Kapitel 104

1.6K 74 36
                                    

Die zweite Halbzeit bricht schließlich an.

Lia setzt sich an den Spielfeldrand, unter Aufsicht.
Das sie bedrängt wird geht gar nicht.
David war vollkommen zu Recht super sauer und zum Glück zur Stelle.

Ich hätte sie natürlich sofort selbst verteidigt, wenn ich die Situation auf der Tribüne mit bekommen hätte.

Lia werfe ich einen letzten Blick zu, bevor der Ball wieder rollt.

Und es will einfach nicht so richtig laufen.

Meunier kassiert eine gelbe Karte für ein Foul an David.

Dann führen wir zwei Wechsel durch.
Wolf und Brandt müssen runter.
Moukoko und Gio kommen rein.

Uns bleibt eine halbe Stunde.
Eine halbe Stunde für bestenfalls drei Tore.

Dicke Chance durch Modeste.
Vorbei.

Das Spiel will einfach nicht so, wie wir wollen.

Ich stehe auf dem Feld.
Stütze die Hände in die Hüfte und bin einfach nur sauer.

Die Leipziger schinden ein bisschen Zeit.
Und so wies aussieht verlieren wir das hier heute.

2:0 nach 75. Minuten das kann doch nicht sein.
David holt dann auch noch nen Freistoß raus.
Und tätigt gleich nochmal zwei weitere Wechsel.

3:0 in der 84. Minute durch Haidara.
Das Spiel ist für uns gelaufen, der Tag sowieso.

Dann der Abpfiff.
Wir lassen drei Punkte in Leipzig liegen.

Ich klatsche David auf dem Spielfeld ab, wechsle ein paar Worte mit ihm.

"Lass dich nicht unterkriegen" sagt er, klopft mir auf den Rücken.
"Ich weiß" seufze ich.
"Du bist verlobt Nico" er versucht mich aufzumuntern "Denk daran, du wirst meine Schwester heiraten."
Ich nicke dankbar.
"Ich versuchs."

Dann muss ich zum Interview.
Mich dafür rechtfertigen, wieso es heute nicht lief.
Gott ich hasse es.
"Wir haben nicht gut gespielt, Leipzig war gut" antworte ich.
So lässt sich das alles gut zusammenfassen.

Ich verabschiede mich.
David wird nach mir zum Interview gerufen, ich gehe duschen.

Hand in Hand gehe ich mit Lia aus dem Stadion, nachdem sie im Tunnel direkt in meine Arme gerannt ist.
Kim läuft neben Lia.

Ein paar Ordner begleiten uns.
Zur Sicherheit.

Aber ich denke nach Davids Ansage traut sich keiner mehr so schnell an seine Schwester.

Ein paar meiner Mannschaftskollegen begegnen uns auf dem Parkplatz, alle ebenfalls ziemlich angefressen.
Sie gratulieren Lia trotzdem zur Verlobung, was echt lieb ist.

Wir schaffen es schließlich ohne Probleme zum Auto.
Setzen uns hinein.

Mein Blick fällt auf Lias Hand.
Der Ring daran fehlt.
Autsch.

Lia scheint es wohl bemerkt zu haben, denn sie zieht den Ring aus der Tasche und steckt ihn wieder an.

"Ich hatte ihn abgezogen, damit es nicht noch mehr Tumult gibt" sagt sie dann leise.
"Ist okay" antworte ich ihr und drücke einmal kurz ihre Hand.
Lia nickt.

"Es tut mir leid, dass dir das heute passiert ist" ich durchbreche die anhaltende Stille im Auto.
"Du kannst doch nichts dafür" antwortet Lia sanft "Niemand kann das, außer die Leute selbst."

"Ich hab heute scheiße gespielt" bricht es dann aus mir heraus "Richtig scheiße."
"Du hattest glaube ich einen schlechten Tag" sagt Lia leise.
"Die ganze Mannschaft hatte einen beschissenen Tag" brülle ich.
Lia zuckt zusammen.
Sieht mich erschrocken an.

Das wird dir gefallen

          

"Tut mir leid Baby" schiebe ich sofort sanft hinterher.
Nehme sanft ihre Hand.
"Du bist einfach frustriert" antwortet sie leise "Lass uns nach Hause fahren."

Ich nicke.
Da ich mit meinem eigenen Auto hier bin, muss ich nicht mit dem Rest heim.
Allerdings muss ich Kim noch heim fahren.
Die hat unser Gespräch mit Schweigen quittiert.
Und netterweise Kopfhörer in die Ohren gesteckt.

Lia schweigt, legt irgendwann den Kopf an die Scheibe.
Schläft ein.
Ich sehe in den Rückspiegel, sehe Kim an.
Ihre Augen sind von Traurigkeit gezeichnet.

"Mach dir keine Vorwürfe" sage ich leise.
Sie nickt.
"Keiner von uns hat es kommen sehen" rede ich weiter.
"Ich hätte schneller laufen müssen" antwortet Kim.
"Und ich hätte sie wahrscheinlich gar nicht erst im Stadion küssen dürfen" ich zucke mit den Schultern.
"Es ist nicht deine Schuld" sie sieht mich an.
"Und deine auch nicht" entgegne ich.

"Sie ist sehr glücklich mit dir" flüstert Kim leise, sieht Lia an "Sie strahlt jedes Mal, wenn sie dich sieht."
"Ich hoffe es" kommt es leise von mir.
"Sie hat Angst" Kim unterbricht erneut die Stille.
"Ich weiß" ich schlucke den Kloß in meinem Hals hinunter "Sie hat Angst nicht gemocht zu werden."
Kim nickt.
"Das war früher schon so" sagt sie dann leise "In der Schule hatte sie meistens nur mich."

"Die Fotos an der Wand vom Urlaub sind von euch oder?" hacke ich dann nach.
"Ja" Kim lächelt "Aber leider ist der Kontakt ein bisschen verloren gegangen."
"Das tut mir leid" antworte ich.

Irgendwann setze ich Kim dann am Bahnhof ab, ihr Zug geht zurück nach Freiburg.
"Du hast viel für Lia getan" sage ich, als sie aussteigen will "Vergiss das nicht."
"Danke" Kim nickt mir zu.
Schließt die Autotüre.
Und streckt dann nochmal den Kopf hinein.
"Hör nie auf sie so zu lieben."
Ich lächle, nicke dann.

Super nerviges Mädchen.
Aber insgeheim sind wir best buddies.
Auch, wenn sie sich vehement weigert mir zu sagen was Lia so in Griechenland getrieben hat.

Ganze vier Stunden später halte ich vor unserer Wohnung in Dortmund.
Es ist spät, bereits Abend, 22 Uhr.
Sanft wecke ich Lia auf.

Wir gehen hinein, stellen unsere Sachen ab und setzten uns aufs Sofa.
Ich ziehe Lia in meine Arme und halte sie fest.

"Es ist traurig" sagt Lia dann leise.
"Was ist traurig?" frage ich ebenso leise zurück.
"Es ist traurig, dass wir uns in der Öffentlichkeit nicht lieben können."
Eine Träne rinnt ihre Wange hinab.

"Hey" sage ich sanft und hebe ihr Kinn "Alle Leute, die uns etwas bedeuten wissen hiervon."
Lia nickt zögerlich.
"Und das ist alles, was mir wichtig ist."

Sanft sehe ich sie an.
Gott, es ist mir egal was die Leute von mir denken.
Solange Lia mich liebt.
Dann ist alles in Ordnung.

"Du bist perfekt, weißt du das?" Lia lacht leise.
"Nein, aber du kannst es mir gerne öfter sagen" ich grinse sie an.
Sie verdreht die Augen.
Ich drücke ihr einen sanften Kuss auf die Stirn, bevor ich den Fernseh einschalte und wir uns einfach irgendwas, was gerade läuft, ansehen.

Ich erzähle vom Spiel heute, die Dinge, die mich sauer gemacht haben.
Lia hört mit aufmerksam zu, weil sie weiß ich brauch das jetzt. Abundzu macht sie eine kleine Anmerkung.
Der Film läuft leise im Hintergrund.

Irgendwann fällt mir auf, dass Lia sehr still ist.
Ich werfe einen Blick auf sie und lache leise.

Lia ist an meiner Brust eingeschlafen.
Vorsichtig nehme ich sie in meine Arme und trage sie nach oben ins Bett.
Sanft lege ich sie darauf ab, lege mich neben sie und decke uns zu.

Das wüsste er wohl gerne

vor 2J

Irgendwie hab ich ein bisschen Angst davor was passiert wenn Nico wieder zur Nationalmannschaft fährt

vor 2J

Highway to love - A Nico Schlotterbeck Story Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt