Der Glühwürmchen-Kürbis

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Wattpad Star: femaleFlower


Panik lähmte meinen Körper, ich wurde zur Marionette meines eigenen Gehirns, das mir diese Ausnahmesituation alarmierend bewusst machte. Vielleicht gab es ja doch einen Ausweg? Ich dachte fieberhaft darüber nach, wie ich aus dieser Lage entkommen konnte. Mein Herz schlug schneller, mein Atem stockte und ich rieb meine schweißnassen Hände aneinander. Dann konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und meine Anspannung platzte aus mir heraus.

„Verdammt, Mamma! Warum musst du mich immer mit dem Babysitten beauftragen? Ich bin siebzehn Jahre alt und habe durchaus andere Pläne für die Halloween-Nacht!", beschwerte ich mich und stampfte mit dem Fuß auf. Meine Schwester beim Süßigkeitenerbeuten zu begleiten, stand auf meiner Liste der verhassten Tätigkeiten ganz weit oben.

Meine Mutter musste ja nicht wissen, dass ich es mir am Halloween-Abend eigentlich mit einer Tüte Popcorn vor Netflix bequem machen wollte. Meine Ma griff gerade nach ihrer Herbstjacke und schüttelte entschuldigend den Kopf.

„Ach, Schätzchen, ich kann doch auch nichts dafür, dass ich Bereitschaftsdienst habe. Zu Halloween ist auf unserer Station im wahrsten Sinne des Wortes die Hölle los. Sei bitte vorsichtig und pass auf Naja auf. Kian wird ebenfalls mithelfen, das habe ich mit seinen Eltern geklärt. Bis dann, lass dich nochmal drücken!", erklärte sie schnell und machte Anstalten mich in eine ihrer warmen Umarmungen zu ziehen, aber ich blockte ab.

„Wie konntest du nur Kian informieren? Du weißt, wie sehr ich diesen Vollpfosten hasse. Ich fasse es nicht!", fauchte ich ihr entgegen.

Ich hatte einfach wahnsinniges Pech, dass dieser Junge der Bruder von Najas bester Freundin sein musste. Er war einfach ein anstrengender Egoist, der ständig einen blöden Spruch auf den Lippen hatte. Eine Minute mit ihm war eine Minute Lebenszeitverschwendung.

Sie warf mir eine Kusshand zu und rauschte im nächsten Moment aus der Tür hinaus.

„Du bist heute wieder der reinste Sonnenschein! Versuche dich mit ihm zu verstehen, deine und seine Schwester freuen sich darauf, gemeinsam an den Türen zu klingeln. Macht euch einen schönen Abend", rief sie mir von draußen zu.

„Schöner Abend, pah, Abend der Hölle trifft es wohl eher", murmelte ich vor mich hin und seufzte theatralisch.

Dann fiel mein Blick auf den ausgehöhlten Kürbis, der auf dem Küchentisch stand. Der Kürbis verzog so eine blöde Fratze - als würde er mich auslachen. Unsere Nachbarin, Christine, hatte ihn heute vorbeigebracht.

Plötzlich ertönte ein Holpern und Stolpern vom Treppenhaus. Meine Schwester, verkleidet in meinem alten Bettlaken, kam nur mit Schwierigkeiten auf beiden Beinen unten an.

„Also wenn du als Schreckgespenst durchgehen willst, solltest du vielleicht noch an deinem Auftritt arbeiten. Das nimmt dir sonst niemand ab", bemerkte ich schmunzelnd.

Naja schaute aus den zwei ausgeschnittenen Kreisen durch das Bettlaken hindurch und warf mir einen vernichtenden Blick zu. Das hatte sie von mir. Ich war eindeutig eine gute Lehrerin.

„Ich will so viel Süßigkeiten wie nur möglich erbeuten!", erklärte sie mir enthusiastisch und überging meinen Kommentar.

Bevor ich auf ihre Begeisterung eingehen konnte, klingelte es an der Tür.

Naja machte unsere Haustür auf und fiel einem zweiten Bettlakengespenst in die Arme. Sie hatten sich also abgesprochen, das wurde ja immer besser.

Geistertanz - Eine Anthologie zu HalloweenWhere stories live. Discover now