Kapitel 112

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Yoongi POV

„Wir sollten langsam nach Jejudo.", ertönte es von links, weshalb ich mit hochgezogener Augenbraue zu Namjoon sah. Er saß mir gegenüber, eine weiße Schachfigur in seiner rechten Hand. Nebenbei blätterte er bei jedem meiner Züge durch die Zeitung, welche uns Hyunjin gebracht hatte. Jeden Morgen ging er hinaus spazieren, während Jeongin mit mir das Frühstück vorbereitete und nahm gerne mal das morgendliche Extrablatt mit.

Jetzt wo es ihm und Jeongin wieder gut ging hatte ich beide, trotz unserer anfänglichen Probleme in meine Obhut genommen um sie etwas zu stärken. Bis vor kurzem waren sie nicht mal imstande gewesen Kontakt zu ihren Wölfen aufzunehmen, doch dank meiner guten, aber wahrscheinlich ziemlich harschen Trainingseinheit hatten sie beide wieder die normalen Fähigkeiten eines Wolfes zurückerlangt. Das Verwandeln fiel vor allem Jeongin noch ziemlich schwer, doch würde sich das nach einigen Monaten legen. Sie würden wieder so fit wie vor ihrer Zeit bei diesen behinderten Spinnern sein. Oh... Wie Lust ich doch hatte, dieses widerliche Abschaum auseinander zu nehmen!

„Wie viel Uhr haben wir?", fragte ich und ergriff nun eines meiner schwarzen Spielfiguren, nur um einen weißen Reiter von Namjoon in meine Obhut zu bringen. Namjoon sah auf und musterte seine verlorene Figur, dann schnippte er einmal und sein Handy fiel ihm regelrecht in die Hand. „12 Uhr...", antwortete er letztlich auf meine Frage hin, weshalb ich verstehend nickte. Um wie viel Uhr wollten wir uns treffen? Seufzend sah ich auf das Schachbrett. Ich bin am gewinnen. Es wäre schade wenn wir jetzt aufhören würden.

Ohne weiter was sagen zu müssen sprang Namjoon auch schon auf. „Tja, wir müssen uns jetzt fertig machen. Schade, schade. Jetzt können wir nicht weiter Schach spielen." Mit hochgehobener Augenbraue verschränkte ich meine Arme vor der brust. „Du bist so ein schlechter Verlierer.", grummelte ich und stellte den schwarzen Läufer zurück aufs Brett. Aufräumen konnte ich später. Im Schlimmstfalle würde Namjoon das für mich übernehmen. „Geh du schon mal den anderen vier bescheid sagen. Ich zieh mich noch schnell um.", nuschelte ich lustlos.

Grinsend nickte der Lilaschopf und drehte sich auch schon von mir weg, nur um zur Treppe nach oben zu laufen. Hyunjin und Jeongin saßen wie immer gemeinsam in dem Gästezimmer, beziehungsweise in ihrem vorübergehendem Zimmer. Mit ihnen waren die beiden Stray Kids Jungs die Namjoon aus Jejudo mitgenommen hatte. Soweit ich mich recht erinnern konnte hießen sie Jisung und Felix. Jisung, ein Beta und Felix ein Omega, genau so wie es bei Hyunjin und Jeongin war. Vor allem Felix schien dem Tod nur knapp von der Schippe gesprungen zu sein.

Schnaufend sah ich an mir herunter. Ich trug noch immer meinen schwarzen, gestreiften Pyjama, welchen ich heute morgen beim essen ebenso noch anhatte. Namjoon trug schon seine Straßenklamotten. Eine schwarze Stoffhose und ein dunkelviolettes Hemd, von welchem er die obersten zwei Knöpfe offen gelassen hatte. Tja, als Hexer hatte er es nun mal ziemlich leicht. Vor allem bei den Fähigkeiten die er sich nach und nach angeeignet hatte.

Früher als ich ihn kennengelernt hatte, da war er ein ziemlich schwacher Hexer. Er wollte nicht in die Fußstapfen seines Meisters treten und viel lieber mit seinen Freunden ein normales Leben führen. Er währe wahrscheinlich nie zu dem geworden was er nun war, wenn damals die Wolfsjagdt nicht begonnen hätte. Seine Freunde währen am leben geblieben und er hätte nie den Posten des früheren Wächters übernommen. Er währe in diesem Falle mit Sicherheit jetzt schon an Altersschwäche gestorben, denn ohne die ausgebauten Fähigkeiten eines Hexers und der weiter gegebenen Kraft eines Wächters hätte er die Lebensdauer eines Menschen gehabt und die eines beinahe unsterblichen Wesens nie übernommen. Und ich... ich wäre dann wahrscheinlich alleine geblieben. Wer den posten an Namjoons Stelle übernommen hätte, war mir schleierhaft. Denn neben dem Hexer, hatte der alte Wächter keinen weiteren Lehrling gehabt.

Seufzend lief ich auf mein Zimmer zu. Ich musste mir unbedingt etwas richtiges anziehen. Vor meiner Tür blieb ich stehen und drückte die Türklinke hinunter. Die Vorhänge waren zu gezogen und hinderten das Licht dabei in den Raum hinein zu gelangen. Ich zog die Tür hinter mir ins Schloss und lief auf meinen Schrank zu, aus welchem ich wenig später auch schon passende Klamotten heraussuchte. Viele meiner Klamotten hatte ich selbst kaufen müssen. Ich war zwar kein Hexer, oder Magier, aber dank meines in mir rauschenden Blutes hatte ich viele nützliche Fähigkeiten, die ich überwiegend durch Lunas Kraft damals bekommen hatte.

Oftmals schickte ich jemanden dafür los. Niemand der noch lebte, oder hier im Wald unterkam. Meistens waren es meine eigenen Schöpfungen, denen ich kurzfristig den Job gab für mich in die Stadt zu gehen. Essen und trinken hatte ich alles hier. Ich besaß meinen eigenen, kleinen Garten und eine kleine Quelle aus der frisches Wasser hervorquoll. Mehr brauchte ich auch nicht.

Ich zog mein Schlafhemd aus und sah wieder an mir herab. Auf meiner Brust schimmerte ab und zu meine Haut dunkelblau, bis schwarz auf. An diesen Stellen war sie hart wie Stahl. Selbst an meinen Armen, Schultern und Beinen schimmerten diese Unreinheiten meiner Haut. Etwas das ich nicht ändern konnte. Früher fand ich es hässlich. Dieses widerliche Gefühl anders zu sein. Jetzt hatte ich mich teilweise damit abgefunden. Es ging mir regelrecht am Arsch vorbei. Außer sie behinderten mich in etwas. Und von solchen Momenten gab es viele. Diese Stellen waren so verdammt extra auf ihre eigene Art und Weise... Sie reflektierten, je nachdem aus welchem, Winkel man sie musterte in einem hellen blau auf. Anders gesagt... wenn ich nachts bei Vollmond durch den Wald laufe, Glitzer ich wie eine Diskokugel. Unangenehm und alles andere als Camouflage.

„Fuck... das ich mir diese Dinger nicht einfach rausreißen kann..." Seufzend ergriff ich einen schwarzen Rollkragenpulli aus meinem Schrank und besah ihn mir musternd. Weiße Klamotten trug ich nie. Genau so wie jede andere helle Farbe. Das Risiko war zu hoch, dass meine Haut darunter hervor scheinen konnte. Und das wollte ich nicht. Erst recht nicht wenn andere, wie zum Beispiel Jeongin, oder Hyunjin bei mir waren. Sie wussten beide nicht was ich war und das konnte auch ruhig so bleiben.

Ich zwängte mich in den Pulli und ergriff auch schon die Hose, welche ich gestern noch angehabt hatte. Eine ebenso schwarze Cargohose. Ein anderer Nachteil meiner Haut war es, das sie hautenge Klamotten im Handumdrehen kaputt machte. Wie schon gesagt, hart wie Stahl...

„Yoongs? Bist du fertig? Die anderen sind schon weg." Stumm drehte ich mich um und blickte meinem altbekannten freund entgegen. „Das Portal ist oben im Gästezimmer. Beeil dich, ich hab gerade noch Chanyeols Stimme auf der anderen Seite gehört." Schnaufend nickte ich. Chanyeol war doch dieser Alpha von letztens, oder? Er war hier bei mir gewesen und hatte sich beinahe in die Hosen geschissen als er mich gesehen hatte. Ein schmunzeln legte sich auf meine Lippen „Fast fertig. Ich brauche nur noch meine Stiefel und meinen Mantel, dann können wir gehen."

Lonely Wolf [bxb]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt