(105) Die Ratschlag-Queen

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Stephan schiebt mich auf mein Bett und setzt sich neben mich: "Was ist denn los? Sag doch mal was!" "Ich war gerade ungeplant bei den Kreißsälen oben!", mit weit aufgerissenen Augen starre ich meinen schwarzhaarigen Nebensitzer an. "Soweit bist du aber noch nicht!", er schmunzelt mir entgegen, merkt aber kurz darauf, dass ich nicht zum spaßen aufgelegt bin. "Ich werde auch nie so weit sein. Also, bereit. Nicht bereit...", da mir das Geschrei immer noch in den Ohren nachhallt, stottere ich einfach nur vor mich hin. "Es gibt doch heutzutage so viele Möglichkeiten. Eine PDA wäre auch eine Option!" "Nadel. Rücken. Wirbelsäule. Nein!" Da ich schon Kopfschmerzen vor lauter Stress bekomme, lehne ich mich seitlich gegen Stephan, der mich sofort mit einem Arm in Empfang nimmt. "Zerbrich dir doch jetzt noch nicht darüber den Kopf. Du wirst das schaffen!" Ich seufze schwer auf, da mir im Grunde genommen keine andere Wahl bleibt.

"Was hast du denn da oben überhaupt gemacht?" Wie auf Knopfdruck fängt mein Magen an zu knurren. "Ich wollte eigentlich in die Cafeteria und irgendwas Essbares besorgen. Ich sterbe vor Hunger. Die haben mir doch tatsächlich zum Frühstück nur einen Naturjoghurt und zum Abendessen eine Suppe gegeben!", mit schmollender Lippe betrachte ich Stephan, der mir darauf die schönsten Worte des Tages entgegenbringt: "Ich besorge dir was zum Essen! Das kann doch nicht sein, dass die dich verhungern lassen!"

Ich veranstalte fast einen Freudentanz und falle Stephan um den Hals: "Du hast was gut bei mir!!" "Verpetz mich einfach nicht, dann sind wir quitt", der Herr begibt sich aus der Türe und kommt nach fünfzehn Minuten mit vollen Händen wieder zurück. "Ich hoffe, das reicht, hahaha!" Er streckt mir eine große Tüte entgegen, in der sich drei Butterbrezeln, eine Käselaugenstange, eine Nussschnecke und ein Schokohörnchen befinden und schmeißt zusätzlich zwei Packungen Erdnussflips aufs Bett.

Meine Augen funkeln vor Freude, während ich in meinem Bett auf die Seite rutsche und neben mich auf die Matratze klopfe. Herr Sindera zieht seine Schuhe aus und legt sich neben mich. "Hier! Du kommst bestimmt vom Dienst..." Ich drücke ihm eine Butterbrezel in die Hand, während mein Gaumen sich schon an dem göttlichen Geschmack von Butter und Teig erlabt. Ohne Widerworte isst Stephan die Butterbrezel und nimmt auch jeweils die Hälfte des Schokohörnchen und der Nussschnecke entgegen. "Eigentlich ist das Zeug für dich!" "Jaaa, aber eigentlich soll ich das ja nicht essen, deshalb teile ich mit dir und spare somit von dem bösen Essen ein", ich zwinkere Stephan zu und drücke ihm die Hälfte der Käselaugenstange in die Hand. "Das dürfen wir aber nicht so oft treiben!", er streicht sich seufzend über den Bauch, worauf ich lache: "Glaubst du etwa, ich will alleine Fett werden? Ihr werdet gefälligst Beistand leisten, hahahaha".

Nachdem er ungläubig mit dem Kopf geschüttelt hat, werfe ich ihm eine der Erdnussflips Tüten an den Kopf. "Boah, hör auf. Guck mal, was wir alles gegessen haben!" Ich ziehe eine Augenbraue nach oben: "Das war doch immer nur die Hälfte! Außerdem ist das voll die Minitüte!"

Nach einer halben Stunde liege ich vollgefressen und überaus zufrieden neben Stephan und beobachte den fast schlafenden Mann. Da ich keinen Bock habe, wieder allein zu sein, lass ich ihn friedlich einschlafen und lege mich mit geschlossenen Augen neben ihn.

◇◇◇◇◇◇

Als ich am nächsten Morgen aufwache, liegt kein Stephan mehr im Bett, nur die übriggebliebenen Krümel unseres ausgiebigen Abendessen leisten mir noch Gesellschaft. Zu meinem Pech rollt auch noch die Visite an, die ich völlig verballert über mich ergehen lasse. "So, Frau Mayer. Allem Anschein nach, hat sich der Magen wieder beruhigt. Essen Sie bitte in Zukunft lieber wenig und in kleinen Etappen, über den Tag verteilt."

Hahahaha, genau… So wie gestern Abend....

"Es spricht nichts dagegen, wenn sie die Klinik heute wieder verlassen. Allerdings melden Sie sich bei den nächsten größeren Beschwerden bitte rechtzeitig. Ihrem Körper tut dieser immer wieder stark absinkende Zustand nicht gut. Sie werden nachher noch Besuch einer Ernährungsberatung bekommen und dann können Sie sich abholen lassen!" Somit verabschieden sich die Ärzte und ich tippe gleich darauf Alex eine Nachricht und informiere ihn, dass ich heute wieder heim darf.

Einzelkämpfer (ASDS)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt