Tut mir leid für den kleinen Abstecher in meine Vergangenheit. Erneut. Aber es musste sein. Jedoch kommen wir zurück zu dem Zeitpunkt, als ich zurück in meine Wohnung kam, nach dem merkwürdigen Tag mit Jennifer und als ich entdeckte, dass ein Brief unter die Tür hindurchgeschoben wurde. Ein schwarzer Brief mit einem goldenen Siegel. Was das zu bedeuten hatte, war klar, ich hatte eine neue Zielperson.
Erst vor kurzem hatte ich einmal einen vergleichbaren Fall. Ich war gerade in einer Stadt, ein paar Stunden von hier, und war gerade dabei meinen Auftrag zu erfüllen, als ein zweiter Brief kam. Ein zweiter Brief bedeutete in der Regel, dass es eine weitere Zielperson gab, welche in derselben Stadt zu Hause war. Es war wirklich nicht der Normalfall, denn üblicherweise liegen Wochen bis Monate zwischen einem und dem anderen Auftrag. Deshalb ist es äußerst ungewöhnlich, jedoch auch verständlich. Denn schließlich ist es nur logisch, dass ich die zweite Zielperson vernichten muss, wenn ich schon in derselben Stadt bin. Ebene zwei metaphorische Fliegen mit einer Klatsche schlagen.
Also machte ich mir nicht viel daraus und öffnete den Brief. Darin stand erneut ein Name, ein Datum und eine Adresse. Wobei das Datum für die Eliminierung in einem Monat datiert war. Was bedeutete, dass ich genug Zeit hatte. Jedoch bin ich nicht der Typ, der sich Zeit lässt, also entschloss ich mich dazu gleich am nächsten Morgen mich darauf vorzubereiten. Jedoch brauchte ich zuerst einmal Ruhe. Nach der ganzen Sache mit Jennifer ist das hoffentlich das Mindeste. Deshalb legte ich mich in mein Bett und schlief sofort ein.
Normalerweise brauche ich immer Musik um einzuschlafen, denn ansonsten bekomme ich kein Auge zu. Eigentlich würde auch alles dafür sprechen, dass ich heute nicht einschlafen können würde, mit der ganzen Sache mit Jennifer, jedoch konnte ich sofort einschlafen.
Was jedoch nicht nur Gutes hatte, denn als ich am Morgen aufwachte, bemerkte ich, dass ich verschlafen hatte. Denn ich befolge einen strickten Tagesablauf, bei dem ich jeden Tag um exakt 7:00 Uhr aufstehe. Egal wann ich zuvor schlafen gegangen bin, außer wenn ich die gesamte Nacht jemanden beschattet habe. Jedoch verschlafe ich auch dann meistens nicht. Doch an diesem Tag vergaß den Wecker zu stellen und ich wurde erst zwei Stunden später durch die ersten Sonnenstrahlen geweckt, die durch mein Hotelzimmerfenster schienen.
Schnell machte ich mich fertig, putzte mir die Zähne, duschte und aß etwas. Nicht unbedingt in der Reihenfolge. Wobei ich mich danach auf den Weg machte, um einen Wagen zu mieten. Denn die Adresse meiner neuen Zielperson lag recht weit entfernt, in einem Vorort. Deshalb ist es günstiger, wenn ich mit einem gemieteten Wagen dorthin fahre, anstatt mit dem Taxi. Außerdem ist es nicht ganz so Aufsehen-erregend, da niemand einen schwarzen SUV für auffällig hält. Während ein Taxi wohl nicht so ganz unauffällig wäre, vor allem wenn ich dann nicht einmal in ein Haus gehen kann, was bestimmt recht merkwürdig wirkt. Jedenfalls ist ein Mietauto nicht ganz unpraktisch während meinen Aufträgen.
Und falls du dich jetzt fragst, warum ich mir nicht gleich ein eigenes Auto kaufe, dann denk doch einmal nach. Ein eigenes Auto braucht ein Kennzeichen und früher oder später würde es zu Fragen kommen, wenn der Wagen an so vielen Tatorten stehen würde. Das ist übrigens Regel Nummer 32.
Aber jetzt bin ich erneut abgeschweift. Mittlerweile war es schon Abend, da ich recht lange auf einen Wagen warten musste. Zudem hatte ich verschlafen und musste auch noch etwas essen. Aber zumindest hatte es einen Vorteil, denn so war es bereits dunkel, als ich bei dem Haus meiner Zielperson ankam.
Es war etwa eine Stunde von meinem Hotelzimmer entfernt. Es war ein zweistöckiges Haus, worin zwei Personen lebten. Die Hendersons. Ach ja, so heißt die Zielperson. Und nein, ich muss natürlich nicht beide umbringen, sondern nur den Mann. Wieso? Keine Ahnung. Es ist einfach so und deshalb stelle ich keine Fragen. Denn so lautet Regel Nummer 2.
Jedenfalls parkte ich den Wagen etwas abseits und schlich mich hinter das Haus. Ich beobachtete ihn oder besser gesagt die beiden durch ein paar Fenster. Ich war auf einer kleinen Erhöhung ganz in der Nähe des Hauses, während ich durch ein paar Bäume gut geschützt wurde. Sie haben einfach nur ferngesehen und das war recht langweilig. Doch was wiederum gut war, war, dass sie einem großen Fenster hatten, was mir definitiv zum Vorteil kam. Denn auch wenn ich nichts hörte, so war es wenigstens nicht dermaßen langweilig, denn ich kannte den Film noch nicht. Was auf der anderen Seite wieder schlecht war, war, dass sie zu Zweit waren, denn das bedeutete die doppelte Aufmerksamkeit.
Ich musste einen Moment erwischen, wo nur Herr Henderson zu Hause war. Tja zu meinem Glück schliefen die beiden nach einer Weile ein, was mir ermöglichte einen Blick in ihr Haus zu werfen. Hier kommt übrigens ein Tipp, denn wenn du am Abend fern siehst, dann schließ davor ab, nur für den Fall, dass du einschläfst. Also in diesem Fall hatten sie nicht abgeschlossen und ja, ich weiß, ich habe einfach so viel Glück, dass es geradezu schon ausgedacht klingt, aber komm schon, gönn mir auch mal etwas.
Jedenfalls habe ich es gewagt und bin in deren Haus geschlichen. Eine nette Einrichtung, das muss man den beiden lassen, aber das, was mich interessierte war, wie du vielleicht noch weißt, irgendein Kalender. Doch leider fand ich keinen und das war natürlich nicht gerade gut für mich, denn immer mehr Menschen nehmen ihr verdammtes Handy dafür und das kostet mich irgendwann meinen verdammten Job, aber eigentlich sollte mir das egal sein, denn wer weiß, wie lange ich meinen Job noch behalten werde.
Jedenfalls suchte ich vergeblich, denn sie hatten keinen Kalender und ihre Handys waren, was natürlich auch logisch war, verschlüsselt. Doch als ich bei dem Schreibtisch von einem der beiden Hendersons angelangt war, fand ich einen kleinen Zettel mit einem Datum, oder besser gesagt nächsten Montag, mit einer Uhrzeit darauf und irgendwas von einem Anwalt.
Ich machte also schnell ein Foto, denn vielleicht wird es ja noch nützlich. Doch plötzlich hörte ich etwas vom Nebenzimmer. Einer der beiden war aufgewacht und nein, es lag nicht an mir, denn ich bin ein Profi, was solche Angelegenheiten anging. Jedenfalls versteckte ich mich so schnell ich konnte in einem Kasten in dem Büro. Herr Henderson kam ins Büro und sagte: „Schatz, hast du das Licht hier drinnen eingeschaltet?"
Ich konnte noch ein dumpfes „Nein" hören und ich glaubte wirklich, dass dies mein Ende bedeuten würde. Herr Henderson kam direkt zu mir und ich dachte, er würde den Kasten öffnen, doch er schaltete einfach nur das Licht aus und ging weg.
Mir war klar, dass du bestimmt keine Sekunde um mich mitgefiebert hast, denn wenn ich das hier schreibe, dann muss doch alles in Ordnung sein. Na schön, dann stellen wir das einmal klar. Nein, ich kann nicht sterben solange du, das hier liest, außer wenn jemand anders das hier weiterschreibt, aber wieso sollte das jemand machen? Falls du jetzt denkst, dass das doch total scheiße ist, wenn ich nicht sterben kann, denn so kann doch keine Spannung entstehen, dann überleg doch mal wie viele Protagonisten in einem Film oder einem Buch einfach so in der Mitte sterben. Ich denke, diese Zahl kann man an einer Hand abzählen also reg dich nicht auf. Außerdem ist das hier kein Film und kein Buch, sondern die Wirklichkeit, also hat hier Spannung sowieso nichts verloren. Warte ... wieso schreibe ich das überhaupt?
Okay, egal. Jedenfalls kann sonst alles Mögliche passieren. Ich meine damit, dass ich auch im Knast oder Krankenhaus weiterschreiben kann, also fiebere gefälligst mit, wenn ich in solch einer Situation bin! Verstanden? Aber genug davon und kommen wir wieder zurück zu mir und dem Kasten. Ich wartete eine halbe Ewigkeit, bis alle Lichter aus waren und ich nichts mehr von oben, wohl aus ihrem Schlafzimmer, hörte. Ich wartete dann nochmals eine zweite halbe Ewigkeit bis ich mir sicher war, dass die beiden eingeschlafen waren. Leise schlich ich mich aus dem Kasten hinaus und versuchte die Tür zu öffnen, aber natürlich war sie verschlossen.
Ich brauchte also einen Schlüssel und es dauerte etwas bis ich einen fand, der passte. Doch wenn du mitdenkst, dann wird dir sicher aufgefallen sein, dass wenn ich die Türe aufschließe, hinausgehe und wieder zusperren, was soll ich dann mit dem Schlüssel machen? Na ja, es ist zwar riskant, aber jeder verliert einmal einen Schlüssel. Also riskiere ich es einfach und nehme den Schlüssel mit. Zudem kam es mir ja auch zugute, denn dann kann ich den Schlüssel gleich benutzen, um ein nächstes Mal hier ins Haus zu gelangen. Also schaffte ich es aus dem Haus hinaus, doch als wäre dieser Tag nicht bereits schlimm genug gewesen, beziehungsweise die ganze Situation mit Jennifer ..., dann pass mal auf was danach passierte, denn auf der Straße stand ein Polizeiwagen. Ich war am Arsch.
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Diary of a Killer
Mystery / Thriller„Ich würde nichts lieber tun, als diese Gedanken zu begraben. Aber ich kann es nicht. Diese Gedanken steigen wie Untote ständig aus ihren Gräbern und finden ihren Weg zurück in meinen Kopf. Wo sie nicht Ruhe geben, bis ich getan habe, was sie verlan...