Kapitel 9

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Einen Weniger

Ein Schuss erklang.

Ihre Ohren piepten schmerzhaft und ihr wurde schlagartig schlecht. Die paar Male, wo man auf sie geschossen hatte, waren im Vergleich dazu nichts gewesen. Zugegeben war ihr Gesicht noch nie nur zwei Zentimeter von dem Rohr entfernt gewesen, als es abgefeuert wurde. Das schien ihr Kopf auch zu bemerken, der jetzt so brummte, dass sie alles andere nicht mehr hören konnte.
Ihr Augenlicht funktionierte aber noch und sie konnte sehen, wie die Person auf den Stapel sich nicht mehr bewegte. Der Mann warf ihr einen verächtlichen Blick zu und riss ihr das Gewehr aus ihren Händen, was sie aus Angst gegriffen hatte. Sein Schuss war daneben gegangen.

Oder zumindest hoffte sie das.

Als der Mann sein Gewehr dann zum zweiten Mal auf die Person richtete, schoss sie nach vorne. „Es ist eine Falle!" Ihre helle Stimme fühlte sich in der dunklen Lagerhalle fremd und kratzig an, aber man hatte sie gehört. Der Mann knurrte und hob das Gewehr, worauf sie die Hände schützend vor ihr Gesicht hob. Bevor er ihr aber den Kopf einschlagen konnte, sprang jemand auf seinen Rücken, riss ihn das Ding aus den Händen und schlug ihn gegen den Kopf. Das Ganze war ohne ein Geräusch passiert und sie konnte nicht anders, als ihn mit großen Augen anzustarren. 

Vic zwinkerte und grinste sie an. Obwohl es absolut der falsche Zeitpunkt war, stürzte sie sich auf den großen Jungen und schlang ihre zitternde Arme um ihn. Sie hatte aber keine Zeit für Umarmungen, denn hinter Vics Rücken sah sie eins von den Männern seine Waffe heben. Bevor er die beiden aber treffen konnte, zerrte sie ihn zur Seite und die Kugeln schlugen neben ihnen ein. Vic im Gegensatz zu ihr zögerte nicht, zog seine Pistole raus und beförderte drei Kugeln in die Brust des Mannes. In den Moment war sie ganz froh, dass der Junge, der von Charakter genauso sanft war wie die Pflanzen, die er wachsen ließ, bei ihr war.

Der ganze Lärm blieb nicht unentdeckt und innerhalb von Sekunden stand sie Angesicht zu Angesicht mit dem Mann, der vor einigen Minuten jemanden erschossen hatte. Zu ihrem Erstaunen schien der Boss überhaupt nicht überrascht, die TICs zu sehen. Leider blieb ihr nicht die Zeit, ihre Bedenken mit Vic zu teilen, denn die Männer überwältigen den stämmigen Jungen und seine Pistole viel klappernd zu Boden. Vic knurrte verärgert auf und ließ zu, dass sie seine Hände mit einem Seil zusammen banden. Als der Boss dann auch noch sein Gewehr gegen Vics Schläfe hielt, konnte sie nicht mehr ruhig bleiben und räusperte sich leise. „Lass ihn in Ruhe" ihre Worte klangen nicht halb so sicher wie sie wollte, aber zumindest lag seine Aufmerksamkeit nicht mehr auf ihren Freund.

Einen Moment lang betrachtete er sie mit einem unergründlichen Blick, ehe seine Mundwinkel zuckten. Verwirrt zog sie die Augenbrauen zusammen, als ein bekanntes Klicken ertönte. Erkenntnis zeichnete ihr Gesicht, als ihr Blick zu dem Hebel auf dem Gewehr ging, den der Boss umgelegt hatte. Sie wollte schreien, sich wehren, denn dieser Mann war eine kleine Bewegung davon weg, Vic umzubringen.

Dann flackerten die Lichter.

Normalerweise würde man es auf die billigen Lampen schieben, doch sie wusste besser. Ein Nicken von Vic bestätigte ihre Vermutung, also tat sie das erste, was ihr in den Sinn kam und schlang sich die Arme um den Kopf. Genau in diesem Moment zersprangen die Lampen über ihr und das Glas regnete nach unten. Die Männer riefen verwirrt auf, doch bevor sie reagieren konnten, kam der Wind auf. Obwohl kein Fenster auf war, schien ein wahrer Sturm zu entstehen und in ihrer Verwirrung sanken die Männer ihr Waffen. Wie aus dem Nichts stand Peter vor ihr. Statt einer Pistole schwang er einen Dolch, womit er dem ersten Erwachsenen eine saftige Fleischwunde auf der Brust zufügte. Dann drehte er sich um seine Achse und holte nach ihr aus.

Sie schrie auf und warf ihre Hände wieder über ihren Kopf. Die Klinge ging aber daneben und schnitt glatt durch die Fesseln von Vic. Dieser grinste erfreut und hob sein Gewehr wieder auf. Die Männer hatten sich auch wieder erholt und eröffneten das Feuer.

The UnderestimatedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt