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Innerhalb von vier Wochen macht Bucky sensationelle Fortschritte. Er nimmt schnell wieder an Gewicht zu und auch seine Kondition wird täglich besser. 
Im Stillen hat er mir verraten, dass er wieder seinen ehemaligen Körper annehmen will. Athletisch und trainiert. Deswegen spaziert er auch immer im Zimmer umher, um seine Kondition zu steigern. Nicht selten muss ich ihn bremsen, bevor er zusammenklappt. 
Dennoch versucht er es immer wieder. 

Jedoch hat er auch noch einige Probleme. Toilettengänge beispielsweise. 
Dreieinhalb Jahre lang wurde ihm der Toilettengang verweigert. Stattdessen wurde alles durch Schläuche in Beutel geführt und gesammelt. Wodurch er unter anderem verlernt hat seine Blase und seinen Darm zu spüren. 
Wie oft bin ich aufgewacht, weil er leise weinend in seinen eigenen Exkrementen gelegen hat?
Bucky hatte sich zu sehr geschämt um nach Hilfe zu fragen, weshalb er nur weinte. Jedes verdammte Mal hat es mir das Herz gebrochen. 
Während ich ihm im Bad danach immer half sich sauber zu machen und zu waschen, haben Krankenschwestern die Sauerei in seinem Bett beseitigt. Es ist wichtig, dass ich Bucky dabei ablenke und möglichst in einen anderen Raum wie das Bad bringe. 
Denn wenn sich mit ihm noch jemand anderes als Steve oder ich im Raum befinden dreht er durch. Somit müssen die Krankenschwestern immer fertig sein, wenn wir wieder aus dem Bad kommen. 
Bucky bemerkt, dass seine Bettwäsche wieder sauber ist, hinterfragt es jedoch nicht. Ich vermute er weiss, wie es passiert ist und will nicht darüber nachdenken, wie jemand in seinem Raum war, während er es nicht gewesen ist. 

Ein weiterer Punkt ist das Essen. Er isst kaum etwas. Eine Tagesration verteilt er auf beinahe zwei Tage. Mehr bekommt er irgendwie nicht herunter und wir wissen nicht wieso. 
Zum Glück hat er trotzdem etwas zugenommen. Seine Rippen sind zwar noch immer gut erkenntlich, aber die Wage zeigt an, dass er zugenommen hat. Seine Beinmuskulatur gewinnt zudem ebenfalls merklich wieder mehr. 

Doch auch Fremde ansprechen klappt noch nicht so gut, wie erhofft. Bei Arztbesuchen fällt er völlig in eine Dissoziation und wacht erst wieder auf, wenn er eine halbe Stunde lang mit mir alleine war. 
Bei Krankenschwestern dreht er durch und versucht sie sogar mit den Flügeln zu treffen, wenn sie zu nahe kommen. Wir haben Glück, dass Bucky keine Medikamente braucht, die es nicht in Tablettenform gibt. 
Denn ich kann ihn dazu überreden, die Antidepressiva zu nehmen, die er gegen seine Posttraumatischen Störungen einnehmen muss. Noch helfen sie nicht viel, aber langsam entfaltet sich die Wirkung und er wird ruhiger während er schläft. 

Steve ist noch zwei Mal vorbeigekommen. Bucky hat sich jedes Mal gefreut wie dolle und war jedes Mal ganz aufgeregt. 
Ich konnte Steve ansehen, dass es auch ihn geschmerzt hat, Bucky so zu sehen. Nicht wissend, dass Steve inzwischen verheiratet ist und nicht mehr mit ihm zusammen sein darf. 
Aber das hat er sich selbst ausgesucht. Mir tut es nur um Bucky leid. 

"Sam? Woran denkst du?", durchbricht Bucky meine Gedanken. 
Blinzelnd drehe ich meinen Kopf zu ihm. Sein Blick ist vorsichtig und er sitzt nicht sehr aufrecht. Vermutlich wegen des Gewichts seiner Flügel. 
"Was für tolle Fortschritte du bis jetzt schon gemacht hast", gebe ich zu. 
Bewusst wähle ich nur das Positive. Das andere kennt er selbst gut genug, da muss ich nicht auch noch auf ihm herumhacken. 
"Wirklich?", hakt er ungläubig, aber auch begeistert nach. 
Nickend bestätige ich es ihm. Bucky lächelt stolz und versucht bescheiden zu wirken. 
"Du bist schon sehr weit gekommen, Bucky. Ich habe nicht gedacht, dass du das so schnell hinbekommst", mache ich ihm weiter Mut. 
Buckys Lachen wird noch breiter und man kann förmlich sehen, dass sein Herz beginnt schneller zu klopfen. Grinsend mustere ich sein Gesicht und präge mir ein, wie glücklich er gerade wirkt. 
Das Rosa auf seinen Wangen ist butterzart und genauso schön anzusehen, wie das strahlende Blau seiner Augen. Ohne es zu merken verliere ich mich in seiner Schönheit. 

Schüchtern und mit roten Wangen sieht er zu mir auf. Sein unschuldiger Blick ist engelsgleich und ich kann nicht anders, als zu lächeln. 
Nur knapp kann ich mich davon abhalten eine lose Strähne hinter sein Ohr zu stecken. 
Auch Buckys Blick ist durch irgend eine Weise intensiv. Nicht so wie meiner, welcher ihn wohl vor Liebe ertränken könnte. Aber auch er zeigt deutlich Gefühle. Ob es Liebe ist, kann ich jedoch nicht sagen. 

Dieser unglaublich zerbrechlicher und sensibler Moment wird unterbrochen, als es unvermittelt an die Tür klopft. 
Bucky zuckt zusammen und sieht mit grossen Augen zu dieser. Zuvor scannt er jedoch noch den Raum ab. 
Nervös und schwer atmend versucht er wohl gerade das Geschehene einzusortieren. 

Ich habe es schneller geschafft als er und stehe auf. Bucky sieht ruckartig zu mir, mit einer sanften Geste gebe ich ihm jedoch zu verstehen, dass alles gut ist. 
Ich bleibe hier im Raum und bei ihm. 
Als ich die Tür öffne steht Nick Fury vor mir. Der Leiter von Shield. 
"Ja bitte?", frage ich verblüfft nach. 
"Kann ich ihn sehen?", verlangt er direkt. 
Schluckend sehe ich kurz zu Bucky, welcher angespannt und mit grossen Augen auf dem Bett sitzt und zu uns schaut. Seufzend wende ich mich wieder an Fury. 
"Ich bin mir nicht sicher ob er es erträgt. Wir können es versuchen, aber wenn es zu stressig für ihn wird, brechen wir ab", bestimme ich. 
Fury nickt und ich trete zurück. Während er ins Zimmer eintritt gehe ich auf Bucky zu. 
Dieser hat nur noch Augen für Fury und weicht sogar ein Stück zurück. Hilflos sieht er zu mir, während er stärker nach Luft schnappt. 
"Es ist okay Bucky. Er ist mein Boss. Er wird dir nichts tun, okay? Er möchte nur sehen, wie es dir geht", rede ich ruhig auf ihn ein. 
Zitternd sieht Bucky zu mir. Seine Augen sind wild und gehetzt. Ein Ausdruck, den ich an ihm verabscheue. 
"Es ist okay Bucky, er wird dir nichts tun", wiederhole ich. 
Diesmal nickt er immerhin, senkt aber den Kopf. Unsicher blinzelnd sieht er zu Fury auf, welcher sich am anderen Ende des Zimmers aufgebaut hat. 
"Ich habe Ihre Stimme schon einmal gehört", flüstert er leise. 
Fury nickt und sieht betroffen zu ihm. Unwillkürlich frage ich mich, was hier vor sich geht. Wie sollte Bucky Fury schon kennengelernt haben? Meines Wissens nach sind sie sich noch nie über die Wege gelaufen. 

He is a fallen AngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt