43. Kapitel

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Askan

„Klopf-klopf. Darf ich eintreten?"

„Askan, wieso so förmlich?", fragt Carina und stemmt dabei die Hände in die Hüften. In der rechten Hand hält sie einen Waschlappen, mit welchem sie zuvor das nasse Geschirr abgetrocknet hat. Sie sieht etwas abgearbeitet aus. Die Schatten unter ihren Augen zeichnen sich deutlich ab und sie scheint im Gesicht etwas schmäler als sonst. Sie trägt eine Jogginghose und ein lockeres, weißes T-Shirt mit feinen roten Streifen. Auf der Höhe ihres Bauches, befindet sich ein ausgewaschener Fleck - vermutlich Kaffee.

Mit hochgezogener Augenbraue streckt sie ihren Arm in meine Richtung und beginnt wie wild zu schnipsen.

„Askan? Träumst du?", erkundigt sie sich. Im nächsten Moment zupft ein Lächeln an ihren Mundwinkeln.

„Ja... äh... sorry."

„Schon gut" Carina macht mit ihrer Hand eine Wegwerfbewegung über die Schulter. „Alles gut? Konntest du dein ‚Stuhlproblem' inzwischen lösen?"

„Mein Stuhl..."

Verdammt, Mom! Musst du denn wirklich alles petzen? Cadi hat bestimmt nichts erzählt.

„Japp. Alles wunderbar mit meinem Stuhl."

„Gut. Ich empfehle dir Pupserichs Durchfalltabletten. Danach ist die Kacke hart wie Stein."

Hä? Über was für eine Art von Stuhlproblem spricht sie gerade? Sie denkt doch nicht etwa...

„Nein, nein... nicht die Art von Stuhlproblem!", versichere ich ihr. Dabei fuchtle ich mit den Händen vor meinem Körper herum, um meine Aussage gestikulierend zu untermauern.

„Ach so! Sag doch gleich, dass du Verstopfung hast! Hierfür gibt es von Pupserich das sogenannte ‚flutsch-aktiv'."

Peinlich berührt klatsche ich mir mit der flachen Hand gegen die Stirn.

Okay, niemand hat Carina aufgeklärt, dass es sich bei dem STUHLPROBLEM nicht um ein Problem mit meinem Verdauungstrakt handelt, sondern um einen, in meinem Zimmer stehenden, Stuhl, welchen ich unter Bergen von Klamotten begraben habe.

Nach anfänglicher Empörung fange ich mich wieder.

Nicht weiter tragisch! Das Eis ist gebrochen. Wenn ich sie jetzt aufkläre, wird es ihr so peinlich sein, dass sie sicherlich nicht mit mir darüber diskutieren wird, ob Cadi nun mitfahren darf, oder nicht.

„Äh...ja. Bei dem Stuhlproblem geht es um einen Stuhl aus Holz, der in meinem Zimmer steht. Er dient als Ablage für meine Kleidung. Demnach geht es also nicht um die Konsistenz meiner Exkremente."

Carinas Augen weiten sich, sie hält sich die Hand vor den Mund und lacht lauthals los.

Peinlich berührt sieht jedenfalls anders aus. Definitiv eine Freundin meiner Mutter.

„Tut mir so leid, Askan. Oh Gott ist das lustig, ich muss es unbedingt deiner Mom erzählen, wenn ich sie sehe. Ist dir bewusst, dass wir seit geschlagenen zehn Minuten aneinander vorbeireden?"

„Japp. Aber gut, ist nicht weiter tragisch." Etwas angespannt, knete ich mir den Nacken.

Hoffentlich sagt sie einfach ja.

„Aber mal was anderes... Ich wollte dich nur kurz fragen, ob Cadi vielleicht schnell mitfahren dürfte? Ich wollte Clint mit Moms Auto nach Hause fahren, und wie du ja weißt..."

„... bist du nicht der beste Nachtfahrer", beendet sie meinen Satz. Dabei mustert sie mich mit einem dieser durchdringenden Mom-Blicke.

Wie nervig. Nun verstehe ich, was Cadi immer meint.

„Das halte ich zwar für eine Ausrede, aber ich war ja schließlich auch mal jung, also haut schon ab."

„Super Carina!", sage ich und drehe mich zur Tür. Kurz bevor ich das Haus verlasse, räuspert sie sich noch kurz, sodass ich wieder kehrt mache. „Du Askan..." Sie geht einige Schritte auf mich zu und legt anschließend ihre Hand auf meine Schulter. „Ich finde das wirklich toll, wie du mit all dem umgehst. Das ist wirklich sehr erwachsen von dir. Und jetzt Abmarsch!"

Wie bitte?

„Was genau meinst du?", hake ich verwirrt nach.

„Na, dass deine Mom und dein Dad getrennt sind und neue Partner haben. Twenty Springs ist wirklich ein netter Kerl, das freut mich so sehr für Melory."

W-Was... meine Eltern sind getrennt?

Ungläubig presse ich meine Augenlider aufeinander. Ich merke, wie die Wut in mir hochkocht und sich mit aufkommender Trauer paart.

Meine Eltern sollen getrennt sein, neue Partner haben und mir dann auch noch nichts davon erzählt haben?! Ich fasse es nicht, das alles von Carina erfahren zu müssen. Cadi konnte es nicht wissen, denn wenn sie es gewusst hätte, hätte sie es mir mit Sicherheit erzählt. Nein... solche Dinge würde Cadi mir niemals vorenthalten. Fuck! Ich bin so sauer! Und so enttäuscht...

„Ja... danke, Carina. Ich muss jetzt los... bis dann."

„Mach's gut! Und grüß Mel von mir."

„Sie meinte, dass du sie mal anrufen sollst... Da kannst du ja dann das wiederholen, was du eben gesagt hast. Wäre cool mal gelobt zu werden", schlage ich vor.

Warte ab, bis ich daheim bin Mom.

„Gute Idee! Fahrt vorsichtig und macht nicht zu lange, morgen ist Schule."

„Versprochen. Bye."

Wutentbrannt stürme ich zum Auto, versuche mir jedoch nichts anmerken zu lassen. Cadi und Clint haben es einfach verdient, dass ich mal zur Abwechslung kein Drama mache.

„Und? Was hat sie gesagt", fragt Cadi gespannt. Sie sieht mich mit ihren rehbraunen Augen an und hüpft von einem Bein auf das andere. Ihr schein kalt zu sein, denn auf ihrem Dekolleté macht sich eine feine Gänsehaut bemerkbar.

„Was wohl?"

Okay vielleicht ist es doch schwieriger seine Emotionen zu verbergen, als gedacht.

„Alles gut?" Besorgt geht sie einen Schritt auf mich zu, doch ich weiche ihr aus.

„Ja, alles bestens. Lass uns einsteigen, Cadi. Sonst versauert Clint noch auf dem Rücksitz."

Grinsend öffnet sie die Tür des Wagens und steigt ein. Ich tue es ihr gleich, schnalle mich an und starte anschließend den Motor. Mein Blick ist auf die Straße gerichtet und ich versuche, mit Hilfe der grellen Scheinwerfer, etwas zu erkennen.

Ich mag es nicht besonders im Dunklen zu fahren. Ich bin sowas von Nachtblind, obwohl ich eigentlich keine Brille brauche.

„Sicher, dass alles in Ordnung ist?" Cadi spürt, wenn es mir nicht gut geht. Ich kann rein gar nichts vor ihr verbergen, aber ich möchte vor Clint nicht wie ein Schwächling dastehen.

„Wir reden, nachdem wir Clint abgesetzt haben", wispert sie leise. Ich sehe ihr nicht in die Augen, weil ich es gerade nicht kann. Weiterhin starre ich auf die Straße, nicke aber kurz, damit sie endlich Ruhe gibt. Es gibt einen enormen Klärungsbedarf, was die Sache mit meinen Eltern angeht, also gebe ich Gas, damit wir schneller bei Clint ankommen.

 Es gibt einen enormen Klärungsbedarf, was die Sache mit meinen Eltern angeht, also gebe ich Gas, damit wir schneller bei Clint ankommen

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