Als wir am Abend in Hogwarts ankamen, sah man Harry kein einziges Mal in den letzten Stunden in unserem Abteil. Zwar hatte er keine Sachen bei sich, aber es war schon seltsam. Wir hatten ausgemacht, dass wir etwas länger warten, damit die Erstklässler und alle anderen Schüler als erster den Zug verließen, damit wir mehr Platz hatten und nicht gedrängelt wurden.
Als wir unser Abteil verließen, schauten wir uns im Flur um, aber wir konnten niemanden mehr erblicken.
„Wo ist Harry?", fragte Hermine unsicher.
„Auf dem Bahnsteig, vermute ich mal. Komm.", murmelte Ron und ging bereits zum Ausgang, wobei Hermine und Cho ihm widerwillig folgten.
Ich hatte ein mulmiges Gefühl; dass etwas passiert sei, denn so war Harry gar nicht, dass er über der ganzen Fahrt nicht zu uns kam. Ja, er war etwas schlecht gelaunt, dass wir ihm nicht wirklich Recht gaben, was Draco und die Todesser betreffen, aber das bedeutete noch lange nicht, dass er so wütend auf uns sein konnte.
„Wisst ihr was? Ich suche ihn und komme dann nach.", meinte ich und überreichte meine Umhängetasche Cho, bevor sie auf den Bahnsteig hüpfte. „Falls ich ihn nicht finde, rufe ich euch."
Der Hogwarts-Express blieb für einige Stunden immer auf dem Bahnsteig stehen, deswegen musste ich mir keine Sorgen machen, dass er wieder zurück nach London fuhr. Eine Sorge weniger.
Unser Abteil war diesmal ganz vorne im ersten Wagon, also war es leicht für mich ihn zu suchen, denn ich musste nur in eine Richtung gehen. Ich suchte in jedem Abteil nach, bis ich in den fünften Wagon kam, in welchem die meisten Slytherins saßen. Er hatte kein Abteil, sondern war ein normaler Reisezug, wo jeder offen zusammen saß. Seltsam war, dass die Vorhänge herunter waren.
Und plötzlich hörte ich ein unangenehmes Knacken.
„Das war für meinen Vater! Gute Fahrt zurück nach London!"
Ich riss empört die Tür auf und entdeckte Draco auf der anderen Seite des Wagons. Er drehte sich abrupt um, als er die Tür hinter mir zufiel und sagte nichts. Er schaute mich mit einem Blick an, wie ich ihn noch nie zuvor bei ihm gesehen habe.
Dann führte sein Blick zum kaputten Tisch.
„Was ist hier passiert, Draco?"
Plötzlich fühlte ich etwas bei meinen Füßen, doch es war unsichtbar. Ich zuckte kurz auf und ging zurück. Erst dann griff ich danach und ich fühlte eine Decke, die ich schnell zur Seite riss. Mit Schrecken entdeckte ich Harry, welcher bewusstlos dort lag. Seine Nase war umstellt, was das Knacken erklärte.
„Draco, was hast du getan?", fragte ich ihn entsetzt und kniete mich neben Harry hin.
Nun veränderte sich sein Gesicht in Wut. „Was tust du hier?"
Ich wusste auch nicht wieso, aber ich hielt Harrys Augen und Ohren zu, damit ich sicher war, dass er nichts hörte.
„Verschwinde von hier, Draco!"
Er kam einen Schritt auf mich zu und bemerkte, was ich da tat. Seine Wut war damit wieder verschwunden und er schaute mich an, als wolle er mir tatsächlich danken, aber es doch sein ließ.
„Jade, das bleibt doch unter uns... oder?"
Ich zögerte. Wenn Harry Recht hat und er ein Todesser ist, dann bin ich eine Verräterin. Aber jemand wie Draco als Todesser konnte ich mir kaum vorstellen. Vielleicht war er nur mir gegenüber nett, und das nur, wenn wir alleine waren. Gegenüber Harry oder Ron oder Hermine war er immer fies, das konnte niemand leugnen.
Ich nickte schnell und er lächelte zum ersten Mal auf, wenn auch nur kurz.
Ich konnte mir selbst gerade nicht verzeihen, dass ich Harry, einer meiner besten Freunde, gerade in dem Moment den Rücken zudrehte. Ich fragte mich selbst, was ich da eigentlich tat, denn sogar das war für mich etwas Neues.
„Und nun verschwinde!", zischte ich.
Draco nickte hastig, nahm seinen Koffer und verließ ohne sich zu mir umzudrehen den Hogwarts-Express.
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Jade Brian: Der Halbblutprinz
FanfictionAls sich Lord Voldemorts Faust immer enger um die Welt der Muggel und der Zauberer schließt, ist auch Hogwarts nicht mehr so sicher wie früher. Harry Potter vermutet die Gefahr in der Burg selbst, doch Dumbledore konzentriert sich eher darauf Jade u...