𝘊𝘩𝘢𝘱𝘵𝘦𝘳¹⁰/#𝐓𝐄𝐍

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Eigentlich würde ich noch mein Nickerchen halten.

Eigentlich sollte ich eingekuschelt in meinem Bett liegen.

Und eigentlich sollte ich von irgendwelchen hotten 2-D Kerlen träumen.

Habe ich schon das Wort 'eigentlich' in diesem Sinne erwähnt?

Jetzt nämlich, musste ich mit der Laune einer alten Schabracke zur Tür laufen, weil jemand bei einem netten Samstagmorgen wie ein Wilder bei mir klingelte.

Wer zur Hölle besucht mich an meinem so schönen Ruhetag?!

"ICH KOMM JA SCHON!"

Missgelaunt öffnete ich meine Tür, nur um dann auf einen Kerl in Anzug zu treffen. Der sah mit seinem Aktenkoffer, dem ernsten Blick und dieser schwarzen Sonnenbrille so aus wie ein klassischer Agent aus dem Film 'Men in Black'.

"Kenne ich Sie?", erkundigte ich mich bei ihm müde.

"Wir haben den 5. Juni", war das einzige, was er sagte.

"Na und? Sie haben meine Frage nicht beantwortet."

Hat der mich wirklich aufgeweckt, nur um mir das heutige Datum zu sagen?!

"Sie sollten schon längst gepackt haben", meinte er. Jetzt runzelte ich verwirrt meine Stirn.

"Was soll das heißen, längst gepackt haben? Ich bin gerade erst eingezogen.
Und können Sie mir endlich sagen, wer sie überhaupt sind?"

"Ich bin der Vertreter des Wohnungseigentümers. Ich soll den Schlüssel bei ihnen abholen."

Ich verstand nur Bahnhof, "Was soll das heißen, Schlüssel abholen?
Vertreter?
Ich weiß echt nicht wer Sie geschickt hat, aber da sind Sie wohl an der falschen Adresse.
Da fällt mir aber noch ein...", ich versuchte nicht komplett bissig zu klingen, "Meine Mama hat mir sicher mal gesagt, dass ich mit fremden Leuten eigentlich nicht reden darf.
Das verstehen Sie sicher..."

Mit diesen Abschiedsworten wollte ich die Tür schließen, allerdings hielt er dann seinen Fuß gegen den Rahmen. Grob riss er dann die Tür wieder auf.

"Machen Sie mir meine Arbeit nicht schwerer, packen Sie Ihre Sachen und geben Sie mir den Schlüssel. "

"Einen Scheiß werd ich", fuhr ich ihn zischend an, "Wer hat dich bitteschön geschickt, damit ich dich jetzt an der Backe hab?!"

Er seufzte angespannt, er sah nur noch gereizter aus "Sano Manjiro, doch das sollten Sie wohl am besten wissen."

"Sano wer---?", nun, jetzt musste ich doch lachen, so absurd kam mir das vor, "Sano Manjiro ist vieles, aber ganz bestimmt nicht der Vermieter!"

Ich habe den Hauseigentümer dann wohl doch oft genug gesehen. Eine alte grausige Frau, mit mehr Zähnen als Haaren und dem Buckel eines Kamels. Ziemlich schwer, sie mit Sano zu verwechseln...

Kann es sein, dass es mir der Kerl doch übelgenommen hat und mich als kleine Revenge hier wieder ein bisschen verarschen will? Kann ich mir nämlich gut vorstellen...

Tatsächlich war es aber wieder der Mann vor mir, der hier nun spottet, "Vielleicht sind Sie noch ein bisschen müde und haben es daher vergessen, dass Sie den Mieter vor ein paar Tagen gewechselt haben?"

Mein Lächeln zerfiel.
Da war ja noch was...

Aber-
Nein...
Das kann nicht sein....

Ich habe den Brief vor Eile nicht ganz durchgelesen und ihn in irgendeine Ecke geschmissen. Danach habe ich vergessen, ihn mir weiter anzugucken, aber...

Nein...

Nie im Leben.
Das wäre ein kranker Zufall.

Ein viel zu lächerlicher Zufall.

Und wenn ich aufhören würde mir alles schönzureden, dann wäre eindeutig klar, dass das alles andere als ein Zufall ist, so verdreht er auch sein könnte...

"Einen Augenblick!"

Ich brauchte die Bestätigung.

Mit Panik rannte ich wieder in die Wohnung zu meinem unordentlichen und seit Wochen nicht aufgeräumten Schreibtisch. Ich hatte kaum den Kopf dafür, alles sorgfältig zu durchsuchen, weshalb ich alle Unterlagen, die ich nicht brauchte zu Boden schmiss, bis ich den aufgerissenen Brief fand.

Ich holte das Blatt Papier raus und las diesmal alles sorgfältig durch, bis ich zu dem Part kam, wo der Name des neuen Mieters erwähnt wurde.

Und mir wurde schlecht.

Sano Manjiro.

Scheiße, scheiße, scheiße, SCHEIßDRECK!

Auch wenn da nichts davon stand, dass ich meine Wohnung zu räumen hatte, konnte ich kaum etwas dagegen tun.

Selbstverständlich wäre es ohne mein Einverständnis nicht so einfach, mich aus einer Wohnung herauszubekommen, für die ich bis jetzt zuverlässig Miete bezahlt hatte. Klar, der Vermieter hatte gewechselt, doch schlussendlich hielt ich mich an meinen Teil des Vertrages, welcher noch lange nicht aufgelöst wurde. Wenn der ursprüngliche Vermieter ohne mein Einverständnis etwas daran verändern möchte, wäre ich am Ende trotzdem nicht im Unrecht.

Spielte dieser Fakt in dem Fall allerdings noch eine Rolle?

Sano ist auch so schon ein verdammter Krimineller.

Wenn er mich einfach so aus der Wohnung kickt, dann kann er es auch. Legal oder illegal, das musste ihm nicht jucken.

Ich hingegen war nur eine simple Oberschülerin, die nicht blöd genug dafür ist, die Polizei da mit hineinzuziehen.

Alles, was ich also tun kann, ist...

Ja gut.

...Was könnte ich eigentlich dagegen tun?

"Frau Suzuki?"

Der Mann ist mir unerlaubt bis hierher gefolgt und ich war kurz davor mich darüber zu beschweren, bis mir wieder einfiel, dass das sowieso nicht mehr meine Wohnung ist.

"Ich werde in einigen Stunden wieder herkommen. Bis dahin sollten Sie hoffentlich alles geklärt haben und die Wohnung verlassen können..."

Damit war ich wieder mit mir selbst und meinem Problem allein.

Zieht Sano das wirklich mit mir durch, nur weil sein Angebot abgelehnt hatte?

Ich guckte wieder frustriert auf dem Brief, nur um noch ganz unten Adressdaten zu sehen, wo man sich bei ihm melden kann: Straße- und Telefonnummer.

Ohne viel Zeit zu verschwenden, versuchte ich es mit der Telefonnummer, aber klischeehafter weise klappte es selbst mit mehreren Versuchen nicht.

Als ob es keinen anderen Weg gäbe, als ihn persönlich sehen zu müssen.

Schließlich sah ich mir die Adresse an.

Nachdem ich diese in Google Maps eingegeben habe, durfte ich feststellen, dass es einem verdammt riesigen gläsernen Gebäude handelte.

Höchstwahrscheinlich gehörte es Toman...

Urgh...und anscheinend werde ich hier dort erstmal einen Besuch abstatten müssen.

雀 | 𝐌𝐈𝐊𝐄𝐘 𝐗 𝐑𝐄𝐀𝐃𝐄𝐑: 𝘚𝘵𝘳𝘪𝘱𝘱𝘦𝘳Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt