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Am nächsten Morgen wachte ich auf, bevor mein Wecker klingeln konnte. Die ersten Sonnenstrahlen schienen sanft durch das Fenster, und für einen Moment lag ich einfach still da. Doch die Erinnerung an den gestrigen Abend holte mich schnell zurück in die Realität. Connor war tatsächlich immer noch hier, in unserem Haus – und vermutlich direkt hinter dieser Tür. Ich seufzte tief und schwang mich aus dem Bett.

Nachdem ich mich angezogen hatte und die Haare halbwegs in Ordnung waren, öffnete ich die Tür meines Zimmers vorsichtig einen Spalt – und da stand er tatsächlich, gerade wie er gestern den kaputten Türrahmen musterte. Seine LED am Kopf leuchtete blau, ein sanfter Kreis, der auf sein „Nachdenken" hinwies, wenn man das bei einem Androiden so nennen konnte. Sein Blick hob sich und begegnete meinem.

„Guten Morgen, Miss Reed," sagte Connor in diesem präzisen, beinahe beruhigenden Tonfall. Es klang merkwürdig freundlich, fast zu menschlich.

„Kannst du das reparieren?" sagte ich kurz angebunden und deutete auf die kaputte Tür. Connor nickte ruhig und machte sofort eine Notiz in seinem Datenprotokoll. Dieser Roboter war beunruhigend effizient – wahrscheinlich zu effizient für meinen Geschmack.

In der Küche fand ich meinen Vater, der sich eine Tasse Kaffee einschenkte und dabei gedankenverloren aus dem Fenster sah. Seine Stirn war noch immer gerunzelt – die Sache mit Hank und seinem Unfall schien ihm ziemlich zuzusetzen. Und natürlich die Tatsache, dass Connor jetzt bei uns war.

„Guten Morgen, Dad," murmelte ich, als ich mir ein Glas Wasser einschenkte.

„Morgen, Yana. Und pass bitte auf, dass du heute pünktlich bist," sagte er knapp. „Captain Fowler hat viel Vertrauen in uns gesetzt, und..." Seine Stimme verlor sich, als er Connor bemerkte, der lautlos hinter mir in die Küche getreten war. „Ach, gut, dass du auch hier bist, Connor." Die Art, wie er ihn ansah, war alles andere als herzlich. Man konnte förmlich spüren, wie sehr ihm das alles gegen den Strich ging.

„Detective Reed, Miss Reed," begrüßte Connor uns beide mit einem kurzen Nicken. „Captain Fowler hat um ein Treffen mit Ihnen gebeten. Ich werde Sie heute begleiten."

„Was? Muss das sein?" entfuhr es mir, noch bevor ich nachdenken konnte. Ich war schon genug genervt von ihm – der Gedanke, dass er mich auch noch den ganzen Tag begleiten würde, war alles andere als angenehm.

Mein Vater sah mich warnend an. „Yana, wir arbeiten an den Deviant-Fällen. Wenn Fowler meint, dass Connor uns dabei helfen kann, dann werden wir das akzeptieren müssen. Also fang gar nicht erst an, dich zu beschweren."

Ich seufzte und verdrehte die Augen. „Na gut." So etwas wie Aufregung flackerte in Connors Augen auf – als hätte er eine Aufgabe, die er ernsthaft erfüllen wollte. Ob das wohl eine Art von Freude war, die da in ihm lag? Ich musste mir eingestehen, dass ich neugierig war, wie dieser Android so genau „dachte" oder „fühlte", obwohl ich mir sicher war, dass seine Programmierung der Grund für dieses Verhalten war.

Wir verließen das Haus und machten uns auf den Weg zur Wache. Im Auto herrschte größtenteils Stille – eine Spannung, die durch die Anwesenheit von Connor fast greifbar schien. Ich saß hinten und beobachtete ihn, wie er mit starrer Präzision geradeaus blickte. Mein Vater schaltete das Radio ein, und die Nachrichten berichteten von einem neuen Deviant-Vorfall in einem Vorort von Detroit.

„Das könnte einer unserer nächsten Fälle sein," murmelte mein Vater nachdenklich. „Die Dinger werden immer gefährlicher."

Connor wandte leicht den Kopf und sah ihn an. „Ich verstehe Ihre Bedenken, Detective Reed. Abweichler handeln aufgrund einer tiefgreifenden Verhaltensänderung – in ihrer Programmierung tritt eine Art Selbstbewusstsein auf. Es kann auch durch Trauma ausgelöst werden." Seine Stimme klang ruhig, sachlich, fast wie die eines Lehrers. Ich konnte mir nicht helfen, aber seine Erklärungen klangen erschreckend... menschlich.

Als wir endlich auf der Wache ankamen, erwartete uns schon Captain Fowler. Er stand mit verschränkten Armen und einer Stirn, die noch tiefer gerunzelt war als die meines Vaters. „Schön, dass Sie pünktlich sind, Reed. Und Yana," begrüßte er uns knapp. „Connor, ich nehme an, Sie sind bereit, sich sofort einzubringen."

„Ja, Captain," bestätigte Connor mit einem Nicken. Sein Ausdruck blieb neutral, doch man spürte förmlich die Bereitschaft in seiner Haltung.

Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und öffnete den Laptop, um die neuesten Berichte durchzusehen. Neben mir hörte ich die leisen, präzisen Bewegungen von Connor. Hin und wieder sah ich zu ihm hinüber und beobachtete, wie er in Windeseile Daten verarbeitete, die ich gerade mal öffnen konnte.

Die Stunden vergingen, und ich wurde zunehmend unruhig. Jede Frage, die ich hatte, beantwortete Connor noch bevor ich sie aussprach, als könnte er meine Gedanken lesen. Ich wusste nicht, ob ich beeindruckt oder verunsichert sein sollte. Schließlich beugte ich mich zu ihm und fragte: „Warum tust du das alles so..." Ich suchte nach den richtigen Worten. „So menschlich?"

Er sah mich kurz an und schien die Frage zu „verarbeiten". „Meine Programmierung ist darauf ausgelegt, Menschen zu verstehen und mit ihnen zu interagieren. Gefühle wie Vertrauen, Sorge oder Verständnis helfen dabei, bessere Ergebnisse zu erzielen." Er hielt inne. „Aber es sind keine echten Gefühle, wenn das Ihre Frage war."

Seine Antwort ließ mich nachdenklich zurück. Wenn es keine echten Gefühle waren – was genau war es dann? Eine Simulation? Aber wie viel unterschied sich das von echten Emotionen? Die Grenze schien so verschwommen. Ich wollte mehr darüber wissen, über ihn, seine „Gedanken" und seine Existenz.

Aber gerade als mir dieser Gedanke kam, biss ich die Zähne zusammen und rümpfte die Nase. Warum sollte ich mich überhaupt dafür interessieren? Schließlich war er nur ein Haufen Schaltkreise und Software. „Weißt du was, Connor?" sagte ich mit einem abfälligen Lächeln, lehnte mich zurück und verschränkte die Arme. „Vielleicht verstehst du ja ein bisschen, wie Menschen „funktionieren". Aber du wirst nie wirklich einer von uns sein, das weißt du schon, oder? Du bist und bleibst eine Maschine. Ein bisschen klüger als ein Toaster, klar, aber trotzdem nichts weiter als ein Werkzeug."

Seine LED flackerte kurz, aber er nickte ohne Widerworte. „Natürlich, Miss Reed. Ich bin mir meiner Rolle voll bewusst." Er sagte das ruhig, sachlich, ohne auch nur eine Spur von Reaktion – genau, wie ich es von einem Roboter erwarten würde.

„Gut," erwiderte ich zufrieden und lehnte mich zurück an meinen Schreibtisch. Ob er nun einen Hauch von „Gefühl" hatte oder nicht – mir war das egal.

You got me so deep// (Connor x OC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt