trete in das Innere des Hauses, woraufhin mich augenblicklich eine weite, offene Fläche empfängt. Einige Meter von mir entfernt befindet sich die Holztreppe, welche in die erste Etage führt, wo die Schlafzimmer sich befinden. Direkt links daneben befindet sich der Teil mit sämtlichen Kräutern und Heilmitteln meiner Eltern. Ein uralter, wahrscheinlich fast schon antiker, dunkler Holzschrank mit Glastüren. Etwas davor befindet sich die immer noch riesige, bequeme, braune Ledercouch mit dem bunten Strickteppich auf dem Parkettboden. Durch die unzähligen, ordentlich geputzten Fenster fällt das wenige Mondlicht und erhellt den Raum, der immer noch so ordentlich, reinlich und aufgeräumt aussieht, wie sonst auch. Rechts von mir befindet sich die einzige Wand, die die Küche mit dem Esstisch abtrennt, doch mich interessiert das alles nicht.

Zielstrebig gehe ich auf den alten Schrank zu, der das Zeug beinhalten wird, was ich jetzt brauche. Ich reiße die Schranktüren auf, blicke schnell über die unzähligen Fläschchen mit den verschiedensten Medikamente und Mitteln, schnappe mir schließlich blind eins heraus, auf dem "Beruhigende Wirkung" und noch irgendetwas Kleingeschriebenes steht und nehme mir gleich zwei der weißen Pillen heraus.

Ohne groß darüber nachzudenken schlucke ich diese trocken runter und kralle mich schließlich immer noch halt suchend an der Platte des Schrankes fest. Mir ist klar, dass die Wirkung nicht sofort einsetzten kann und dennoch hilft mir das nicht wirklich. Ich spüre von Sekunde zu Sekunde wie ich immer schwächer werde, weshalb ich mich schließlich eher ungewollt in die Küche schleife, mir ein Glas aus dem Schrank nehme und mir über den Wasserhahn Wasser eingieße um meinen mehr als trockenen Hals zu bekämpfen.

Ich stürze das kühle Nass hinter, trinke es auf einmal aus und fluche schließlich leise auf als immer noch nichts passiert. Ich weiß selbst nicht was ich mir am liebsten gerade im Moment wünsche...wahrscheinlich irgendetwas was mich augenblicklich vergessen lässt und mich ablenkt. Aber jedes Medikament braucht seine Zeit, bis es erst wirkt...alles bis auf...

Als mir der Gedanke mit in den Kopf schießt, bleibe ich kurz wie erstarrt stehen und bin mir unsicher, was ich jetzt tun soll. Ich stehe einige Sekunden einfach nur so da, bis ich schließlich mit den Schultern zucke und mich überwinde. Was hab ich den noch zu verlieren? Nichts. Das Einzige, was für mich jetzt noch dabei raus springen könnte, wäre endlich Erlösung und nichts Anderes!

Unbewusst tragen mich meine Füße bereits zielstrebig zu dem recht versteckten Regal an der linken Wand mir direkt gegenüber in der Ecke. Zuvor hatte ich mir noch nicht einmal Gedanken darum gemacht, irgendetwas daraus auch nur ansatzweise anzufassen. Ich hatte auch nie den Grund, das Zeug trinken zu wollen...doch im Moment...

Meine Finger strecken sich automatisch nach den kleinen Türen auf, die ich schließlich auch einfach öffne und in das Regal schaue. Unterschiedlich große Flaschen aller Firmen und Farben tümmeln sich darin und strahlen mich fast schon an.

Wie paralysiert stehe ich davor, starre auf die Flüssigkeiten und bleibe aus irgend einem Grund einfach an einer Flasche mit dunkelbrauner, aber klarer Flüssigkeit hängen.

Ich denke auch nicht länger nach und nehme schließlich die Flasche aus dem Schrank, setze mich auf einen der Tische und lasse mich auf das erste Mal bewusst Alkohol in meinem Leben ein.

<____[|益|]____>

益 Wᴀʀʀɪᴏʀs - 𝙼𝚊𝚢𝚋𝚎 𝙸𝚗 𝙰𝚗𝚘𝚝𝚑𝚎𝚛 𝙻𝚒𝚏𝚎 益Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt