Kapitel 14

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Das Büro der Direktorin lag hoch über der Akademie im Glockenturm. Durch das bodentiefe Panoramafenster konnte man nahezu alles sehen, was nicht durch die Wolken oder kleine Nebelschwaden, die wie schüchterne Kleinkinder umher huschten, verdeckt wurde. Ebenso wie die Wänden war auch der Boden und die Decke verglast.

Darüber und darunter befand sich ein gigantisches Uhrwerk, das sich tief in den Turm fraß. Man hörte vereinzelt das Klicken der Zahnräder oder auch mal ein Surren, das eine unheimliche Resonanz im Turm hervor rief und den Boden leicht zum Schwingen brachte. Der ganze Raum schien irgendwie zu vibrieren, aber nicht nur von dem Uhrwerk, sondern auch von einer unheimlichen Menge an Magie, die sich scheinbar verstecken und im Schatten des Turmes bleiben wollte.

Weder Jason noch Bel nahmen die mächtigen und alten Runen an den Zahnrädern wahr, die den undurchdringbaren Schutzwall der Schule erzeugte und somit vor möglichen Angriffen schützte, gerade in der aktuellen Situation. Die Direktorin saß an ihrem Schreibtisch und blickte Jason und Bel direkt an, die Arme lagen verschränkt auf ihrer Brust.
„Also, was war da los?", fragte sie.

„Na, wenn das mal klappt", meinte Henry und schnaubte verärgert. „Sein Vater wird auf erbost tun und von der Direktorin eine Strafmilderung verlangen. Natürlich ohne Gegenleistung. Und ganz zufällig bekommt die Schule im nächsten Jahr eine dicke Spende", meinte er abschätzig.

Jason hatte Henry und Miranda direkt nach dem Gespräch getroffen und ihnen erzählt, was vorgefallen war. Bel schlief in seinem Zimmer, seine Knochen hatten schon angefangen zu heilen. „Der wird wahrscheinlich wieder mit ein paar Wochen Nachsitzen davon kommen", meinte Henry und schüttelte den Kopf.

„Halte dich einfach von dem Typen fern. Wenn er was will, kriegt er es meistens auch, aber auch er ist nicht komplett unantastbar. Und selbst er hat keine Lust auf Nachsitzen bis zum Tod. Was ich jedoch nicht verstehe ist, warum er es auch auf die abgesehen hat. Wenn er nur Bel wehtun will, warum zieht er dich dann da mit rein?"

Jason zuckte nur mit den Schultern. Auch er wurde einfach nicht aus dem Typen schlauer und die Direktorin hatte auch kein Wort fallen gelassen. Stattdessen hatte sie Bel und Jason ausgefragt und dabei angesehen, als würde sie den beiden bei einer falschen Antwort die Seele aus dem Leib reißen.

Henry stand auf und ging zur Tür, er musste erst mal in Ruhe nachdenken. Vielleicht wussten seine Eltern ja etwas, was die ganze Sache in ein anderes Licht rückte, immerhin kannten sie praktisch jeden. Miranda wurde schon vor einer Weile von ihren Freundinnen abgeholt und in die Stadt geschleift. Henry nickte Jason zu, ehe auch er sich verabschiedete und Jason alleine im Wohnzimmer zurück ließ.

Seufzend ließ sich Jason zeitgleich mit dem Zuschlagen der Tür zurück auf die Couch fallen und blickte an die Decke. Die Abendsonne erfüllte den Raum in einem warmen Rotton, der sich auf Jasons Gedanken legte wie eine warme Decke und ihn langsam aber sicher immer schläfriger werden ließ, ehe er vollkommen im Reich der Träume verschwand. 


„BIST DU EIGENTICH KOMPLETT BESCHEUERT!?", brüllte der Mann. Seine Flügel waren so weit aufgestellt, dass man entweder ihn oder den Boden ansehen musste. Malcom entschied sich für den dunklen Holzboden. Seine Wange brannte noch immer von der Ohrfeige seines Vaters, er hatte ordentlich zugeschlagen, sodass er noch immer sein Ohr klingeln hörte.

Er war am späten Abend nach Hause gekommen und hoffte, die Nachricht noch abfangen zu können oder sich zu mindestens vor seinem Vater zu verstecken, doch die Nachricht war schneller. Seit einer geschlagenen Stunde durfte er sich nun schon im Salon die Schimpftriade seines Vaters anhören, der sich immer weiter aufregte und schon einige Möbelstücke zerlegt hatte.

Die Adern an seinem Hals waren schon soweit geschwollen, dass sie beinahe platzten. „HAST DU MIR ZUGEHÖRT?!", brüllte ihn sein Vater erneut an und eine Vase flog dicht an ihm vorbei und zerschellte an der Wand hinter ihm. Malcom nickte stumm, sah aber dabei nicht auf.

------------Achtung: Kindesmisshndlung----------------

Er erinnerte sich noch gut an den ersten Anfall seines Vaters. Er war erst 12 Jahre alt gewesen und war zum ersten Mal in einer Klausur durchgefallen. Sein Vater hatte ihn stundenlang angeschrien, obwohl er schon längst weinte und sich entschuldigt hatte; es machte seinen Vater jedoch nur noch wütender. Seitdem hatte Malcom sich angewöhnt, die Worte seines Vaters soweit wie möglich zu ignorieren und zu schweigen.

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„DANN VERSCHWINDE AUF DEIN ZIMMER!", brüllte der Mann erneut und Malcom verließ fluchtartig den Salon, ehe die Couch kurz hinter ihm an der Wand zersplitterte. Er stürmte in sein Zimmer, wo er die Tür zuschmiss und sich auf das Bett warf, ehe er den Tränen und der Wut freien Lauf ließ und in das Kopfkissen schrie.

Womit hatte er das verdient? Wäre dieser blöde Dämon nicht, dann würde er sich jetzt mit Jason ein Zimmer teilen. Er hatte Jason extra vorher ausfindig gemacht und sogar die Zimmerzuteilung manipuliert, nur damit er auf das gleiche Zimmer kommen würde wie Jason. Aber dieser Notzugang, Bel, machte ihm einen Strich durch die Rechnung und nun war der mit Jason auf einem Zimmer.

Dann musste er auch noch Bel verarzten. Warum kümmerte er sich überhaupt um diesen Dämon? Die waren doch eh zu nix zu gebrauchen. Naja, außer um die Beine breit zu machen, wenn sie mal willig waren, dachte sich Malcom grinsend. Und dann beschützt er auch noch diesen Dämon und redet sogar mit ihm! Jason hätte sich mit Malcom unterhalten sollen, mit ihm die Zeit verbringen sollen, nicht mit dieser Fledermaus.

Immer musste dieser Bel ihm dazwischen funken! Dabei wollte er seinem Vater nur beweisen, dass er das kriegen kann, was er niemals konnte.

Sein Vater hatte anscheinend damals nicht nur ein Auge auf Jasons Mutter geworfen. Aber sie hatte ihn abgelehnt, alle Geschenke und Versuche abgeblockt und war von einem Tag auf den nächsten verschwunden. Bei dem Gedanken an die einzige und erste Frau, die ihm widerstehen konnte, war sein Vater beinahe ausgetickt und hatte den halben Salon zerlegt. Malcom grinste.

Er würde Jason schon noch bekommen, ob es nun freiwillig war oder nicht. Er würde seinen Vater vom Thron stoßen, ihm seine Schwächen und Unfähigkeit aufzeigen und selbst Oberhaupt der Familie werden. Mit einer Person so mächtig wie Jason an seiner Seite konnte ihn keiner seinen Platz verweigern.

Ihm wurde beinahe schlecht, als er das Magielevel von Jason mit seinem Auge, einer Fähigkeit, die nur seine Familie beherrschte und keinem bekannt war, sah. So viel Macht, verborgen unter einer schützenden Schicht...Wenn er ihn bekommen würde, wäre er unangreifbar. Ja, er musste ihn bekommen, koste es, was es wolle. Und wenn er ihn dafür brechen müsste, und wenn er dafür Bel umbringen müsste: Jason würde seins werden und damit auch die Macht über die Familie. In seinem Kopf setzte sich ein grausamer Plan zusammen.

Er zog ein dickes Buch aus dem meterhohen Regal hervor, ein libre logos, und fing an zu schreiben. Es war tiefblau und mit einer goldenen Fassung, die das dicke Buch stabilisierte und gleichzeitig verschloss. Nur sein Partner, der das Gegenstück besaß, würde die Nachricht lesen können und antworten. Eine abhörsichere Methode. Zufrieden klappte er das Buch zu und ging zum Fenster, von der er die ganze Stadt überblicken konnte. Bald würde sie und Jason seins sein.


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Der Vater ist ja ein richtiger Charmbolzen. Kein Wunder, dass Jasons Mutter da die Finger von gelassen hat.

Macht das Malcom sympatischer? Nein Seine Handlungen entschuldbar? Nein. Aber man versteht, warum er es macht. Er hat nie soetwas wie Liebe von seinem Vater kennen gelernt und kannte nur Machthunger.

Btw: gleichgeschlechtliche Beziehungen sind bei engeln oder Dämonen nix unübliches, da sowohl Männer wie Frauen schwanger werden könnne. Bei Männern ist es nur komplizierter, auch das mit dem schwanger werden.

Ich überlege, ob ich noch einen kurzen 2ten Teil hochlade...

Soaring Skies - Wie hoch kannst du fliegen?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt