TWO

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LOREENA

"Mh?" ich sehe verwirrt zu Peach. "Ree gehts dir gut? du bist grad vollkommen weggetreten, als du das Kleid gesehen hast." obwohl Peach meine beste Freundin ist, habe ich ihr diesen schicksalhaften Abend nicht mit allen Details geschildert.

Ich begutachte das Kleid erneut. Es gefällt mir und scheint noch dazu meine größe zu haben. Wieso sollte ich mir von Kendra den Abend runieren lassen? Wieso habe ich mir beinahe von Kendra den Abend ruinieren lassen? diese Frau steht jeden Tag auf und blickt ohne Reue in den Spiegel, obwohl siee eine Familie auf dem Gewissen hat. Da sollte es für mich im Gegenzug ein leichtes sein, ein einfaches Kleid zu tragen.

Kurzentschlossen blicke ich zu Peach "Such dir ein passendes Gegenstück, wir gehen im Partnerlook."


NEW YEARS EVE

Einige Stunden später kommen wir bei Brandons Party an. Beziehungsweise vor dem Anwesen, welches Brandons familie gehört.

Logan, Peaches Chaffeur, hält am Fuße der Treppen, welche uns zu dem etwas höher gelegenen Landsitz bringen und wünscht uns einen schönen Abend, ehe er davon fährt.

Mein Blick fängt flüchtig alles ein, was es zu sehen gibt. Obwohl ich in einem Haus ähnlicher größe aufgewachsen bin, staune ich nicht schlecht. Die Moores besitzen offenbar mehr als das nötige Kleingeld.

In meinem inneren tut sich die Frage auf, ob es wirklich klug war, herzukommen.

"Worauf warten wir noch? gehen wir!" meint Peach enthusiastisch und zieht mich ohne auf meine Antwort zu warten hinter sich her.

Kaum im Foyer angekommen drückt mir jemand eine Glas in die Hand, welches ich jedoch unauffällig in die Zimmerpalme hinter mir gieße. Wer weiß, was da außer dem, höchst wahrscheinlich teuren Champagner, noch drin ist.

Mein Blick wandert durch das offene Untergeschoss. Aus den Boxen dröhnt Good time, alle unterhalten sich angeregt, und in der Mitte des Wohnzimmers befindet sich eine improvisierte Tanzfläche. Mit jeder Sekunde, die ich hier verbringe, manifestiert sich die Frage, ob ich nicht lieber zuhause geblieben wäre, deutlicher. Ich beschließe, dass ich erst einmal einen Moment zum durchatmen brauche.

"Ich hol uns mal eben an der Bar was zu trinken." meine ich an Peach gewandt, welche den Raum bereits suchend nach Brandon auskundschaftet. "In ordnung." ist alles, was sie dazu sagt.

Nach einem erneuten flüchtigen Blick erspähe ich die Bar, auf welche ich sogleich zu gehe.

"Guten Abend, was darfs sein?" fragt mich der Barkeeper, welcher ungefähr in meinem Alter sein müsste.

Kurz mustere ich ihn neugierig. Barkeeper sind im allgemeinen dafür bekannt, sich die Probleme und Sorgen ihrer Kunden anzuhören. Doch dieser hier hat sicher besseres zu tun, als sich mein gejammer anzuhören. Ich verwerfe den Gedanken wieder und bestelle zwei Cosmopolitan.

Nachdem ich dem Barkeeper ein Trinkgeld in Höhe von 10$ gegeben habe, mache ich mich auf die Suche nach Peach. Währenddessen nippe ich hin,- und wieder an meinem pinken, mit crushed ice versehenem Drink.

Als ich das ganze Untergeschoss durchkämmt habe und noch immer keine Spur von Pea sehe, ist mein Glas leer. Ich gehe zurück zur Bar und stelle es auf den Tresen. Anschließend setze ich mich auf einen der Hocker und ziehe mein Smartphone aus der kleinen, schwarzen Clutch.

Peach 🍑❤️
last seen today, 3:46 pm

Sie war heute Nachmittag das letzte mal online gewesen. Dennoch schicke ich ihr eine kurze Nachricht;

deinen Cosmo übernehme ich. Viel spaß ❤️

Wie um es zu beweisen, schicke ich ein Selfie hinter her, auf welchem ich das hohe Glas neben meinem Kopf halte.

Im letzten Moment, bevor der Auslöser betätigt wird, erscheint ein Kerl neben meinem Gesicht, welcher in die Kamera grinst, während man mir die Überraschung unschwer ansieht. Bevor ich das Foto löschen kann, wird es augenblicklich an Peach zugestellt.

Nach diesem unfreiwilligen Zusammenstoß mit Mr. Photobomb stelle ich fest, dass sich Teile des Drinks jetzt in und auf meinem Kleid befinden.

"Das tut mir leid." der Unbekannte zieht von irgendwo her eine Küchenrolle und reicht sie mir. Höchstwahrscheinlich kam diese vom Barkeeper, der alles gesehen haben muss.

Ich greife danach und beginne, die Flecken aufzutupfen. "Ist nicht deine Schuld, der Abend fing schon so an." Nach meiner improvisierten säuberungsaktion (nach welcher ich eher das Gefühl habe, jetzt vollends zu kleben), reiche ich dem Barkeeper die Tücher samt Rolle, welche er sofort entsorgt,- beziehungsweise wieder verstaut.

Nun habe ich auch Zeit, meinem Gesprächspartner in die Augen zu sehen. Was ich sehe, verschlägt mir die Sprache.

Er ist größer als ich, gut gebaut, hat langes, dunkelblondes Haar, einen Bart, geschwungene, volle Lippen und Augen, deren Farbe ich nicht ganz definieren kann. Elemente von grün bis braun sind darin zu finden.

"Wir sehen uns, cosmo girl." meint er, ehe er mir zuzwinkert, auf dem Absatz kehrt macht und mich mit vielen unbeantworteten Fragen zurück lasst.


MIDNIGHT

Um mich herum stehen glückliche Pärchen, die alle dem neuen Jahr entgegen fiebern

"5" was mache ich eigentlich hier?
"4" ich hätte zuhause bleiben sollen
"3" das war eine dumme idee
"2" ich sehe an mir runter
"1" wie konnte ich nur so dumm sein und glauben, ich könne das alles hinter mir lassen?

"HAPPY NEW YEAR!" ertönt es im Chor.

Ich wende mich gerade ab, da werde ich gepackt. "Du wirst mein neues Jahr sein." raunt mir eine dunkle Stimme ins Ohr. Ehe ich realisiere, was passiert, legt sich ein paar weiche Lippen auf meine.

Black FabricWo Geschichten leben. Entdecke jetzt