Kapitel 29

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Ich öffne die Tür und betrete das Zimmer. Oscar sitzt auf der Couch und legt gerade sein Handy weg. „Danke", haucht er und schaut auf seine Knie. „Was willst du?", frage ich und verschränke meine Arme vor der Brust. „Nur reden, Luis. Setzt dich", weißt er mich an. „Bitte", schiebt er noch hinterher.

Misstrauisch setzte ich mich auf sein Bett, was dem Sofa gegenüber steht. Mit erhobener Augenbraue mustere ich ihn. Oscar sitzt sehr in sich hineingefallen da. „Bist du glücklich? Mit ihm?", fragt er ohne mich anzusehen. „Ja." Ich sehe, wie er bei diesem Wort zusammenzuckt. Mit glitzern Augen schaut er mich an.

„Hast du überhaupt an mich gedacht?", fragt er verletzt. „Sehr oft", antworte ich ihm ehrlich und erhebe mich wieder. Behutsam setze ich mich neben ihn. „Oscar, ich vermisse dich. Du bist mir sehr wichtig", versichere ich ihm.

„Aber du willst es mir heimzahlen, weil ich dich rausgeschmissen habe, oder? ‚Schau, ich habe einen neuen Freund. Steve Rogers sein Name und wir sind so unfassbar glücklich'. Reibe es mir doch noch mehr unter die Nase!" Erschöpft dreht er sich von mir weg.

„Ich saß wegen dir auf der Straße. Ich hatte gar nichts und niemanden mehr. Weißt du was passiert ist, nachdem ich Benji zu Sonja gebracht habe? Ich wurde ausgeraubt. Alles weg! Ich hatte niemanden, zu dem ich gehen konnte. Aaron hat mir geholfen, mir ein zu Hause gegeben. Ich will dir nichts heimzahlen. Ich liebe ihn und möchte zusammen mit meinem Freund Weihnachten feiern."

Einige Sekunden starren wir uns stur in die Augen, doch dann greife ich nach seiner Hand. „Es tut mir leid, dass ich deinen Antrag abgelehnt habe", sage ich. „Ich wusste, dass du ihn ablehnen würdest, doch ich wollte dich wirklich heiraten", gibt er zu und verstärt unseren Händedruck.

Eine vereinzelte Träne fließt über seine Wange und ich wische sie sofort weg. Unsere Lippen sind nur wenige Zentimeter entfernt. „Nicht", hauche ich, doch kann mich nicht bewegen. All die Gefühle für ihn und die Liebe, die ich nach wie vor empfinde, sind so stark. „Ich liebe dich, Luis."

Vorsichtig schiebe ich Oscar von mir weg. „Es tut mir leid." Fluchtartig verlasse ich Oscars Zimmer und renne die Treppen nach unten. Aaron schaut mich fragend an, doch ich kuschle mich nur mit ihm unter die Decke. Das darf er auf keinen Fall erfahren. Es ist nichts passiert, doch muss das auch so bleiben.

Meine Mutter und Aaron haben angefangen einen Weihnachtsfilm zu schauen. Ich beachte den Film nicht wirklich, ich versuche mich nur auf Aarons Atem zu konzentrieren. Er hat einen Arm um meine Schulter gelegt und zieht mit seinem Daumen kleine Kreise auf meiner Schulter.

Zum Abendessen ist Oscar wieder da, doch ich ignoriere ihn komplett. Ich würdige ihm keinen einzigen Blick. Nur weil er einsam und verzweifelt ist, wird er mir das mit Aaron nicht kaputt machen. Das hat Aaron nicht verdient und ich will ihn nicht verlieren.

„Ich kann doch auch einfach auf einer Matratze schlafen", bietet Aaron an und betrachtet mein Bett sehr kritisch. Nach dem Abendessen sind Oscar und Sonja in ihr Zimmer und ich habe mit Aaron und meiner Mutter noch etwas Karten gespielt. Es war ein sehr anstrengender Tag für mich und ich will einfach nur schlafen, jedoch gefällt Aaron die Vorstellung nicht, in meinem Bett zu schlafen.

„Jetzt stelll dich nicht so an." Augenverdrehend lege ich mich in mein Bett und halte ihm die Decke hoch. „Ich bekomme bestimmt Alpträume", quengelt er, legt sich jedoch mit unter meine Decke. „Du übertreibst." Aaron zieht mich in seinen Arm und ich schlafe sofort ein.

—————

Der Freitag verläuft glücklicherweise sehr entspannt. Ich lasse Aaron keine Sekunde aus den Augen. Wir halten uns soweit entfernt von Oscar, wie nur möglich. Leider ist das Haus nicht sonderlich groß, so begegnen wir uns ab und zu. Ich spreche kein Wort mit ihm und Sonja ignoriert mich, was die Situation etwas leichter macht.

Am Abend zwingt meine Mutter uns alle, mit ihr den kleinen Lord zu schauen. Jeder hat meiner Mutter heute etwas geholfen, da morgen schon der vierundzwanzigste ist. Zu Fünfter sitzen wir auf der Couch und schauen den wohl schönsten Weihnachtsfilm aller Zeiten. Meine Mutter sitzt ganz links und Sonja neben ihr. Aaron sitzt ganz rechts und ich an ihn gekuschelt. Oscar sitzt in der Mitte, leider genau neben mir.

Ich spüre seinen Blick auf mir, doch ich konzentriere mich voll und ganz auf den Film. Nach einigen Minuten spüre ich seine Finger an meinem Bein. Sofort schlage ich seine Hand weg und schaue ihn wütend an. Aaron hat das natürlich mitbekommen und beobachtet mich ganz genau.

„Ich vermisse es, mit meinem Kopf auf deinem Schoß zu liegen", flüstert er mir zu und schaut mich traurig an. „Halt den Mund", fauche ich. Oscar war schon immer ein sehr eifersüchtiger Mensch und ich kann mir vorstellen, dass ihm das alles gar nicht passt.

„Erinnerst du dich an mein Weihnachtsgeschenk vor neun Jahren?", fragt er grinsend und zuckt mit seinen Augenbrauchen. „Sei leise und ja, ich erinnere mich." Er hat sich damals eine Schleife um sein Penis gebunden. Es war sehr seltsam und unangenehm, jedoch fand Oscar das alles sehr lustig.

Ich liebe den Film, doch ich bin wirklich froh, als er endlich vorbei ist. Schnell springe ich auf, mit der Begündung, das ich Kopfschmerzen habe. Schnell gehe ich ins Bad und putze mir die Zähne. Ich will nur so schnell wie möglich mit Aaron im Bett liegen.

„Renne doch nicht immer von mir weg. Ich beiße dich schon nicht." Lachend betritt Oscar das Badezimmer und stellt sich neben mich. „Du nervst", beschwere ich mich und putze meine Zähne. Oscar macht er mir nach und sagt nichts mehr. „Kannst du morgen solche Kommentare bitte lassen?", frage ich. „Mal sehen."

„Ich weiß, dass es sehr an deinem Ego kratzt, aber akzeptiere doch einfach, dass wir getrennt sich. Wir wären auch getrennt, wenn Aaron nicht hier wäre, also höre auf mit dem Scheiß." Oscar schaut mich kurz sehr irritiert an.

„Du hast recht", gibt er zu und kommt mir noch etwas näher. „Aaron scheint wirklich ein netter Kerl zu sein, jedoch finde ich, du verdienst das nicht", sagt er und legt seine Hand an meine Wange.

„Und ich verdiene dich auch nicht. Du bist egoistisch und ein Arsch. Danke, dass du mir die Augen geöffnet hast", knurrt er mir ins Gesicht.

Er zieht mich zu sich un drückt mir seine Lippen auf den Mund. Ich bin zu perplex um mich zu wehren und in dem Moment öffnet sich die Badezimmertür. „Luis?", kommt es erstickend von Aaron.

Midnight Rain | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt